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MÁIRE NÍ CATHASAIGH & CHRIS NEWMAN
FireWire
(Old Bridge Music OBMCD17, www.oldbridgemusic.com)
13 Tracks, 50:44, mit ausführlichen Infos
Maíre Ní Cathasaigh (ausgesprochen. „Moira ni Ha-Ha-sig“) gilt zu Recht
als eine der Meisterinnen der Keltischen Harfe. Mit Ehemann Chris Newman,
dem ebenfalls sein Ruf als akustischer Gitarrenvirtuose vorauseilt, gibt es
bereits eine erkleckliche Anzahl an Aufnahmen. Die hier vorliegende mit dem
dynamisch klingenden Titel bringt wiederum einen Mix aus alten irischen
Stücken, Kompositionen des großen Harfenidols Turlough O’Carolan und
modernem selbstkomponiertem Material. Chris’ Mandoline spielt hier auch eine
relevante Rolle, auf diese Weise bekommt die ganze Platte einen gewissen
„Newgrass“-Touch. Unterstützt werden die beiden von u. a. Nollaig Casey -
Máires virtuos Fiddle spielender Schwester -, Cathy Fink (Banjo) und Roy
Whyke (Drums). Musikalisch sicher hochwertig, muss man den Mix und den Sound
dieser Platte mögen, er ist mit einer sehr changierenden Stilistik sicher
jenseits der Welt der traditionellen Musik Irlands angesiedelt. Freunde von
Saiteninstrumenten, speziell der Mandoline und der Gitarre, aber auch Kenner
der keltischen Harfe werden aber sicher einiges an inspirierendem Material
hier finden. Einzig Maíres Gesang oder zumindest seine Abmischung ist
kritikwürdig. M. E. sollte sie darauf lieber verzichten oder aber zu dem
Gesangsstil ihrer Jugend, der deutlich frischer und unprätentiöser war,
zurückkehren.
Johannes Schiefner
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CHUMBAWAMBA
Get On With It - Live
(Edel 0175552ERE)
14 Tracks, 47:48
Grandios! Die akustische Zwischendurch-Quartett-Version der Band wird wohl
so schnell nicht zu Grabe getragen. Zu erfolgreich und überzeugend kommt die
Musik rüber. Okay, hier wird die Folkmusik nicht neu erfunden, die wird zwar
gekonnt, aber eher konservativ interpretiert. Wichtig ist jedoch, dass sich
Chumbawamba ihren Zorn über die Zustände vor allem zu Hause bewahrt haben
und auch nach über 25 Jahren noch dagegen ansingen. Die hauptsächlich mit
Akkordeon und Gitarre instrumentierten und bei diversen englischen Konzerten
aufgenommenen Lieder sind entweder bearbeitete Traditionals oder
Eigenkompositionen. Immer wieder täuscht der manchmal lieblich klingende
Gesang, die Texte sind manchmal humorvoll, aber zumeist reichlich stachelig.
Titel wie „Buy Nothing Day“, „Timebomb“ oder „Homophobia“ lassen keine
beliebigen Aussagen vermuten. Ja, ja, ich mag Folkmusik, und mit solchen
Inhalten mag ich sie besonders. Schön zu hören, dass auch Chumbawamba nicht
müde werden, gegen die Verhältnisse anzusingen.
Mike Kamp
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BERROGÜETTO
10.0
(Berroguetto Música BM 001/Galileo 35402001, www.galileo-mc.de)
