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DIVERSE
Primal Twang – The Legacy Of The Guitar
(Adams Entertainment, www.adams-entertainment.com)
121:00
Am Anfang war die Gitarre. So zumindest das Credo der Macher dieser
Liebeserklärung an den erfolgreichen Sechssaiter. Und sieht man sich Beliebtheit
und Verbreitung dieses „Jedermanns“ unter den Instrumenten an, muss man ihnen
wohl Recht geben. Vielleicht war der Urknall ja ein saftig hingehämmerter
Gitarrenakkord. Flatpicking-Star Dan Crary führt durch einen Konzertabend in San
Diego mit einigen der besten Gitarrenvirtuosen auf ihrem jeweiligen Gebiet.
Dabei wird, wenn auch natürlich lückenhaft, die Geschichte der Gitarre erzählt.
Angereichert mit Videoeinspielungen, historischen Fotos, den launigen
Geschichten Crarys und kurzen Zwischenspielen entsteht so ein faszinierendes und
ungeheuer buntes Bild der Gitarre in ihren zahllosen Spielarten. Ausführlicher
werden einzelne Stationen beleuchtet: die sehr selten gespielte Harfengitarre
etwa, vorgestellt von John Doan. Weiter geht es mit Klassik, Flamenco – da
steht allerdings die Tanzperformance im Vordergrund -, Klängen aus Hawaii,
Blues, Zigeunerswing, Rock und, und, und ... Eine Crew exquisiter Saitenmänner
– es ist eine reine Männerveranstaltung – verzaubert sowohl die
Hörer im Saal als auch den Konservenlauscher. Daran kommt man als Gitarrist kaum
vorbei. Schenken lassen!
Rolf Beydemüller
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GÜL
Learn Oriental Dance With Gül
(Magda MGD067, www.magda.co.il)
10 Kapitel plus 1 Liveperformance plus 1 Studioperformance, ca. 90:00, hebr./engl.
Viel ist nicht über Gül zu erfahren, also belassen wir es bei einer recht
hübschen Frau, die jüdisch sein und aus Israel stammen muss. Gül scheint sich
nicht nur im Bauchtanz, sondern auch im türkischen und georgischen Tanz zu Hause
zu fühlen. Die vorliegende DVD ist dem traditionellen
raqs sharqi
– wörtlich: „östlicher/orientalischer Tanz“ – gewidmet. In zehn
Kapiteln kann man damit zu Hause im Wohnzimmer die Grundschritte des
Bauchtanzes erlernen. Eine Menüführung lässt einen direkten Zugriff auf
Kombinationen wie „Kamel vorwärts“, „Twist“, „Vogelbewegung“ – die Arme
schwingen wie die Flügel eines Vogels – zu. Die Einheiten sind in
Hebräisch oder aus dem Off gesprochenem Englisch abgefasst und auch für einen
Nichtbauchtänzer wie den Rezensenten leicht verständlich. Gül weist explizit
darauf hin, dass die auf der DVD enthaltene Aufwärmeinheit abgekürzt ist, zum
weiteren Aufwärmen des Körpers eignen sich allerlei nicht demonstrierte
Aerobicübungen. Güls Bauchtänze sind schließlich in einem kürzeren Ausschnitt
eines Liveauftrittes im Istanbulin Oriental Club zu sehen – Chancen, es
vom Wohnzimmer aus als Superstar auf die Bühne zu schaffen, sind also nicht
ausgeschlossen.
Matti Goldschmidt
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B. B. KING (ALSO FEATURING JOAN BAEZ)
At Sing Sing Prison
(Chrome Dreams CVIS604/In-akustik, www.in-akustik.com)
82:00
Der Untertitel „The Complete 1972 Concert Movie“ ist nur die halbe Wahrheit,
denn der Film von David Hoffmann und Harry Wiland dokumentiert zugleich seine
Entstehung. Über ein Jahr lang arbeiteten die beiden im berühmt-berüchtigten
Sing-Sing-Gefängnis mit Insassen, die an Filmemachen interessiert waren. Höhe-
und Endpunkt war ein Konzert an Thanksgiving 1972, für das zahlreiche Künstler
angesprochen wurden. Viele lehnten ab. Schließlich konnten die Blueslegende B.
B. King, Joan Baez, bei einem Song im Duett mit Schwester Mimi Fariña, The
Voices of Harlem sowie der Komödiant Jimmy Walker gewonnen werden. Zwischen den
Auftritten werden Gefängnisimpressionen und kurze Gespräche mit Insassen und
Wärtern gezeigt. Darin liegt der besondere Wert dieser Dokumentation, bietet sie
doch Momentaufnahmen eines ungerechten Justizsystems, dem vor allem
Afroamerikaner und Latinos zum Opfer fallen. Eindrucksvoll wird dies von einer
Gruppe von Gefangenen szenisch dargestellt. Besonders beeindruckt die
Schlusssequenz: Während sich das Auditorium leert, spricht ein Gefangener aus
dem Off über seine Gefühle in Sing-Sing. Er empfindet das Gefängnis als Käfig,
dessen Bewohner unmenschlich behandelt werden.
