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THOMAS LOEFKE & FRIENDS
Northern Isles - Harp Instrumentals From The Celtic Northwest
(Laika-Records 2007, www.norlandwind.eu)
12 Tracks, mit Photos u. engl. Infos
Vorneweg: Ich bin bekennender Norland-Wind-Fan. Diese
deutsch-irisch-schottisch-norwegische Combo besteht aus Thomas Leofke
(keltische Harfe), Ian Melrose (Gitarre, Low Whistles, Bass,
Synthesizer, Programming), Máire Breatnach (Fiddle, Viola), Kerstin
Blodig (Gitarre, Bouzouki, Gesang, Bodhrán), Noel Duggan (Gitarre) und
Pádraig Duggan (Mandoline). Hier wird sie ergänzt durch das
amerikanische Duo Acoustic Eidolon, bestehend aus Hannah Alkire
(Cello) und Joe Scott (Doppelhalsguitjo, Gitarre, Whistles,
Gitarrensynthesizer). Das Thema der vorliegenden CD sind Stimmungen
auf den Inseln des Übergangsbereiches zwischen Nordatlantik und
Nordsee wie des irischen Tory Island, den schottischen Hebriden und
den zu Dänemark gehörenden Färöern, auf die sich Thomas Loefke gerne
zum Komponieren zurückzieht. Bei diesen Inseln denke ich an
Einsamkeit, lange nasse Winter, kurze kühle Sommer, kräftige Stürme -
nicht nur im Herbst -, aber der Musik dieser CD zufolge müssen sie
doch meist idyllisch und friedlich im weiten blauen Meer daliegen, und
es bleibt nur noch die Einsamkeit, die dazu einlädt, die Seele baumeln
zu lassen. Das Meer kräuselt sich ein wenig, Meeresvögel segeln im
Wind, die Sonne lässt einen blinzeln, ansonsten passiert nicht viel.
Oder doch? Ja, aber man muss es entdecken. Das Büchlein hilft dabei
mit Erklärungen und schönen Fotos.
Michael A. Schmiedel
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LIEDERJAN
Einmal Canossa und zurück
(pläne 88944; www.plaene-records.de)
37 Tracks; 74:22, mit Infos
Wau! Ein Liederjan-Konzeptalbum. Und, auch ungewöhnlich für
Liederjan - ein Livealbum. Das hat es seit dem allerersten Album der
Band, Live aus der Fabrik, nicht mehr gegeben. Wieso eigentlich
nicht - lebt die Liederjan-Musik doch auch im hohen Maß von der
geschliffenen Liveatmosphäre. Schön, dass sich Hanne Balzer, Klaus
Irmscher und Alt-Liederjan Jörg Ermisch dazu entschlossen haben,
diesen Livemitschnitt zu veröffentlichen, inklusive der
pointiert-ironischen Ansagen. Entstanden ist das Programm mit dem
Untertitel „Von Päpsten und Preußen - zwischen Halleluja und Habacht“
auf Anfrage des Paderborner Kulturamtleiters, der sich den Soundtrack
für die Ausstellung „Canossa - Erschütterung der Welt“ wünschte,
konkret zu dem Teil der Ausstellung, der sich dem Verhältnis von
staatlicher Obrigkeit in Deutschland und der katholischen Kirche im
19. und 20. Jahrhundert widmete.
Wer Liederjan kennt, weiß, dass dieses Sujet ein gefundenes Fressen
für das Trio war, das ein Fest satirisch-bissiger und witziger Lieder
regelrecht zelebriert, in bester Liederjan-Tradition mit umfangreichem
Instrumentarium und dem für die Gruppe typischen Satzgesang.
Zeitgenössische Texte aus dem Kladderadatsch und unter anderem aus der
Feder des großen Volksliedforschers und politischen Spötters Hoffman
von Fallersleben - ein Album, das historische Fakten mit hohem
Spaßfaktor vermittelt! Liederjan - te absolvo!