11 Tracks, 46:26, mit galicischen Texten und Infos in Galicisch/Span./Engl.
Die erst vierte Produktion der für mich mit Abstand besten Gruppe des
modernen galicischen Folk, frei von Kommerzialisierung und Anbiederei an
vermeintliche Publikumsgeschmäcker. Auch diese Scheibe hätte - wie die
beiden letzten (s. Folker! 03/2000 und 04/2002) - eine Besprechung
als Besondere verdient. Der Titel verweist auf das zehnjährige Bestehen
dieser in Santiago de Compostela ansässigen Gruppe. Auf der traditionellen
Bordunmusik beruhend sind die Stücke wie immer vorzüglich und ausgefeilt
arrangiert. Das vielseitige Instrumentarium erlaubt dabei eine ebenso
vielseitige Schwerpunktsetzung, dominierend bleiben die Stimme von Guadi
Galego und die vorzügliche Abstimmung zwischen Gaita und Drehleier (Anxo
Pintos). Selbst der gelegentliche Einsatz des von mir im Folk nicht
geliebten Schlagzeugs (Isaac Palacín) ist hier gewinnbringend. Die Sorgfalt
der Produktion umfasst auch diesmal wieder die Gestaltung des Booklets
(Fernando Lema), die originellen Photos (Karlos Abal) und die Klangqualität.
Wer Berrogüetto noch nicht kennt, dem empfehle ich, mit Track 9 zu
beginnen.
Andel Bollé
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KARL SEGLEM
Urbs
(Oz 014 CD Ozella, www.ozellamusic.com)
10 Tracks, 50:03
Gemeinsam mit seinen alten Weggefährten, u. a. Hardanger-Geiger Hakon
Hogemo, ist sich Seglem treu geblieben, ohne sich selbst zu kopieren.
Urbs klingt moderner und aufgeschlossener als Femstein oder
Reik, das Archaische weicht dem Modernen, ohne an Kraft zu verlieren.
Das Cover unterstreicht das Programm der CD. Der Baustellenzaun auf der
Außenhülle dominiert, doch die spröde, traumhaft schöne Landschaft im
Inneren lässt keinen Zweifel an der wahren Bedeutung von Urbs.
Tradition und Moderne ergänzen und vereinigen sich nicht, sondern werden
bewusst als Gegensätze aufgegriffen. Bereits im Opener stößt das Ziegenhorn
auf eine verzerrte Gitarre ohne die Spannung aufzulösen. Karl Seglem selbst
steht in diesem Zwiespalt. Deutlich zeigen sich die zwei Seiten als Kluft
zwischen dem archaischen, von ihm wiederentdeckten Ziegenhorn und seinem
eigentlichen Instrument, dem Tenorsaxofon. Konsequenterweise kombiniert
Seglem das archaische Instrument eher mit den modernen Kompositionen und das
Saxophon eher mit den traditionellen Melodien. Wem die vergangenen
Veröffentlichungen von Karl Seglem gefallen haben, der kann dieses
Meisterwerk ungehört kaufen.
Chris Elstrodt
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NIC JONES
Game Set Match
(Topic Records TSCD566, www.topicrecords.co)
15 Tracks, 63:23, mit engl. Infos
In den 70ern sorgte ein junger Mann in der englischen Folkszene für
Furore: eindrucksvolle und eigenständige Gitarrenarbeit, selbstbewusster
Gesang und ein traditionelles Repertoire jenseits des damals Angesagten.
Sein Name: Nic Jones. 1980 veröffentlichte Topic seine (vierte) LP
Penguin Eggs, bis heute ein Meilenstein der englischen Folkmusik.
1982 verunglückte er auf dem Heimweg von einem Auftritt so schwer, dass er
seitdem kein Konzert mehr geben konnte. Welchen Status dieser Mann heute
haben könnte, lässt sich erahnen, wenn man die 14 Ende der 70er live
aufgenommenen Songs (plus ein Instrumental) hört. Klanglich sauber
bearbeitet und befreit von Applaus und ähnlichen Störgeräuschen hören wir
nicht mehr und nicht weniger als gefühlvoll vorgetragene Traditionals zur
Gitarre in einer unglaublichen Intimität. Ironisch: Was für eine Schande,
dass die künstlerische Entwicklung des Nic Jones so brutal gestoppt wurde
und welch ein Glück dennoch, dass wir zumindest diese Dokumente eines
großartigen Talents hören können.
