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BEADY BELLE
Belvedere
(Jazzland Records/Universal Music, www.universal-music.de)
Promo-CD, 9 Tracks, 39:00
Ein E-Piano, atmosphärische Jazzakkorde, ein deutlich abgesetzter Bass, dichte
Club-Beats und dann über allem dieses Instrument! Es ist eine Dobro, die „Apron
Strings“, das erste Stück des Albums, erdig einfärbt und ihm seine besondere
Stimmung verleiht. Und auch sonst setzt das Trio mit Sängerin Beate S. Lech,
Bassist Marius Reksjø und Schlagzeuger Erik Holm auf Farbtupfer durch eher im
Country und Bluegrass gebräuchliche Instrumente wie Mandoline, Banjo und
Lapsteelgitarre. Dennoch bleibt die Grundfarbe des Albums cool, jazzig und
soulig mit Sprengseln aus Blues und Funk, dominiert von der ausdrucksstarken
Stimme Beate S. Lechs. Die Kühle der norwegischen Nujazzszene klingt vereinzelt
an, wird aber konterkariert durch die akustischen Instrumente. Einmal dehnt sich
die Musik auf Breitwandformat, wenn sich Lech im Duett mit dem britischen
Jazzpopper Jamie Cullum trifft und „Intermission Music“ singt – fast ein
klassisches Werk hollywoodscher Prägung. Das alles ist sehr gefällig
durchzuhören, doch am Ende fühlt man sich ein bisschen wie nach der Tagesschau,
wenn man versucht, sich an die Meldungen zu erinnern. Trotzdem bleibt die
Gesamtstimmung hängen. Und die hat was.
Volker Dick
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LES BLÉROTS DE R.A.V.E.L.
Timbré
(Discograph Sas/La Tambouille/Al!ive 6137642, www.alive-ag.de)
Promo-CD, 14 Tracks, 44:54
Das nunmehr dritte Album dieser Spaßvogeltruppe aus der Île de France –
der Titel lässt so manche Schlüsse zu, bedeutet sowohl „bekloppt“ als auch
„klangvoll“. Und auch der Bandname gibt Rätsel auf. Natürlich handelt es sich
hierbei um ein verschlüsseltes Wortspiel über den „Boléro“ von Maurice Ravel:
Blaireau
kann unter anderem „Einfaltspinsel“ und „Spaßvogel“ heißen, R.A.V.E.L soll die
Abkürzung für
renouveau artistique volontairement élaboré par des losers
sein – zu deutsch etwa „von Losern freiwillig erarbeitete künstlerische
Erneuerung“. So fantasievoll der Name, so auch der Musikmix. Das Sextett
bedient sich unterschiedlichster Quellen: Klezmer, Ska, Balkan Brass, Chanson,
Rock. Vornehmlich geht bei den Blérots so richtig die Post ab: Dank der
witzigen, skurrilen, hintersinnigen Texte – die Lyrics sind hoffentlich
bei der regulären Veröffentlichung dabei – könnte man die ganze Chose als
„Tanzmusik mit Köpfchen“ bezeichnen. Instrumental greifen die sechs in die
Vollen: mit Akkordeon, Melodika, Geige, einer Brass-’n’-Rhythm-Sektion, auch
mal E-Gitarren. Das alles handwerklich absolut top, pfiffig arrangiert und mit
viel Spielwitz dargeboten. Mit Sicherheit legen die Blérots live noch eine
Schippe drauf. Immer mal wieder kommen sie zu Gigs auch in unsere Gefilde.
Also, nicht verpassen und solange ersatzweise zu diesem Album greifen!
