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OYSTERBAND
Meet You There
(Westpark Music 87141/Indigo, www.westparkmusic.de)
11 Tracks, 46:18, mit engl. Texten
Manche Dinge werden wohl nie passieren, so z. B. dass die Oysterband
einmal einen richtig riesigen Hit landen. So viel musikalische
Gerechtigkeit gibt es nicht. Die zeitgenössische Folkmusik der Oysters
ist wohl zu vielseitig für die nach Schubladen und Formaten lechzenden
Massenmedien: Electronic Folk, fröhliche Jugbandklänge mit beißenden
Texten, knochentrockener Folkrock, dezent-russische Harmonien, Folkpop
vom Feinsten, unwiderstehliche Melodiefragmente wie damals The Band -
und das waren jetzt nur die ersten fünf Stücke! Über allem John Jones’
markante Stimme und grandiose Harmonien von Chopper und Prosser. Dass
die Jungs ab und an das politische Hämmerchen auspacken, bestätigt
eigentlich nur die die alte Weisheit, dass FolkRockPop nicht seicht
sein MUSS.
Geigenmann Telfer meint: „Die CD ist das konsequenteste Ding, das
wir als erwachsene Band je gemacht haben.“ Absolut korrekt, und wenn
da im mittleren Ende der CD nicht ein bis zwei schwächere Stücke
gewesen wären, Meet You There hätte in den höchsten
Folker!-Status „Die Besondere“ befördert werden müssen.
Mike Kamp
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NORTH CREGG
The Roseland Barndance
(Greentrax CDTRAX308/FMS, www.greentrax.com)
11 Tracks, 44:04, mit Infos
Seit über zehn Jahren bringt die Band aus Cork frischen Wind in die
Irish Folk Szene. Von drei sehr erfolgreichen CDs erzählt die
Bandgeschichte, und von einigen Umbesetzungen. Seit der letzten Platte
Summer At My Feet haben Sängerin Fiona Kelleher, Gitarrist Paul
Meehan und Fiddler Caoimhín Vallely die Band verlassen. Den
Gitarrenpart hat darauf Schlagzeuger Martin Leahy übernommen, als
Sängerin ist Claire-Anne Lynch dabei, und die Fiddle sowie das Banjo
spielt seit 2004 Liam Flanagan aus Charleville. Eine echte
Südwest-Irland-Truppe ist da aktuell zusammen. Und das spiegelt sich
in der Tuneauswahl auf der lange ersehnten vierten Platte der Band
wieder. Polkas und Slides machen einen großen Teil des Repertoires
aus, wie gewohnt im Gute-Laune-Modus getrieben von Ciaran Coughlans
Piano und Gitarre bzw. den Drums von Martin Leahy. Dessen Bruder
Christy an der Box und Fiddler Liam Flanagan haben sich wunderbar
aufeinander abgestimmt, und auch das Banjo ist passend und
unaufdringlich. Die drei Songs sind schön, aber wenig auffällig. Ein
Freund der Musik aus Sliabh Luachra, der auch die modernen Töne zu
schätzen weiß, kann mit dieser CD viel Spaß haben. Witzige
Arrangements feiern viele good old tunes. Nicht zu Unrecht
haben North Cregg über so lange Zeit solchen Erfolg. Besonders zu
erwähnen ist noch das gelungene Coverdesign von Brian Hanlon. Up
Cork!
Sabrina Palm
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INCHANTO
Città Sottili
(RadiciMusic Records RMR-117, www.suoniearmonie.it)
11 Tracks, 48:10, mit ital. und engl. Texten und Infos
Die città sottili, die dünnen, feinen Städte, sind sowohl die
Städte der Vergangenheit, der Gegenwart als auch der Träume. Die
Grenzen von Zeit und Raum lösen sich auf. „Grenzen sind da, um
überschritten zu werden“, schreiben InChanto im Beiheft. Basis für ihr
Schaffen bildet die Toskana, ein kultureller Schmelztiegel, der immer
schon offen für Einflüsse von außen war. So intoniert die
hervorragende Sängerin Michela Scarpini Lieder im toskanischen
Italienisch (der italienischen Hochsprache), in Korsisch, Maltesisch
oder auch Spanisch. Mit wunderbarer Leichtigkeit wechselt sie zwischen
traditionellem und experimentellem Gesang, Dialekten und Sprachen.