Mike Kamp
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ENZO AVITABILE
Sacro Sud
(FolkClub EthnoSuoni ES5358/Old Songs New Songs, www.oldsongsnewsongs.com)
15 Tracks, 53:13, mit Texten und Infos
Der neapolitanische Saxophonist Enzo Avitabile besinnt sich auf seine
spirituellen Wurzeln. Er nimmt uns mit auf den Kreuzweg nach Golgotha. Wir
starten in Marianello, wo der Musiker aufgewachsen ist. Dort, im Arbeiter-
und Immigrantenvorort von Neapel lebt die Religion weiter. Doch die Ruhe ist
gestört! Enzo Avitabile klagt über zu viele Hände, zu viel Lärm, zu viel
Angst, zu viele Bordelle und zu viele Pistolen. Der religiöse Gesang der
Polifonica Alphonsiana kämpft vergebens gegen Avitabiles Sprechgesang an.
Trotzdem: Sacro Sud ist kein musikalischer Leidensweg. Die schwarze
Madonna ist für alle da, auch für die illegalen Einwanderer aus Marokko und
Schwarzafrika. Kein Wunder, spiegelt die Musik doch die vielen Kulturen
wider, die sich im Laufe der Jahrhunderte in Neapel niedergelassen haben.
Mit Gesang, neapolitanischen Gitarren, Launeddas, Drehleiern und wuchtigen
Trommeln schaffen Enzo Avitabile und seine Begleiter eine eindringliche
Musik. Und wenn am Schluss die Cantori del miserere di Sessa das „Stabat
Mater“ anstimmen, wirkt das wie eine Versöhnung, eine Heilung aller Wunden.
Sacro Sud ist ein ambitioniertes Stück Musik. Das wird nur schon
durch die eigenwillige Photografik des CD-Digipacks verdeutlicht.
Martin Steiner
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GRIFF
Griff
(apppel rekords, APD1304, www.griff.tk)
13 Tracks, 48:01
Das klingt nach Hardcore: Die drei Dudelsäcke von Rémi Decker, Birgit
Bornauw und Raphael De Cock bilden den Kern der belgischen Band Griff. Aber
Griff ist weder puristisch noch klingen sie schrill. Dafür sorgen schon die
drei übrigen Bandmitglieder, die auf der Debüt-CD mit Akkordeon, Gitarre und
Kontrabass gefällig die spitzen Töne der Dudelsäcke beschmeicheln. Außerdem
spielen Decker und De Cock auch diverse Flöten und sorgen über weite
Strecken des Albums für einen Sound, der an die englische Flötenband Flook
erinnert. Ach, und Raphael De Cock singt auch noch sehr gut - auf
Französisch, Sardisch und Gälisch. Schon diese kurze Beschreibung zeigt,
dass die 2002 gegründete Formation etwas Besonderes ist. Die Stücke sind
überwiegend selbst komponiert und nehmen Bezug auf Musiktraditionen aus ganz
Westeuropa, und zwar nicht fein sortiert, sondern bunt gemischt, da wird zum
Beispiel in einem bretonischen Stück plötzlich sardisch gesungen. Die viel
versprechende Band hat aber sicher noch nicht ihren Höhepunkt erreicht.
Gleich beim Aufmacher Carnaval zeigt sie, was möglich wäre, wenn sie mehr
moderne Sound-Ideen integrieren würde. Gegen Ende wird die eigentlich
lebhafte CD auch noch etwas trübsinnig und endet mit einer
Dudelsack-Melancholie namens „Autumn Comes“.
Christian Rath
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CRASDANT
Dwndwr - The Great Noise
(Sain SCD2487, www.sainwales.com)
12 Tracks, 50:27
Wenn es in Wales eine Folk-Supergruppe gibt, dann sind es diese vier
Herren: Harfenist Robin Huw Bowen, Gitarrist Huw Williams, Flötist Andy
McLauchlin und der Ar-Log-Mann Stephen Rees (Fiddle, Akkordeon, Whistle).