Ulrich Joosten
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SHANES
Polka Over Serbia
(SumoRex 002/Broken Silence, www.sumorex.de)
17 Tracks, 58:40, mit Texten und Infos
Irish Folk Punk ist glücklicherweise mittlerweile aus der Mode. Die
meisten der Fiddlers- und Paddys-Epigonen haben sich zu Recht
aufgelöst. Zu den wenigen Bands, die den Pogues auch heute noch die
Treue schwören, gehören die Shanes. Deutlicher als mit diesem
Bandnamen (nach dem Vornamen des früheren Pogues-Sängers) kann man die
musikalische Richtschnur nicht beschreiben und tatsächlich, mit ihrem
Livealbum erfüllen die Shanes die Erwartungen vollends. Im Gegensatz
zu den verblichenen Kollegen haben die Shanes nämlich tatsächlich die
Spielfreude und die Energie ihrer Vorbilder. Zusätzlich haben sie
reichlich von der vermutlich wichtigsten Eigenschaft von Bands dieser
Gattung: Humor. Die traumhafte Coverversion von „Love Will Tear Us
Apart“, welche bereits vor zehn Jahren die Folkpunkszene aufmischte,
wirkt live noch eine Spur witziger und der All-Time-Klassiker
„Summer’s Almost Gone“ wird hier zum Explosivgeschoss. Die CD erfreut
durch die Anwesenheit zahlreicher Eigenkompositionen und der
Abwesenheit der üblichen Dubliners-Gassenhauer. Für Freunde des
filigranen Donegal-Folk sind die Shanes mit Sicherheit
Lärmbelästigung. Wer aber mal wieder ungehemmt abtanzen will, kommt um
diese Scheibe nicht herum.
Chris Elstrodt
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REINHARD MEY
Bunter Hund
(Odeon/EMI 0094639401222)
13 Tracks + Hidden Track, 72:00
Wieder so ein typisches Mey-Album. Das fängt bei den Melodien an,
geht beim Aufbau der CD weiter (14 Lieder, die Nr. 14 diesmal
allerdings auf Französisch und als Hidden Track) und endet bei den
Textinhalten. Von seinen „Liedzyklen“ greift er u. a. die Bereiche
„Meer/Seefahrt“ („Der Fischer und der Boss“), „Kindheitserinnerungen“
(„Sommer ’52“), „Familie“ („Drei Kisten Kindheit“, „Große Schwester“),
„Antikriegswerke“ („Kai“) und „Tiergeschichten“ („Wotan und Wolf“)
auf. Das Ganze in gewohnt ansprechender Manier und
zeitgemäß-professioneller Produktion durch Manfred Leuchter, von einer
erlesenen Musikerschar exquisit unterstützt (u. a. Jeanmarie
Peschiutta, Mike Silver, Ian Melrose). Politik- und
Gesellschaftskritik geschieht auch (z. B. in „Danke, liebe gute Fee“
oder „Friedrichstraße“), wenn auch nicht so offen wie damals in „Sei
wachsam“ oder in „Das Narrenschiff“. Im Titelstück positioniert er
sich u. a. wieder einmal selbst.
Herausgekommen ist ein erfrischend gitarrenlastiges Werk ohne
wabernde Synthesizer oder technische Spirenzchen, teilweise richtig
folkig, das man sich gut anhören kann. Ein Mey, der sich treu
geblieben ist, nach wie vor etwas zu sagen hat und nach wie vor
polarisieren wird.
Stefan Backes
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KLAZZ BROTHERS & EDSON CORDEIRO
Klazz Meets The Voice
(Sony BMG 8869705282, www.qrious.de)
13 Tracks, 65:37, mit deutschen Infos
Da sind einerseits die Dresdener Klazz Brothers, als da wären:
Tobias Forster am Piano, sein Bruder Kilian am Bass und Schlagzeuger
Tim Hahn. Das Trio hat sich auf die Fahnen geschrieben, Klassik und
Jazz in einem schillernden neuen Geflecht verschmelzen zu lassen, und
es gibt sich dabei so unglaublich souverän und virtuos, dass es erst
kürzlich zum zweiten Mal mit dem Klassik-Echo prämiert wurde. Auf der
anderen Seite steht der Brasilianer Edson Cordeiro, der mit seiner
unglaublichen Stimme vier Oktaven vom Bariton bis zum hohen Sopran
abdeckt und sich als Sänger ebenso in Partykellern wie in barocken
Opern getummelt hat. Auf diesem Gemeinschaftswerk haben die vier
brillanten Musiker jetzt respektlos und voller Hingabe wild
durcheinandergemixt, was man so zuvor nie miteinander in Verbindung
gebracht hätte: Da begegnet beispielsweise Tom Jobims Strandschönheit,
das „Girl from Ipanema“, einem imaginären Mozart und seiner auf Rache
sinnenden Königin der Nacht; für „Carmen Fantastique“ standen Bizets
berühmte Oper und der Evergreen „Bésame Mucho“ Pate, und beim
Prince-Hit „Kiss“ mutiert Cordeiro zu den intimen Jazzklängen der
Klazz Brothers zur Sängerinnen-Legende Billie Holiday. Ein echtes
Highlight auch das „Ave Maria“ oder „Amazing Grace“. „Alles ist
erlaubt, solange es gut gemacht ist“, lautet das Credo der Band und
man kann nur sagen: Hut ab, besser geht es nicht!