Ausgehend von selbst geschriebener Renaissancemusik, toskanischer
Tradition, Irish Folk und Einflüssen anderer Mittelmeerkulturen haben
InChanto einen eigenen Musikkosmos geschaffen. Dazu verwenden sie eine
Vielzahl von Instrumenten wie Laute, Whistles, Drehleier, Hackbrett,
Klarinette, Flöten, Bodhrán oder bretonische Harfe. InChanto sind
wahrlich Meister der Grenzüberschreitung: Tradition und Jetztzeit,
filigrane und erdige Klänge vermischen sich wie selbstverständlich.
Wer die John Renbourn Group, Pentangle oder die katalanischen l’Ham de
Foc als musikalische Eckdaten hochhält, wird von InChanto begeistert
sein.
Martin Steiner
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FANFARE CIOCARLIA
Queens And Kings
(Asphalt Tango Productions, ATR 1207, www.asphalt-tango.de)
14 Tracks, 48:45, Infos und Texte auf Engl.
Fatih Akin war von der „schnellsten Romakapelle der Welt“ so
begeistert, dass er sie in seinem Film Gegen die Wand auftreten
ließ, und auch im umstrittenen Film Borat von Sacha Baron Cohen
waren sie zu hören. Die rumänische Combo Fanfare Ciocarlia ist wohl
nicht nur die schnellste, sondern auch die bekannteste Blaskapelle der
Welt. Für die Aufnahme ihrer neuen CD sind die Speedbläser durch
Europa gereist. Und diese Reise hat sich gelohnt: Zwei Dutzend
Romamusikerinnen und -musiker tragen dazu bei, dass das fünfte Album
der Fanfare so abwechslungsreich ist wie keines zuvor. Der durch
Gegen die Wand bekannt gewordene Romaklassiker „Iag Bari“ etwa
wird von der südfranzösische Band Kaloomee mit Flamencobeats
aufgepeppt und in „Que Dolor“ umbenannt. Schnelle Tanzlieder wechseln
sich ab mit Balladen. Gleich zweimal leiht die alte Dame der Romamusik
aus Mazedonien, Esma Redzepova, der Combo ihre herzzerreißende Stimme.
Queens And Kings ist auch eine Hommage an den kürzlich
verstorbenen Gründer Ioan Ivancea: Er hatte immer davon geträumt, die
schönsten Romastimmen weltweit einzuladen und ein komplettes Album mit
Songs zu machen. Er würde sich vor Freude im Grab umdrehen!
Natalie Wiesmann
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TORETH
dto.
(Fflach:tradd CD265H, www.flach.co.uk)
11 Tracks, 42:08
Jawohl, die CD ist bereits vier Jahre alt, aber da der
Folker! bislang nicht mit CDs aus Wales verwöhnt wurde (scheint
sich jetzt zu ändern), ist auch ein verspäteter Hinweis auf das Duo
Toreth angebracht. Erfahrene Instrumentalisten sind sie allemal, Guto
Dafis mit dem Akkordeon oder Melodeon und Gareth Westacott mit der
Fiddle. Ab und an, selten eher, singen sie auch beide, aber das ist es
nicht, was sie faszinierend macht. Das Zusammenspiel von Zieh- und
Streichinstrument ist gekonnt, ursprünglich, ungekünstelt und bringt
uns so die hier immer noch ziemlich unbekannte traditionelle Musik
Wales’ näher - obwohl tatsächlich manchmal ein überraschender Teil an
bretonischer Musik durchschimmert. Ich bin sicher, die beiden Herren
würden jedes Festival in Deutschland bereichern.
Mike Kamp
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HANS THEESSINK
Slow Train
(Blue Groove 1620, Rebeat, www.theessink.com)
12 Tracks, 51:54 mit engl. Texten und vielen Infos
Nach 20 Platten und gut 40 Jahren Bühnenerfahrung hat der gebürtige
Holländer mit Wahlheimat Österreich seine eigene Schublade gefunden.
