back Rezensionen Südamerika


DIVERSE
West Indian Rhythm
Trinidad Calypsos On World And Local Events Featuring The Censored Recordings 1938-1940

(Bear Family Records, BCD 16623 JM, www.bear-family.de)
10 CD-Box (im LP-Format), 267 Tracks, 762:10, gebundenes 316 S. Buch auf Englisch mit zahlreichen Illustrationen und Photos

Calypso entstand Anfang des 20. Jahrhunderts auf den Kolonialinseln in der Karibik, Hochburg war Trinidad und Tobago. Die Wurzeln liegen in den call-and-response-Gesängen der Sklaven, bei denen die Vorarbeiter mit ihren Melodien den Takt der Arbeit bestimmten. Diese so genannten chantwells vermischten sich mit den Musikstilen der wechselnde Kolonialmächte und der kreolischen Karnevalstradition. Im Karneval wurden die Calypso-Wettstreite populär und in Anspielung auf die Konkurrenzsituation schmückten sich Calypso-Sänger gerne mit Pseudonymen wie „Lord“ oder „Mighty“. Lange Zeit war der Calypso auch ein beliebtes und effektives Kommunikationsmittel; mittels Gesang wurden die neuesten Inselgerüchte über Aufstände oder korrupte Politiker verbreitet. Irgendwann in den 1930ern war die Musik der südlichsten Karibikinsel mal kurz in Mode, wurde dann aber vom kubanischen Son und jamaikanischen Reggae verdrängt. Umso dankbarer müssen Liebhaber des Calypso dem unermüdlichen Bear Family Label sein, dass es immer wieder Schätze des vergangenen Jahrhunderts ausgräbt. Auf diese historischen Aufnahmen stießen die Bären bei Decca Records, die 1938 ihren Produzenten Ralph Perez samt Aufnahmegeräte auf ein Schiff verfrachteten, damit er Trinidads Calypos in seiner vollen Bandbreite aufnehme: Und er kam mit einem schier unglaublichen Fundus aktueller Themen, Tanzcombos, Shango- und Shouter-Hymnen der Baptisten, Karnevalsgesänge und Lieder der Stockkämpfer zurück. Nicht alles wurde veröffentlicht, zu brisant waren die Texte der Calypso-Barden, die sich über Ehebrecher, Hühnerdiebe, Prostituierte und Arbeiteraufstände ebenso ereiferten wie über die heraufziehenden Gewitterwolken des Zweiten Weltkriegs. Fazit: Die Bear Family nimmt sie mit auf eine informative und unglaublich spannende Zeitreise in die Blütezeit des Calypsos.

Suzanne Cords

 

DIVERSE - West Indian Rhythm


LA CAMORRA TANGO
12 Postales

(galileo/GMC 016, www.galileo-mc.de)
12 Tracks, 56:40, mit span. Infos

Astor wäre stolz auf sie, auf jeden einzelnen der fünf Herren, die von der Sohle bis zur Zigarrenspitze alles überbieten, was man an tangotechnischen Details zu kennen glaubte. Er würde gewiss jedes Vibrato von Sebastián Prusak (viol.) honorieren, die treibenden Bassläufe von Hugo Asrin, die Brüche vom perlendem Pianissimo zum beinahe brutalen Forte - überhaupt das Piano! (Nicolas Guerschberg). Die Kompositionen (Kohan, Guerschberg, Jungmann) bestechen durch Transparents (rec./mix: Pablo Acedo) ebenso wie durch die Eleganz der Stimmführung, was aber keineswegs daran hindert, sich auch verschmitzte Verspieltheiten (Track 6) zu leisten. Spieltechnische Brillanz (Luciano Jungman, band., Jorge Kohan, git.) kommt hinzu. Was immer die Technokids marktbewusst am Tango naschen mögen, sind die hochkompatiblen Minichips aber nun mal nicht zur Konkurrenz auf diesem Feld berufen. Tatsächliche Meisterschaft ist hier immer noch Handarbeit und die schreibt sich dann etwa in dieser Weise über 12 Postales in die Tangogeschichte ein.

Cathrin Alisch

 

LA CAMORRA TANGO - 12 Postales


BARBARA LUNA
Live In Athens

(MP Media, Cat-No. 6602, www.barbara-luna.com)
14 Tracks, 76:42

Aufgewachsen ist Barbara Luna in den endlosen Weiten der argentinischen Pampa, wo sie als Kind mit dem Pony zur Schule ritt und ihre beste Freundin 30 km entfernt wohnte. Fernseher war damals ein Luxus und so versammelten sich an den langen Abenden nach getaner Arbeit die Gauchos und ihre Familien, um gemeinsam Gitarre zu spielen, zu singen und zu tanzen. Schon mit 15 Jahren vertrat Barbara Luna eine ganze Provinz als Sängerin und gewann prompt den ersten Preis. Ein Produzent wollte sie vom Fleck weg unter Vertrag nehmen, doch der Vater verbot es seiner minderjährigen Tochter. Kunst sei kein Beruf, sie solle Architektur studieren. Die Liebe zur Musik aber lässt sich nicht unterdrücken und so vertieft Barbara Luna ihre Gitarrenkenntnisse und Gesangskünste und taucht erneut ein in die Welt der Candombles, Chacareras und Tangos. Als sie 1995 nach Frankreich übersiedelt, hat sie die Musik ihrer Heimat im Gepäck, zeigt sich aber ebenso offen für die Klänge der europäischen Welt. Auf diesem Livealbum stellt Barbara Luna mit gefühlvoller Altsimme ihr großes Können unter Beweis. Mit den Geigern Alfonso Pacin und Jean Luc Pino, dem Bassisten Guillermo Benavides, dem Bandoneonisten Facundo Torres und dem Percussionisten Hector Gomez hat sie ein Ensemble erstklassiger Musiker um sich versammelt, das mit großer Zurückhaltung den perfekten Rahmen für Barbara Lunas Gesangeskunst schafft.

Suzanne Cords

 

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