Auf der Insel und in Nordamerika feiern Crasdant riesige Erfolge und das hat
seine Gründe. Zum einen sind sie absolute Könner, zum anderen klingt ihre
Musik, die sie aus diversen walisischen Sammlungen ausgewählt haben, für
keltisch geschulte Ohren ziemlich vertraut. Der Produzent ist übrigens kein
Geringerer als Ex-Fairport Maart Allcock. Überdies kommt der Gruppe zugute,
dass sie Instrumentalmusik machen und daher keine Sprachbarrieren kennen.
Als Zugabe zur sehr gelungen CD gibt es noch eine DVD mit Surround Sound
Mixes, Videos und Infos. Mit folgender Daumenregel liegt man richtig: Wer
die Chieftains aus Irland und/oder die Whistlebinkies aus Schottland mag,
der wird auch Crasdant mögen. Ohne Borduninstrumente zwar, dafür aber mit
Clog-Dancing!
Mike Kamp
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PAULINE SCANLON
Hush
(Compass records 7 4435 2, www.sunny-moon.com)
11 Tracks, 40:05, mit engl. Infos und Texten
England hat Kate Rusby, Irland orientiert sich in Sachen moderner
weiblicher Gesang gerade neu. Neben Sängerin Muireann nic Amhlaoibh stellt
sich Pauline Scanlon vor, die mit begeistertem vollblütigem Timbre wohl die
etwas rhythmusbetonte und fetzigere Seite der irischen akustischen Musikwelt
vertritt. Neben modernen Bearbeitungen irischer Traditionals stehen
Neukompositionen von Liedermachern angelsächsischer Herkunft. Pauline
arbeitet mit großem Abwechslungsreichtum in Dynamik, Intensität und Tempo.
Manchmal klingt ihre Stimme wie ein Windhauch, dann wieder wie eine Popdiva,
all dies mit einer sehr individuellen Klangcharakteristik und unbekümmerte
Frische. Ihre hauptamtlicher Begleiter Donogh Hennessy (bekannt geworden mit
All-Star-Band Lúnasa) gibt alles, um den Arrangements um Paulines Stimmer
herum zusätzlichen emotionalen Stoff und Groove im besten Sinne des Wortes
zu geben. Für den Bass wurde Altmeister Danny Thompson von Pentangle
ausgesucht, der auch hier edel und klassisch klingt. In viele Arrangements
ist apart ein 5-String-Banjo eingebaut, was für ein gewisses Appalachian-
oder Newgrass-Flair sorgt. Ob Pauline tatsächlich das Charisma und
musikalische Durchhaltevermögen ihrer etablierten jungen englischen
Kolleginnen hat, muss sich noch zeigen. Aber das Zeug dazu hat sie allemal.
Anspieltipps: „The Demon Lover“, „In Shame, Love, In Shame“.
Johannes Schiefner
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DICK O’BRASS
Disc O’Brass
(Ins Records 2005, www.insrec.cz)
11 Tracks, 40:18, mit Photo, engl. Infos und tschech., franz., engl., gäl. u. bret. Texten
Für Nichtiren, Nichtschotten und Nichtbretonen bleibt die Musik dieser
Völker bei aller Liebe zu ihr immer etwas Importiertes und Exotisches, ohne
direkten Bezug zum Alltag des Importlandes. Das liegt zum Teil an den
fremdsprachigen Texten. Die tschechische Formation Dick O’Brass baut eine
Brücke, indem sie zu traditionellen Songs und Tunes aus der Bretagne,
Schottland und Irland auch tschechischsprachige Lieder in diesen keltischen
Stilen komponiert. Für uns Deutsche klingt das freilich noch exotischer,
aber auch deshalb sehr interessant. Tomáš Nedelka, Radim Kadlcák, Jirí
Hausser Matoušek, Josef Kûstka, Seán Barry und Aleš Zimolka bieten auf A-
und E-Gitarren, Bombarden, Sackpfeifen, Schlagzeug, Harfe, E-Bass und Texten
in oben genannten Sprachen einen mitreißenden, urigen, tanzbaren,
partygeeigneten tschechisch-irisch-schottisch-bretonischen Folkrock mit
besonderem Schwerpunkt in der Bretagne. Dabei gibt es auch sehr interessante
Fusionen der Stile und mehrschichtige, kurzweilige Arrangements. Alles in
allem ist es eine grenzüberschreitende Spielart des Celtic Rock, die auch
die Keltenszenen anderer Länder inspirieren sollte.
