CHICO CÉSAR
De Uns Tempos Pra Cá
(Biscoito Fino Discmedi DM 4120-02, Indigo, www2.uol.com.br/chicocesar)
12 Tracks, 49:07, mit portugiesischen Texten
Mit dem Hit „Mama Africa“ katapulierte sich der kleine Mann aus Brasiliens
Nordosten aus dem Nichts in den Olymp erfolgreicher Musiker. Seitdem hat
Chico César eine beispiellose Karriere hingelegt. Die brasilianische
Musikercrème de la Crème von Daniela Mercury über Lenine bis Gal Costa reißt
sich ebenso um seine Kompositionen und Liedtexte wie ein Ray Lema oder ein
Sting. Er gilt als exzentrisch, provoziert gerne das Establishment und tritt
vehement gegen den Rassismus in seiner Heimat an. Respeitem Meus Cabelos,
Brancos („Respektiert meine Haare, Ihr Weißen“) hieß sein letztes Album,
auf dem er Intoleranz gegenüber Andersartigen und Andersdenkenden
anprangerte. Auf seinem sechsten Werk hingegen kommt der Rebell plötzlich
kammermusikalisch angehaucht daher und hat gemeinsam mit dem Quinteto de
Paraíba melancholische und besinnliche Klänge eingespielt. Alle Lieder auf
der CD stammen aus verschiedenen Phasen seines Lebens, daher der Titel „seit
einiger Zeit“. „Utopia“ z. B. schrieb er 1983 als streikender Student,
„Orangotanga“ war der Namen einer Tour, und das wunderbare Coverstück
„Calice“ erinnert an verbotene Lieder aus der Diktaturära. Wohl nur ganz
wenige Künstler können es sich leisten, nicht auf die Charts zu schielen und
sich musikalisch auch mal um 180 Grad zu drehen. Chico César kann es: Auch
als Künstler der leisen Töne beweist er, dass man ihn getrost als Genie
titulieren darf.
Suzanne Cords
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DIVERSE
Rhythms Del Mundo Cuba
(Polystar, Universal, RDM 01,www.rhythmsdelmundo.com)
Promo-CD, 16 Tracks, 62:35
Wer diese Scheibe kauft, investiert nicht nur in verdammt gute Musik,
sondern auch in die Umwelt: Denn pro verkauftem Album fließen knapp 3 Euro
in den Artists-Project-Earth(„Künstler schützen die Erde“)-Fond, der gegen
die globale Erderwärmung kämpft. Umso heißer kommen die Rhythmen aus Kuba
daher, wo der legendäre Buena Vista Social Club den Songs berühmter Kollegen
wie U2, Sting, Quincy Jones oder Coldplay ein Songewand verpasste. Fast ein
Jahr haben Timbalesvirtuose Amaldito Valdes, Trompeter Manuel Guajiro
Mirabel, Percussionist Orlando Cachaito Lopez, Sängerin Omara Portuondo
& Co. unter der Federführung des Arrangeurs Demitrio Muniz an den
Originalen gefeilt, um sie kubanisch anzuhauchen. Gesungen allerdings wurden
sie von den Originalinterpreten. Dass Sting mit seinem Faible für
Latinoklänge und seinem Hit „Fragilidad“ nicht fehlen darf, ist nicht
verwunderlich. Den U2- Song „ I Still Haven’t Found What I Am Looking For“
allerdings hätte man nicht unbedingt auf der Scheibe erwartet, und doch
klingt er jetzt, als ob die Wiege der Jungs nicht im nordirischen Dublin,
sondern in Kuba gestanden hätte und sie den Son schon mit der Muttermilch
aufgesogen hätten. Ähnlich gelungen sind „Clocks“ von Coldplay, Artic
Monkeys’ „Dancing Shoes“ oder Kaiser Chiefs’ „Modern Way“, um nur einige der
Hitperlen im Kubasound aufzuzählen. Ein echter Hörgenuss!
Suzanne Cords
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DUDU TUCCI
Nadador
(Weltwunder No.125, Sunny Moon, www.dudu-tucci.com)
15 Tracks, 68:44, mit portugiesischen Texten
Nachdem das letzte Album des brasilianischen Percussionisten und
Wahlberliners eher zur Kategorie solide Durchschnittware gehörte,
präsentiert er mit Nadador ein richtiges kleines Meisterwerk. Der
Titel bedeutet übersetzt übrigens soviel wie „Schwimmer“; Tucci sieht das
Wasser als Symbol des Lebensflusses, in dem wir alle vor uns hinpaddeln. So
wie die Protagonisten seiner Lieder: Wir begegnen beim Klang der
Umbandatrommel dem Fischer („Jangadeiro“), der auf seinem Floß der Gunst der
Göttin Yemanjá ausgeliefert ist, und wir streifen auf „Cidade“ mit der
Bassgitarre durch den Asphaltdschungel der Großstadt. Wir lauschen dem
Sprechgesang der Repentistas, der auf „Cava Asfalto“ zum Rap mutiert, und
natürlich treffen wir auf der musikalischen Reise durch den Nordosten auch
auf die traditionellen Tänzer, die sich im Takt klassischer
Maracatu-Rhythmen bewegen. Komplexe Arrangements und abwechslungsreiche
Melodien sorgen für ein rundum spannendes Album, das bei jedem Track neue
Welten eröffnet und sich doch nie von den brasilianischen Wurzeln lossagt.
Gitarrist und Bassist Eudinho Soares und Schlagzeuger Zito Ferreira
unterstützen den Multiinstrumentalisten Tucci nach Kräften, Letícia Coura
und Adriana Caparelli setzen mit ihren feengleichen Stimmen luftige Akzente.
Mein absoluter Favorit: „Forte Rede“.
Suzanne Cords
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