Folker! 3/2007 - Rezensionen

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OYSTERBAND
Meet You There

(Westpark Music 87141/Indigo, www.westparkmusic.de)
11 Tracks, 46:18, mit engl. Texten

Manche Dinge werden wohl nie passieren, so z. B. dass die Oysterband einmal einen richtig riesigen Hit landen. So viel musikalische Gerechtigkeit gibt es nicht. Die zeitgenössische Folkmusik der Oysters ist wohl zu vielseitig für die nach Schubladen und Formaten lechzenden Massenmedien: Electronic Folk, fröhliche Jugbandklänge mit beißenden Texten, knochentrockener Folkrock, dezent-russische Harmonien, Folkpop vom Feinsten, unwiderstehliche Melodiefragmente wie damals The Band - und das waren jetzt nur die ersten fünf Stücke! Über allem John Jones’ markante Stimme und grandiose Harmonien von Chopper und Prosser. Dass die Jungs ab und an das politische Hämmerchen auspacken, bestätigt eigentlich nur die die alte Weisheit, dass FolkRockPop nicht seicht sein MUSS.

Geigenmann Telfer meint: „Die CD ist das konsequenteste Ding, das wir als erwachsene Band je gemacht haben.“ Absolut korrekt, und wenn da im mittleren Ende der CD nicht ein bis zwei schwächere Stücke gewesen wären, Meet You There hätte in den höchsten Folker!-Status „Die Besondere“ befördert werden müssen.

Mike Kamp

 

OYSTERBAND - Meet You There


NORTH CREGG
The Roseland Barndance

(Greentrax CDTRAX308/FMS, www.greentrax.com)
11 Tracks, 44:04, mit Infos

Seit über zehn Jahren bringt die Band aus Cork frischen Wind in die Irish Folk Szene. Von drei sehr erfolgreichen CDs erzählt die Bandgeschichte, und von einigen Umbesetzungen. Seit der letzten Platte Summer At My Feet haben Sängerin Fiona Kelleher, Gitarrist Paul Meehan und Fiddler Caoimhín Vallely die Band verlassen. Den Gitarrenpart hat darauf Schlagzeuger Martin Leahy übernommen, als Sängerin ist Claire-Anne Lynch dabei, und die Fiddle sowie das Banjo spielt seit 2004 Liam Flanagan aus Charleville. Eine echte Südwest-Irland-Truppe ist da aktuell zusammen. Und das spiegelt sich in der Tuneauswahl auf der lange ersehnten vierten Platte der Band wieder. Polkas und Slides machen einen großen Teil des Repertoires aus, wie gewohnt im Gute-Laune-Modus getrieben von Ciaran Coughlans Piano und Gitarre bzw. den Drums von Martin Leahy. Dessen Bruder Christy an der Box und Fiddler Liam Flanagan haben sich wunderbar aufeinander abgestimmt, und auch das Banjo ist passend und unaufdringlich. Die drei Songs sind schön, aber wenig auffällig. Ein Freund der Musik aus Sliabh Luachra, der auch die modernen Töne zu schätzen weiß, kann mit dieser CD viel Spaß haben. Witzige Arrangements feiern viele good old tunes. Nicht zu Unrecht haben North Cregg über so lange Zeit solchen Erfolg. Besonders zu erwähnen ist noch das gelungene Coverdesign von Brian Hanlon. Up Cork!

Sabrina Palm

 

NORTH CREGG - The Roseland Barndance


INCHANTO
Città Sottili

(RadiciMusic Records RMR-117, www.suoniearmonie.it)
11 Tracks, 48:10, mit ital. und engl. Texten und Infos

Die città sottili, die dünnen, feinen Städte, sind sowohl die Städte der Vergangenheit, der Gegenwart als auch der Träume. Die Grenzen von Zeit und Raum lösen sich auf. „Grenzen sind da, um überschritten zu werden“, schreiben InChanto im Beiheft. Basis für ihr Schaffen bildet die Toskana, ein kultureller Schmelztiegel, der immer schon offen für Einflüsse von außen war. So intoniert die hervorragende Sängerin Michela Scarpini Lieder im toskanischen Italienisch (der italienischen Hochsprache), in Korsisch, Maltesisch oder auch Spanisch. Mit wunderbarer Leichtigkeit wechselt sie zwischen traditionellem und experimentellem Gesang, Dialekten und Sprachen. Ausgehend von selbst geschriebener Renaissancemusik, toskanischer Tradition, Irish Folk und Einflüssen anderer Mittelmeerkulturen haben InChanto einen eigenen Musikkosmos geschaffen. Dazu verwenden sie eine Vielzahl von Instrumenten wie Laute, Whistles, Drehleier, Hackbrett, Klarinette, Flöten, Bodhrán oder bretonische Harfe. InChanto sind wahrlich Meister der Grenzüberschreitung: Tradition und Jetztzeit, filigrane und erdige Klänge vermischen sich wie selbstverständlich. Wer die John Renbourn Group, Pentangle oder die katalanischen l’Ham de Foc als musikalische Eckdaten hochhält, wird von InChanto begeistert sein.

