backAggressiver Kulturexport?

Französische Musikförderung à la BUREAU MUSIQUE

Von Gert Heger

Man betritt die imposante Eingangshalle des Barockpalais nicht weit vom Mainzer Unterhaus: Das Institut francais sitzt hier, in der Schillerstraße. Gleich links neben dem Eingang: ein kleines Büro, vollgestellt mit Schreibtischen, Plattenschränken, Kisten und Computern. Seit September 1994 gibt es das Bureau Musique Export für den deutschsprachigen Markt (neben der Zentrale in Paris, einer Filiale in New York und demnächst einer in London) – eine so wohl nur für die Franzosen denkbare Mischung aus Exporthilfe für die Plattenindustrie und öffentlicher, staatlicher Finanzierung. Kulturimperialismus wirft der ehemalige Kulturminister Jack Lang bei jeder möglichen Gelegenheit Alan Stivell;Amerika vor, aggressiven Kulturexport führt aber auch das Bureau Musique vor. Die Ergebnisse lassen sich sehen: Von ca. 40 (erfaßten) Konzerten mit französischsprachigen KünstlerInnen in Deutschland 1994 stieg die Zahl auf 700 in der Saison 97/98 – bemerkenswert, vor allem, weil dies die ganze Bandbreite des Reichtums der französischsprachigen Musik erfaßt, von Techno bis Rap, von Gréco bis Jane Birkin. So hat z.B. das renommierte Festival von La Rochelle, »Francofolies«, im Berliner Pfefferberg einen Ableger eingepflanzt. über die Einladung von deutschen Journalisten zu den wichtigsten französischen Festivals hat sich ein Kern von frankophilen Spezialisten im Medienbereich gebildet. Mehrere Tourneeveranstalter haben sich – mit wechselndem Erfolg – auf französische Künstler eingelassen, genau wie französische Agenturen sich auf den deutschen Markt wagten. Auch beim Plattenverkauf gab es eine Steigerung: Lokomotiven wie der Algerier Khaled (»Aicha« war in der deutschen Hitparade), die Chansonröhre Patricia Kaas oder das Weltmusik-Dance-Produkt WES brachten vorzeigbare Zahlen. 1995 wurden ca. 30 frankophone Produktionen jährlich in Deutschland veröffentlicht, jetzt sind es zwischen 200 und 300 per anno. Was allerdings vor allem etablierten Künstlern oder solchen zugute kommt, die bei Major-Plattenfirmen mit Filialen in Deutschland unter Vertrag sind. Letzte Großtat in diesem Bereich: 2001 hat in Verbindung mit Polygram die remasterisierte »Masterserie« in Deutschland herausgebracht, die wohl umfangreichste Best-Of-Edition im französischen Chanson und Popmusik-Business, von Piaf bis Brassens, von Gainsbourg bis Nicoletta ist alles zu haben, zu konkurrenzlosen Preisen (14,95 DM). Deshalb allerdings von einer Renaissance des Chanson hierzulande zu sprechen, wäre verfrüht. Patrice Hourbette, nach einer kurzen Zeit in Holland Gründungsbetreiber des Bureau Musique in Mainz (Rheinland-Pfalz bekam auch aus politischen Gründen diese französische Institution zugesprochen), geht nach vier Jahren zur BME-Zentrale nach Paris. Grund genug, eine kleine Bilanz zu ziehen, während seine Nachfolgerin, Isabelle d´ Arpiagny, sich einarbeitet.

KONTAKT

e-mail Bureau Musique Export
Isabelle d´Arpiagny
Laure Dréan/ Birgit Klinner
Institut francais de Mayence
Schillerstr.11
D-55116 Mainz

Tel: 06131/ 22 17 48
Fax: 06131/ 22 33 00

Wieso überhaupt ein Bureau Musique in Deutschland?
Patrice Hourbette: Wir haben Erfahrungen in Amsterdam gemacht, wo wir die französische Musik gefördert hatten. Mit ziemlichem Erfolg: Patrick Bruel z.B. war in den Charts und konnte Konzerte vor 15.000 Zuschauern geben. Nach zwei Jahren – Holland ist ja auch ein kleiner Musikmarkt – kam die Idee, die Arbeit auf die deutschsprachigen Länder auszuweiten.

Zuvor gab es allerdings schon ein Pariser Exportbüro, wie kam es zu dieser Einrichtung?
Patrice Hourbette: Außer mir war da noch der heutige Chef Jean-Francois Michel, der nach einem Bericht an das Ministerium von Jack Lang damals mit der Sache betraut wurde. Hier in Deutschland habe ich 1994 erst ganz allein angefangen, dann hatte ich halbtags eine Assistentin und jetzt sind wir zu dritt. Der Etat lag zunächst bei 100.000 Mark, jetzt sind wir mit einer Million pro Jahr aktiv – Geld, das kommt vom Kulturministerium, von den Plattenfirmen und vom der Kulturabteilung des auswärtigen Amts. Mehr als die Hälfte des Geldes wird gebraucht, um Konzerte zu unterstützen und billig zu halten. Der Rest geht für Personal und reine Funktionskosten drauf.

Die erste Aufgaben war es zu versuchen, die französische Musik in Deutschland mit Unterstützung der deutschen Plattenfirmen zu promoten. Das bedeutet, daß wir versucht haben, Künstler zu unterstützen, die wirklich eine Chance haben auf dem deutschen CD-Markt, einen Vertrieb und die Chance, was zu verkaufen. Das heißt, unsere Arbeit war kulturell und kommerziell gleichzeitig.

Es gab ja auch Kritik an dieser Konstruktion, einer Struktur, die sowohl vom Außen- und Kulturministerium, als auch von der Plattenindustrie unterstützt wird. Geld also denen zu geben, die es nicht unbedingt brauchen. Und auch die Frage, ob das 100.000te Gréco-Konzert denn unterstützt werden muß, wurde immer mal wieder gestellt.
Patrice Hourbette: Wir sind nicht die einzige derartige Struktur – in Finnland, in Schweden, in Österreich gibt es solche Strukturen. Und wir arbeiten auch zusammen mit der Popkomm, verschiedene Aktionen laufen sogar im Austausch, deutsche Künstler werden vermittelt nach Frankreich für französische, die hier etwas machen. Es ist nicht ganz so einseitig. Und daß wir eben auch kommerziell sind, ist ja nie geleugnet worden.


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