Manfred Wagenbreth im Gespräch mit dem Gitarristen und Sänger Peter "Cäsar" Gläser
Eva-Braun-Stücke und Lesungen von
Hitlerliebesbriefen, damit hat das Berliner Ensemble ja gelegentlich kokettiert.
Aber eine Lesung aus Hitlers Mein Kampf? Das haut um.
Und hat Kritik hervorgerufen.
Nicht nur von Ignatz Bubis, den Präsidenten des Zentralrat es der Juden
in Deutschland.
Die Doppel-CD, im Berliner Eulenspiegelverlag erschienen, präsentiert
den Schauspieler Ekkehard Schall. Und der so die Süddeutsche Zeitung,
"tobt und schreit, droht und donnert, krakeelt bis kurz vorm Kotzen'. Die
Musik liefert Peter "Cäsar" Gläser: Trommelwirbel, Marschmusik,
Schlachtenlärm und Orgelaufwallungen.
Das ist jedoch nur eins der Themen, über die sich Manfred Wagenbreth
mit dem Gitarristen und Sänger unterhalten hat, der in diesem Jahr auch
beim Tanz und Folkfest Rudolstadt auftreten wird.
Manfred Wagenbreth: Hier im Osten, bei der Generation derer, die heute - sagen wir - über 35 sind, ist Cäsar eine Gitarrenlegende. So hab ich es wenigstens 87 mal gelesen. Fühlt man sich geschmeichelt, wenn man so etwas über sich selbst hört oder liest?
Peter "Cäsar" Gläser: Geschmeichelt schon, aber ich halte das nicht unbedingt für gerechtfertigt.
Das Wort Legende suggeriert ja meistens auch eine Institution, die im Kreuz etwas steif geworden ist und die man im wesentlichen wegen früherer Verdienste ehrt. Du hast nie aufgehört, Lieder zu schreiben, deine Musik weiterzu führen. Was ist dein innerer Motor - Routine, Starrsinn oder innerer Auftrag?
Nimm doch alles zusammen, bündele das, und genau das ist es dann - alles zusammen.
Deine Karriere begann bei der ostdeutschen Kult-Rockband Renft. Was bedeutet dir diese Kapelle heutzutage?
Sie bedeutet mir für meine Entwicklung unheimlich viel. Ich habe dort eine Menge gelernt, obwohl ich auch selber viel eingebracht habe. Ich habe viel gelernt in politischer Hinsicht, in musikalischer und vor allem auch in menschlicher, das würde ich ganz dick unterstreichen.
Diese Band stammt ja nun Leipzig, sie ist in Leipzig entstanden. Im Laufe der Jahre haben verschiedene Leute immer wieder mal von einem speziellen Leipziger Feeling, einer speziellen Szene, vom Leipziger Blues gesprochen. Gab oder gibt es so etwas nach deiner Meinung wirklich?
Schwer zu beantworten. Leipzig ist keine Kleinstadt, ist aber auch keine richtige Großstadt, vielleicht ist es genau das, was dieses Feeling ausmacht. Auch in Amerika gibt es ja Städte, Zentren, wo es Leute hinzieht und von wo sie aber auch gern wieder wegrennen. Leipzig hat ja auch eine große Berlinflucht gehabt, zumindest zu DDR Zeiten. Dort passiert's, dort muß man hin, weil man dort die besten Kontakte findet, weil dort die Medien sind. Mich hat es nun jedenfalls zurückgezogen nach Leipzig. Ich habe acht Jahre nicht hier gewohnt, bin inzwischen schon wieder seit vier Monaten da und komme einfach nicht dazu, Leipzig richtig neu kennenzulernen. Aber ich hab mir das zumindest vorgenommen. Es gefällt mir hier, aber möglicherweise hängt das gar nicht so sehr mit der Musik zusammen, sondern damit, daß es eben meine Heimat ist.
In den teilweise recht emotional geführten Auseinandersetzungen im inneren und im engeren Umkreis der Band - besonders auch noch der Wende, als der große Reunion-Bonus Renft im Bewußtsein der Fans noch einmal ganz nach oben trug, in diesen Auseinandersetzungen hast Du dich immer auffallend zurückgehalten.
Ja, das stimmt.
Deine weiteren musikalischen Stationen waren die Gruppen Karussell, Cäsars Rockband und nun das Trio, mit dem du seit Jahren im Studio und auf den Bühnen unterwegs bist. Ist das auch ein lndiz für einen kontinuierlichen Weg vom Musiker, der zwar exponiert ist, ober doch in einem Bandkontext steht, hin zum Solisten Peter "Cäsar" Gläser?
Das Solistische war sozusagen immer schon ein Teil meiner Arbeit. Auch bei RENFT. Die Band war ja bekannt als die Trinkerherde schlechthin, wo es Höhen und Tiefen gab. Also es gab Konzerte, die waren so gut, da ging es gar nicht mehr besser, und es gab natürlich auch schlechte Veranstaltungen. Jedenfalls, wenn die Kollegen - und ich will mich da gar nicht ausnehmen - sehr trinkfreudig waren, da haben sie oft genug ihren jüngsten Kollegen, der ich zumindest in den Anfangszeiten ja war, auf die Bühne geschickt und gesagt, Cäsar, mach mal, und auf diese Weise habe ich dann oft ganz alleine gespielt. Eines der Lieder, und nach dem fragen mich die Leute heute noch, war übrigens Lady Jane von den Stones. Und so hab ich mich solistisch betätigt, um die Brücke zu schlagen zwischen Bar und Bühne, die meist ziemlich weit war.
Mehr über Cäsar im Folker! 3/98