Martin Steiner

 

INCHANTO - Città Sottili


FANFARE CIOCARLIA
Queens And Kings

(Asphalt Tango Productions, ATR 1207, www.asphalt-tango.de)
14 Tracks, 48:45, Infos und Texte auf Engl.

Fatih Akin war von der „schnellsten Romakapelle der Welt“ so begeistert, dass er sie in seinem Film Gegen die Wand auftreten ließ, und auch im umstrittenen Film Borat von Sacha Baron Cohen waren sie zu hören. Die rumänische Combo Fanfare Ciocarlia ist wohl nicht nur die schnellste, sondern auch die bekannteste Blaskapelle der Welt. Für die Aufnahme ihrer neuen CD sind die Speedbläser durch Europa gereist. Und diese Reise hat sich gelohnt: Zwei Dutzend Romamusikerinnen und -musiker tragen dazu bei, dass das fünfte Album der Fanfare so abwechslungsreich ist wie keines zuvor. Der durch Gegen die Wand bekannt gewordene Romaklassiker „Iag Bari“ etwa wird von der südfranzösische Band Kaloomee mit Flamencobeats aufgepeppt und in „Que Dolor“ umbenannt. Schnelle Tanzlieder wechseln sich ab mit Balladen. Gleich zweimal leiht die alte Dame der Romamusik aus Mazedonien, Esma Redzepova, der Combo ihre herzzerreißende Stimme. Queens And Kings ist auch eine Hommage an den kürzlich verstorbenen Gründer Ioan Ivancea: Er hatte immer davon geträumt, die schönsten Romastimmen weltweit einzuladen und ein komplettes Album mit Songs zu machen. Er würde sich vor Freude im Grab umdrehen!

Natalie Wiesmann

 

FANFARE CIOCARLIA - Queens And Kings


TORETH
dto.

(Fflach:tradd CD265H, www.flach.co.uk)
11 Tracks, 42:08

Jawohl, die CD ist bereits vier Jahre alt, aber da der Folker! bislang nicht mit CDs aus Wales verwöhnt wurde (scheint sich jetzt zu ändern), ist auch ein verspäteter Hinweis auf das Duo Toreth angebracht. Erfahrene Instrumentalisten sind sie allemal, Guto Dafis mit dem Akkordeon oder Melodeon und Gareth Westacott mit der Fiddle. Ab und an, selten eher, singen sie auch beide, aber das ist es nicht, was sie faszinierend macht. Das Zusammenspiel von Zieh- und Streichinstrument ist gekonnt, ursprünglich, ungekünstelt und bringt uns so die hier immer noch ziemlich unbekannte traditionelle Musik Wales’ näher - obwohl tatsächlich manchmal ein überraschender Teil an bretonischer Musik durchschimmert. Ich bin sicher, die beiden Herren würden jedes Festival in Deutschland bereichern.

Mike Kamp

 

TORETH - dto.


HANS THEESSINK
Slow Train

(Blue Groove 1620, Rebeat, www.theessink.com)
12 Tracks, 51:54 mit engl. Texten und vielen Infos