Roland Schmitt
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CAPERCAILLIE
Roses And Tears
(Vertical Records VERTCD084/MP Media, www.mp-media.com)
12 Tracks, 56:54
Eine neues Album zwar, aber ansonsten nichts Neues aus dem Hause Capercaillie:
schottisch-irisch-gälischer Popfolk der perfektesten, an internationalen
Soundmaßstäben orientierten, aber leider auch glatteren Art. Karen Matheson mit
ihrer brillanten Stimme und das siebenköpfige Herrenorchester – Bouzouki,
Gitarre, Bass, Drums, Percussion, Tasteninstrumente, Fiddle, Flöte, Whistle,
Pipes – produzieren unter federführender Aufsicht von Donald Shaw eine
Musik, die sicherlich eine große Breitenwirkung hat und daher Menschen erreicht,
die zum Beispiel von den jungen, talentierten Hochgeschwindigkeitsfiddlern gar
nicht angesprochen werden. Somit hat der Sound von Capercaillie durchaus seine
Berechtigung, ist aber eben auch sehr berechenbar: Ob angeblich gerade erst im
Archiv der School of Scottish Studies gefunden oder ein Antikriegslied von
Donald Shaw, alles glatter Popfolk.
To whom it may concern ...
Mike Kamp
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THE COAL PORTERS
Turn The Water On, Boy!
(Prima Records PRIMA SID020/Rough Trade, www.roughtrade.de)
12 Tracks, 39:30, mit knappen engl. Infos
„Adam & Evil“ – was er mit seinen Long Ryders schon einmal bezüglich
Country hinlegte, die Vorwegnahme von Alternative Country bevor sie für eine
ganze Generation Standard wurde, leistet Sid Griffin seit Ende des letzten
Jahrzehnts mit den Coal Porters auch für den Bluegrass: die Überführung
erstarrter Genres in ein zeitgemäßes Lebensgefühl, ihre Aufladung mit Zeitgeist,
Wiederbelebung. Und das, obwohl er als Radio-DJ und Autor – neben
Journalismus für Magazine wie
MOJO
Bücher über Gram Parsons, Bluegrassgitarre und neuerdings auch Bob Dylans
Basement Tapes
– auch anderweitig alles andere als unterbeschäftigt ist. Gegründet noch
in Los Angeles, wurde aus den Coal Porters nach Griffins Umzug nach London eine
– von ihm abgesehen – britische Band. Was man nicht hört, die
Banjos, Fiddles und Gitarren, die seine jungen Mitstreiter von der Insel seiner
Mandoline zur Seite gesellen, strahlen allen Glanz und alles Feuer bereits mit
der Muttermilch eingesogener Liebe zum Sujet! Die überwiegend
selbstgeschriebenen Songs sind ausnahmslos Ohrwürmer, und zusätzlich von einer
derart coolen Lakonie, dass es einen nicht wundern müsste, wenn der
„Alternative Bluegrass“, den die Porters sich selbst als Etikett verpasst
haben, bald überall pappt ...
Christian Beck
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MARIANO DEIDDA
Canta Grazia Deledda – Rosso Rembrandt
(Promo Music PM CD 011/Broken Silence, www.brokensilence.biz)
13 Tracks, 53:24, mit ital. und engl. Texten und Infos
Manche Schätze liegen im Verborgenen. Ein erster Blick auf den etwas
uninspiriert gestalteten Digipack des neuen Albums des sardischen Sängers
Mariano Deidda macht kaum jemanden neugierig. Wer das Cover öffnet, stößt auf
das Porträt von Grazia Deledda. Wer ist diese Frau? Die sardische Poetin und
Romanautorin galt in ihrer Heimat als eine der bedeutendsten Dichterinnen des
Naturalismus und erhielt 1926 den Literaturnobelpreis. Die Worte der Sardin
führen in das Sardinien einer vergangenen Zeit und faszinieren noch immer. Alle
Texte wurden im ausführlichen Booklet gefühlvoll in die englische Sprache
übersetzt. Mariano Deidda singt mit leicht gebrochener Stimme zu meist sparsamer
Begleitung – Klavier, Kontrabass, Akkordeon, Saxofon, Percussion.
Besondere Akzente setzen Cracks wie Kenny Wheeler (Trompete) und Sasha Karlic
(Oud). Vergleich gefällig? Das Werk erinnert in seiner Form, der Poesie, den
Arrangements und der Stimme von Mariano Deidda etwas an Gianmaria Testa. Ein
Schatz, der es lohnt, gehoben zu werden.