Weltmusik heißt das Zauberwort, denn Theessink ist mehr als nur ein
Bluesmusiker. Durch viele Projekte ist er geschwommen, aber mit
Slow Train beweist er ein weiteres Mal, dass er als Gitarrist
und Sänger überragende Fähigkeiten besitzt. Ob solo oder, wie auf
diesem Album, mit Band (Bass, Klavier, Perkussion und Schlagzeug) und
unterstützt von drei Sängern - Theessink präsentiert sich
gleichermaßen überzeugend. Gern ist er unterwegs, um neue Impulse
aufzunehmen, mit dem Flugzeug ebenso wie mit dem Auto oder dem Zug,
der in der Musik seit jeher - als Metapher für Sehnsucht - eine große
Rolle spielt. Theessink ist und bleibt ein Musiker auf der ewigen
Suche nach dem Glück. Privat (mit Ehefrau Milica, der er den Song
„Love You Baby“ widmet) und musikalisch hat er es gefunden. Seinem
Slow Train, der auch durch optisch ansprechendes Design und
technisch einwandfreie Produktion gefällt, sollte es gelingen, bei
vielen Musikfreunden Station zu machen.
Annie Sauerwein
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TOUD’SAMES
Son An Den Dilabour
(Coop breizh, DB 5X2, www.coop-breizh.com)
10 Tracks, 58:48, Booklet mit bret. Texten und frz. bzw. engl Erläut.
Dieser Name klingt wie eine Verlegenheitslösung. Toud’sames
bedeutet übersetzt „alle zusammen“. Und tatsächlich war die
Zusammenarbeit der fünf bretonischen Musiker zunächst als einmaliges
Projekt gedacht. Der Flötist Jean-Michel Veillon durfte für ein Fest
in Quimperlé 2001 eine Formation zusammenstellen, die dann aber so
produktiv war, dass sie immer wieder auftrat und nun sogar eine CD
vorlegte. Der Sound erinnert an die Gruppe Barzaz, die 1989 und 1992
zwei epochale CDs mit einer Mischung aus federleichten Tanzmelodien
und schwermütigen Klageliedern herausbrachte. Die Ähnlichkeit ist
nicht zufällig. Veillon war auch bei Barzaz dabei, ebenso wie Bassist
Alain Genty und Perkussionist David Hopkins. Statt eines Gitarristen
hat Toud’Sames jedoch mit Dom Molard einen zweiten Perkussionisten,
was die klanglichen Möglichkeiten reduziert, ohne dass es sich im
Rhythmischen wirklich auszahlt. Vor allem aber steht diesmal ein
anderer Sänger im Mittelpunkt. Statt Yann-Fanch Kemener mit seiner
glockenklaren Stimme ist es diesmal der erdige Lors Jouin. Bekannt
wurde er als Schauspieler, Bal-Folk-Sänger und Frontmann der
Kinderfolkgruppe Ours de Scorff. Auf der Bühne ist er eher der lustige
Entertainer, auf der CD überwiegen die düsteren Töne, etwa im
Titelstück, dem Klagelied eines Arbeitslosen. Tanzmelodien kommen
demgegenüber zu kurz. Die CD ist deshalb wohl für die Bretagne
wichtiger als für die hiesigen Anhänger bretonischer Musik.
Christian Rath
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SANCTO IANNE
Mo’ Siente
(FolkClub EthnoSuoni ES5360/Old Songs New Songs, www.oldsongsnewsongs.com)
10 Tracks, 40:25, mit Texten und Infos
Das dritte Album zeigt einmal mehr die Stärken der Band aus
Benevento, einer Kleinstadt in Kampanien, nordöstlich von Neapel.
Einmal mehr legen sich die sechs Musiker mit akustischen Instrumenten
(Gesang, eine Vielzahl von Perkussionsinstrumenten, Gitarren,
Bouzouki, Geige, Rebab, Viola, Bass, Akkordeon, Klavier) fast schon
wie Rockmusiker ins Zeug. Und wieder wurzeln Musik und Texte stark in
der lokalen Kultur. In „Nuje Ca Nun Stammo Vicino, O Mare“ beschweren
sie sich darüber, dass man Kampanien mit Neapel gleichsetzt.
Gleichzeitig stellen Sancto Ianne vom ersten Ton an klar, dass ihre
Musik zwar viel mit der Vergangenheit, aber ebenso viel mit der
Gegenwart zu tun hat. So gewann die Gruppe im Jahr 2005 mit „Uocchie“
den Preis für das beste Lied der „Voci Per La Libertà“ („Stimmen für
die Freiheit“) von Amnesty International. Faisal Taher und Gianni
Principe singen darin im lokalen Dialekt und auf Arabisch über das
Schicksal der Bootsflüchtlinge und ihre Hoffnungen. Sancto Ianne
sollen auch auf der Bühne eine Wucht sein. Das verdeutlicht das live
aufgenommene Schlussstück des Albums, „Tarantella D’a Fatica/N’ata
Botta“.
