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HANINE Y SON CUBANO
(Elef Records 5046728792, Galileo music, www.galileo-mc.de)
14 Tracks, 50:37
Es war einmal ein griechischer Libanese, der in einem Café in Havanna
gebannt einer Sängerin lauschte, die das Lied „El Huerfanito“ (das
Waisenkind) zum Besten gab - ein Lied, dessen Melodie der Musikproduzent
schon aus seiner Heimat als den Evergreen „Ya Habibi Ta’ala“ kannte. Wenn
ein Lied Ozeane überwinden kann, warum kann man dann nicht auch scheinbar
unvereinbare Musikwelten zusammenbringen, fragte er sich und träumte fortan
davon, eine arabisch-kubanische Musikband zu gründen. Zwei Jahre brauchte
Michel Eléftériades, um das Projekt zu realisieren: Neun kubanische Musiker,
die sich für das Experiment bereit erklärten, waren schnell gefunden; die
Suche nach einer geeigneten arabischen Sängerin gestaltete sich schwieriger.
In der jungen Musikstudentin Hanine wurde Eléftériades fündig. Und so kann
man jetzt den größten Hits des Morgenlands von Mohammed Abdel Wahab, Farid
el Atrache oder Asmahane im Son-, Bolero und Cha-Cha-Cha-Gewand lauschen.
Über den Latinotrompeten und dem rhythmischen Trommeln der Congas erhebt
sich kraftvoll die tiefe und geheimnisvolle Stimme der Sängerin Hanine, die
in bester arabischer Tarabtradition die orientalische Note einbringt. Das
ungewöhnliche arabisch-kubanische Projekt behauptete sich im Libanon über
ein Jahr lang als bestverkauftes Album, und auch hierzulande finden sich
bestimmt schnell Liebhaber der einzigartigen Klangmixtur.
Suzanne Cords
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KEVIN JOHANSEN + THE NADA
City Zen
(Wrasse 179/ harmonia mundi, www.nuzzcom.com)
12 Tracks; 46:44, mit span. und engl. Texten
Kevin Johansen wurde als Sohn einer Argentinierin und eines US-Amerikaners
in Alaska geboren, landete als Teenager mit Zwischenstation Kalifornien in
Buenos Aires, testete ein paar Jahre das New Yorker Leben und kehrte
schließlich in die südamerikanische Metropole zurück. Überall sog Johansen
begierig die unterschiedlichsten Musikstile auf, die er heute ganz nach
Belieben durcheinanderwirbelt. Er switcht zwischen Milonga, Rumba, Tango,
Bossa nova und französischem Chanson hin und her, gestaltet das Ganze mal
rockig, mal im Country-Song-Style, mal nach Gauchomanier. Johansen hasst
Schubladendenken: In der Mischung liege die Zukunft, betont er gern. Die
Presse vergleicht den Sänger und Gitarristen gern mit Leonhard Cohen oder
David Byrne, aber eigentlich klingt dieser Mann absolut einzigartig. Vier
hervorragende Musiker begleiten den Mitvierziger: der Saxophonist und
Flötenspieler Andrés Reboratti, Bassist Juancinho Alvarez, Bandoneonspieler
Julian Hasse, Cheba Massolo an der E-Gitarre und Drummer Zurdo Roizner, der
schon bei Astor Piazzola und Vinicius de Moraes trommelte. Und wenn
Johansens satter Bariton mit eingängigen Songs dem Ohr schmeichelt und er
mit einfallsreichen Texten brilliert, dann fragt man sich: Warum zur Hölle
erscheint erst jetzt ein Album dieses genialen Musikers in Deutschland, wo
doch schon die zwei Vorgänger zahlreiche Preise einheimsten?!
Suzanne Cords
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HAMILTON DE HOLANDA
Samba Do Aviao
(Kind of Blue Records/Rough Trade, www.rattaymusic.de)
11 Tracks, 43:47
Die Mandoline als Soloinstrument. Ein mutiges und seltenes Unterfangen.
Und ein Experiment, das nur gelingen kann, wenn sich technische und
künstlerische Fähigkeiten harmonisch ergänzen. Mika Kaurismäkis kürzlich in
Deutschland angelaufener Film über die in Rio beheimatete spezielle
musikalische Sprache des „Choro“ zeigt den Mandolinenspieler Hamilton de
Holanda in einem Auftritt mit den Choro Allstars. Und ein Star ist der als
Nachfolger des legendären Jacob do Bandolim gehandelte Künstler in Brasilien
längst. Auf „Samba Do Aviao“, einem Klassiker von Tom Jobim, rückt er ein
Instrument in den Mittelpunkt, dem die meisten klanglich wohl nicht allzu
viel zutrauen. Die intensive, konzentrierte Hingabe des Coverphotos
übermittelt sich auch beim Hören des dramaturgisch gekonnt angelegten
Albums. Geschickt verknüpft de Holanda romantische Klangbilder wie z. B. den
Opener „Cinema Paradiso“ von Morricone, das Liebesthema aus dem
gleichnamigen Film, mit spannend gestalteten Klassikern von Jobim oder
Hermeto Pascoal. Der französische Jazzakkordeonist und häufige Duopartner
Richard Galliano beschließt gemeinsam mit de Holanda ein Album, das in
seiner Art wohl alleine auf weiter Flur steht.
