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PETER DRIESSEN
A Sharper Twang
(Scenic View # 4588, www.peterdriessen.eu)
18 Tracks, 72:38, zum Teil mit Texten
PETER DRIESSEN
Pick It Up!
(DIRX. 41610, www.peterdriessen.eu)
15 Tracks, 59:44
Nicht leicht macht es Peter Driessen dem geneigten Hörer, sich beim Kauf für die
eine und damit etwa gegen die andere der zwei zeitgleich veröffentlichten Alben
zu entscheiden. Zunächst einmal besticht
A Sharper Twang
mit mehr als üppig bemessener Laufzeit.
Ein großes Maß an musikalischer Vielfalt wird geboten, und neben energischem
Rock ’n’ Roll und Rhythm ’n’ Blues finden sich Stücke, die auch schon einmal an
Mark Knopfler erinnern oder bei denen ein verträumter Peter Green um die Ecke
blinzelt. Rhythmus und „Körperlichkeit“ prägen die Musik, und Peter Driessen
versteht es, jedem Song eine kleine Besonderheit hinzuzufügen.
Pick It Up!
hat stilistisch nur das Eine im Sinn: den Blues. Und den spielt und singt Peter
Driessen, sowohl live wie auch hier von Konserve, gleichzeitig mit lässiger
Nonchalance und eigener, unverwechselbarer Note. Mit Schlagzeuger Steffen
Thormälen und (Kontra-)Bassist Manfred Hilgers waren zwei sehr einfühlsame
Musiker im Studio, die das exakt richtige Maß zwischen unaufdringlicher
Begleitung und akzentuiertem Spiel getroffen haben. Nachträglich wurde noch
etwas Hammondorgel von Christian Bobbert aufgespielt – und dann
schlummerten die Aufnahmen seit 2002 in der Schublade. Handgemacht im besten
Sinne ist neben der Musik auch die Produktion und der Vertrieb der Alben, die
unter der angegebenen Webadresse direkt beim Künstler bestellt werden können.
Achim Hennes
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NADINE KRAEMER BAND
House Of Cards
(Soundgate SG NKB3, www.nadinekraemerband.com)
11 Tracks, 51:52, mit Texten
Es gibt eine beständige Schnittstelle zwischen dem traditionellen Folk und der
modernen Rock- und Popmusik. Das ist der graue Bereich, in dem sich neudeutsch
Songwriter, früher Liedermacher tummeln. Bis heute würde sich keiner wundern,
wenn er eine Rezension von Bob Dylan oder Tracy Chapman sowohl im
Folker!
als auch im
Musikexpress
findet. Nadine Kramer gehört ebenfalls in diese Kategorie. Mit wundervollem
Songmaterial und einer rockigen Folkband – oder einer akustischen
Rockband – präsentiert sie ein zeitloses Album. Was vor dreißig Jahren
Joni Mitchell, vor zwanzig Jahren Suzanne Vega oder vor drei Jahren Katja
Werker produzierten, wird hiermit von der Newcomerin aus Leverkusen
fortgeführt. Jeder Song ein Hit, getragen vom persönlichen Engagement der
Sängerin, der man zu jeder Zeit abnimmt, dass es ihre eigene Geschichte ist,
die sie darbietet. Die Begleitung ist behutsam und filigran, man kann ahnen,
wie viel Energie die Musiker bewusst kanalisieren und in homöopathischen Dosen
entlassen. Die Schweiz hat mit Lunik einen kommerziellen Erfolg erzielt. Der
deutschen Singer/Songwriter-Szene ist dieser Erfolg ebenfalls sehr zu wünschen.
Nadine Kraemer und ihre Band haben mit ihrem Debütalbum das Rüstzeug dazu.
Chris Elstrodt
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CHRISTIAN RAU & FREDY CONRAD
Lieblingslieder
(Liederhaus LC18365, www.liederhaus.de)
20 Tracks, 48:56
Mit Christian Raus
Liedern aus dem Sack
– DDR-Amiga-Platte, heute als CD bei Polydor/Kinderwelt erhältlich
– sind die Kinder des Rezensenten ein gutes Stück ihres kleinen Lebens
gegangen. Sie konnten fast jedes auswendig. Auch auf diesem nach so vielen
Jahren erschienenen Album stimmt wieder jedes Lied: Christian Raus helle,
eigenwillige Stimme trifft immer den Ton, der anspricht und mitnimmt. Seine
Texte prägen sich schnell ein und schleichen sich geradezu in die Hirne von
Kindern von null bis zehn und deren Eltern. Dieses Mal spielte er die Aufnahmen
im Duo ein, in dem er auch seit Jahren auftritt, vorwiegend mit Kindermusik.