Martin Steiner
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LA TROBA KUNG FU
Clavell Morenet
(VLR001, Via Lactea Records, Broken Silence, wwwlatrobakungfu.net)
14 Tracks, 58:23, mit Texten und Infos
Früher ging man mit leuchtenden Augen zu dem Plattendealer seines
Vertrauens und fragte „Hast du eine neue Scheibe für mich?“ Würde es
diesen Schallplattenhändler heute noch geben, er würde La Troba Kung
Fu empfehlen. Dabei handelt es sich keineswegs um das musikalische
Seitenprojekt von David Carradine, sondern um die Sommersensation aus
Katalanien. Wenn Manu Chao mit Les Negresses Vertes gemeinsam ein
Folkalbum aufnehmen würden, könnte es vielleicht wie La Troba Kung Fu
klingen. Wenn Reggae und Dub in „Volant“ sich als typisch spanische
Elemente entpuppen oder Rumba in „Calo Calor“ als Cajunvariante
präsentiert wird, muss sich bei dem letzten Sauertopf Partylaune
einstellen. Songs wie „Endevinalla“ haben Top-40-Qualität, ohne den
Folkie zu verschrecken. Voller Humor und Spielfreude präsentiert sich
die Band, hinter der Joan Garriga, der Kopf der katalanischen Band
Dusminguet steckt. Für diejenigen unter uns, die zufällig kein
Katalanisch sprechen, liegt im „Booklet des Jahres“ eine gehaltvolle
Übersetzung und Gebrauchsanweisung vor. La Troba Kung Fu stecken bis
ins kleinste Detail voller Liebe und Herz, Energie, Kreativität und
Kraft und sind meine definitive Wunschband für Rudolstadt.
Chris Elstrodt
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MICHAEL WESTON KING
A New Kind Of Loneliness
(Floating World FW031/Soulfood, www.soulfood-musik.de)
12 Tracks, 49:00, mit engl. Texten und Infos
Wie gleichsam Tausende von Bruttoregistertonnen schwer das Pfund
ist, mit dem man als Singer/Songwriter aus einer englischen Hafenstadt
wie Southport wuchern kann, wenn man nicht gerade eine
Geschichtsphobie hat - fröhliches Wuchten: Englische Klassik wie sie
uns gleichermaßen majestätisch wie spielerisch im Bläsermotiv von
„Rosenkrantz And Kristians Gate (I’m dead)“ oder aus Pianoverzierungen
wie in „Here’s The Plan“ oder „This Man Can Break So Easily“
entgegenschallt, Jahrhunderte von Pop-Ohrwürmern wie Gilbert
O’Sullivans „Alone Again Naturally“, großer bombastischer torch
song wie er „It Will End In Tears“ verzehrt, das gesamte Spektrum
von Rockabilly bis Zydeco wie in „Let The Waves Break“, selbst ein
erratischer Block des angloamerikanischen Rock vom Schlage „Knockin’
On Heaven’s Door“ wie er „Lost“ einleitet. Aber das ist beileibe noch
nicht alles, was Michael Weston King bei seinen Fischzügen durch die
Geschichte und seine eigene Seele wieder zutage fördert. Und was er
selbst nicht bringt, steuern Gäste wie Ron Sexsmith, Jackie Leven,
Chris Hillman, Herb Pedersen bei: Witz! Sie sind zwar tatsächlich
dabei, aber ganz wie es die Jubelkritiken seit den Tagen seiner
Ex-Band The Good Sons bezeugen: Kaum etwas vorstellbar, was man dem
Tausendsassa der Anglo-Americana und seiner großen Band nicht zutrauen
müsste. Und je schwerer sein Pfund wird, desto mehr scheint es ihn zu
beflügeln ...
