ULRICH KIND
O. O.: Unicart, 2006
Die poetischen Texte der französischen Chansonikone Georges Brassens gelten als schwer übersetzbar, in ihrer einzigartigen Mischung der Sprache der klassischen französischen Poesie und des Argot, der aus dem Rotwelschen entstammenden Sprache der Bettler und Gauner des Mittelalters. Die komplette Übersetzung der Brassens-Lieder von Gisbert Haefs sowie die aus der Feder Gerd Semmers waren dem Verfasser des vorliegenden Buches nicht singbar genug. Ulrich Kind hatte bereits während seines Französischstudiums in der damaligen DDR Texte von Brassens kennen- und liebengelernt, und da die vorgenannten Übertragungen für ihn nicht greifbar waren, begann er selbst singbare deutsche Übertragungen anzufertigen, darunter Klassiker wie „Fernande“ (dt. „Mein kleiner Kompagnon“), „Pauvre Martin“ (dt. „Armer Martin“) oder „Le Pornographe“ (dt. „Der grobe Sänger“). Sie sind ihm wohl gelungen, wie man in diesem Buch nachlesen kann. Kind brachte das Kunststück fertig, recht nah an den Originalen zu bleiben, und nur da, wo es nötig war, auch freier zu übersetzen. Und so entstand im Laufe der Jahre eine Sammlung von Brassens-Liedern auf Deutsch, die die Atmosphäre und Grundstimmung der Originale wahren. Nachzuhören ist dies auf der gelungenen CD Neben meinem Baume , die Kind mit Reno Rebscher im Duo Handstreych eingespielt hat, ganz im Sinne des Meisters sparsam arrangiert, aber mit ausgefeilten Gitarrenarrangements, die der Poesie der Texte die notwendigen Freiräume lassen. 33 Lieder werden in diesem Buch samt Text, Noten und Gitarrenakkorden abgedruckt, schon allein mit Originaltexten wäre dies eine willkommene Sammlung, doch mit dem vorliegenden Band bekommt man nicht nur Übersetzungen, sondern singbare, kongeniale Übertragungen, was den Gebrauchswert erhöht. Die sehr treffenden und den Liedtexten angemessenen sarkastischen Karikaturen runden das Buch ab. Très, très joli! Ulrich Joosten Bezug: Ulrich Kind, Freiburg | |
ENDO ANACONDA
Zürich: Ammann Verlag, 2005
Unter dem Titel Sofareisen erschienen in der schweizerischen Coop-Zeitung (Wochenblatt der Coop-Lebensmittelkette) und der Berner Zeitung die vorliegenden Kolumnen des Sängers und Masterminds der Berner Kultband Stiller Has. Sofareisen ist kein Buch über Musik. Dafür erfahren wir in den aberwitzigen, von skurrilem Humor geprägten Beiträgen viel über das Leben von Endo Anaconda. Von seiner höhergelegten Kopie einer Corbusier-Liege aus betrachtet er die Welt. Er genießt freie Sicht auf den Christbaum, der im Frühling nadellos den Balkon ziert. Immer wieder treibt der Hunger den Autor zum Kühlschrank, wo einzig die Biohenne ihrem längst abgelaufenen Verfalldatum trotzt. Wir erfahren aber auch über die zweifelhaften Freuden des Musikers, der seine Nächte im Hotelzimmer um die Ohren schlägt. Da wird dem Kettenraucher im Nichtraucherzimmer die Zigarette vor dem Einschlafen verwehrt. So verbringt er frierend die Nacht auf der Toilette. Von dort aus sendet er den Männern, die in ihren tiefergelegten PS-Boliden über die Schnellstraße unter dem Hotelzimmer brettern, Rauchzeichen. Von der Corbusier-Liege aus sinniert Endo Anaconda auch über seine Jugend in einem Kärntner Internat, wo nicht nur die Beatmusik, sondern alles außer der Gottesfurcht verboten war. Die Sofareisen verraten viel über Endo Anaconda, Bern, die Schweiz und ihre Leute. Schonungslos zieht er über sich und seine Umwelt her. Wie der Autor übrigens zu seiner Corbusier-Liege kam, verrät er ebenfalls. Der Mann ist ein Glück für dieses Land, in dem jeder versucht, so wunderbar kontrolliert, korrekt und kühl durchs Leben zu schreiten. Martin Steiner | |
MARTIN LEVINSON/AVRIL SILK
Edinburgh: Birlinn Ltd., 2007, XI
Gypsies, Travellers, Romani – sie haben viele Namen und sie reisten durch viele Länder Europas. Gerade Bücher über die schottischen Travellers sind relativ populär und wurden hier bereits besprochen (z. B. Folker! 4/08, S. 86). England kommt einem bei diesem Thema nicht gleich in den Sinn, speziell nicht der Südwesten. Und doch waren die Grafschaften von Somerset bis Cornwall ebenfalls „Gypsy Country“, wie dieses Buch beweist. Der Aufbau ist denkbar einfach und naheliegend. Die Autoren beschränken sich auf verbindende Texte und lassen die Protagonisten selber zu Wort kommen. Dadurch entsteht ein hoher Grad an Glaubwürdigkeit, nichts wird interpretiert, alles wird von den Menschen erzählt, die das Leben auf der Straße noch kannten. Die 19 thematisch sortierten Kapitel (plus Glossar, Bibliografie und Index) reichen von der Kindheit bis zum Tod und lassen natürlich auch die reichhaltige Kultur der Gypsies