Alles schöne Naturmusik, Gitarren, Mundharmonika, Percussion. Bei den Liedern,
denen man hier wieder begegnet – sehr empfohlen das losgehende
„Feuerwehrlied“ – mag man das allerdings, trotz der Souveränität beim
Einsatz dieser musikalischen Mittel, manchmal bedauern. Da hatten die alten
Aufnahmen in größerer Besetzung doch mehr Dynamik. Trotzdem: große Empfehlung!
Jürgen Brehme
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SHURANO
Intensidad
(Moon Sound Records 1315 1514-23/New Music Distribution, www.new-music-distribution.de)
11 Tracks, 56:23, mit span. und dt. Texten
Eine sehr interessante Klangreise unternimmt das Trio um den Sänger und
Gitarristen Ricardo Volkert. Poesie von Federico Garcia Lorca und Rafael Alberti
stehen ebenso auf dem Programm wie die des argentinischen Dichters Nicolás
Guillén. Temperamentvoll gelingt es dem Trio Shurano, den aufmerksam
ausgesuchten Texten Leben einzuhauchen. Cellist Mathis Mayr, der häufig die
Aufgabe des Bassisten übernimmt, und Percussionist Jürgen Schneider sind mehr
als nur Begleiter des leidenschaftlich aufspielenden und singenden Ricardo
Volkert. Einige echt spanische Stimmen sowie Cajónspieler Rafael Caro sorgen für
ein stimmiges Ambiente, die Ausgelassenheit bei den Aufnahmen überträgt sich mit
wunderbarer Leichtigkeit auf den Hörer. Ein rundes Konzept und die perfekte
musikalische Umsetzung machen diese ungewöhnliche Arbeit zu einer echten
Empfehlung.
Rolf Beydemüller
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SANDHY SONDORO
Why Don’t We
(Revolver Distribution Service RDSPCD003/Soulfood Music, www.soulfood-music.de)
Promo-CD, 12 Tracks, 48:55
Künstler aus Castingshows sind alle für den Eimer? Den Gegenbeweis liefert
Sandhy SonDoro, bestens bekannt durch Stefan Raabs Talentshow. Der Indonesier
ist nun aber alles andere als ein Newcomer. Seit zwanzig Jahren ist er bereits
als Straßenmusiker unterwegs und in der Tat, Straßenmusik ist genau die
Assoziation, die sich beim Hören des Albums aufdrängt. Er macht die Art von
Musik, bei der man auch im hektischsten Sommerschlussverkauf einige Minuten in
der Fußgängerzone innehält und sich verzaubern lässt. Mit seiner Stimme und
seinen wundervollen Kompositionen singt der Künstler die Art von Musik, die
Mädchenherzen öffnet und einen unstillbaren Hunger nach Lagerfeuer am Strand
entfacht. Auf die Schubladen reduziert spielt Sandhy SonDoro eigene Songs auf
seiner Gitarre, Urban Folk, der spätestens seit Ben Harper auch in Rockhallen
etabliert ist. Während Harper aber coole Musik für coole Leute macht, gehen die
Songs von SonDoro direkt mitten ins Herz. Seine soulige Stimme und das
großartige Songmaterial können sich mit der akustischen Ausgabe von Lenny
Kravitz messen. Die Texte handeln von Liebe und Frieden, das ist nicht besonders
neu, aber auf seine Art tief bewegend. SonDoro ist der definitive Geschenktipp
für frisch Verliebte.
Chris Elstrodt
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ROGER TRASH
Ferngeliebt
(Reptiphon/ZYX Music, www.reptiphon.de)
16 Tracks, 52:14, plus Bonus-Videoclip, aufwändiges Booklet mit dt. Texten
Ein bisschen Bukowski, etwas Klaus Kinski, vielleicht auch Tom Waits – und
ganz viel Rio Reiser: das ist Roger Trash, der „Erlebnismillionär“ aus Münster.
Seit mehr als dreißig Jahren als Rockmusiker auf deutschen Bühnen unterwegs,
zeitweilig auch Bassist bei Peter Burschs Bröselmaschine, zwischendurch
Fensterputzer, Verkäufer in einem Sexshop, Möbelpacker, Zeitungsbote,
Schauspieler. Mehrere Alben auf Deutsch und Englisch, zwei Bücher, ein Hörbuch.