Nach 20 Platten und gut 40 Jahren Bühnenerfahrung hat der gebürtige Holländer mit Wahlheimat Österreich seine eigene Schublade gefunden. Weltmusik heißt das Zauberwort, denn Theessink ist mehr als nur ein Bluesmusiker. Durch viele Projekte ist er geschwommen, aber mit Slow Train beweist er ein weiteres Mal, dass er als Gitarrist und Sänger überragende Fähigkeiten besitzt. Ob solo oder, wie auf diesem Album, mit Band (Bass, Klavier, Perkussion und Schlagzeug) und unterstützt von drei Sängern - Theessink präsentiert sich gleichermaßen überzeugend. Gern ist er unterwegs, um neue Impulse aufzunehmen, mit dem Flugzeug ebenso wie mit dem Auto oder dem Zug, der in der Musik seit jeher - als Metapher für Sehnsucht - eine große Rolle spielt. Theessink ist und bleibt ein Musiker auf der ewigen Suche nach dem Glück. Privat (mit Ehefrau Milica, der er den Song „Love You Baby“ widmet) und musikalisch hat er es gefunden. Seinem Slow Train, der auch durch optisch ansprechendes Design und technisch einwandfreie Produktion gefällt, sollte es gelingen, bei vielen Musikfreunden Station zu machen.

Annie Sauerwein

 

HANS THEESSINK - Slow Train


TOUD’SAMES
Son An Den Dilabour

(Coop breizh, DB 5X2, www.coop-breizh.com)
10 Tracks, 58:48, Booklet mit bret. Texten und frz. bzw. engl Erläut.

Dieser Name klingt wie eine Verlegenheitslösung. Toud’sames bedeutet übersetzt „alle zusammen“. Und tatsächlich war die Zusammenarbeit der fünf bretonischen Musiker zunächst als einmaliges Projekt gedacht. Der Flötist Jean-Michel Veillon durfte für ein Fest in Quimperlé 2001 eine Formation zusammenstellen, die dann aber so produktiv war, dass sie immer wieder auftrat und nun sogar eine CD vorlegte. Der Sound erinnert an die Gruppe Barzaz, die 1989 und 1992 zwei epochale CDs mit einer Mischung aus federleichten Tanzmelodien und schwermütigen Klageliedern herausbrachte. Die Ähnlichkeit ist nicht zufällig. Veillon war auch bei Barzaz dabei, ebenso wie Bassist Alain Genty und Perkussionist David Hopkins. Statt eines Gitarristen hat Toud’Sames jedoch mit Dom Molard einen zweiten Perkussionisten, was die klanglichen Möglichkeiten reduziert, ohne dass es sich im Rhythmischen wirklich auszahlt. Vor allem aber steht diesmal ein anderer Sänger im Mittelpunkt. Statt Yann-Fanch Kemener mit seiner glockenklaren Stimme ist es diesmal der erdige Lors Jouin. Bekannt wurde er als Schauspieler, Bal-Folk-Sänger und Frontmann der Kinderfolkgruppe Ours de Scorff. Auf der Bühne ist er eher der lustige Entertainer, auf der CD überwiegen die düsteren Töne, etwa im Titelstück, dem Klagelied eines Arbeitslosen. Tanzmelodien kommen demgegenüber zu kurz. Die CD ist deshalb wohl für die Bretagne wichtiger als für die hiesigen Anhänger bretonischer Musik.

Christian Rath

 

TOUD’SAMES - Son An Den Dilabour


SANCTO IANNE
Mo’ Siente

(FolkClub EthnoSuoni ES5360/Old Songs New Songs, www.oldsongsnewsongs.com)
10 Tracks, 40:25, mit Texten und Infos

Das dritte Album zeigt einmal mehr die Stärken der Band aus Benevento, einer Kleinstadt in Kampanien, nordöstlich von Neapel. Einmal mehr legen sich die sechs Musiker mit akustischen Instrumenten (Gesang, eine Vielzahl von Perkussionsinstrumenten, Gitarren, Bouzouki, Geige, Rebab, Viola, Bass, Akkordeon, Klavier) fast schon wie Rockmusiker ins Zeug. Und wieder wurzeln Musik und Texte stark in der lokalen Kultur. In „Nuje Ca Nun Stammo Vicino, O Mare“ beschweren sie sich darüber, dass man Kampanien mit Neapel gleichsetzt. Gleichzeitig stellen Sancto Ianne vom ersten Ton an klar, dass ihre Musik zwar viel mit der Vergangenheit, aber ebenso viel mit der Gegenwart zu tun hat. So gewann die Gruppe im Jahr 2005 mit „Uocchie“ den Preis für das beste Lied der „Voci Per La Libertà“ („Stimmen für die Freiheit“) von Amnesty International. Faisal Taher und Gianni Principe singen darin im lokalen Dialekt und auf Arabisch über das Schicksal der Bootsflüchtlinge und ihre Hoffnungen. Sancto Ianne sollen auch auf der Bühne eine Wucht sein. Das verdeutlicht das live aufgenommene Schlussstück des Albums, „Tarantella D’a Fatica/N’ata Botta“.

