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Tri Yann – DREI HANSELN AUS NANTES

Von Karen Pfundt

Vor über einem Vierteljahrhundert begannen sie, zusammen Musik zu machen: Jean Chocun, Jean-Paul Corbineau und Jean-Louis Jossic – Tri YannFreunde machten Witze über die drei »Jean«, also die drei »Hans« und nannten sie bretonisch »Tri Yann«. Der Name ist geblieben, die Gruppe ebenfalls, und geblieben ist trotz der sich ständig erneuernden Musik auch der Geist der bretonischen Folklore und die Stimmung von »fest-noz« bei den Konzerten von Tri Yann. Im März waren sie auf Deutschlandtournee, Karen Pfundt hat sie in Berlin im Pfefferberg gesehen und gehört.

Tri YannDer eine sieht aus wie Rod Stewart im Schottenrock, der zweite wie ein etwas altmodischer Pauker mit Hosenträgern und der dritte mit seinem elegant gefönten grauen Schopf und pludrigem Hemd und Hose wie ein mittelalterlicher Troubadour. Jean-Louis Jossic, Jean Chocun und Jean-Paul Corbineau könnten unterschiedlicher nicht sein – und vielleicht ist genau das der Grund, warum die drei nun schon seit bald dreißig Jahren zusammen auf der Bühne stehen. Um sie herum kamen und gingen die Musiker, rollten die Wellen der Bretagnebegeisterung und verebbten wieder; aber die »Tri Yann an Naoned«, die drei Hanseln aus Nantes – wie sie ein Freund im Spott genannt hatte angesichts der Häufung des Vornamens »Jean« –, sie blieben zusammen und ihrer Leidenschaft treu, und die galt und gilt der keltischen Folklore.

Ende der sechziger Jahre – Jean-Louis Jossic flieht so oft er kann aus der Kaserne, wo er seinen Militärdienst absolviert, um in Nantes bei einem Straßentheater zu spielen. Während der Umbaupausen spielen zwei Typen Gitarre: Jean-Paul Corbineau und Jean Chocun. Schnell beschließen die drei, zusammen mit anderen Folkbegeisterten ein Programm auf die Beine zu stellen – mit Liedern aus der Gegend von Nantes. Sie treten in Kulturhäusern auf und bei »fest-noz«, bretonischen Bällen.

Tri YannEs ist der Beginn einer Periode, in der die keltischen Musiktraditionen wiederentdeckt werden von Leuten wie Alain Stivell und Gilles Servat, der den Tri Yann auch den ersten Plattenvertrag organisiert, bei seinem kleinen Label Kelenn. »Les prisons de Nantes« erscheint 1972 – und wird ein großer Erfolg, das Plattenlabel wird von Phonogram France aufgekauft. Auf der Welle der Begeisterung für die bretonischen Traditionen schwimmen die Tri Yann ganz oben – und beschließen, ganz von der Musik zu leben, statt am Collège Geschichte zu unterrichten, sich um die Versorgung eines Supermarktes und um das Personal von Transat zu kümmern. Und während viele Gruppen in den folgenden Jahren, als die Welle verebbt ist, auf dem Trockenen sitzen, bleiben die Tri Yann hartnäckig.


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