back Rezensionen Asien


DIVERSE
Israel

(Putumayo/Exil 90435-2/Indigo, www.exil.de)
12 Tracks, 43:47, mit engl., franz. und span. Infos

Eine Bestandsaufnahme der modernen israelischen Weltmusik war mehr als überfällig, denn die Szene kann längst international mithalten - sie ist quirlig, vielseitig, voller Energie und Crossover-Freude sowie höchst kreativ. Leider verlangt schon der erste Versuch von Putumayo nach einer zweiten Auflage, denn es fehlen noch zu viele Namen, um ein authentisches Bild der Szene mit ihren musikalischen Einflüssen aus Afrika, Asien, dem Orient und Europa zu liefern. Ebenso fehlte es an Mut, Sounds mit Schräglage - mit Tea Packs findet sich nur eine solche Band auf der Platte - und dem typischen Groove Tel Avivs aufzunehmen. So ist die Compilation insgesamt sehr ruhig und zollt mit Etti Ankri, Itay Pearl und Hadas Dagul oder auch Rona Kenan vor allem Singer/Songwriter-Anleihen Tribut, wenngleich diese zweifelsohne zur Spitze der Szene Israels zählen. Zwar finden wir mit der jemenitischen Sängerin Zafa, dem Reggae-Pop-Star Mosh Ben Ari, Idan Raichel und der inzwischen weltweit aktiven Band Sheva Perlen der Weltmusik, aber insgesamt erinnert die Kompilation wegen des stark zurückgenommenen Tempos eher an eine mediterrane Lounge.

Claudia Frenzel

 

DIVERSE - Israel


KARTIK SESHADRI
Live At Oberlin

(Traditional Crossroads 80702-4327-2, www.sunny-moon.com)
5 Tracks, 57:18, mit engl. Infos

Guruvandhana

(Traditional Crossroads 80702-4328-2, www.sunny-moon.com)
4 Tracks, 60:29, mit engl. Infos

Niemand, ja, noch nicht einmal der Meister selbst weiß, wie vielen Menschen auf diesem Planeten er die Grundzüge des Sitarspielens nebst einer Einführung in Struktur und Ablauf des klassisch-indischen Musiksystems beigebracht hat. Streng genommen war jedes Ravi-Shankar-Konzert außerhalb Indiens ein Schnupperkurs in indischer Klassik, denn der Künstler wurde nicht müde, seine „Friends“ in die Geheimnisse von Raga & Tala einzuweihen. Ein Shankar-Schüler, der diese edukative Botschaft seines Meisters verinnerlicht hat, ist der 1957 geborene Kartik Seshadri. Die Art, wie er bei seinem 2006er-Konzert am Musikkonservatorium Oberlin den Raga Bhimpalasi ankündigt und erklärt, ist fast deckungsgleich mit Ravi Shankars Ansage desselben Ragas anlässlich des 1967er Monterey-Popfestivals. Doch Kartik Seshadri ist kein Shankar-Klon. Seine langen Versionen von „Raga Bhimpalasi“ und „Raga Madhuvanthi“, die den überwiegenden Teil der beiden CDs ausfüllen, sind Zeugnisse eigenwilliger Interpretation und meisterhaften Stilgefühls. Und selbst seine kurzen, mehr auf den Einsatz in den Internet-Spartenradios ausgerichteten, Versionen der Ragas „Mishra Mand“, „Sarang“ und „Vachaspathi“ geben dem Zuhörer einen Einblick in die große Kunst der kleinen Form. Welcher CD Sie den Vorzug geben, hängt davon ab, ob Sie Live- oder eher Studioaufnahmen mögen. Großen musikalischen Genuss bieten jedenfalls beide.

Walter Bast

 

KARTIK SESHADRI - Live At Oberlin

KARTIK SESHADRI - Guruvandhana


GAUDI & NUSRAT FATEH ALI KHAN
Dub Qawwali

(Six Degrees/Exil 90573-2/Indigo)
10 Tracks, 51:43

Zehn Jahre nach seinem Tod wurde die Stimme Pakistans, des großen Nusrat Fateh Ali Khan, vom italienischen Soundtüftler Lele Gaudi wieder zum Leben erweckt. Nicht dass seine Songs nicht ohnehin noch große Strahlkraft hätten - Gaudi, der auf ein von den Wailers bis Jimmy Cliff oder Ziggy Marley reichendes Renommee zurückblickt, ist es gelungen, die Songs so gekonnt in ein Dub-Gewand zu kleiden, dass der Meister selbst sicher seine wahre Freude daran gefunden hätte. Es ist ihm gelungen, was man kaum für möglich hält: eine spannende Mischung des fernöstlichen Sounds mit relaxten, mitunter sphärischen aber gut groovenden westlichen Klängen. Witzigerweise fand selbst ein Sample von Kraftwerks „Das Model“ seinen Einzug auf das Album. Dem Italiener ist es gelungen, detailreich zugleich und immer mit dem nötigen Respekt vor der unverkennbaren Stimme Khans die Songs zu mixen, die durch Synthesizer und Bandmaschinen nichts von ihrer ohnehin großen Kraft verlieren. Da können die langen Winternächte getrost ans Fenster klopfen.

Claudia Frenzel

 

GAUDI & NUSRAT FATEH ALI KHAN - Dub Qawwali


WU FEI
A Distant Youth

(Forest Hill FHAG 03, www.galileo-mc.de)
18 Tracks, 50:58

Die Pekingerin Wu Fei spielt die 21-saitige Wölbbrettzither Guzheng. Doch sie tut dies ausgesprochen selten im streng traditionellen Stil. Den hat sie zwar von der Pike auf gelernt, aber in diesen modernen Zeiten muss es einer jungen Musikerin erlaubt sein, über ihren Tellerand zu schauen. Der Zauberbegriff heißt „freie Improvisation“; hier traf sie auf eine Menge Menschen, die nicht nur die exotische Klangfarbe ihres Instruments, sondern auch ihr freies musikalisches Denken zu schätzen wussten: Alvin Curran, Joelle Leandre, Meredith Monk, Ikue Mori, Pauline Oliveros, Kazue Sawai, Elliott Sharp oder Cecil Taylor. Mit drei ihrer Weggefährten, der Geigerin Carla Kihlstedt, dem Gitarren-Urgestein Fred Frith, sowie dem norwegischen Percussionisten Helge A. Norbakken (Mari Boine Band, Kjetil Bjørnstad u. v. a) nahm sie im Jahr 2006 in Italien und Kalifornien dieses vorliegende Album auf. A Distant Youth ist also in erster Linie ein Album mit „komprovisierter“ Musik geworden, d.h. der Prozess des Komponierens ergibt sich aus der gemeinsamen Improvisation. Und dennoch: Wu Fei und ihre Mitstreiter haben kein Album mit Musik für Spezialistenzirkel gemacht, sondern eine kleine Sammlung klangvoller Miniaturen angelegt, an der wir uns dank perfekter Aufnahme- und Speichertechnik noch lange erfreuen können.

Walter Bast

 

WU FEI - A Distant Youth

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