Michael Kleff
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CRAZY CHRIS KRAMER
Live und solo
(Blow Till Midnight Musikverlag BM08D199/BMG SONY, www.bmgsony.de)
DVD 66:04, 31 Tracks, mit Interview-Track
CRAZY CHRIS KRAMER AND HIS GROOVEHANDS
Any Kind Of Music
(Blow Till Midnight Musikverlag BM08C200/Neo Bob-me/BMG SONY, www.bmgsony.de)
CD, 13 Tracks, 60:59
Ist der Mann größenwahnsinnig oder nur konsequent? Vor kurzem erst
veröffentlichte er das überzeugende deutschsprachige Bluesalbum
Komm mit
; nun legt er gleich im Live-Doppelpack nach. Die DVD enthält einen im wahrsten
Sinne „dampfenden“ Soloauftritt Kramers – jeder Schweißtropfen in
exzellenter Bild- und Tonqualität, doch die Schwerstarbeit hat Stil: Dass der
„jecke“ Chris einer der profiliertesten Bluesharpspieler der Republik ist,
wissen wir schon länger, dass er dazu auch noch eine Wahnsinns-Powerklampfe
– von der Dobro über die Westerngitarre bis zur elektrischen Slide –
zu zupfen weiß, spätestens seit
Komm mit
. Und dass er als geborene Rampensau auch die Geschichten zu seinen meist
deutschen Reibeisensongs höchst unterhaltsam rüberzubringen vermag, ohne
Overdubs und Studiomätzchen genauso brillant wie im Studio klingt und überhaupt
eine rundum ehrliche Haut zu sein scheint, belegt dieser Mitschnitt seines
Bluesprogramms. Dass er auch andere Stile kann, zeigt Crazy Chris seit fünf
Jahren mit den
Groovehands
: von Funk bis Bossa Nova, Klezmer bis Jazz, Zigeunerswing bis Country und
Bluegrass mit originellen Coverversionen von Pop- und Rockklassikern. Auch mit
seinen Mitmusikern an Gitarren, Violine, Kontrabass, Schlagzeug und Percussion
liefert Kramer eine Liveshow erster Güte ab. Die Songs von Sting, AC/DC, den
Allman Brothers oder Louis Armstrong werden mit Eigenkompositionen ergänzt, die
Musik geht unwahrscheinlich ab, und immer wieder liefert Kramers virtuoses,
elektrisierendes Mundharmonikaspiel die Glanzlichter. Nicht weniger überzeugend
als seine Bluesmucke – der Mann hat allen Grund, von sich überzeugt zu
sein.
Ulrich Joosten
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POEMS FOR LAILA
Live In Berlin
(Metropol 4260104 11007 4/Tracks United/Broken Silence, www.brokensilence.biz)
DVD: 24 Tracks, 105:05; CD: 13 Tracks 50:36, mit Infos
Hauptteil der DVD – auf der beiliegenden CD zusätzlich im Audioformat
beigelegt – ist die Dokumentation eines Liveauftritts im Bassy Club aus
diesem Jahr. Angereichert wird er mit Auszügen eines Tempodrom-Konzerts von
1992, einigen Videoclips und Fotos, sodass die DVD über eine angenehme
Gesamtspielzeit von über hundert Minuten verfügt. Musikalisch klingen Poems for
Laila wie eh und je, das Konzert ist also in erster Linie ein Geschenk für die
Nostalgiker und alten Fans. Aktueller Anlass der Veröffentlichung ist das
20-jährige Bestehen der Band, wovon man eigentlich die eine oder andere
zwischenzeitliche Auflösung herausrechnen müsste. Die Bildqualität ist
ausreichend, die Soundqualität aber unter Durschschnitt, was leider insbesondere
die Audio-CD auf die Qualität eines Bootlegs reduziert. „Russian Billy“ wirkt
trotzdem auch 2008 unverändert – gut zu wissen, dass dieses sympathisches
Urgestein der deutschen Independentszene um Sänger Nikolai Tomas uns nach
diversen seiner Soloausflüge auch 2008 noch begleitet.
Chris Elstrodt
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SARA TAVARES
Alive! In Lisboa
(World Connection WC43078/Edel Distribution, www.edel.de)
DVD: 13 Tracks, 125:36; CD: Balancê, 13 Tracks, 68:33; CD: Mi Ma Bô, 17 Tracks, 55:37
1994 gewann die 16-jährige Sarah Tavares die portugiesische
Eurovision-Song-Contest-Ausscheidung und den RTP Song Contest. Der Weg der
jungen Frau von den Kapverden mit der geschmeidig souligen Stimme schien
vorgezeichnet. Das von Lokua Kanza produzierte Album
Mi Ma Bô
(2000), hiermit erstmals außerhalb Portugals vorliegend, läutete das Ende des
Flirts mit dem Mainstreampop ein.
Balancê
(2005) zeigt eine gereifte Künstlerin, deren Wurzeln fest in der Tradition der
lusofonen afrikanischen Musik verankert sind. 2007 nominierte die BBC die
Künstlerin zur Wahl der Newcomerin des Jahres. Der 96-minütige
Konzertmitschnitt
Alive! In Lisboa
stellt beide Studioalben in den Schatten. Sara Tavares fesselt ihr Publikum mit
einer starken Bühnenpräsenz und einem unwiderstehlichen Lächeln. Mit ihren
angolanischen und kapverdischen Musikerkollegen an Gitarren, Bass und
Percussion zelebriert sie magische westafrikanische Musik mit Stücken, die
schon mal achtzehn Minuten dauern können und keine Sekunde langweilen. Sieben
Lieder lang sitzen die Musiker und tönen trotzdem herrlich beschwingt. Dann
stehen die Sängerin und ihre Saitenfraktion auf und geben noch einen drauf.
Fantastisch!
Martin Steiner
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