Martin Steiner
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DOUG MACLEOD
The Utrecht Sessions
(Black & Tan Records 032/Crossroads/New Music Distribution, www.new-music-distribution.de)
12 Tracks, 56:43, mit engl. Songtexten und Infos
Atmosphärische Melancholie und reiner, guter Blues – das ist es, was
Altmeister Doug MacLeod hier auf Tonträger bannt. Dem authentischen Bluesklang
verschreibt er sich nicht nur thematisch, auch aufnahmetechnisch wird er
Puristen unter den Bluesfans gerecht: Nimmt MacLeod doch in „Altvätersitte“ auf
einem Stuhl sitzend auf, ein Mikro für den Gesang, zwei für die Gitarre und
eines für das Stomping mit dem Fuß, das als Schlagzeug-Ersatz dient. Im
Wesentlichen also wurden die Songs im Alleingang eingespielt – es sind
auch seine Lieder und Texte, die der Musiker uns vorstellt. Ehrlich, ernst und
konzentriert ging er zu Werke, holte sich für einige wenige Stücke Verstärkung
durch Arthur Bent (perc) und Jasper Mortier (db). Allen, die MacLeod nicht
kennen, sei erklärt, dass sie es hier mit einem Star der Szene zu tun haben,
wurde er doch für den Blues Music Award 2008 in der Kategorie „Acoustic Blues“
als „Artist of the Year“ nominiert.
The Utrecht Sessions
– immerhin ist Utrecht seine Wahlheimat – ist ein Album, das mit
einer ausdrucksstarken Liveatmosphäre aufwarten kann. Für Bluesadepten gibt es
als Extraschmankerl freundlicherweise Angaben zum Tuning der jeweiligen Stücke
...
Carina Prange
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PEATBOG FAERIES
What Men Deserve To Lose
(Peatbog Records CDBOG003/Proper Music/Rough Trade, www.roughtrade.de)
10 Tracks, 49:21, mit knappen engl. Infos
SESSION A9
Bottlenecks & Arm-Breakers
(RAJ Records CD003, www.rajrecords.com)
10 Tracks, 44:12, mit Spiel
Wie sich diese zwei Einspielungen trotz aller Unterschiede doch ähneln! Beide
definitiv schottisch, rein instrumental, eingespielt von absoluten Könnern
– doch etwas fehlt hier wie da. Die Peatbogs von der Isle of Skye waren
lange Zeit die kleinen Brüder von Shooglenifty, wenn es um die Fusion von Folk
und topaktuellen Celtic-Dance-Mixen ging. Die Zeit ist vorbei, die Peatbogs
sind, nicht zuletzt wegen der fulminanten Bläsersektion, mit ihrem fünften Album
längst erwachsen geworden. Bass, Gitarre und Percussion sorgen für die
rhythmische Basis, auf der Pipes, Whistle und Fiddle die selbstkomponierten
Melodien im schottischen Idiom ausbreiten. Session A9 dagegen definieren
Schottland auch auf ihrem Zweitling musikalisch ohne die Lowlands, und der eher
traditionelle Sound wird von den vier Fiddlern dominiert. Gitarre, Keyboards und
Percussion haben eher ergänzenden Charakter. Hört sich eigentlich gut an –
aber die Musik auf beiden Alben leidet darunter, dass ihr bei allem Groove die
Abwechslung fehlt, die ausformulierte Lieder mit sich bringen. Andererseits aber
ist diese Musik eigentlich nicht dafür gemacht worden, zu Hause im Sessel
genossen zu werden. Bei Session A9 eventuell noch vorstellbar, gilt dies
besonders für die Peatbogs: Das ist Livemusik, dazu muss und will man sich
bewegen. Auf Konserve dagegen gleicht sich die Tanzmischung der Stücke doch
allzu sehr und die hypnotische Qualität der Rhythmen kann sich nicht entfalten.
Als Souvenirs vom Konzert vielleicht eine gute Idee, als eigenständige Produkte
etwas eintönig.
