TANER AKYOL
Birds Of Passage
(ENJA ENJ 9510 2, enjarecords.com)
12 Tracks, 57:15, 24-seitige Textbeilage, türk./engl. mit Übersetzung der Liedtexte
Schon die Namen einiger beteiligten Musiker lassen aufhorchen: Der
Sazvirtuose Arif Sag greift hier zur Rahmentrommel, als wolle er damit seine
Hochachtung ausdrücken. Sein berühmter Schüler Erdal Erzincan ist auch dabei
und Kemal Kahraman - einer der bekanntesten kurdischen Sänger - stimmt auch
mal eine zweite Stimme an. Diese Musiker scheinen einen Mann geradezu zu
verehren, der eben mal 30 Jahre alt ist und erst vor vier Jahren sein Diplom
an der Hanns Eisler Musikhochschule machte: Taner Akyol. Er ist Sänger,
Lautenspieler, aber vor allem Komponist und Arrangeur traditioneller Weisen,
die ihre Entsprechung in der Weite anatolischer Landschaften finden, wie sie
in der Textbeilage abgebildet sind. Er nutzt die Verschiedenheiten der
Kulturen zu einer Synthese von Kammermusik und anatolischem (Epen-)Gesang.
Die westliche Oboe und ihr orientalisches Pendant Zurna erklingen zusammen,
die Pizzicati der Streicher verbrüdern sich mit dem treibenden Rhythmus der
Rahmentrommel; das Klavier legt einen Teppich aus, auf dem die Langhalslaute
solistisch voranschreitet; Duduk und Kaval binden den Gesang in der Manier
eines Blasquartetts ein. Taner Akyol beweist ein Fingerspitzengefühl für
eine adäquate Instrumentierung und erliegt nicht der Verlockung, mit den
insgesamt 16 beteiligten Musikern seine Arrangements zu überfrachten. Die
Liedtexte (in englischer Übersetzung) geben die Kraft türkischer Poesie
wieder und führen uns zu Migration und Exil, ins Gefängnis und in Richtung
Freiheit. Was will man mehr?
Birger Gesthuisen
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PLANETARIUM
Tenshogi
(Hypertension HYP 7254, www.hypertension-music.de)
13 Tracks, 60:17, mit engl. Infos
Wenn es nicht dauernd Wale fangen wollte, man könnte es uneingeschränkt
lobpreisen, dieses charmante Inselvolk im Pazifischen Ozean! Für seine
innovativen Autos, seine wohltönenden Hifi-Anlagen, seine Akribie bei der
Restauration analoger Schätze, seine Gärten und Tempel und - natürlich - für
seine genialen Chaoten aus Rock, Jazz und diversen anderen Stilen. Mit dem
Duo Shiro Sato (Akkordeon) und Takashi Enomoto (Bassgitarre) ist die
japanische Musikszene um zwei weitere Gestalten reicher, die sich einen
feuchten Kehricht um herkömmliche Spielformen scheren. Zusammen mit ihren
Mitstreitern Tenshi Maruyama (Elektro- & Akustikgitarren) und Toru
Tanaka (Schlagzeug) wildern sie querbeet & weltweit in
unterschiedlichsten Musikstilen, schöpfen passende Teile ab, stopfen sie in
ihre Mischmaschinen, schleudern sie gut durch und gießen das Konglomerat in
die Ohren einer zunehmend begeisterten Hörerschaft. So wie in Track 9: Da
säuselt das Akkordeon ein wenig französisch-jazzig dahin, bis bei 1:40
Maruyamas E-Gitarre so brachial mit einem Black-Sabbath-Riff ins Geschehen
bratzt, dass Tommy Iommi seine wahre Freude gehabt hätte. Oder in Track 2,
wo E-Gitarre, Bass und Quetsche mühelos den Spagat von Hendrix-Riff und
Folktradition (von Alpen bis Karpaten) hinkriegen. Doch es geht auch
puristisch: Zum Schluss der CD swingen sich Sato & Enomoto durch 90
Sekunden lupenreinen Jazz. Phänomenal!
Walter Bast
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TE VAKA
Olatia
(Spirit of Play WMCD 1007, www.tevaka.com)
13 Tracks, 52:08, mit engl./tok. Texten
Archaische polynesische Gesänge und Rhythmen in popmusikalischer
Aufbereitung sind auch auf Te Vakas fünftem Album das Hauptthema. Die
zwölfköpfige Gruppe aus Neuseeland steht seit 1997 für die Erhaltung von
Sprache und Musik der rechts von Papua-Neuguinea gelegenen Inseln Tokelau,
Tuvalu und Samoa. Über die gelegentlich doch sehr poppige Ausrichtung mag
man sich streiten. Doch, was diese Band macht, findet man bei keiner
anderen, die Mischung sucht ihresgleichen und ist einfach gekonnt.
Insbesondere die Chorgesangspassagen sind umwerfend und durchziehen das
gesamte Album. Der Bezug zur traditionellen Basis ist, bei aller
Gefälligkeit, stets hörbar, nicht selten steht sie im Mittelpunkt. Der Funke
springt auf Olatia auch ohne die großartige Liveperformance über, das
Album kann man getrost durchhören, eine wirkliche Schwachstelle ist nicht
auszumachen. Besondere Empfehlung: Auf der Homepage von Te Vaka die Bilder
anschauen und dabei die Musik hören. Wer dann keine Lust zu Reisen, zu
Schauen und zu Hören bekommt, streicht besser seinen Gartenzaun.
Luigi Lauer
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