Suzanne Cords
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JAN GRAF
Singt Johann D. Bellmann
(Plaggenhauer Verlag, wwww.plaggenhauer.de)
12 Tracks, 39:30; mit Texten
Graf singt Bellmann ... nein, nicht den ollen Carl Michael aus
Schweden, sondern plattdeutsche Texte des niedersächsischen Theologen,
Autoren und Lyrikers Johann D. Bellmann (1930-2006), der als einer der
wichtigsten modernen plattdeutschen Autoren gilt. Aus seinem
Gedichtband Inseln ünner den Wind entstammen die Texte, die um
die Themen Leben, Tod, Liebe und Glaube kreisen. Der 33 Jahre alte
Buxtehuder Musiker Jan Graf hat daraus eine im besten Sinne
spartanische CD gemacht. Schon die Ausstattung des Booklets ist auf
das Wesentliche reduziert: die Texte auf Plattdeutsch. Kein
Schnickschnack, der von diesem Wesentlichen ablenken könnte. Und so
sind auch seine Arrangements: Graf lässt die Kraft der Bellmannschen
plattdeutschen Lyrik für sich sprechen, die er mit seiner ungemein
feinfühligen Tenorstimme unter die Haut gehend interpretiert. Die
Instrumentierung ist (von gelegentlichen Akkordeon-Farbtupfern
abgesehen) auf akustische Gitarren beschränkt - aber wie virtuos
gespielt! Jeder transparent und luftig aufgenommene Ton, jeder auf den
Punkt gesetzte Akkord trägt die anrührenden Melodien textdienlich und
dennoch virtuos - einfach ein Genuss! Jan Graf ist ein
vierzigminütiges, unaufgeregtes Gesamtkunstwerk mit 12 zeitlos
schönen, melancholischen Chansons gelungen. Sehr empfehlenswert!
Ulrich Joosten
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GERHARD GUNDERMANN & PETRA KELLING
Oma Else - Eine Hör-Geschichte in Liedern
(Buschfunk 01532, www.buschfunk.com)
9 Tracks, 67:02, mit Infos
Wenn von einem Künstler noch neun Jahre nach seinem Tod regelmäßig
Alben und Bücher in Erstveröffentlichungen erscheinen, ist das ein
untrügliches Zeichen dafür, dass hier jemand seiner Zeit voraus war.
Nun hat Buschfunk ein weiteres Fundstück aus Gundis Erbe auf den Markt
gebracht. Oma Else ist die Lebensgeschichte einer heute über 90
Jahre alten Frau aus seinem Familienkreis, die sie selbst
aufgeschrieben hat. Die Schauspielerin Petra Kelling, damals eng mit
Gundermann befreundet, liest Auszüge und wird vom Liedrockpoeten auf
der Gitarre begleitet. Die Erinnerungen aus der Lausitz erzählen vom
Alltag der einfachen Leute, ihren Mühen und Hoffnungen. Aber es ist
nicht einfach nur ein Hörbuch. Mehr als ein Dutzend Gundermann-Songs
begleiten diese Lesung, die nur zwei Mal stattfand und wenige Monate
vor Gundis Tod mitgeschnitten wurde. Die Lieder in gekürzter Version,
u. a. „Wo bleiben wir“, „Die Zukunft“ und „In dem Schneegebirge“
(leider fehlt im Booklet ein Liedverzeichnis) bilden mit dem Prosatext
eine stimmige Einheit. Das Album ist nicht nur Gundermann-Kennern zu
empfehlen.
