GIA DINH „BA PHO“
Quê Hu’o’ng (Homeland) - Country Music From Vietnam
(Felmay fy 8107, www.just-records-babelsberg.de)
12 Tracks, 45:56, mit franz. und engl. Infos
Ach, diese Fachbegriffe: Das Familienensemble (gia dinh heißt
in etwa so viel wie „Familie“) des Herrn Ba Pho moderiert hier nicht
etwa die vietnamesische Ausgabe der Grand Ole Opry Show;
vielmehr stellt es uns eine höchst variantenreiche, zwischen Tradition
und Moderne hin und her wechselnde Sorte Volksmusik vor, die wir in
diesem Magazin aber aus Gründen des Missverstehens eher „Folk(lore)“
oder, da sie auch Eigenkompositionen des musikalischen Leiters
enthält, „zeitgenössisch-traditionelle Musik“ nennen würden. Dabei
handelt es sich um die Musik der Kinh, dem bevölkerungsreichsten aller
vietnamesischen Volksstämme (mehr als 85% gehören ihm an). Diese Musik
wird teils gesungen, teils auf einer Vielzahl von historischen
Instrumenten dargeboten, von denen manche - wie etwa der Monochord
dan bau oder die vollmondfömige Laute dan nguyet -
bereits seit den Zeiten ritueller Hof- oder traditioneller
Theatermusik bekannt sind. So finden wir also auf der vorliegenden CD
einen faszinierenden Querschnitt durch die Musik der Kinh, reihen sich
Soloimprovisationen an Arbeitslieder, steht Alltagsphilosophisches
neben einer Hymne an die Sonnenstrahlen, mischt sich faszinierendes
Ensemblespiel mit Protestsongs aus den Zeiten des Krieges. Manches
Instrumental klingt wie akustischer Pop, manches Lied dagegen noch
recht archaisch. Eine CD also, bei der einem nie langweilig wird.
Walter Bast
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EROL PARLAK BAGLAMA QUINTETT
Schwelle zum Licht
(Acoustic Music/Rough trade, 319 1378.2)
10 Tracks, 46:01, mit dt./engl. Infos
Ein prickelndes Glas Sekt oder ein musikalisches Feuerwerk
assoziieren nur wenige mit dem Spiel der türkischen Langhalslaute, die
vor allem als Instrument der fahrenden Sänger Anatoliens bekannt ist.
Erol Parlak ist zusammen mit Arif Sag und Erdal Erzincan einer der
drei großen Baglama-Virtuosen der Türkei. Er gründete mit vier
ehemaligen Schülern seiner Musikschule ein Quintett, und zusammen
brillieren sie mit ihren Bearbeitungen traditioneller Tanzstücke und
Instrumentalversionen traditioneller Lieder (und bei Mozarts
„türkischem Marsch“) auf verschiedenen Modellen der Langhalslaute, die
manchmal von einem E-Bass ergänzt werden. Traditionelle Musik aus
Anatolien - so der Untertitel - mit ihren melodischen und
rhythmischen Finessen wird kunstvoll mit Mehrstimmigkeit und
konzertantem Arrangement angereichert - dazu gibt es immer wieder
Improvisationen über die traditionellen Themen. Die musikalischen
Glanzpunkte von Orient und Okzident werden hier also souverän vereint.
Grandiose Arrangements! Exzellente Spieltechnik! Vielschichtiges
Repertoire. Und: diese CD wurde nicht im musikalischen Ghetto verlegt,
sondern erschien angemessen auf dem deutschen Gitarrenlabel Acoustic
Music Records.
Birger Gesthuisen
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