LA CHICANA
Lejos
(Galileo GMC022, www.galileo-mc.de)
17 Tracks, 56:12, mit spanischen Texten
Auch auf ihrem vierten Album Lejos beweisen La Chicana aus
Buenos Aires eindrucksvoll, dass Tango mehr als zeitgemäß ist. La
Chicana: Das ist eine achtköpfige Truppe, deren Herz im Takt der
kreativen Kompositionen des Gitarristen und Poeten Acho Estol schlägt,
denen die Sängerin Dolores Solá mit ihrer mehr als verführerischen
Stimme eine Seele verleiht. Statt den Tango mit elektronischen Beats
auf den Dancefloor zu ziehen oder als klassisches Kunstwerk zu
begreifen, haben die beiden sich vor zwölf Jahren auf eine Zeitreise
ins beginnende 20. Jahrhundert aufgemacht. Damals klang der Tango noch
wild und unbeherrscht und war in den übelbeleumdeten Kaschemmen des
Hafenviertels La Boca beheimatet. Sie verfolgten seine Spur bis zur
Tangolegende Carlos Gardel in die Prunktheater der Capital und
zerpflückten ihn dann, gruben seine schwarzen Wurzeln und die
zerbrochenen Träume der europäischen Einwanderer aus, entdeckten den
Dreiklang Herz, Schmerz und vergossenes Blut wieder und verpflanzten
ihn kongenial ins 21. Jahrhundert. Portugiesischer Fado, spanischer
Flamenco und französischer Chanson fließen in den Tangorhythmus ein;
die Liedtexte aus dem Barrio, dem Viertel, handeln von Unglück, Liebe
und Nostalgie und haben nichts an Aktualität eingebüßt. Eine
kongeniale abwechslungsreiche Scheibe, die den ursprünglichen Tango in
all seiner Vielfalt wieder auferstehen lässt.
Suzanne Cords
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YMA SUMAC
Recital
(Esp-Disk 4029, www.sunny-moon.com)
14 Tracks, 54:33, mit englischen Infos
Dios mio! Was für eine sagenhafte Stimme, die da im Laufe der
Zeit in Vergessenheit geriet. Yma Sumac trällert Lieder im lyrischen
Koloraturgesang, um dann scheinbar mühelos in bassige Tiefen
abzutauchen, sie trillert, jubiliert, zischt und faucht und deckt
ganze sechs Oktaven ab. 46 Jahre ist diese in Bukarest aufgezeichnete
Liveaufnahme der peruanischen Sängerin schon alt, und nur der
Tatsache, dass sie 2006 den höchsten Orden ihres Landes verliehen
bekam, verdanken wir den Umstand, dass eine Plattenfirma diese Scheibe
neu aufgelegt hat. Der Werdegang der Diva entspricht dem Stoff, aus dem
Legenden sind, und ihre Ahnenreihe lässt sich bis auf den letzten
Inkaherrscher Atahualpa zurückverfolgen; das zumindest bestätigte ihr
1946 der peruanische Generalkonsul in den USA, als man ihr vorwarf,
eine hochstapelnde Hausfrau aus Brooklyn zu sein. Yma Sumac wurde 1922
in einem Andendorf geboren. Dort soll sie mit 13 Jahren von einem
Regierungsbeamten entdeckt worden sein, als sie bei der traditionellen
Sonnengottfeier Lieder in der Inkasprache Quechua vortrug. Mit 20
heiratete sie Moisés Vivancos, den Leiter der damals überaus populären
Tanzgruppe Compania Peruana. Gemeinsam verschrieben sie sich dem Ziel,
peruanische Folklore um die Welt zu tragen. Auch wenn die monumentale
Instrumentierung für heutige Ohren manchmal allzu schwülstig daher
kommt, Yma Sumacs Stimme ist mehr als ein Hochgenuss.
Suzanne Cords
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