back Rezensionen NORDAMERIKA


FLARE ACOUSTIC ARTS LEAGUE
Cut

(Affairs Of The Heart HUG008CD/Indigo, www.indigo.de)
Promo-CD, 15 Tracks, 56:13

Verspielt und raffiniert hört sich das neue Album der amerikanischen Gruppe um LD Beghtol an, der parallel noch mit zwei weiteren musikalischen Projekten aktiv ist – LD & The New Criticism und Moth Wranglers. Einerseits werden kammerorchestrale Popsongs in klavierlastigen Arrangements geboten, die man sich so ähnlich auch für Unplugged-Auftritte von Jarvis Cocker mit Pulp vorstellen könnte, andererseits reicht das Spektrum bis hin zu einem hübsch dahingerotzten Sauflied („Ballad Of Little Brown Bear“), bei dem Mitglieder eines schwulen New Yorker Rugbyklubs mitgröhlen dürfen. An den zahlreichen weiteren Instrumenten, von der Ukulele bis zur elektrischen Sitar, spielen Musiker die bekannt sind aus Bands wie Antony & The Johnsons, Beirut oder den Magnetic Fields. Das ist alles etwas versponnen, aber kein bisschen spröde, sondern zart und überwiegend von melancholischer Grundstimmung. Meistens singt LD Beghtol und trägt dabei mit schmelzendem Klang Texte vor, die gerne auch volle Kanne ins gänzlich Absurde kippen. In „Emigré“ werden mit viel Gefühl Dinge aus der Heimat eines „young boy, so pretty“ aufgezählt: Kuckucksuhren, Toblerone, Matterhorn und Nazigold. Seltsam und schön.

Gunnar Geller

 

FLARE ACOUSTIC ARTS LEAGUE – Cut


VICKI GENFAN
Uncovered

(Acoustic Music Records 319.1402.2/Rough Trade, www.roughtrade.de)
12 Tracks + Videoclip, 54:41, mit dt. und engl. Infos

„Enthüllt“ werden hier die Seelen einiger äußerst populärer Songs und das können Frauen vermutlich besser als Männer. Erst recht, wenn es sich gleich um sechs hervorragende Musikerinnen handelt. Vicky Genfan, die amerikanische Gitarristin und Sängerin, die noch vor wenigen Jahren ein erstauntes Publikum mit ihren außerordentlichen Tappingkünsten für sich gewinnen konnte, versammelte hier für ein „Women-on-Stage“-Projekt eine erlesene Schar von Gitarristinnen und Sängerinnen um sich. Sally Barker, Christina Lux, Kerstin Blodig, Susan Weinert und Trina Hamlin sorgen dafür, dass die Sammlung von Coverversionen mehr als bunt ausfällt. Die Songs von Joan Armatrading, Sting, Seal, John Lennon, John Denver haben wir alle schon tausendmal gehört. Doch tatsächlich gelingt es dem Sextett nicht nur durch feine Arrangements, sondern auch vom Geist her völlig neue Räume zu betreten. Betörende Stimmen und herausragende Saitenkunst. Als Zugabe gibt es den einzigen Genfan-Song, den die Künstlerin ihrer bereits 1985 verstorbenen Mutter gewidmet hat, als Videoclip. Ein Song, auf den sie, wie sie sagt, geduldig gewartet hat. Enthüllungen dieser Art wünscht man sich häufiger.

Rolf Beydemüller

 

VICKI GENFAN – Uncovered


THE REVEREND PEYTON’S BIG DAMN BAND
The Whole Fam Damnily

(Sideonedummy Records SD1361-2/Cargo Records, www.cargo-records.de)
13 Tracks, 39:36, mit engl. Texten