Christian Beck
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ALY BAIN & PHIL CUNNINGHAM
Roads Not Travelled
(Whirlie Records WhirlieCD10, www.whirlierecords.co.uk)
10 Tracks, 44:51, mit Infos
Die beiden sind in ihrer Heimat das wohl populärste Folkduo. Der
Fiddler und der (hauptsächlich) Akkordeonist passen musikalisch und
menschlich bestens zusammen. Das beweist auch diese CD, das merkt man
am allerbesten jedoch auf ihren Konzerten. Wer erinnert sich nicht
gerne an den gehobenen Ansagen-Blödsinn der beiden, den wir auch
hierzulande beim Scottish Folk Festival erleben durften. Die CD
enthält die bekannt-bewährte Mischung aus Fingerfeuerwerk auf den
Instrumenten und unglaublich gefühlvollen, wortlosen Balladen. Viele
der Stücke sind von Phil komponiert, aber auch die traditionellen
Melodien werden heutzutage nicht mehr unbedingt am Kamin
weitergegeben: Ein Stück lernten sie von Fergie MacDonald via Telefon
und einen Reel fand Phil im Internet. Trotzdem können Bain &
Cunningham kaum etwas falsch machen. Erneut eine schöne CD.
Mike Kamp
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BUIKA
Mi Niña Lola
(Dro Atlantic/Galileo MC, www.galileo-mc.de)
11 Tracks, 46:33, mit Infos
Das fünfte Album der gebürtigen Mallorquinerin Concha Buika
präsentiert eine gereifte Sängerin, die sich nunmehr stärker dem
spanischen Lied zuwendet. Ihr spezielles Timbre nimmt von der ersten
Minute gefangen, der rührende Klassiker „Mi Niña Lola“ tut sein
übriges dazu. Waren auf den ersten Alben der Künstlerin, deren Familie
aus Äquatorialguinea stammt, noch Soul-, Jazz- und sogar
HipHop-Elemente wesentlicher musikalischer Bestandteil, ist die
Instrumentierung auf Mi Niña Lola deutlich zurückhaltender, die
Stimmung intimer. Pianist Jose Reinos, Gitarrist Niño Josele und
Bassist Alain Perez, um nur einige der mitwirkenden Musiker zu nennen,
verstehen es, die ausdrucksstarke Stimme von Buika zart und
überzeugend zu unterstützen. Colombianas, Tangos, Bulerias, Alegrias,
Tarantas und Rumbas gehören ins Repertoire einer der aufreizend
„anderen“ Stimmen des Flamenco.
Rolf Beydemüller
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EVILSONS
Cooking with ...
(Nordic Notes NN 007, www.nordic-notes.de)
11 Tracks, 41:46, mit Texten
Der finnische Rockmusiker will immer verrückt und betrunken wirken
und so versuchen, weiter südlich Freunde zu finden, die das Abseitige
lieben. Die Evilsons sind anders, auch wenn ihr Name das nicht zu
bestätigen scheint. Gleich die erste Nummer „Sneaky Men“ beginnt mit
einem Gitarrenintro der Marke Stevie Ray Vaughan. Und der Song bleibt
bluesbetont, obwohl sich ein Offbeat zugesellt und eine puckernde
Orgel. In „Old Town“ gibt es dann Hochtempo-Ska, während „Pack Of
Wolves“ lässig „cruist“. Passagenweise fühlen wir uns an Punkzeiten
mit den Ruts erinnert, etwa wenn der Reggae „Let Us Down“ Energie und
Atmosphäre vereint und von einer schmutzigen verzerrten Gitarre
bestimmt wird. Oder die musikalischen Finnen starten ein Stück im Stil
eines schnellen Motown-Klassikers, das dann auch „Soul Searching“
heißt.
Im Jahr 2001 kamen die vier Jungs erstmals zusammen, gruppierten
sich leicht um und spielen heute in klassischer Besetzung mit Gesang,
Gitarre, Bass, Orgel und Schlagzeug. Sie singen ein Loblied auf die
Musik, die sie nicht loslässt und immer wieder erfreut. Vom Alkohol
singen sie eigentlich gar nicht. „It is cold ... it’s all day reality“
heißt es einmal, aber im Stück drauf sind sie gleich wieder fröhlich.
Zwischenmenschliches, die verstreichende Zeit, fiese Zeitgenossen -
damit befassen sich die Evilsons. Und Sänger Fredi rotzt nicht mal ins
Mikro. Ihr braven Finnen, Ihr braven.
