Mamako, Mamassa, Mama Makossa Manu DibangoPapa Afrika
Von Luigi Lauer |
Eine Statistik darüber, welche Namen am häufigsten genannt werden, wenn man nach afrikanischen Musikern fragt, gibt es bisher nicht Doch daß der Name Dibango ganz oben stehen würde, davon darf man wohl ausgehen. Er spielte bereits in französischen und belgischen Clubs, als hierzulande noch »An der Kaserne, vor dem großen Tor...« aus den Volksempfängern triefte und Afrikaner noch Neger hießen, mit all dem rassistische Beigeschmack Doch Dibangos frühe
1960er: Répondet Affaires du Quarier Grand Success (alle Singles) 1971: Soma Loba 1972: Soul Makossa 1973: Makossa Man 1974: Super Kumba 1975: AfricadeIic 1976: African Rhythm Machine Manu 76 Afrovision Big Blow African Voodoo 1977: Afro-Music 1979: Disque D'Or (Greatest Hits) Anniversaire du Pays 1980: Gone Clear Rasta Souvenir Ambassador Doctor Bird 1982: Waka Juju Surtension |
1983: Sweet and Soft Melodies Africaines Vol. I+II, Piano Solo Soul Makossa und Makossa Man Mboa 1984: Ah, Freak sans Fric / Home Made Deliverance 1985: Electric Africa Tarn-Tam pour l'Ethiopie 1986: Afrijazzy 1988: Seventies 1989: La Féte a Manu Happy Reunion 1990: Afrijazzy 1991: Soft and Sweet Live 1991 Polysonik 1997: Negropolitarne 1995: Lamastabastani 1996: Papa Groove Live ´96 1997: Wakafrika 1998: Cubafrika |
Kontinentaldrift alleine war es nicht, die ihm so große Beliebtheit, auch soviel Achtung bescherte. Er ist, und dies zuallererst, ein exzellenter Musiker. Das Saxophon an seinen Lippen entpuppt sich als anatomisch einwandfreie Verlängerung seines sanftmütigen Charakters: warm und rund fließt am Ende immer Dibango aus dem Trichter. Wie angewachsen, das Ding. Oder schon körpereigen? Am 12. Dezember wird Manu Dibango 65 Jahre alt Eine ganze Menge für jemanden, dem man auch heute noch zutrauen würde, nach der Messe dem Pfarrer die Hostien zu stiebitzen. Alter Knabe halt. Für den Schaukelstuhl auf der Veranda ist er allerdings noch nicht reif, seine Ideen-Skala ist wie eh und jeh nach oben offen. Frech hält eben frisch.
Im Grunde ist Manu Dibango handzahm. Verschmitzt schon aber auf nette, sympathische Art. Andere, die auf solche Erfolge verweisen können wie etwa die Nominierung für zwei Oskars, haben längst jeden Bodenkontakt verloren und wähnen sich in anderen Sphären. Dibango ist erfrischend anders, auch wenn ihn seine narbige Wangenhaut nebst kahlem Schädel geradezu prädestinieren für die Rolle des Schurken, dem man nicht einmal im Hellen begegnen möchte. Stattdessen ist er einer, den man sich als Opa wünscht, weil er viel zu nett ist, etwas zu verbieten. Dibango ach, wir wollen ihn mal duzen, macht ja jeder Manu also strahlt die Souveränität eines Menschen aus, der sich nicht ins Handwerk reden läßt, weil er es selbst vorbildlich beherrsche. Extravaganzen hat er keine nötig Allüren sind etwas für Unsichere. Zu denen gehörte er selbst lange genug. Als er Ende der 50er nach Brüssel kam und zur Band African Jazz des Zairers Joseph Kabasele stieß, da hatte er von Jazz schon eine Menge Ahnung, von »Afro« aber gar keine. Zwar haue er in den Jahren zuvor in Frankreich mit Francis Bebey, Liedermacher und Schriftsteller, einen lehrreichen Landsmann. Doch der brachte ihm weder Makossa noch Afro-Beat bei, sondern das Blues-Schema. Selbst die einfachen Strickmuster der in Zaire beliebten Rumbas und ChaChaCha wie Kabasele sie spielte und zu denen ganz Afrika tanzte, waren ihm, jedenfalls als praktizierendem Musiker, völlig fremd. Coltrane, Parker und Ellington die lagen ihm viel naher, Manu dürfte zu der vielleicht eine Handvoll zählenden Afrikaner gehören, der sich diverse afrikanische Musiken mit dem Notenblatt erarbeiten mußte. Kein Wunder, denn er war erst 15, als er nach Paris auf die Schule geschickt wurde, mit drei Kilo Kaffee als Schulgeld im Gepäck. Es sollte zwölf Jahre dauern, bis er wieder nach Kamerun reiste, einer von wenigen Besuchen in einem Land, dem er sich allenfalls musikalisch verbunden fühlte.
Daß auch seine Hautfarbe an Kaffee erinnert, war damals ausnahmsweise einmal von Vorteil.
Es gab Anfang der 50er kaum afrikanische Musiker in Europa, schon gar keinen Saxophonisten. Dafür umso mehr schwarze Amerikaner, wofür Manu oft genug gehalten wurde. Seit dem Swing der 20er wurden sie in Europa gefeiert, weiße Jazzmusiker gefeuert, ungeachtet ihres Könnens. Kein Exoten-Bonus, kein Job Pech gehabt. Und zu verdienen gab es ein Vielfaches von dem, was schwarze Amerikaner zuhause kassierten gar nicht zu reden von Kamerun, das nach der multikolonialen Katastrophe ohne Geld dastand. Der gute Verdienst war Manu jedoch nie so wichtig. Ein bißchen Angeberei mit einem Ami-Schlitten im entsprechenden Alter das wohl. Wichtiger aber war, seinen Eltern zeigen zu können, daß man auch als Musiker zu einigem Ansehen und Wohlstand gelangen konnte.
Die hatten ihm nämlich die Mittel gestrichen, als er die erste Schulabschlußprüfung verpatzte er schlief nach Auftritten regelmäßig in der Schule ein.
Mehr über Manu Dibango im Folker! 6/98