Michael A. Schmiedel
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THE GLENCRAIG SCOTTISH DANCE BAND
The Ceilidh - Are Ye Dancin’?
(Greentrax Recordings CDTRAX 303/FMS, www.fenn-music.de)
17 Tracks, 57:23, mit engl. Infos
CEILIDH MINOGUE
dto.
(Greentrax Recordings CDTRAX 304/FMS, www.fenn-music.de)
12 Tracks, 54:24
Ceilidhs - heutzutage mehr oder weniger lediglich informelle
Tanzveranstaltungen - sind in Schottland populärer denn je, egal ob in der
alten Village Hall an der Westküste oder in gehobenerer Umgebung in
Edinburgh. Entsprechend haben auch die Livebands und ihre CDs Konjunktur,
obwohl die Musik ja weniger zum Zuhören gedacht ist. Dem trägt die 24 Jahre
alte Glencraig Band Rechnung. Die Musik des Sextetts ist wenig aufregend,
aber präzise und tanzfreundlich. Dazu tragen nicht zuletzt die durchdachten
Set-Zusammenstellungen und die detaillierten Tanzanweisungen im Booklet bei.
Akkordeon und Fiddle sind für den Melodiepart zuständig, Piano, Bass und
Drums für den Rhythmus.
Das gilt im Prinzip auch für die vier Herren von Ceilidh Minogue, die sich
allerdings trotz großen instrumentellen Könnens und immenser Tanzbarkeit
weniger dogmatisch geben. Das lässt bereits der absolut geniale
Wortspiel-Bandname vermuten (na, fällt der Groschen?), und es wird durch den
teilweisen Gebrauch einer Bläsergruppe bestätigt. Tja, das kann man sich
(manchmal!) sogar nur anhören.
Mike Kamp
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PATCHANKA
Set Things In Motion ...
(Evil Beauty PAT 01, www.patchanka.dk)
12 Tracks, 32:10, mit Texten
Patchanka, so hieß das 1988er-Album von Mano Negra, der damaligen
Band von Manu Chao, und so heißt auch dieses Quintett aus der dänischen
Kapitale Kopenhagen. Die Namensgleichheit kann als Programm ausgelegt
werden, denn die Nordlichter liefern einen ähnlichen Stilmix wie weiland die
Südeuropäer: Ska, Reggae, Iberisches, HipHop, Rock. An mangelndem
Selbstvertrauen leiden sie dabei nicht. „We set things in motion / Move like
the ocean“ heißt es gleich zum Auftakt der CD. Der flotte Ska kündet nicht
nur davon, wie es musikalisch weitergeht, sondern gibt auch textlich die
Richtung vor: Einsatz für Frieden und Freiheit aller Menschen. Ein
bescheidenes Anliegen also, das leicht zum Predigen verführt. Und dem können
Alexander Nicolas Truelsen (dr, voc), Anders Holme Karlsen (g, voc), Jon
Nielsen (b, voc), Nicola Angel Guerra Gast (g, lead voc) und Niels Bajo
Kisku (keys) nicht widerstehen. Auch nicht dem Einsatz für eine Geliebte mit
dem vielsagenden Namen „María y Juan“, einem Stück, bei dem im Chorus auch
immer „Marijuana“ gesungen wird. Kurzum: Wegen solcher Dänen dürften
nirgendwo Fahnen brennen. Auf der Bühne wird mit ihnen mächtig was gehen,
auf CD zeigen sie eine nicht ganz klischeefreie Bandbreite, aber doch
Substanz. Etwa im hiphoppigen „Good Friends“ mit rockigem Gitarrenriff und
gelebter Energie. Und sie liefern Würze durch Kürze - nicht jeder Song
schafft es auf zwei Minuten Länge.