Reinhard „Pfeffi“ Ständer
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TRILLKE TRIO
Abfahrt
(Flowfish FF0007, www.flowfish.de)
15 Tracks, 51:00, mit Texten und Infos
Diesen Wahnsinnsmix aus Klezmer, Ragtime und Folkrock muss man
gehört haben. Die sieben (...Trio!?) Vollblutmusiker haben eine
Spielfreude und Energie, die ihresgleichen sucht. Mit ihrem dritten
Album Abfahrt geben sie ein Startsignal für ein
schweißtreibendes Tanzfest, welches jede Depression aus dem Herzen
vertreibt. Bereits der gleichnamige Opener klingt wie „Stars in der
Manege“ im Schnellvorlauf. Geschwindigkeit scheint auf Abfahrt
keine Hexerei zu sein. Das TrillkeTrio kommt aus dem alternativen
Umfeld, was dem aufmerksamen Hörer spätestens bei „Salz für Lisa“,
einem Anti-Gorleben-Song auffällt. Um Vergleiche für ihre sympathische
Unbeschwertheit zu finden, muss man schon in die Anfangstage der
grünen Bewegung zurückdenken, als Cochise und Fortschrott Hoffnung
verbreiteten. TrillkeTrio sind eine Volksband im klassischen Sinne,
mit Themen, die das Volk bewegen und aus dem Volk kommen, völlig ohne
intellektuelle Betroffenheitsplattitüden, aber dafür mit musikalischer
Reife und Humor ohne Sarkasmus. Zu Recht haben sie im vergangenen Jahr
den Weltmusikpreis creole für Niedersachsen nach Hause in ihr
Wohnprojekt geholt. „Genieß den Tag“ fordert ein Stück der CD, mit dem
TrillkeTrio sollte das kein Problem werden.
Chris Elstrodt
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RAINALD GREBE & DIE KAPELLE DER VERSÖHNUNG
Volksmusik
(Versöhnungsrecords/Brokensilence CD03965/ISBN 978-3-9811597-0-7)
18 Tracks, 66:34 min, Texte
Volksmusik nennt Rainald Grebe hinterlistig seine skurrilen und
absurden und daher so wirklichkeitsnahen Lieder. Eher Lieder über das
Volk und das Land als für den Musikantenstadel. Unschuldig und
unscheinbar schleichen sich diese Lieder an und überfallen den Hörer
mit gnadenloser satirischer Präzision. Die Stadtindianer und die
hippen Szenetypen, die in die Jahre gekommenen Paare mit Anspruch,
Stil und Niveau, aber auch die Verlorenen in der (ost-)deutschen
Provinz werden mit seinem trockenen Spott bedacht. Er spottet und ist
doch selbst einer, der mittendrin ist. Der durch die Städte und über
die Dörfer tourt, der die falschen Töne wahrnimmt, der beobachtet und
fleißig daraus Lieder macht. Und weil er so viele Lieder schon
geschrieben hat, sind sie jetzt in einem eigenen Liederbuch
zusammengefasst: Das grüne Herz Deutschlands (Fischer, ISBN
978-3-596-17536-9, 240 Seiten, 9,95 Euro). Am Lagerfeuer mit der
Klampfe soll man sie singen, die neuen deutschen Volkslieder. 55
Lieder, die er brav in die Kategorien Fahrtenlied, Heimatlied, Arbeit
und Soziales, Liebeslieder oder Weihnachtlied unterteilt hat.
Satirische Kabinettstückchen, die durch die tristen Photos aus
deutschen Landen von Jess Jochimsen in ihrer Wirkung verstärkt
werden.