Martin Steiner

 

SANCTO IANNE - Mo’ Siente


LA TROBA KUNG FU
Clavell Morenet

(VLR001, Via Lactea Records, Broken Silence, wwwlatrobakungfu.net)
14 Tracks, 58:23, mit Texten und Infos

Früher ging man mit leuchtenden Augen zu dem Plattendealer seines Vertrauens und fragte „Hast du eine neue Scheibe für mich?“ Würde es diesen Schallplattenhändler heute noch geben, er würde La Troba Kung Fu empfehlen. Dabei handelt es sich keineswegs um das musikalische Seitenprojekt von David Carradine, sondern um die Sommersensation aus Katalanien. Wenn Manu Chao mit Les Negresses Vertes gemeinsam ein Folkalbum aufnehmen würden, könnte es vielleicht wie La Troba Kung Fu klingen. Wenn Reggae und Dub in „Volant“ sich als typisch spanische Elemente entpuppen oder Rumba in „Calo Calor“ als Cajunvariante präsentiert wird, muss sich bei dem letzten Sauertopf Partylaune einstellen. Songs wie „Endevinalla“ haben Top-40-Qualität, ohne den Folkie zu verschrecken. Voller Humor und Spielfreude präsentiert sich die Band, hinter der Joan Garriga, der Kopf der katalanischen Band Dusminguet steckt. Für diejenigen unter uns, die zufällig kein Katalanisch sprechen, liegt im „Booklet des Jahres“ eine gehaltvolle Übersetzung und Gebrauchsanweisung vor. La Troba Kung Fu stecken bis ins kleinste Detail voller Liebe und Herz, Energie, Kreativität und Kraft und sind meine definitive Wunschband für Rudolstadt.

Chris Elstrodt

 

LA TROBA KUNG FU - Clavell Morenet


MICHAEL WESTON KING
A New Kind Of Loneliness

(Floating World FW031/Soulfood, www.soulfood-musik.de)
12 Tracks, 49:00, mit engl. Texten und Infos

Wie gleichsam Tausende von Bruttoregistertonnen schwer das Pfund ist, mit dem man als Singer/Songwriter aus einer englischen Hafenstadt wie Southport wuchern kann, wenn man nicht gerade eine Geschichtsphobie hat - fröhliches Wuchten: Englische Klassik wie sie uns gleichermaßen majestätisch wie spielerisch im Bläsermotiv von „Rosenkrantz And Kristians Gate (I’m dead)“ oder aus Pianoverzierungen wie in „Here’s The Plan“ oder „This Man Can Break So Easily“ entgegenschallt, Jahrhunderte von Pop-Ohrwürmern wie Gilbert O’Sullivans „Alone Again Naturally“, großer bombastischer torch song wie er „It Will End In Tears“ verzehrt, das gesamte Spektrum von Rockabilly bis Zydeco wie in „Let The Waves Break“, selbst ein erratischer Block des angloamerikanischen Rock vom Schlage „Knockin’ On Heaven’s Door“ wie er „Lost“ einleitet. Aber das ist beileibe noch nicht alles, was Michael Weston King bei seinen Fischzügen durch die Geschichte und seine eigene Seele wieder zutage fördert. Und was er selbst nicht bringt, steuern Gäste wie Ron Sexsmith, Jackie Leven, Chris Hillman, Herb Pedersen bei: Witz! Sie sind zwar tatsächlich dabei, aber ganz wie es die Jubelkritiken seit den Tagen seiner Ex-Band The Good Sons bezeugen: Kaum etwas vorstellbar, was man dem Tausendsassa der Anglo-Americana und seiner großen Band nicht zutrauen müsste. Und je schwerer sein Pfund wird, desto mehr scheint es ihn zu beflügeln ...