Mike Kamp
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SVANEVIT
Rikedom Och Gåvor
(Nordic Tradition/Westpark Music/Indigo, www.indigo.de)
15 Tracks, 53:28, mit vollständigen schwed., engl. und dt. Texten und Info
Zwei Mitglieder dieses Quartetts aus Schweden, Anna Rynefors (Nyckelharpa,
Säckpipa) und Erik Ask-Upmark (Harfe, Säckpipa) treten unter dem Namen Dråm auf,
wie gerade beim Venner Folk Frühling. Der minimale elektronische Aufwand kommt
dieser reinen Musik sehr zugute. Bei Svanevit musizieren außerdem Anders Larsson
(Gesang, Mandola) und Maria Persson (Geige, Härjedalspipa), und das war’s. Der
Verzicht auf Gastmusiker führt dazu, dass man die Musik vom Tonträger so
ursprünglich erlebt wie auf der Bühne. Anders Larsson mit seinem weichen Bariton
ist einer der ausdrucksvollsten schwedischen Folksänger. Die anderen drei sind
in Schweden als „Riksspelman“ ausgezeichnet worden. Der Titelsong – zu
Deutsch „Reichtum und Gaben“ – beschreibt die unglückselige Verbindung von
Liebe und Geld. Die Gruppe bezieht ihn aber auch auf das Geschenk in Form der
Notensammlungen des Spielmanns John Enninger (1844-1908 – Biografie von
Elisabet Wentz-Janacek von 2003) aus Skåne/Südschweden. Die Lieder, wie der
Psalm „Wenn ich am Morgen aufstehe“ (um 1600), sind teilweise erheblich älter.
Neben Psalmen sind lyrische Lieder dabei, Walzer und natürlich Polskas. Auch das
Booklet ist vorbildlich – mit sorgfältigen wörtlichen Übersetzungen ins
Deutsche.
Bernd Künzer
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TERRASONORA
Core E Tamburo
(Terre in moto TM009, www.terrasonora.it)
10 Tracks, 36:52, mit neapolitanischen Texten
Wenn das Herz aufhört zu schlagen, verliert es seine Funktion. Herz und
Herzschlag gehören zusammen wie die süditalienischen Tamorra-Trommeln und der
Gesang mit all seinen Gefühlen. „Die Erde erzeugt den Klang der Trommel“,
schreiben Terranova im Booklet. Daraus leitet sich der Name der Band ab.
Trommeln, perkussive Gitarren und Stimmen, die unter die Haut gehen, prägen das
Klangbild. Mit Flöten, Akkordeon, Keyboards, Bass und Geige als weiteren
Instrumenten baut das Septett musikalische Spannungsbögen auf. Dabei erzeugt es
eine Energie, der man sich kaum entziehen kann. Terranova singen über die Liebe,
den Tod, die Migration und das Meer. Die arabische Welt scheint musikalisch
zuweilen nur einen kleinen Sprung über das Wasser entfernt zu sein. Terranova
wissen, dass das für die Migranten nicht so ist. Nur schade, dass die Texte für
ein Publikum, das des Neapolitanischen nicht mächtig ist, nur schwer
verständlich sind und das Album nur 37 Minuten dauert. Einem so eindrücklichen
Debüt verzeiht man das jedoch gerne.
Martin Steiner
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CHRIS WHILE & JULIE MATTHEWS
Stage 2 – Live At The Firehouse, Germany
(Fat Cat Records FATCD019, www.circuitfatcat.co.uk)
13 Tracks, 53:04
Okay, der Schreiber dieser Zeilen mag da vorbelastet sein – aber es ist
Fakt, dass der Titel des Albums schlicht falsch ist! Jawoll! FiF – Folk im
Feuerschlösschen e. V. heißt der verdienstvolle Verein in Bad Honnef und hat
nichts mit der Feuerwehr zu tun. Wir übersetzen den Spielort eher als „little
fire castle“. Klingt doch auch viel romantischer, oder? Wir hätten sogar Fotos
für das Cover gehabt. Tja, hätte man uns mal gefragt! Ansonsten: ein schlichter,
vom WDR wie üblich überzeugend aufgenommener Livebeweis, wie genial die beiden
Damen aus England sind. Wie gesagt, ich bin ein wenig parteiisch, aber wer sich
diese Stimmen und diese Harmonien anhört und da noch einen Nano-Tonsprung
dazwischen bekommt, der hat mindestens die Ohren eines Mr. Spock. Und alles
selbst geschrieben, immer mit ein paar dezenten Referenzen auf die Musik von
jenseits des Großen Teiches. Wer While & Matthews auf der 2006er-Tour
verpasst hat, hört hier, warum ihm so etwas nie, nie wieder passieren sollte. Es
war jedenfalls ein grandioser Abend und jede/r kann’s nun nachvollziehen. Sonst
noch was? Ich finde, die Honnefer Stimmung klingt auch ziemlich überzeugend ...