Volker Dick
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RADIO MALANGA
Yoff Tongor
(Satellite K. SATKCD 052/Galileo, www.kindistria.com)
Promo-CD, 15 Tracks, 65:28
Nicht sehr Rezensenten-freundlich, wenn man sich die Infos über eine
Band selbst aus dem Internet besorgen muss, weil weder ein Booklet
noch ein Blatt Papier beiliegt. Auch die Band hat mehr Engagement
verdient, vielleicht lässt sich das ja noch ausbauen, nur so als
Vorschlag. Die multinationale Truppe aus Barcelona legt mit einem
zünftigen Latinbeat los, der später in einen Highspeed-Samba kippt,
und schon hat man den ersten Wurm im Ohr. Rockig/funky geht es weiter,
auch hier gibt es Sprechgesangpassagen. Fetter Bläsersatz,
Schweineorgel, Wah-Wah-Gitarre, knackige Drums: Herz, was willst du
mehr. Ein Reggae wechselt zwischen Half- und Double-Time, darüber
liegt eine erst gedämpfte, dann offene Trompete, kurz: Man hat alles
unternommen, um eines nur ja nicht aufkommen zu lassen - Langeweile.
Plötzlich findet man sich in irgendetwas einem russischen Ska
Ähnlichen wieder, oder eine schmissige E-Gitarre eröffnet mit einem
dreckigen Lauf, der Meisterschaft am Instrument verrät. Diese Band
passt in keine Schublade, es sei denn, Barcelona selbst ist inzwischen
eine. Einziger roter Faden: Bei Radio Malanga geht was ab, die machen
wirklich ein Fass auf, und wenn die Gruppe das auf der Bühne auch nur
annähernd reproduziert, wird sie bald bei keinem Festival mehr fehlen,
egal, ob es Rock oder Welt oder sonst welche Musik im Titel führt.
Großer Spaß!
Luigi Lauer
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ESMA REDZEPOVA
Gypsy Carpet
(Network Medien GmbH, 495116, www.networkmedien.de)
14 Tracks, 53:37
Die Queen of Gypsies ist zurück. Nach acht Jahren Pause lässt Esma
Redzepova wieder etwas von sich hören. International bekannt wurde die
„Ikone der Zigeunerkultur“ durch Gypsy Queens, ein Album, auf
dem neben ihr fünf weitere herausragende Roma-Sängerinnen vertreten
sind. Redzepovas eindringlicher Gesang vermittelt Tragik und
gleichzeitig die Lebendigkeit, die so typisch für Zigeunermusik sind.
Sie lebt am Rande von Skopje in der Nähe der weltgrößten
Zigeunerkolonie Shutka, in der über 60.000 Roma leben. Gemeinsam mit
ihrem Mann adoptierte Redzepova 47 Waisen- und Straßenkinder. Allen
brachte sie ihre Musik nahe. Deshalb besteht ihre Band ausschließlich
aus ihren jetzt erwachsenen Söhnen. Auf ihrem neuen Album Gypsy
Carpet wechseln sich dynamische und balladige Stücke ab, die von
den Sehnsüchten und Schicksalen der Romafrauen erzählen - und lässt
den unvergesslichen Auftritt im Dortmunder Jazzclub domicil im
November 2006 wiederaufleben. Als Krönung des Balkanfestivals von
Funkhaus Europa trat die gesundheitlich angeschlagene Diva, deren
Stimme nicht mit ihr gealtert ist, dort mit der berühmtesten
Speed-Blaskapelle der Welt, Fanfare Ciocarlia, auf. Der (Ruhr)Pott
kochte!
Natalie Wiesmann
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ALASDAIR WHITE
The White Album
(Temple Records COMD2099/Sunny Moon, www.templerecords.co.uk)
12 Tracks, 46:38, mit Infos
Ich bin gespaltener Meinung. Einerseits frage ich mich: Braucht die
Folkwelt tatsächlich eine Solo-CD eines Fiddlers einer bekannten Band?
Was ist darauf so grundlegend anders als das, was er mit seinen
Bandkollegen macht? Ist das nicht alles ein wenig inflationär?
Andererseits ist der Knabe erst 23 Jahre alt und mit einem
unglaublichen Talent gesegnet, so dass das Anhören der Tunes einfach
Spaß macht. Von den Battlefield-Kollegen ist nur Piper Katz zu hören.
Die Hauptbegleitarbeit erledigen die Saitenspezialisten Ewen McPherson
und der umtriebige Aaron Jones. Produzent Robin Morton ist begeistert
von der Entwicklung, die der junge Fiddler von der Insel Lewis in den
letzen Jahren an der Seite der erfahrenen Batties durchgemacht hat.