Christian Beck

 

MICHAEL WESTON KING - A New Kind Of Loneliness


ALY BAIN & PHIL CUNNINGHAM
Roads Not Travelled

(Whirlie Records WhirlieCD10, www.whirlierecords.co.uk)
10 Tracks, 44:51, mit Infos

Die beiden sind in ihrer Heimat das wohl populärste Folkduo. Der Fiddler und der (hauptsächlich) Akkordeonist passen musikalisch und menschlich bestens zusammen. Das beweist auch diese CD, das merkt man am allerbesten jedoch auf ihren Konzerten. Wer erinnert sich nicht gerne an den gehobenen Ansagen-Blödsinn der beiden, den wir auch hierzulande beim Scottish Folk Festival erleben durften. Die CD enthält die bekannt-bewährte Mischung aus Fingerfeuerwerk auf den Instrumenten und unglaublich gefühlvollen, wortlosen Balladen. Viele der Stücke sind von Phil komponiert, aber auch die traditionellen Melodien werden heutzutage nicht mehr unbedingt am Kamin weitergegeben: Ein Stück lernten sie von Fergie MacDonald via Telefon und einen Reel fand Phil im Internet. Trotzdem können Bain & Cunningham kaum etwas falsch machen. Erneut eine schöne CD.

Mike Kamp

 

ALY BAIN & PHIL CUNNINGHAM - Roads Not Travelled


BUIKA
Mi Niña Lola

(Dro Atlantic/Galileo MC, www.galileo-mc.de)
11 Tracks, 46:33, mit Infos

Das fünfte Album der gebürtigen Mallorquinerin Concha Buika präsentiert eine gereifte Sängerin, die sich nunmehr stärker dem spanischen Lied zuwendet. Ihr spezielles Timbre nimmt von der ersten Minute gefangen, der rührende Klassiker „Mi Niña Lola“ tut sein übriges dazu. Waren auf den ersten Alben der Künstlerin, deren Familie aus Äquatorialguinea stammt, noch Soul-, Jazz- und sogar HipHop-Elemente wesentlicher musikalischer Bestandteil, ist die Instrumentierung auf Mi Niña Lola deutlich zurückhaltender, die Stimmung intimer. Pianist Jose Reinos, Gitarrist Niño Josele und Bassist Alain Perez, um nur einige der mitwirkenden Musiker zu nennen, verstehen es, die ausdrucksstarke Stimme von Buika zart und überzeugend zu unterstützen. Colombianas, Tangos, Bulerias, Alegrias, Tarantas und Rumbas gehören ins Repertoire einer der aufreizend „anderen“ Stimmen des Flamenco.

Rolf Beydemüller

 

BUIKA - Mi Niña Lola


EVILSONS
Cooking with ...

(Nordic Notes NN 007, www.nordic-notes.de)
11 Tracks, 41:46, mit Texten

Der finnische Rockmusiker will immer verrückt und betrunken wirken und so versuchen, weiter südlich Freunde zu finden, die das Abseitige lieben. Die Evilsons sind anders, auch wenn ihr Name das nicht zu bestätigen scheint. Gleich die erste Nummer „Sneaky Men“ beginnt mit einem Gitarrenintro der Marke Stevie Ray Vaughan. Und der Song bleibt bluesbetont, obwohl sich ein Offbeat zugesellt und eine puckernde Orgel. In „Old Town“ gibt es dann Hochtempo-Ska, während „Pack Of Wolves“ lässig „cruist“. Passagenweise fühlen wir uns an Punkzeiten mit den Ruts erinnert, etwa wenn der Reggae „Let Us Down“ Energie und Atmosphäre vereint und von einer schmutzigen verzerrten Gitarre bestimmt wird. Oder die musikalischen Finnen starten ein Stück im Stil eines schnellen Motown-Klassikers, das dann auch „Soul Searching“ heißt.

Im Jahr 2001 kamen die vier Jungs erstmals zusammen, gruppierten sich leicht um und spielen heute in klassischer Besetzung mit Gesang, Gitarre, Bass, Orgel und Schlagzeug. Sie singen ein Loblied auf die Musik, die sie nicht loslässt und immer wieder erfreut. Vom Alkohol singen sie eigentlich gar nicht. „It is cold ... it’s all day reality“ heißt es einmal, aber im Stück drauf sind sie gleich wieder fröhlich. Zwischenmenschliches, die verstreichende Zeit, fiese Zeitgenossen - damit befassen sich die Evilsons. Und Sänger Fredi rotzt nicht mal ins Mikro. Ihr braven Finnen, Ihr braven.

Volker Dick

 

EVILSONS - Cooking with ...


