back Rezensionen Nordamerika


BILL KIRCHEN
Hammer Of The Honky Tonk Gods

(Proper Records PRPACD005/Rough Trade, www.roughtrade.de)
11 Tracks, 35:30, mit knappen engl. Infos

THE RESENTMENTS
On My Way To See You

(Blue Rose Records BLU CD0408, www.bluerose-records.de)
13 Tracks, 46:54, mit knappen engl. Infos

Supergroups im historischen Sinne, in dem der Terminus für Gruppen wie Cream oder Blind Faith geprägt wurde, sind die Ensembles, welche die vorliegenden Alben eingespielt haben, nicht - Versammlungen bereits anderweitig zum Star gewordener Sänger und Musiker. Ihrer musikalischen Potenz nach aber sind sowohl die Resentments als auch die Truppe um Bill Kirchen wahre Supergroups, im Falle der ersteren sogar mit festem Line-up: Stephen Bruton, Jon Dee Graham, Scrappy Jud Newcomb, Bruce Hughes und John Chipman stehen nicht nur in teils höchst erfolgreichen Solokarrieren ihren Mann, sie sind als The Resentments auch bereits seit Ende der 90er als eine der tonangebenden Bands des Americana Roots Rock unterwegs. Auf ihrem vierten Album On My Way To See You toppen sie die Vielseitigkeit, die mit dem Zusammenwerfen ihrer jeweiligen Talente entsteht noch durch herausragende Originalkompositionen einiger Autorenschwergewichte von außerhalb der Band: Die drei Nummern, die Stephen Bruton zusammen mit dem ehemaligen NRBQ-Herz und -Hirn „Big“ Al Anderson und Little-Feat-Umstürzler Paul Barrere verfasst hat, lassen einen fast deren Ex-Bands vergessen, Chuck Berrys „Too Much Monkey Business“ im schweren Bluesarrangement Eddie Hintons ist eine willkommene Erinnerung an beide, Jon Dee Grahams Interpretation von Fred Neils „Everybody’s Talkin’“ holt das außerirdische Original auf den Boden der Tatsachen - handfest kraftvoll wie das gesamte Album. Etwas luftiger in der Gangart als die immer wieder deutlich mit den Desert-Rock-Gepflogenheiten Austins flirtenden Resentments kommt Bill Kirchens Kreuzung texanischer Rockmusik mit Blues, Bluegrass und Western Swing daher. Mitstreiter des ehemaligen Commander-Cody-Gitarristen bei Hammer Of The Honky Tonk Gods: Superbassist Nick Lowe, Superkeyboarder Geraint Watkins, Robert Trehern, Austin DeLone und zahlreiche Gäste, wobei den Telecaster-Twangmeister, dessen musikalische Spuren sich zurückverfolgen lassen bis in die Bands von Gene Vincent und Link Wray, erstaunlicherweise vor allem eine besondere Geistesverwandtschaft mit dem Engländer Lowe zu verbinden scheint. Fast wähnt man sich gelegentlich in dessen sagenhaften Alben der letzten 15 Jahre mit ihrem zauberhaft melancholischen Mersey-Beat-Touch, eigentlich vergangenes Musizieren allerorten. Eigentlich! Denn urteilt man von Kirchens selbstgeschriebenen Anverwandlungen an die alten Meister her, ganz abgesehen von seinen Covern einer Handvoll Klassiker wie Long/Stevensons „Devil With A Blue Dress“ oder Arthur Alexanders und Donnie Fritts’ „If It’s Really Got To Be This Way“ und vergleichbarer Nichtklassiker, die ebenfalls welche hätten werden sollen, so spürt man ebenso schnell wie nachhaltig: Gespielt mit der Hingabe der Dinos aus den Gründerzeiten könnte diese Musik gut ewig sein!

Christian Beck

 

BILL KIRCHEN - Hammer Of The Honky Tonk Gods

THE RESENTMENTS - On My Way To See You


JOHN LEE HOOKER JR.
Cold As Ice

(Telarc CD-83642/in-akustik, www.in-akustik.com)
12 Tracks, 54:27

Ein wechselvolles Leben mit eindeutig mehr Tiefen als Höhen hat John Lee Hooker jr. hinter sich, dabei schien sein Weg zu Beginn klar vorgezeichnet zu sein. Wie sein berühmter Vater wollte er Bluesmusiker werden, doch nach ersten Erfolgen zu Beginn der 1970er Jahre stagnierte seine Karriere. Die Sucht nach Alkohol und Drogen begann sein Leben zu bestimmen, Entziehungskuren und Rückfälle wechselten sich ab, zeitweise Obdachlosigkeit und eine Ehescheidung kamen dazu. Im Alter von 52 Jahren veröffentlichte er 2004 das Album Blues With A Vengeance, und dem Stil des mit einem W. C. Handy Award ausgezeichneten Debüts bleibt er auch bei Cold As Ice treu. „2 Teile R&B, 1 Teil Jazz und Südstaatenblues“, so beschreibt John Lee Hooker jr. selbst seine Musik, und hinzu kommen noch eine Prise Funk und die Tradition der Soulsänger der Stax-Ära. Aus all diesen traditionellen Einflüssen formt er einen modernen, zeitgemäßen Sound, und dafür holte er sich neben seiner Tourband auch eine Hornsection (Posaune, Trompete, Saxophon) und den Chor der O’Town Passion Singers ins Studio. John Lee Hooker jr. singt mit angenehmem Bariton, seine Texte reichen vom prahlerisch-großspurigen „4 Hours Straight/Blues Man“, in dem er schildert, wie glücklich er die Ladys machen kann, über das liebevolle „Do Daddy“ als Requiem für seinen Vater bis zum selbstreflektierenden „Wait Until My Change Comes“ als Abgesang auf sein altes Leben.