Also würde ich sagen: Battlefield-Fans müssen diese CD haben,
Fiddler-Freaks sollten sie haben und die Schottophilen unter uns
können sie haben. Jedenfalls dürfen wir gespannt sein, was uns
Alasdair White in Zukunft bieten wird.
Mike Kamp
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MARTIN MORO
Hambrug
(Extraplatte 728-2, www.extraplatte.at)
12 Tracks, 57:22, mit engl. Texten und Infos
Ist es das Faible für leichte Themen oder gar Blödsinn, höheren
womöglich sogar, vielleicht aber auch niederen? Die Unbekümmertheit,
mit der sich auch mal woanders bedient wird? Spielereien wie die, ein
ganzes Stück mit Vinylknistern zu unterlegen, Leerrille vor- und
nachher inklusive? Wo immer es aber auch herkommen mag - der Grazer
Martin Moro scheint der gar nicht mal so weit verbreitete Fall eines
makellosen Handwerkers und Soundfetischisten zu sein, dem es nicht
gelungen ist, seiner Musik über all die Perfektion in Performance und
Klang die Wärme auszutreiben: „Heart“ - mit einem Intro wie „My Funny
Valentine“ - klingt schon beim ersten Hören wie ein Klassiker der
intimen Ballade; in Momenten wie „Blue Wahine“ - dem Song mit den
digitalen Nadelgeräuschen - oder „Melancholy Waltz“ fühlt man sich
schneller im amerikanischen Süden oder auf Hawaii als man guckt; ein
Song kann schon mal zack nach dem Metronomtempo benannt werden, in dem
er eingespielt wurde; Hambrug - was soll das sein? Was alles
rund um internationalen Folk möglich ist, wenn man schon mal eine
Gitarre richtig beherrscht, den einen oder anderen Streicher hinzu
bittet, eine Flöte, Percussion, ruhig auch mal einen Computer. Nur
einmal, bei „Seven Days“, wird’s ein bisschen sehr kühl, fast nervig -
zu Recht: Warum sollte man sich auch ungestraft ohne Not mit einem so
bleischwer-deprimierenden Thema wie dem Fernsehen beschäftigen dürfen
...
Christian Beck
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RASMUS LYBERTH
Asanaqigavit/Kærligst
(Exlibbris, ELCD 30107, www.rasmuslyberth.gl)
11 Tracks, 58:48, mit grönld., dän. u. engl. Texten
Mehr als fünf Jahre nach seiner letzten Soloproduktion erfreut
Grönlands bedeutendster Liedermacher seine Fans mit einer neuen CD.
Wie so oft bei Lyberth hat der Titel etwas mit Liebe zu tun, die Texte
zeigen, dass nicht nur die Liebe zu einem anderen Menschen gemeint
ist, sondern auch die zu seinem Volk, seinem ausgebeuteten Land, zum
Leben überhaupt. Mythologische Vorstellungen der Inuit werden
einbezogen, denn seit der 18-jährige Matrose Rasmus eine Vision hatte
(über die er in den zugänglichen Quellen nicht mehr verrät),
betrachtet er sich als spirituelles Wesen, ohne jedoch auf schlichte
New-Age-Lösungen zu verfallen. Alle Stücke sind selbst getextet und
komponiert, Rasmus Lyberth spielt Gitarre und wird begleitet von
Kontrabass, Harmonika und Orgel, dazu von der Sängerin Avijaha
Lumholt, die in ihren Gesang traditionelle Elemente einfließen lässt.
Erinnert sich jemand an den bretonischen Sänger Glenmor? Von Stimme
und Vortragsweise ähnelt Lyberth ihm auf diesem neuen Werk sehr. Durch
die Melodieführung und Instrumentierung dagegen stellt er sich eher in
skandinavische Liedermachertraditionen. Das Ergebnis ist ein kleines
Juwel, einwandfrei, die alten Fans müssen es einfach lieben, neue
kommen garantiert hinzu. Die im Beiheft abgebildeten Beispiele von
Inuit-Kunst geben dem Werk noch einen ganz besonderen Reiz (auch wenn
leider nichts über ihre Bedeutung oder ihre Herkunft erzählt wird).
