back Rezensionen Südamerika


BADI ASSAD
Wonderland

(edge music 477 6113, Deutsche Grammophon, www.badiassad.com)
Promo-CD, 13 Tracks, 49:41, aufwändiges Booklet mit ausführlichen engl., frz. u. dt. Infos

Auf ihrem neuen Werk ist die brasilianische Gitarristin und Vokalistin Badi Assad in die Rolle der Alice im Wunderland geschlüpft. Und wie ihre berühmte Vorgängerin entdeckt sie schnell, dass die scheinbar freundlichen Bewohner in Wahrheit groteske und selbstsüchtige Gestalten sind. So präsentieren sich auch die Lieder auf dem Album zunächst fröhlich und leicht; doch wer genau hinhört, entdeckt die tieferschichtigen Dissonanzen in dem nur scheinbar rosaroten Wunderland. In den Texten tauchen verschlüsselt Themen wie Vergewaltigung („Jack Dove“), Rassismus („A Banca Do Distinto“) oder Kinderprostitution („O Mundo É Um Moinho“) auf. Coverversionen der Eurythmics, von Vangelis, Lenine oder Tori Amos finden sich ebenso wie Lieder aus Assads eigener Feder, und wie immer präsentiert die Sängerin die Stücke mit eindringlicher Intensität. An Assads Seite haben sich Spitzenmusiker versammelt, allen voran Cellist Jacques Morelenbaum, der das Album auch produzierte. Saxophonist Carlos Malta, Bassist Zeca Assumpção und Percussionist Marcos Suzana tun ihr Übriges, um musikalisch die vielschichtige Welt im Wunderland widerzuspiegeln. Bei Lewis Caroll bekommt Alice ihr Happyend, und so endet auch Badi Assads Album hoffnungsvoll. Sie hat eine Tonbandaufnahme ausgegraben, auf der sie als Vierjährige singt: mit all dem Optimismus und der Hoffnung eines Kindes, dem die Welt noch zu Füßen liegt.

Suzanne Cords

 

BADI ASSAD - Wonderland


BARBATUQUES
Corpo Do Som

(BeatScience, beas012/ Rough Trade, www.barabtuques.com.br)
Promo-CD, 12 Tracks, 42:10, mit portugies. Infos

Wer während der Fußball-WM gebannt vor dem Fernseher saß, dem ist bestimmt auch irgendwann mal ein Turnschuhwerbespot mit dem brasilianischen Ballzauberer Ronaldinho untergekommen. Fast unbemerkt schlich sich da auch ein grooviger Ohrwurm des Body Percussion Ensembles Barbatuques ein, der seltsam kurios klang. Kein Wunder: Die 14-köpfige Truppe hat die eigenen Körper als äußerst ergiebige Klangquelle entdeckt; da wird geklatscht, gesteppt und auf der Brust getrommelt, ploppende Backen- und Mundgeräusche und nicht zuletzt die eigenen Stimmen runden das Ganze rhythmisch ab. Ein faszinierender Klangkosmos tut sich auf, den die Protagonisten nur hier und da mit Flötentönen oder der kleinen Cavaquinho-Gitarre aufpeppen. Die Idee zu dem ungewöhnlichen Projekt kam 1996 dem damaligen Musikstudenten Fernando Barba, dem die Truppe den ersten Teil ihres Namens verdankt. Der zweite leitet sich vom portugiesischen Wort für Trommeln ab, batuque. Barba animierte seinerzeit mehrere Kommilitonen, bei seinem musikalischen Experiment mitzumachen - und aus der anfänglichen verrückten Laune entstand ein Ensemble, das in Brasilien mittlerweile Kultstatus hat. Corpo Do Som (etwa: „Klangkörper“) gibt einen Vorgeschmack auf die magische Welt der originellen Körperpercussionisten, die im Herbst mit einer spektakulären Liveshow nach Deutschland kommen.