Rainer Katlewski
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DANIEL KAHN & THE PAINTED BIRD
Das zerbrachene laschon - The Broken Tongue
(Chamsa CD 008, www.danielkahn.com)
16 Tracks, 54:37, mit engl. Texten
Bereits sein fünftes Album präsentiert der in Detroit (USA) geborene
Daniel Kahn (Akkordeon, Piano, Gitarre, Gesang), seit 2005
Wahlberliner. Vorausgegangen waren Stationen in New Orleans und New
York, die neben seinem Studium an der University of Michigan
(Schauspiel, Regie, Dichtung und Theater) alle ihre Spuren
hinterließen - vor allem in der Musik. Vor knapp über zweieinhalb
Jahren gründete er die Formation Painted Bird, benannt nach einem
Roman von Jerzy Kosinski, allerdings mit laufend wechselnden
Bandmitgliedern. Für dieses Album standen Johannes Paul Gräßer
(Violine), Bert Hildebrandt (Klarinette), Detlef Pegelow (Schlagzeug,
Horn, Mandoline) und Michael Tittle (Kontrabass) zur Verfügung. Auf
einigen Stücken singt zusätzlich Niki Jacobs von der niederländischen
Gruppe Nikitov. Wir hören in einer knappen Stunde traditionellen
Klezmer (etwa in „Beyze Vintn“), poetische Balladen wie in „Edward the
Young“ (leider wurde der Text dieses Liedes im viel zu dünnen
CD-Beiheft nicht abgedruckt) oder auch Traurigtragisches wie in „Unter
den Ruinen von Polen“ oder „Birkenau“. Die meisten Lieder werden in
englischer oder jiddischer Sprache gesungen, außer ein Liedes von
Bertolt Brecht, für das man die deutsche Sprache beibehielt. Alles in
allem eine erstaunliche Entwicklung, vergleicht man das vorliegende
Album mit seinem Vorläufer, einem experimentellen Folkrockalbum mit
dem Titel Uprooted Oak („entwurzelte Eiche“).
Matti Goldschmidt
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DIE MELANKOMIKER
Alabaster-Körper
(www.melankomiker.de)
19 Tracks, 68:30
Die wichtigsten Themen für die Herren Jürgen Denkewitz und Waldemar
Rösler lauten Jürgen Denkewitz und Waldemar Rösler. Diesem, für sie
so bedeutsamen Duo aus Leipzig, widmen sie die meisten ihrer Lieder
und Gags und setzen ihnen musikalischen Denkmälerchen. Sie necken
sich, sie kalauern, sie geben ironisch ein wenig an, sie singen und
moderieren, sie palavern und musizieren. „Neues vom
Liedermacherstrich“ heißt der Untertitel der CD, die Herren sind
halbnackt auf dem Cover zu sehen, sie schrecken also vor keiner
Neckigkeit zurück. Was die Albernheiten nun aber so verträglich
gestaltet, ist, dass die beiden Kleinkunststricher ihr Handwerk so gut
beherrschen. Ihre Texte, ihr Gesang und die abwechslungsreiche Musik
kommen leichtfüßig und leichtsinnig daher, sodass man sehr geneigt
ist, dem verzapften Unsinn freundlich schmunzelnd zu lauschen.
Rainer Katlewski
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JAN-MARTIN MÄCHLER
Neues Erleben - Hermann-Hesse-Vertonungen
(www.aktivraum.de, Aktivraum AR 40802)
13 Tracks, 60:17, mit Texten
So könnte die imaginäre Musik des Glasperlenspiels klingen:
Sonst singt der Komponist und Multiinstrumentalist aus Bern (hier von
Gastmusikern auf Gitarren, Perkussions- und Streichinstrumenten
unterstützt) Oratorien und Opern. Seine Vertonungen stehen dem
Kunstlied näher als der Wandervogelseligkeit des Liedermachens, aber
man merkt, wie gründlich er sich auf Hesses Lyrik einlässt. Als
Steinmetz mit dem Werkstoff Sprache müht sich Mächler mit jeder Zeile,
nahezu jedem Wort ab, findet Akzente, Perioden und Rhythmen,
entfesselt, staut, kanalisiert und lenkt die Melodieströme im Dialog
mit den Instrumenten. Seine Auswahl ist eine meditative
Versuchsanordnung über Vergänglichkeit, Natur, Alter, Gottesferne und
-suche, Erinnerung und Sehnsucht. Lyrik weist bei Hesse selten
Formstrenge und sparsame Verdichtung auf; das Grübeln und
Herumprobieren vollzieht der Komponist nach, z. B. wenn er
Sinnbildreihen wiederholt und verschränkt (etwa: „Wolke, Blume,
Seifenblase, / Feuerwerk und Kinderlachen, / Frauenblick im
Spiegelglase“ gegen „Edelstein mit kühlem Feuer, / Glänzendschwere
Goldesbarre; / Selbst die Sterne, nicht zu zählen“). Das
überschwänglich-sakrale Pathos des oft mehrstimmigen Vortrags ist
gewöhnungsbedürftig: Für Hesse sind Litaneien und strahlende Akkorde,
in denen Ironie und Verfremdung, Rock- und Bluesfarben in der Art von
King Crimson nicht fehlen, eine angemessene Inszenierung.