Gabriele Haefs
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ROBERT LONG
Seine Lieder
(www.contraermusik.de, Conträr/Indigo CD 86871-2)
CD 1: 15 Tracks, 59:53; CD 2: 15 Tracks, 60:15
Still geworden war es um den Niederländer, als letzte Weihnachten
die Nachricht kam, er sei einem Krebsleiden erlegen. Man kannte Jan
Gerrit Leverman mit dem sprechenden Künstlernamen (1,92 m groß) als
Schauspieler, Bühnen-, Roman- und Fernsehautor, vor allem aber als
singenden und bekennend schwulen Provokateur. Sein Dolmetscher
hierzulande war Michael Kunze (der u. a. Jörg Drews im Kornfeld zu
Bett brachte, Udo Jürgens im ehrenwerten Haus einquartierte). Diese
Werkschau war für ein Comeback konzipiert und wurde zum Abschiedsgruß
an seine deutschen Fans. Sie bringt leise, empfindsame Liebeslieder in
Erinnerung, die freilich jede(n) rühren können. Manches schrappt nah
am Schlager vorbei, Hörenswertes fehlt („Wenn man mich mal fragen
würde“) - desto mehr fällt auf, wie gut Longs Lieder auch im
konsonantisch knüppelharten Hochdeutsch als „Chansons“ funktionieren
und wie sehr uns diese Klangfarbe fehlt. Im Radio ist sie kaum zu
hören, was an seiner Kritik am heuchlerischen Klerus („Jesus führt“ u.
a.) liegen und sich bei der heutigen politisch-ästhetischen
Verklumpung so schnell nicht ändern dürfte.
Nikolaus Gatter
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DIVERSE
Taktvoll - Volkstänze aus Niederösterreich
(www.volkskulturnoe.at)
CD-Package mit 5 CDs, insgesamt 133 Tänze, Begleitheft, 2006
Anlässlich „50 Jahre Volkskultur Niederösterreich BGmbH“ wird eine
ausführliche Zusammenstellung der regionalen Tänze vorgelegt. Die
dortige lebendige Musikszene hat sich zusammengefunden, um sowohl sehr
regionaltypische Tänze als auch eine Reihe weit verbreiteter Tänze wie
Ländler, Märsche, Walzer für den Tanzboden aufzunehmen. Das ist
ur-traditionell eingespielt, doch unterscheidet sich das wohltuend von
im deutschen Fernsehen gezeigten volkstümlichen Versionen durch hohe
Sensibilität und Spielqualität. Selbst wenn es den musikalischen
Geschmack nicht trifft, wird die Tanzlust sicher getroffen, es
schöpfen hörbar alle Musiker aus reichlicher Tanzbodenerfahrung. Im
Begleitheft sind alle Quellen der Tänze und Noten aufgeführt.
Jürgen Brehme
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MARCAS Ó MURCHÚ
Turas Ceoil
(Cló Iar-Chonnachta CICD 163, www.cic.ie)
17 Tracks, 46:01, mit Infos
Der aus dem nordirischen Belfast stammende Flötist gilt weitläufig
als einer der candle holder der irischen Tradition. Demzufolge
ist auch seine erste Solo-CD aus dem Jahr 1996 sehr puristisch
geraten, es gab keine Avancen fremden Einflüssen gegenüber. Bei der
vorliegenden neuen Aufnahme ist Marcas sich kulturpolititsch treu
geblieben, zeigt sicher aber musikalisch von seiner besten Seite. Ganz
eins mit der Tradition wird die Hälfte des Booklets in gälischer
Sprache geführt. Es gibt aber freundlicherweise für den
Zentraleuropäer das Ganze auch ins Englische übersetzt und noch dazu
sehr ausführliche Hintergrundinformationen - vorbildlich.
Marcas bietet auf verschiedenen Flöten eine breite Palette von z. T.
sehr ungewöhnlichen Tunes mit illustren Gästen wie Ben Lennon
(Fiddle), Oision McDermott (Fiddle) und Ciaran Curran (Bouzouki) von
der Band Altan. Marcas’ instrumentale Stilistik ist gemäß seiner
Herkunft stark perkussiv, stakkatiert und mit viel atemabhängiger
Dynamik (meine flötenspielende Freundin Regina Elling würde „püffelnd“
sagen) versehen. Eine Platte, die man sehr schön an einem Wintertag
wie diesem am Kamin mit Freunden beim Tee oder einem guten Buch hören
kann. Also durchaus nicht nur für Spezialisten der irischen
Holzquerflöte geeignet.
Johannes Schiefner
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