Rolf Beydemüller
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HOYO COLORÁO
Johnny La Mula
(pläne 88939, www.plaene-records.de)
Promo-CD, 4 Tracks, 11:44
Kuba goes Rap könnte man meinen, wenn die ersten Takte der
zehnköpfigen Band Hoyo Coloráo aus den Lautsprechern schallen. Aber dann
tauchen da plötzliche Klänge aus den 70er und 80er Jahren auf, ganz im Stil
der alten Trova-Liedermachergarde. Und genau das macht den Reiz der Scheibe
aus: rhythmischer Sprechgesang und melodiöser Son, scheinbar unvereinbare
Stile zerfließen zu einem spannungsgeladenen und doch harmonischen
Gesamtbild. Bandgründer Humberto Escuela Fernandez zeichnet für die
Computerbeats verantwortlich, Kollege Karoll Pérez Zambrano rappt und spielt
Gitarre, Blechbläser, Percussionisten und Sängerin Ivette Pacheco Cabañas
sorgen für das karibische Flair. Inhaltlich ist die Nähe der Musikstile
vorprogrammiert. Die Trovalieder sind Protestsongs, die gesellschaftliche
und politische Missstände anprangern, der Rap tritt in die Fußstapfen der
rebellischen Jugend aus den 60er und 70er Jahren. Der Track „Di Que No“ (
„Sag nein“) wurde denn auch zum Gassenhauer auf Castros Eiland. Es ist eine
klare Absage an den Irakkrieg. Im Titelsong „Johnny La Mula“ („Johnny, das
Maultier“) geht es um einen nach Miami emigrierten Kubaner, der in der
Fremde seine Wurzeln vermisst und in die Heimat zurückkehrt. Doch auch dort
fühlt er sich nicht mehr zu Hause; ein Schicksal, das viele Kubaner nur zu
gut kennen. Fazit: ein Album, das musikalisch und inhaltlich zu überzeugen
weiß.
Suzanne Cords
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DIVERSE
Vamos! Salsa + Latin Pop
(ViaCancun VC 9019/Danza y Movimiento, www.dym.de)
11 Tracks; 44:00
Die Reihe Vamos! bedeutet: 100 % tanzbar, Tophits der Latinszene
durch gezielte Auswahl der Titel oder Interpreten. „Top of the Charts“
bedeutet: Von Son über tanzbaren Latinpop weiter zu Lambada, Cumbia, Reggae,
Chande und Tropical zu Salsa. Somit auch ein runder, da abwechslungsreicher
Hörgenuss für wenig Geld (diese Reihe bietet kostengünstige Sammlungen an).
Hinzu kommt die Gemeinsamkeit aller Stücke (siehe Titel): Sie sind in
Lateinamerika und teilweise weltweit bis ganz oben in die Charts geklettert
und haben sich dort über Wochen, Monate und manche sogar Jahre gehalten.
Diese Titel waren teilweise in anderen Ländern Ohrwürmer, trotzdem fanden
einige bei uns wenig Beachtung.
Trotz des Hitfaktors sind fast alle Titel der CD inzwischen kaum oder
nicht mehr in den Originalversionen erhältlich. So wurden mit einer
Topbesetzung die Stücke in Anlehnung an das Original neu produziert. Ein
Schmankerl: „La Cita“, ein Meilenstein des Salsa, ist seit Jahren nur noch
als Raubkopie verbreitet. Zu den Interpreten der Vol.19 zählen die in der
Latinszene bekannten Musiker: Yorthley Rivas (Komponist und Sänger), Pablo
Grajales (Piano), Luis Bravo (Bläser), Fernando Pavon (Trombon) ...
Corina Oosterveen
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CACHO TIRAO
Playas Del Este
(Le Chant du Monde 2741186/harmonia mundi, www.harmoniamundi.com)
10 Tracks, 30:24, mit frz. und engl. Infos
Gitarrenspieler gibt es wie Sand am Meer, doch kaum einer beherrscht sein
Instrument so virtuos wie der Argentinier Cacho Tirao. Mal lässt er es
jubilieren und lachen, dann wieder weinen und schluchzen oder sogar als
Trommel fungieren. Die erfolgreichsten Jahre seiner Karriere erlebte der
Gitarrist in den 60er bis 90er Jahren. Er tourte um die Welt, begleitete
Astor Piazzolla, Paco Lucia und andere Größen, bis ihn im Jahr 2000 mitten
auf der Bühne ein Schlaganfall eilte. Niemand rechnete damit, dass Cacho
Tirao jemals wieder zur Gitarre greifen würde, am wenigsten er selber, doch
seit 2005 tritt er wieder auf. Gott hat mir geholfen, sagt der 65-Jährige,
ohne ihn hätte ich einen Neuanfang nie geschafft. Wenn Cacho Tirao in die
Saiten greift, dann klingt selbst der abgenudelte Latino-Evergreen „El
Condor Pasa“ wie ein vollkommen neues Stück, und die Polka-Eigenkomposition
„Guarani“ oder die milonga del barbijo belegen eindrucksvoll, dass
Tirao nicht nur als Musiker über ein begnadetes Talent verfügt. Die Stücke
auf der vorliegenden CD wurden 1985 in Buenos Aires aufgenommen, am Zenit
Tiraos künstlerischer Schaffenskraft. Einige der Aufnahmen wurden bis dato
nie veröffentlicht und versprechen Liebhabern virtuoser Gitarrenklänge einen
absoluten Hochgenuss.
Suzanne Cords
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