Volker Dick
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PAU I TREVA
dto.
(FolkClub EthnoSuoni ES5359/Old Songs New Songs, www.oldsongsnewsongs.com)
12 Tracks; 46:57; mit Texten und Infos
Vor tausend Jahren beschlossen der Katalane Oliba, Bischoff aus Vic, und
Berenguer d’Elna, dass in der Adventszeit, in der Osterwoche und anderen
christlichen Feiertagen die Waffen von Katalonien über die Provence bis zum
Piemont schweigen sollten. Pau I Treva (Friede und Waffenstillstand)
nannten die Verantwortlichen den Pakt. Ein Kollektiv aus Musikern und
Sängern aus dem Piemont (Maurizio Martinotti: Gesang, Drehleier), der
Provence (Renat Sette: Gesang), Katalonien (Jordi Fabregas: Gesang, Gitarre,
Gralla [katalanische Doppelrohrblatt-Schalmei]) und dem País Valencià (Toni
Torregrosa: Gesang, Bouzouki, Percussion) haben sich mit sieben weiteren
Musikern unter dem Namen Pau i Treva zusammengeschlossen, um die alten
Banden dieser Völker wiederzubeleben. Und wie! Vom A-capella-Gesang über
satten Folkrock, basierend auf traditioneller und neu geschriebener alter
Musik, ist jedes Stück ein wahrer Ohrenschmaus. Herausragend ist der Gesang
in piemontesischem Italienisch, Okzitanisch, Französisch, Katalanisch und
Valenzianisch. Er zeigt, wie viel die Kulturen und Sprachen gemeinsam haben.
„El Paradís“, heißt einer der Titel des Albums. Käme ich ins Paradies,
wünschte ich mir eine solche Musik.
Martin Steiner
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JPP
Artology
(OArtCD4, www.thejpp.fi)
10 Tracks, 49:49
NORDIK TREE
dto.
(Eigenverlag, oart@pp.nic.fi)
10 Tracks, 51:24, mit engl. Infos
Wer JPP als traditionelle Turbo-Fiddler kategorisiert hat, der tut den
sechs Finnen spätestens seit ihrer letzten CD unrecht. Natürlich dominieren
die vier Geiger den Sound, das Material jedoch reicht von Finnland über den
Tango (natürlich!) bis hin zur amerikanischen Old Time Music. Überdies haben
einige der instrumentellen Eigenkompositionen von Chef Arto Järvelä
erstaunlicherweise sehr interessante politische Motive. Järvelä und der
JPP-Harmoniumspieler Timo Alakotila haben sich mit dem schwedischen Geiger
Hans Kennemark zusammengetan, um einen Mix finnischer und schwedischer
Geigentraditionen zu zelebrieren. Das kommt so unbeschwert und leichtfüßig
daher, dass es für jeden Skandinavienfan eine wahre Freude ist.
Mike Kamp
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JASON McGUIRE
Distancias
(MP Media, www.mp-media.com, Bolero Records)
10 Tracks, 43:31, mit Infos
Da hat jemand seinen Paco gelernt, möchte man meinen. Das ist keineswegs
despektierlich gemeint, denn der amerikanische Gitarrist Jason McGuire ist
tief in Flamencoterrain vorgedrungen. Seine erstaunliche Virtuosität und
Sicherheit im Umgang mit dem Idiom der Gitanos machen diese CD zu einer
echten Entdeckung. Vertrackteste rhythmische Wendungen - atemlos aneinander
gereiht - harmonische und melodische Finessen, wie man sie bislang nur von
den großen spanischen Meistern gehört hat. Selbst der Bass geht in den
meisten Fällen noch auf das Konto des Amerikaners. Vocals, Palmas,
Percussion und sogar eine Violine unterstützen das ehrgeizige Projekt. Auch
in den Solostücken der CD zeigt Jason McGuire ein beträchtliches Maß an
Fantasie und musikalischer Abgeklärtheit. Seinem großen Vorbild Paco de
Lucia hat er mit Distancias eine wunderbare Würdigung zuteil werden
lassen. Darüber hinaus macht es neugierig auf kommende Arbeiten dieses
bemerkenswerten Gitarristen.