RADIO MALANGA
Yoff Tongor

(Satellite K. SATKCD 052/Galileo, www.kindistria.com)
Promo-CD, 15 Tracks, 65:28

Nicht sehr Rezensenten-freundlich, wenn man sich die Infos über eine Band selbst aus dem Internet besorgen muss, weil weder ein Booklet noch ein Blatt Papier beiliegt. Auch die Band hat mehr Engagement verdient, vielleicht lässt sich das ja noch ausbauen, nur so als Vorschlag. Die multinationale Truppe aus Barcelona legt mit einem zünftigen Latinbeat los, der später in einen Highspeed-Samba kippt, und schon hat man den ersten Wurm im Ohr. Rockig/funky geht es weiter, auch hier gibt es Sprechgesangpassagen. Fetter Bläsersatz, Schweineorgel, Wah-Wah-Gitarre, knackige Drums: Herz, was willst du mehr. Ein Reggae wechselt zwischen Half- und Double-Time, darüber liegt eine erst gedämpfte, dann offene Trompete, kurz: Man hat alles unternommen, um eines nur ja nicht aufkommen zu lassen - Langeweile. Plötzlich findet man sich in irgendetwas einem russischen Ska Ähnlichen wieder, oder eine schmissige E-Gitarre eröffnet mit einem dreckigen Lauf, der Meisterschaft am Instrument verrät. Diese Band passt in keine Schublade, es sei denn, Barcelona selbst ist inzwischen eine. Einziger roter Faden: Bei Radio Malanga geht was ab, die machen wirklich ein Fass auf, und wenn die Gruppe das auf der Bühne auch nur annähernd reproduziert, wird sie bald bei keinem Festival mehr fehlen, egal, ob es Rock oder Welt oder sonst welche Musik im Titel führt. Großer Spaß!

Luigi Lauer

 

RADIO MALANGA - Yoff Tongor


ESMA REDZEPOVA
Gypsy Carpet

(Network Medien GmbH, 495116, www.networkmedien.de)
14 Tracks, 53:37

Die Queen of Gypsies ist zurück. Nach acht Jahren Pause lässt Esma Redzepova wieder etwas von sich hören. International bekannt wurde die „Ikone der Zigeunerkultur“ durch Gypsy Queens, ein Album, auf dem neben ihr fünf weitere herausragende Roma-Sängerinnen vertreten sind. Redzepovas eindringlicher Gesang vermittelt Tragik und gleichzeitig die Lebendigkeit, die so typisch für Zigeunermusik sind. Sie lebt am Rande von Skopje in der Nähe der weltgrößten Zigeunerkolonie Shutka, in der über 60.000 Roma leben. Gemeinsam mit ihrem Mann adoptierte Redzepova 47 Waisen- und Straßenkinder. Allen brachte sie ihre Musik nahe. Deshalb besteht ihre Band ausschließlich aus ihren jetzt erwachsenen Söhnen. Auf ihrem neuen Album Gypsy Carpet wechseln sich dynamische und balladige Stücke ab, die von den Sehnsüchten und Schicksalen der Romafrauen erzählen - und lässt den unvergesslichen Auftritt im Dortmunder Jazzclub domicil im November 2006 wiederaufleben. Als Krönung des Balkanfestivals von Funkhaus Europa trat die gesundheitlich angeschlagene Diva, deren Stimme nicht mit ihr gealtert ist, dort mit der berühmtesten Speed-Blaskapelle der Welt, Fanfare Ciocarlia, auf. Der (Ruhr)Pott kochte!

Natalie Wiesmann

 

ESMA REDZEPOVA - Gypsy Carpet


ALASDAIR WHITE
The White Album

(Temple Records COMD2099/Sunny Moon, www.templerecords.co.uk)
12 Tracks, 46:38, mit Infos

Ich bin gespaltener Meinung. Einerseits frage ich mich: Braucht die Folkwelt tatsächlich eine Solo-CD eines Fiddlers einer bekannten Band? Was ist darauf so grundlegend anders als das, was er mit seinen Bandkollegen macht? Ist das nicht alles ein wenig inflationär? Andererseits ist der Knabe erst 23 Jahre alt und mit einem unglaublichen Talent gesegnet, so dass das Anhören der Tunes einfach Spaß macht. Von den Battlefield-Kollegen ist nur Piper Katz zu hören. Die Hauptbegleitarbeit erledigen die Saitenspezialisten Ewen McPherson und der umtriebige Aaron Jones. Produzent Robin Morton ist begeistert von der Entwicklung, die der junge Fiddler von der Insel Lewis in den letzen Jahren an der Seite der erfahrenen Batties durchgemacht hat. Also würde ich sagen: Battlefield-Fans müssen diese CD haben, Fiddler-Freaks sollten sie haben und die Schottophilen unter uns können sie haben. Jedenfalls dürfen wir gespannt sein, was uns Alasdair White in Zukunft bieten wird.