Welcher Teufel ist in welcher Gestalt diesem Gottesmann begegnet? Wer Reverend Peytons Stimme zum ersten Mal hört, kann sich leicht vorstellen, dass bei seinen Predigten die Kirche bebt. Doch nicht nur dann, denn der Pastor aus Indiana singt mit Inbrunst und spielt dazu Slide auf einer verratzten Resonatorgitarre, begleitet von seiner Frau Breezy am Waschbrett und seinem jüngeren Bruder Jayme am Schlagwerk. Dieses Trio rollt mit fortwährend stampfendem Rhythmus durch rohen Countryblues mit Punkattitüde, in beständigem Umta-Umta von Bassdrum und Snare sowie jaulender Sechssaiterin. Man sieht den Reverend, einen bärtigen Mann vom Format eines Bären, förmlich stark schwitzend vor sich, wenn er klagt, seine Rechnungen nicht bezahlen zu können. Peyton gibt den archaischen Prediger von der Straße, der zwar Heimweh kennt, aber sofort wieder los will, weil in der Heimat nichts mehr ist wie früher. Stattdessen singt er unterwegs von den guten alten Bratkartoffeln der Mutter, vergifteten Flüssen und wie Wal-Mart die Tante-Emma-Läden gekillt hat. Und er betrachtet sich in seinen Texten selbst: „Worn out memories and worn out shoe / Guess I’m a little worn out too.“ Gepriesen sei der Herr!

hn
 

THE REVEREND PEYTON’S BIG DAMN BAND – The Whole Fam Damnily


PAUL RISHELL & ANNIE RAINES
A Night In Woodstock

(Mojo Rodeo Records MOJR1950/MP Media, www.mp-media.com)
13 Tracks, 58:25, mit Infos

Seit 1992 sind die Harpspielerin Annie Raines und der Gitarrist Paul Rishell als Duo unterwegs und haben sich mit ihrem Countryblues eine treue, eingeschworene Fangemeinde erspielt. Auch im Kreise ihrer Musikerkollegen, mit es immer wieder zu spontanen, sessionähnlichen Liveauftritten kommt – je nachdem, wer im Publikum gerade so anwesend ist. Überwiegend finden diese Konzerte in den kleinen „Juke Joints“ auf dem Land statt, und genau solch ein Klub befand sich im Jahr 2005 im legendären Woodstock. Zur gleichen Zeit arbeitete der Produzent und Verleger Todd Kwait an einer Dokumentation über Jug Bands, und er bat Rishell und Raines, ihren dortigen Auftritt als Teil seiner Arbeit nutzen zu dürfen. So kam es, dass der „kleine, normale Gig“ zum Teil einer Filmproduktion wurde – eine DVD wird folgen. Und nicht nur das: Mit Bruce Katz (Keyboards) und John Sebastian (Harp) bekam die Band auch noch hochkarätige Verstärkung. Leicht und mühelos perfekt klingt das gemeinsame und wechselseitige Spiel, ohne jedoch glatt oder gar klinisch steril zu sein. Es war nur ein kleiner, normaler Gig, eine Nacht mit Countryblues auf dem Land – entstanden ist dabei ein wirklich großartiges Album.

Achim Hennes

 

PAUL RISHELL & ANNIE RAINES – A Night In Woodstock


MARIA TAYLOR
Lady Luck

(Nettwerk 5 037703 084223/Soulfood Music Distribution, www.soulfood-music.de)
Promo-CD, 10 Tracks, 37:10

Gerade mal drei volle Soloalben und ein zerquetschtes – und die Ex des Bright-Eyes-Prinzen Conor Oberst hat den unverwechselbaren Sound ihres Singer/Songwriter-Pops sogar schon stabilisiert. Er ist schon so dominant, dieser Sound, dass er sich selbst R.E.M. mit Links einverleibt: Klingt das klasse Duett mit Michael Stipe „Cartoons And Forever Plans“, mit dem das Album endet, auch wie ein Eins-a-Song der Indie-Monster aus Athens/Georgia, so bleibt es doch auch ein typischer Maria-Taylor-Song. Wie ihre Stimme, die immer auf diese beschützenswerte Weise etwas leidend und dabei sehr brüchig klingt. Wie diese gleichermaßen melancholischen wie reichen Sechzigerjahre-Melodien und -Harmonien, vor denen ihre Alben nur so bersten. Wie diese halbavantgardistischen Achtziger-Raumflüge aus den Synthies und Konsolen, zu denen ihre Kompositionen – mal klares Programm, dann wieder völlig unvermutet – immer wieder mal abheben. So sicher, wie diese Sängerin sogar schon seit Azure-Ray-Zeiten vor ihrer Solokarriere einen Taylor-Song nach dem anderen raushaut, werden wir noch viel Gegenwert für unser Geld von ihr bekommen – in Freude an der Popmusik, viel, viel Sentiment und reichlich anregender Energie ...

Christian Beck

 

MARIA TAYLOR – Lady Luck

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