Wer derart aus dem Vollen schöpfen kann, hat es nicht nötig, irgendwelchen
Trends zu folgen. Trash macht sein eigenes Ding. Songs mit Seele, tiefsinnig,
verspielt, wild, melancholisch, provozierend – in jedem Fall authentisch.
Seine Songtexte – und das ist selten – können als eigenständige
Lyrik bestehen, seine Kompositionen sind vielschichtig und originell. Zwar
kultiviert Trash sein Schwerenöterimage („Ich bin ein Mann, nur für gewisse
Stunden / Da hast du Recht, ich dreh’ nur meine Runden“), doch sind seine Texte
völlig frei von peinlichem Befindlichkeitsgemurmel. Das augenzwinkernde
„Bierlied“ hat das Zeug zu einer richtigen Kneipenhymne. Gesamturteil:
außergewöhnlich.
Kai Engelke
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TRITORN
Sonne, Mond und Sterne
(AO-NRW/NRW Vertrieb, www.mv-nrw.de)
Vokal-Jazzcombos, die Drums weglassen, bieten Raum für die „echten“ Musiker.
Piano und Bass klingen dann, ohne dass ein Becken dazwischen zischelt. Damen
können alle Register des Grooves ziehen, etwa bei „Peel Me A Grape“ auf
Love Scenes
von Diana Krall – da läuft es einem heiß und kalt den Rücken hinunter;
Musik eher für den späteren Abend. Doch Tritorn mit Sängerin Anke Jochmaring,
Pianist Niko Meinhold und Bassist Sven Hinse lassen nicht etwa „Angel Eyes“
erklingen, sondern „Ich geh’ mit meiner Laterne“ oder „Es ist ein Schnitter“,
deutsche Volkslieder im Jazzgroove, salonfähig, die Dame in Lang, die Herren im
Smoking. Ein gemeiner Jazzfan würde sie vielleicht unter „Jazz with funny
Words“ einordnen, als deutscher Folkie fragt man sich: „Darf man das?“ Ich
sage: Man darf. Doch ist es auch gut? Es ist professionell, aber gewagt. Das
musikalische Können ist unbestritten, doch dass das deutsche Volkslied bislang
tief und fest schlief – wie im World Wide Web zu lesen – und erst
durch Tritorn aufgeweckt ward, kann man so und so sehen. Auch als Schlag ins
Gesicht der deutschen Folkszene: Liebe Tritorn, wir, Fiedel Michel und andere,
waren lange vor euch da, „Hoch auf dem gelben Wagen“ wurde weiland schon von
Walter Scheel geschallert und das „Wildvögelein“ haben wir aufgenommen, da wart
ihr noch gar nicht geboren. Trotzdem mal reinhören!
Martin Hannemann
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MERIT ZLOCH
Urban Legends
(Totentanz TOT23058/Emmuty Records/Soulfood Music, www.soulfood-music.de)
11 Tracks, 47:04
Niemand rockt die Folkharfe so wie sie! Mag sein, ein Widerspruch in sich, doch
ist dem Rezensenten kaum jemand bekannt, der virtuose Musikalität mit derart
mitreißendem Groove an der Hakenharfe vereint. In den letzten Jahren erspielte
sich die Greifswalderin Merit Zloch einen ausgezeichneten Ruf als führende
Folkharfenistin, nicht nur auf zwei hochgelobten Alben mit ihrem
österreichisch-deutschen Trio Bilwesz, sondern auch mit der Gruppe Malbrook, mit
der sie 2005 den Weltmusikpreis RUTH gewann. Nun will sie es also solo wissen
– aber nicht ganz, bat sie doch einige erstklassige Gastmusiker ins
Studio, die ihren Harfenzauber mit Dudelsack, Drehleier, Violine, Darbuka und
Gitarre bereicherten. Und sie beweist, dass sie nicht nur rasante Riffs auf der
Harfe beherrscht, sondern auch mit zarten, verträumt-meditativen Melodien in
verblüffenden Arrangements zu verzaubern weiß. Neben den Instrumentalstücken,
modernen Märchen mit merkwürdigen Titeln wie „Blue Monster“, „Warmfront“ oder
„Huhn mit Reis“, letzteres im Dialog mit Simon Wascher an der Drehleier, gibt es
von Merit Zloch neu vertonte und mit wohlklingender Stimme gesungene deutsche
Volkslieder aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Musik zum Zuhören und Wegträumen
– toll.
Ulrich Joosten
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