nicht aus. Das schließt die Musik ein, Folkmusik mit Knopfakkordeon, Whistle, Löffeln und Stepptanz. Es gibt auch einige CDs mit guten Feldaufnahmen, aber es wird schnell klar, dass die Gypsies des englischen Südwestens bei weitem nicht die Rolle der musikalischen Traditionsträger gespielt haben wie ihre schottischen Brüder und Schwestern. Das jedoch tut dem mittelformatigen Buch keinerlei Abbruch. Nicht zuletzt durch die zahlreichen alten Fotos entsteht ein sehr guter und nachvollziehbarer Eindruck einer Lebensart, die in den letzten Jahrzehnten völlig ausgestorben ist. Und erneut stellt sich die Frage, ob man solche Entwicklungen tatsächlich mit einem Achselzucken als naturgegeben hinnehmen muss. Mike Kamp Bezug: www.birlinn.co.uk | |
ANDREAS LUTZ/ ERNHARD BITZEL
O. O.: Edition DUX, 2008, XXIII
Diesmal hat es keine fünf Jahre gedauert, bis der nächste Band der Kultliederbücher erschienen ist. Nach den ersten beiden „DING“ern (2000 und 2005) ist nun der dritte Band auf dem Markt, und es ist wieder ein gewichtiges Buch geworden. Die Art und Aufmachung folgt den ersten beiden Bänden, das Ringbuch enthält 408 Liedtexte mit zugehörigen Gitarrenakkorden, gefolgt von einem 8-seitigen Theorieteil über Aufbau des Notensystems, Akkorde für Gitarre und Grifftabelle. Die Texte reichen wie immer sowohl zeitlich als auch genremäßig über alle Grenzen hinweg. Also wieder eine Fundgrube. Schade nur, dass die Anordnung keinem System folgt und dass es nur ein Titelverzeichnis gibt, ohne Nennung der Interpreten dazu, man kann also nicht nach Interpreten suchen. Doris Joosten | |
BEST OF AUSTROPOP
O. O.: Bosworth Ed., 2008
Der Bosworth-Verlag macht weiter in der Reihe der Songbücher, diesmal mit einer Sammlung von hundert Titeln österreichischer Interpreten wie Ambros, Danzer, EAV, Fendrich, Qualtinger, DJ Ötzi und anderen bekannten Namen. Der Aufbau ist wie gehabt: Songtext, darüber die Akkordbezeichnungen, dazu ein paar Fotos und Zitate. Im Anhang ein ausklappbares Blatt mit Akkordgriffdiagrammen. In der Aufmachung etwas anders als die bisherigen „Songbooks“, die alle in schwarzem Kunststoffeinband waren – diesmal ganz normales, stabil gelumbacktes Paperback, aber auch wieder im handlichen Format. Für Fans österreichischer Liedermacher! Doris Joosten Bezug: www.bosworth.de | |
CLASSIC BLUES LICKS
Berlin: Bosworth, 2008
Also 52 Karten mit gängigen – man könnte wohl auch sagen: berühmten – Blues Licks in Tabulaturnotation auf der Vorderseite und mit Foto und Informationen zum Gitarristen und der Charakteristik oder anderen Informationen zum Lick auf der Rückseite der Karte. Das Ganze verpackt in einer stabilen Box von der Größe einer Zigarettenschachtel, also zunächst mal praktisch. Trotzdem wäre hier ein etwas größeres Format sicherlich gut gewesen, denn zum einen ist der Lick schon sehr klein abgedruckt, genaues Hinsehen ist erforderlich. Der Text auf der Kartenrückseite ist in grau gedruckt, auch das ist nur bei gutem Licht gut zu lesen. Doris Joosten Bezug: www.bosworth.de | |
JUDY SPENCER NELON [Zsgest.]
Nashville, TN: Shawnee Press, 2008
Nach The World’s Greatest Southern Gospel Songs hat der Verlag, der sich selbst zu den weltweit größten für Chor- und Instrumentalnoten zählt, nun ein „More of ...“ aufgelegt. Weitere 50 Gospels sind hier für Gesang, Piano und Gitarre (Griffdiagramme) notiert. Die Songpalette enthält wieder zahlreiche sehr bekannte Titel wie „Bring My Children Home“ oder „Praise The Lord“, aber für Gospelfans sind sicherlich alle Titel bekannte Titel. Für Gospelchöre durchaus interessant, denn allzu viele Zusammenstellungen dieser Art gibt es derzeit nicht auf dem deutschen Buchmarkt. Doris Joosten Bezug: www.shawneepress.com | |
AMY APPLEBY [Zsgest.]
New York, NY: Amsco Publications, 2008
Irische Musik ist nach wie vor sehr beliebt, also ein Grund mehr, noch ein weiteres irisches Songbuch kurz vorzustellen. Im Vergleich zu anderen irischen Songbüchern fällt auf, dass dieser Titel ein sehr ansprechendes Preis-Leistungs-Verhältnis aufweist. Über zweihundert Songs und Melodien (für Gesang und Klavier notiert) für diesen Preis, das findet man nicht gar so häufig. Die Stücke sind zu Gruppen wie „Balladen“, „Liebeslieder“, „Jigs“, „Reels“, „Hornpipes & Marches“ zusammengefasst, viele Traditionals, darunter natürlich auch „Molly Malone“ oder „Danny Boy“ und andere aus den Medien bekannten Melodien. Für denjenigen, der erstmals auf der Suche nach irischen Noten ist, eine gute und solide Auswahl, für den versierten Fan irischer Musik sicher kein must aber ein nice to have . Doris Joosten |
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