back Die schon wieder!
Österreichisches "easy listening" mit

Deishovida

von Jean Trouillet

Deishovida, die schon wieder! klingt im ur-steierischen Idiom wie ein genervtes Aufstöhnen, aber gewiß nicht nach einem DeishovidaBandnamen. Doch Humor, Eigensinn und Sinn für Schräges kennzeichnen das innovative Quartett aus Graz genau wie eine große Kenntnis musikalischer Traditionen und hohe Virtuosität. Aus Anlaß des Erscheinens ihrer neuen CD "not 4 u" (Almaviva/Indigo) läßt Jean Trouillet seiner Begeisterung freien Lauf:

Seit 22 Jahren pilgere ich zu Kurt Reichmanns Bordunmusik-Festival, um mich von Drehleier- und Dudelsackklängen und alter Musik verwöhnen zu lassen. Dabei bin ich immer auf der Suche nach innovativen Ansätzen, nach Musikern, die den Mut aufbringen, eine visionäre Musik auf dem Fundament traditioneller Stile auf höchstem spielerischen Niveau zu gestalten.

Vor drei Jahren legte mir Kurt Reichmann einen Musiker ganz besonders ans Herz: "Ich muß dir unbedingt Matthias Loibner vorstellen, der ist ein großartiger Spieler". Es folgte ein langes Gespräch mit Matthias begleitet von einem ebenso langen Drehleier-Solo eine Begegnung, die in mir einen wahren Begeisterungssturm entfachte. In diesen Stunden tangierten wir alle möglichen musikalischen Traditionen, ethnische, Reggae, Dub, Triphop, Drum & Bass, Rock, Jazz und Klassik.

DeishovidaMit welchem "Folk"-Musiker kann man eine derart breite Palette an Musik diskutieren? Zum Schluß drückte Matthias mir die erste CD seiner Band "Deishovida" in die Hand und beim Abhören lief mir nicht nur ein Schauer nach dem anderen den Rücken herunter, es brannte auf einmal die berühmte eureka!-Glühbirne in meinem Kopf: Hier spielt nicht nur ein brillanter Solist, sondern ein ebenso brillant besetztes Quartett. Das ist die beste Folk-Band aus deutschsprachigen Ländern, die du je gehört hast, sie steht für eine Zukunft, die Du Dir immer gewünscht hast.

DeishovidaDiese erste Platte nannten sie "Fast Folk". Ein Sprachwitz, denn das "fast" IäBt sich so oder so, mal englisch, mal deutsch betonen und steckt damit das Feld, in dem sie sich bewegen, ab. Eine Botschaft, die von Publikum (es gibt wohl kein wichtiges Festival, auf dem sie nicht gespielt haben) wie Presse wohl verstanden wurde. "Fast Folk ist noch die treffendste Umschreibung einer Musik, die sich justament dort entzieht, wo sich sonst mittlerweile kanonisierte Begriffe (wie zum Beispiel Neue Volksmusik, was immer das auch sein mag) als Krücke aufdrängen." (NZ) und "unter neuen österreichischen Folk-Produktionen überragen Deishovida alles" (Wiener Zeitung).

Ganz schön starker Tobak, wenn man sich die Besetzung der Band vor Augen führt: Drehleier, Geige, Akkordeon, Cello bzw. E-Baß. Weit verbreitet seit dem Mittelalter ist die Drehleier so etwas wie der erste Syntheziser. Mehrere Spiel- und Bordun-Saiten werden mittels Tasten abgegriffen und von einem Draht (Prinzip: endloser Geigenbogen) angestrichen. Seit Jahren bemühen sich Grenzgänger in Jazz und Folk dem höllisch schwer zu spielenden Instrument ganz neue Klänge zu entlocken. Auch der Bau des Instrumentes hat sich von einem rein akustischen zu einem elektro-akustischen Instrument mit vielfachen Eingriffsmöglichkeiten in den Sound verändert.


Mehr über Deishovida im Folker! 01/98