Mike Kamp

 

ALASDAIR WHITE - The White Album


MARTIN MORO
Hambrug

(Extraplatte 728-2, www.extraplatte.at)
12 Tracks, 57:22, mit engl. Texten und Infos

Ist es das Faible für leichte Themen oder gar Blödsinn, höheren womöglich sogar, vielleicht aber auch niederen? Die Unbekümmertheit, mit der sich auch mal woanders bedient wird? Spielereien wie die, ein ganzes Stück mit Vinylknistern zu unterlegen, Leerrille vor- und nachher inklusive? Wo immer es aber auch herkommen mag - der Grazer Martin Moro scheint der gar nicht mal so weit verbreitete Fall eines makellosen Handwerkers und Soundfetischisten zu sein, dem es nicht gelungen ist, seiner Musik über all die Perfektion in Performance und Klang die Wärme auszutreiben: „Heart“ - mit einem Intro wie „My Funny Valentine“ - klingt schon beim ersten Hören wie ein Klassiker der intimen Ballade; in Momenten wie „Blue Wahine“ - dem Song mit den digitalen Nadelgeräuschen - oder „Melancholy Waltz“ fühlt man sich schneller im amerikanischen Süden oder auf Hawaii als man guckt; ein Song kann schon mal zack nach dem Metronomtempo benannt werden, in dem er eingespielt wurde; Hambrug - was soll das sein? Was alles rund um internationalen Folk möglich ist, wenn man schon mal eine Gitarre richtig beherrscht, den einen oder anderen Streicher hinzu bittet, eine Flöte, Percussion, ruhig auch mal einen Computer. Nur einmal, bei „Seven Days“, wird’s ein bisschen sehr kühl, fast nervig - zu Recht: Warum sollte man sich auch ungestraft ohne Not mit einem so bleischwer-deprimierenden Thema wie dem Fernsehen beschäftigen dürfen ...

Christian Beck

 

MARTIN MORO - Hambrug


RASMUS LYBERTH
Asanaqigavit/Kærligst

(Exlibbris, ELCD 30107, www.rasmuslyberth.gl)
11 Tracks, 58:48, mit grönld., dän. u. engl. Texten

Mehr als fünf Jahre nach seiner letzten Soloproduktion erfreut Grönlands bedeutendster Liedermacher seine Fans mit einer neuen CD. Wie so oft bei Lyberth hat der Titel etwas mit Liebe zu tun, die Texte zeigen, dass nicht nur die Liebe zu einem anderen Menschen gemeint ist, sondern auch die zu seinem Volk, seinem ausgebeuteten Land, zum Leben überhaupt. Mythologische Vorstellungen der Inuit werden einbezogen, denn seit der 18-jährige Matrose Rasmus eine Vision hatte (über die er in den zugänglichen Quellen nicht mehr verrät), betrachtet er sich als spirituelles Wesen, ohne jedoch auf schlichte New-Age-Lösungen zu verfallen. Alle Stücke sind selbst getextet und komponiert, Rasmus Lyberth spielt Gitarre und wird begleitet von Kontrabass, Harmonika und Orgel, dazu von der Sängerin Avijaha Lumholt, die in ihren Gesang traditionelle Elemente einfließen lässt. Erinnert sich jemand an den bretonischen Sänger Glenmor? Von Stimme und Vortragsweise ähnelt Lyberth ihm auf diesem neuen Werk sehr. Durch die Melodieführung und Instrumentierung dagegen stellt er sich eher in skandinavische Liedermachertraditionen. Das Ergebnis ist ein kleines Juwel, einwandfrei, die alten Fans müssen es einfach lieben, neue kommen garantiert hinzu. Die im Beiheft abgebildeten Beispiele von Inuit-Kunst geben dem Werk noch einen ganz besonderen Reiz (auch wenn leider nichts über ihre Bedeutung oder ihre Herkunft erzählt wird).