Nikolaus Gatter
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DIVERSE
Tagebuch einer großen Liebe - 22 Lieder von Leopold Schefer.
(Hg. v. Freundeskreis Lausitzer Musiksommer e. V., www.konsonanz-musikagentur.com, Konsonanz Musikagentur Bautzen)
22 Tracks, 78:26, mit Texten
Bekanntlich hat Fürst Pückler-Muskau nicht das gleichnamige Eis
erfunden, dafür aber Parkanlagen gestaltet, die Briefe eines
Verstorbenen verfasst und Reisen in Orient und Okzident
unternommen. Seine „Schnucke“ genannte Ehefrau hinterließ er in der
Obhut eines „Schefers“ - den er aus dürftigen Verhältnissen
herausholte und zum Sekretarius und Stellvertreter in der
Standesherrschaft machte. Leopold Schefer (1784-1862) wurde ein
gefragter Novellist (laut Arno Schmidt ein „guter Meister zweiten
Ranges“), erreichte mit weltfrommer Lyrik Massenauflagen, nahm aber
auch Unterricht bei Antonio Salieri in Wien und schrieb Opern, zwölf
Singspiele und seit 1805 fast 80 Lieder. Junge Künstler, engagierte
Spender machten es nun möglich, dass erstmals ein Liederzyklus auf CD
eingespielt wurde. Er handelt von hoffnungsloser Liebe zu Pücklers
Schwester Agnes, die der Vater standesgemäß einem Cousin zur Frau gab.
Vom „Leben des Lebens“ über das erste „Ich liebe dich“, vom
„Nachtbesuch“ bis zum „Lied des Schmachtenden“ und zur „Ewigen Klage“
reicht die Skala dieser empfindsamen Katastrophe, die uns mit
perlenden Fiorituren und Melismen in die Frühromantik entführt, wo
„sich die Lust so spurlos vergisst!“ und wo „mit dem Götterauge /
meines Fernrohrs am Vollmond ich sauge ...“
Nikolaus Gatter
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ANNWN
Orbis Alia
(curzweyhl/ Rough Trade; www.curzweyhl.de)
12 Tracks, 53:24, mit dt. Infos
THE MOON AND THE NIGHTSPIRIT
Regõ Rejtem
(www.equilibriummusic.com)
Promo-CD, 9 Tracks, 42:01
Beide CDs bieten die ideale Musik zum Feierabend nach einem harten
Arbeitstag: sehr harmonisch und entspannend mit wunderbaren Melodien.
In kürzester Zeit findet man Ruhe und lässt den Alltagsstress hinter
sich. Annwn kommt als Begriff aus der inselkeltischen Mythologie und
meint die untere, verborgene Welt, eine Art Paradies. Die Sängerin und
Harfenistin Dr. Sabine Hornung sowie Tobias von Schmude an der Laute
(beide bekannt vom Metalprojekt Albion) bringen hier meist
mittelalterliches Liedgut (Minnesänger, Cantigas, Libre Vermell) zu
Gehör. Sparsam unterstützt von Geige und Flöten entsteht ein fein
gewebter Klangteppich aus Harfe und Gesang.
Das zweite Album des ungarischen Mittelalterduos The Moon And The
Nightspirit (Debüt s. a. Folker! 03/2006) wird wiederum von
Agnes Toths klarer prägnanter Stimme geprägt. Sie ist auch für das
schicke Coverdesign im Fantasy-Art-Stil verantwortlich. Der CD-Titel
heißt übersetzt etwa „ich beschwöre Magie herauf“. Gesungen wird
ausschließlich in Ungarisch, es geht um Naturmystik und Schamanismus.
Zeitlos schöne ruhige Songs in der Mischung aus Mittelalter und
ungarischer Folkmusik.
Fazit für beide Neuerscheinungen: Sehr empfehlenswert!
Piet Pollack
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