Mike Kamp
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WHISKY TRAIL
San Frediano. Un Irlandese A Firenze/An Irishman In Florence – Live in Saschal
(Sarnus Amiata Records & Edizioni Polistampa, www.amiatarecords.com; www.whiskytrail.it)
CD/DVD: 14 Tracks, 77:31/78:28; Buch: 96 S. mit Abbildungen, Fotos und ital. u. engl. Text
In Florenz findet jedes Jahr um den St. Patrick’s Day ein Fest namens Irlanda in
Festa statt. San Frediano war ein irischer Mönch, der im sechsten Jahrhundert in
der Toskana missionierte. Das Verbindungsglied zwischen beiden heißt Whisky
Trail, die neunköpfige florentinische Irish & Scottish Folk Band, die den
Rezensenten schon 2006 mit ihrem Album
Chaosmos
fasziniert hat (s.
Folker!
6/2006). Dieses neue Werk ist ein dreifaches: CD, DVD und Buch, wobei CD und
DVD dieselben, beim Irlanda in Festa 2008
im Saschal-Theater live gespielten Stücke wiedergeben, teilweise mit
Unterstützung des Quartetto Archaea und der Tanzgruppe Painting Steps. Uilleann
Pipes, Highland Pipe, Fiddle, Harmonium, Harfe, Gitarre, Bouzouki, Bombarde,
Whistles und andere Instrumente nebst Gesang kreieren eine besondere Stimmung.
Hier paart sich exzellentes musikalisches Können, das irische, schottische,
bretonische und mediterrane Traditionen miteinander verbindet, mit einer
historisch legitimierten keltisch-toskanischen Identität, deren Konstruktion
sich aus dem Buch erschließt, das eine Verbindungslinie von den alten Kelten mit
ihren Druiden und Filids über die irischen Mönche bis zu den heutigen Musikern
zieht.
Michael A. Schmiedel
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ANNE WYLIE
Deep Waters
(Elixir Strings, www.annewylie.com)
DVD: 12 Tracks; CD: 12 Tracks, 78:01, mit Texten, Übersetzungen aus dem Gälischen
Anne Wylie startete ihrer Karriere in einem Bandprojekt zusammen mit Petr
Pandula, damals noch selber aktiver Musiker. Heute nach vielen Jahren der
musikalisch-persönlichen Entwicklung schöpft Anne jetzt ganz offensichtlich auf
dem Zenit ihrer Gesangs- und Bühnenperformance aus dem Vollen. Die hier
vorzustellende Live-DVD und -CD sind in erster Linie einfach zauberhaft! Vom
irischen Background sind heute vor allem Texte und Themen übriggeblieben,
Melodien und Interpretation haben sich gewandelt zu einer zeitlosen, im sehr
positiven Sinn sehr modern und eklektisch klingenden akustischen Fusion-Musik.
Wylies Gesang ist eindringlich, bringt das Märchenhafte sehr glaubwürdig rüber,
und erinnert den Rezensenten ein wenig an Sally Oldfield, wenn sie Alt gesungen
hätte. Im musikalischen Gesamtkonzept hingegen hört er auf modern und high-end
getrimmte Pentangle-Anklänge. Es ist allerdings nicht Anne Wylie allein, die
hier den Zuhörer imperativ in den Bann zieht – ihre Mitmusiker haben nicht
minder Anteil an dem hochintensiven Klanggeschehen auf Bühne und Mitschnitt.
Ausnahmebassist Henrik Mumm, bekannt von seiner Mitarbeit bei Adaro, ist ein
Musiker, dem nur wenige Bassisten hierzulande musikalisch auf Augenhöhe begegnen
können. Ebenso tragen Florian King (Bouzouki) und der Norweger Helge Andreas
Norbakken – auf einem unglaublich „abgefahrenen“ Percussion-Set –
mit Akribie und höchster Sensibilität zu dem dichten und immer wieder erneut
spannenden Geschehen bei. Ganz groß!
Johannes Schiefner
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