Gabriele Haefs

 

RASMUS LYBERTH - Asanaqigavit/Kærligst


ROBERT LONG
Seine Lieder

(www.contraermusik.de, Conträr/Indigo CD 86871-2)
CD 1: 15 Tracks, 59:53; CD 2: 15 Tracks, 60:15

Still geworden war es um den Niederländer, als letzte Weihnachten die Nachricht kam, er sei einem Krebsleiden erlegen. Man kannte Jan Gerrit Leverman mit dem sprechenden Künstlernamen (1,92 m groß) als Schauspieler, Bühnen-, Roman- und Fernsehautor, vor allem aber als singenden und bekennend schwulen Provokateur. Sein Dolmetscher hierzulande war Michael Kunze (der u. a. Jörg Drews im Kornfeld zu Bett brachte, Udo Jürgens im ehrenwerten Haus einquartierte). Diese Werkschau war für ein Comeback konzipiert und wurde zum Abschiedsgruß an seine deutschen Fans. Sie bringt leise, empfindsame Liebeslieder in Erinnerung, die freilich jede(n) rühren können. Manches schrappt nah am Schlager vorbei, Hörenswertes fehlt („Wenn man mich mal fragen würde“) - desto mehr fällt auf, wie gut Longs Lieder auch im konsonantisch knüppelharten Hochdeutsch als „Chansons“ funktionieren und wie sehr uns diese Klangfarbe fehlt. Im Radio ist sie kaum zu hören, was an seiner Kritik am heuchlerischen Klerus („Jesus führt“ u. a.) liegen und sich bei der heutigen politisch-ästhetischen Verklumpung so schnell nicht ändern dürfte.

Nikolaus Gatter

 

ROBERT LONG - Seine Lieder


DIVERSE
Taktvoll - Volkstänze aus Niederösterreich

(www.volkskulturnoe.at)
CD-Package mit 5 CDs, insgesamt 133 Tänze, Begleitheft, 2006

Anlässlich „50 Jahre Volkskultur Niederösterreich BGmbH“ wird eine ausführliche Zusammenstellung der regionalen Tänze vorgelegt. Die dortige lebendige Musikszene hat sich zusammengefunden, um sowohl sehr regionaltypische Tänze als auch eine Reihe weit verbreiteter Tänze wie Ländler, Märsche, Walzer für den Tanzboden aufzunehmen. Das ist ur-traditionell eingespielt, doch unterscheidet sich das wohltuend von im deutschen Fernsehen gezeigten volkstümlichen Versionen durch hohe Sensibilität und Spielqualität. Selbst wenn es den musikalischen Geschmack nicht trifft, wird die Tanzlust sicher getroffen, es schöpfen hörbar alle Musiker aus reichlicher Tanzbodenerfahrung. Im Begleitheft sind alle Quellen der Tänze und Noten aufgeführt.

Jürgen Brehme

 


MARCAS Ó MURCHÚ
Turas Ceoil

(Cló Iar-Chonnachta CICD 163, www.cic.ie)
17 Tracks, 46:01, mit Infos

Der aus dem nordirischen Belfast stammende Flötist gilt weitläufig als einer der candle holder der irischen Tradition. Demzufolge ist auch seine erste Solo-CD aus dem Jahr 1996 sehr puristisch geraten, es gab keine Avancen fremden Einflüssen gegenüber. Bei der vorliegenden neuen Aufnahme ist Marcas sich kulturpolititsch treu geblieben, zeigt sicher aber musikalisch von seiner besten Seite. Ganz eins mit der Tradition wird die Hälfte des Booklets in gälischer Sprache geführt. Es gibt aber freundlicherweise für den Zentraleuropäer das Ganze auch ins Englische übersetzt und noch dazu sehr ausführliche Hintergrundinformationen - vorbildlich.

Marcas bietet auf verschiedenen Flöten eine breite Palette von z. T. sehr ungewöhnlichen Tunes mit illustren Gästen wie Ben Lennon (Fiddle), Oision McDermott (Fiddle) und Ciaran Curran (Bouzouki) von der Band Altan. Marcas’ instrumentale Stilistik ist gemäß seiner Herkunft stark perkussiv, stakkatiert und mit viel atemabhängiger Dynamik (meine flötenspielende Freundin Regina Elling würde „püffelnd“ sagen) versehen. Eine Platte, die man sehr schön an einem Wintertag wie diesem am Kamin mit Freunden beim Tee oder einem guten Buch hören kann. Also durchaus nicht nur für Spezialisten der irischen Holzquerflöte geeignet.

Johannes Schiefner

 

MARCAS Ó MURCHÚ - Turas Ceoil

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