Achim Hennes

 

JOHN LEE HOOKER JR. - Cold As Ice


CHRIS KNIGHT
Enough Rope

(Blue Rose Records BLU DP0406, www.bluerose-records.de)
13 Tracks, 51:03, mit engl. Infos und Texten

Das anhaltende Bedürfnis in „Gottes eigenem Land“ nach kraftvoll-kantigen Tönen, welche die kleinen Leute auf den Schattenseiten der Veranstaltung besingen - ist das ein gutes Zeichen? Oder ein schlechtes? Die jüngste Generation der Herolde der unspektakulären Heldentaten auf dem Boden der Tatsachen hat auch Chris Knight hervorgebracht: Mitte 40, Sohn eines Pipeline-Vorarbeiters und einer Schulbusfahrerin aus Kentucky, Landwirtschaftsstudium, Aufsichtsbeamter im Tagebau, Gitarre mit Hilfe eines John-Prine-Songbooks gelernt. So einer ist vom familiärem Hintergrund wie der Ausbildung her gleichermaßen prädestiniert, zu ordentlich oberflächenrauem Alternative Country Rock von schlechtbezahlten harten Jobs zu singen, Ehen mit umso mehr Kindern je weniger Flausen den Partnern unterwegs noch verblieben sind, dem eigenartigen Gefühl von Freiheit, welches das Leben aus dem Koffer einem hart rockenden Troubadour auf den Straßen zwischen all den kleinen Clubs offenbar noch immer zu geben vermag. Chris Knight zeigt sich mit seinem vierten Album bei diesem Unterfangen in der Form seines Lebens: roh, kraftvoll und explosiv, gleichsam sensibel, emphatisch und tröstlich. Bleibt eigentlich lediglich die Frage, ob er am Ende dem Schicksal seiner Figuren entkommen und es zu mehr Wohlstand und Sicherheit bringen wird oder nicht. Und ob das gut für seine Musik und ihn selbst wäre. Oder schlecht ...

Christian Beck

 

CHRIS KNIGHT - Enough Rope


KIM & REGGIE HARRIS
Get On Board!
Underground Railroad And Civil Rights Freedom Songs, Volume 2

(Appleseed Recordings APR CD 1098/FMS, www.fenn-music.de)
14 Tracks, 53:19, mit engl. Info

Get On Board ist die Fortsetzung eines 1997 erschienenen Albums, auf dem Kim und Reggie Harris ihre musikalische Reise durch die Geschichte der Bürgerrechtsbewegung begonnen haben. Die Liste der hier zusammengestellten Songs reicht von „Oh Mary, Don’t You Weep“, einem Song, dem auch Bruce Springsteen gerade auf seinen Seeger Sessions mit kompletter Brassband einen neuen Anstrich verliehen hat, über „Freedom Is A Constant Struggle“ bis zum Klassiker „Down By The Riverside“. „Underground Railroad“ hat natürlich nichts mit einem Zug zu tun. Vielmehr steht das Wort für ein Netzwerk von Menschen, das Sklaven in ihrem Kampf um Freiheit unterstützt hat. Für musikalische Frische dieses ganz in Americanaklängen gehaltenen Albums sorgt eine lange Liste illustrer Gäste. Darunter Bernice Johnson Reagon, die Aktivistin und Gründerin der Gruppe Sweet Honey in the Rock, Bluesmann Guy Davis, der Sohn des Schauspielerehepaars Ozzie Davis und Ruby Dee sowie Matt und Marshall Jones, zwei Mitglieder der SNCC Freedom Singers, die schon in den 60er Jahren im Kampf für die Bürgerrechte auf der Straße demonstriert und gesungen haben. Ein zu empfehlendes klingendes Geschichtsbuch, das zugleich daran erinnert, dass noch viel zu tun bleibt!

Michael Kleff

 

KIM & REGGIE HARRIS - Get On Board!


JOE CRAVEN
Django Latino

(Compass 4414, www.compassrecords.com)
(14 Titel, 65:02, Booklet in Englisch)

Craven ist ein Multiinstrumentalist, spielt Violine, Mandoline, Mandola, Ukelele und andere Saiten- sowie diverse Percussionsinstrumente. 17 Jahre war er Mitglied im Quintett des nordamerikanischen Mandolinengurus David Grisman und wurde dort, wo neben „Hot Dawg“ natürlich auch „Hot Club“ gespielt wurde, mit der Musik Django Reinhardts und Stephane Grapellis vertraut. Vor diesem Hintergrund wundert es nicht, dass der musikalische Tausendsassa sich auf seiner 3. Soloscheibe nun daran gemacht hat, Reinhardts Musik ins Lateinamerikanische zu „übersetzen“. Eine ausgesprochen spannende Idee! Und sie wird hervorragend umgesetzt. Ob kubanisch, brasilianisch, puertoricanisch, haitianisch, Craven bringt den Reinhardtschen Gypsy - Swing, bereits Frucht der Fusion verschiedenster Kulturen, so lebendig in lateinamerikanisch-karibische Musiktraditionen, dass man alles als selbstverständlich oder „authentisch“ empfindet. Die modernen Multitracking-Möglichkeiten nutzend, spielt er eine Vielzahl von Instrumenten selbst ein, umgibt sich darüber hinaus mit gestandenen Musikern und macht aus den swingenden Originalen mit Verständnis und Erfahrung edel gewürzte „Latinomusik“.

Steffen Basho-Junghans

 

JOE CRAVEN - Django Latino

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