Rolf Beydemüller
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NORKST
Kreiz Breizh Akademi
(innacor/l’autre distribution INNA21055)
15 Tracks, 63:34, mit Infos in frz., engl. und bret. Sprache
Diese CD ist ein akademisches und musikalisches Abenteuer. Der bekannte
bretonische Sänger Erik Marchand hat das Ensemble Norkst zusammengestellt,
das alte bretonische Musik in den originalen Tonleitern, aber erstmals in
großer Besetzung spielt. Marchand erinnert daran, dass die traditionelle
bretonische Volksmusik ihre eigenen orientalisch klingenden Skalen hatte,
die heute noch in den klassischen Formen des Wechselgesangs (kan ha
diskan), des Klagegesangs (gwerz) und des Duos Bombarde/Dudelsack
(biniou) weiterleben. In den Folkbands wurden die alten „modalen“
Tonleitern aber durch die klassischen Harmonien ersetzt, um auch Gitarre,
Bass, Geige und Flöten einsetzen zu können. Marchand hat nun 16 junge
Musiker, zwischen 23 und 30 Jahre alt, zusammengebracht und in einer
Akademie mit dem modalen Konzept vertraut gemacht. Instrumente wurden
umgebaut oder durch außereuropäische Verwandte ersetzt. Die Musiker konnten
sich auch von orientalischen und balkanischen Meistern inspirieren lassen.
Schließlich wurde Norkst gegründet und eine CD eingespielt. Sie enthält vor
allem traditionelle Wechselgesänge - aber natürlich mit ungewöhnlichen, ja,
ungehörten Arrangements. Und wie klingt das Ganze? Mal eher anstrengend und
dann wieder brillant. Musik zwischen Tradition, Weltmusik und Jazz.
Christian Rath
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STELIOS PETRAKIS (& Bijan Chemirani)
Akri Tou Dounia
(Aerakis A.M.A. 109)
10 Tracks, 66:59, mit gr. Texten und Infos
Kismet
(Aerakis A.M.A. 118, www.aerakis.net)
10 Tracks, 62:27, mit gr. Texten und gr./engl. Infos
Petrakis ist ein junger Musiker Anfang 30 von der Insel Kreta, seine Musik
jedoch strahlt eine Reife und Offenheit jenseits seiner Jahre aus.
Vielleicht liegt das an Meisterlehrern wie Ross Daly oder Talip Ozkan, die
den Lyraspieler (aber auch Saz oder Laute) geprägt haben. Sein
Musikverständnis wurzelt in seiner Heimat, sein musikalischer Appetit geht
jedoch über die kretischen oder griechischen Grenzen hinaus in die Türkei
oder den Iran. Von dort kommt der Zarb-Trommler Bijan Chemirani
(Visitenkarte ist ein phantastisches Solo auf Track 9 von Kismet),
mit dem Petrakis bereits auf seiner ersten CD zusammenarbeitete. Anlässlich
seiner letzten Veröffentlichung Kismet von 2003 haben die beiden ihre
Kooperation mit Gastsängern und -musikern auf eine neue Ebene gehoben.
Entstanden sind zeitgenössische ebenso wie traditionelle Klanglandschaften,
die von Kreta aus den gesamten Vorderen Orient erfassen, wundervoll
bodenständig und meditativ zugleich.
Mike Kamp
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