Suzanne Cords

 

BARBATUQUES - Corpo Do Som


FAMILIA VALERA MIRANDA, ANTOINE GARCIA & SABRINA ROMERO
Cantos De Ida Y Vuelto

(Planete Aurora/harmonia mundi, www.longdistance.fr)
14 Tracks, 57:58, mit frz. u. engl. Infos

Ist das Flamenco? Sind das die Gypsy Kings? Oder ist das Salsa? Egal, es geht auf alle Fälle in die Beine, was Familia Valera Miranda & Co. musikalisch zu bieten haben. Der Titel Cantos De Ida Y Vuelto bedeutet soviel wie „Lieder des Hin- und Rückwegs“ und bezieht sich auf Klänge und Tänze, die von Lateinamerika nach Europa reisten und wieder zurück. Vor einigen Jahren nutzten die angereisten Musiker bei einem Festival in Perpignan einen fürchterlichen Sturm dazu, sich im privaten Kämmerlein zu einem spontanen Happening zusammenzutun. Damals traf auch die kubanische Familie Valera Miranda auf den französischen Zigeuner „Tato“ Garcia, Ex-Sänger von Tekameli. Das war der Beginn einer wunderbaren und nicht nur musikalischen Freundschaft. Monate später fand man in der Schwüle Santiagos im Osten Kubas im legendären Casa de La Trova erneut zusammen und lud die begnadete andalusische Flamencosängerin Sabrina Romera ein, sich dem geplanten Musikprojekt ebenfalls anzuschließen. Das Ergebnis liegt nun als Album vor und ist ein wunderbarer Hörgenuss, auf dem brillante Musiker und Sänger von beiden Seiten des Atlantiks ihr großes Können zusammenfließen lassen. Auf „El Negro Bembon Y El Gitano Antón“ verschmelzen Zigeunergitarre und kubanischer Quatro, „Sarandonga“ und „Lagrimas Negras“ zeigen sich von einer ganz neuen Seite. Absolut empfehlenswert!

Suzanne Cords

 

FAMILIA VALERA MIRANDA, ANTOINE GARCIA & SABRINA ROMERO
Cantos De Ida Y Vuelto


GABRIELA
El Viaje

(Intuition INT 33942/sunnymoon, www.songtone.com)
Promo-CD, 11 Tracks, 47:09, mit span. Texten u. engl. Übers.

Es ist eine Scheibe der leisen, aber dafür umso eindringlicheren Töne, die die argentinische Songwriterin und Sängerin Gabriela hier vorlegt. Auf El Viaje lädt sie zu einer poetischen Reise voller melancholischer und sehnsuchtsvoller Momente ein. Wie ein roter Faden zieht sich die landestypische Schwermut durch das Album, die atmosphärische, dichte Szenerie der Einsamkeit wirkt fast beklemmend. In „Las Caras De La Lluvia“ bringt der Regen nicht erfrischende Kühle, sondern Überschwemmung und Tod, und in „La Furia“ flieht jemand vor der Wut des Lebens ins Jenseits. Gabriela, die weit gereiste Tochter eines Diplomaten, die in Istanbul, Dublin, Paris, Lissabon und Los Angeles lebte, hat im Laufe der Jahre die unterschiedlichsten Musikstile aufgesogen, sich an Bob Dylan und Joni Mitchell, aber auch an mexikanischen Rancheras und irischen Folksongs orientiert. Mittlerweile ist sie Ende 50 und lebt wieder in der Heimat ihrer Vorfahren. Auf ihrem siebten Album mutet die Instrumentierung fast kammermusikalisch an, umgesetzt von Topjazzern wie Gitarrist Bill Frisell, Bassist Viktor Krauss, Geiger Eyvind, Keyboarder Steve Moore und Percussionist Tucker Martine. Über allem schwebt Gabrielas dunkle und klagende Stimme, die dem Werk eine zeitlose Gültigkeit verleiht. Und man muss der spanischen Sprache nicht mächtig sein, um die Kraft dieser Lieder zu spüren.

Suzanne Cords

 

GABRIELA - El Viaje


MARISA MONTE
Universo Ao Meu Redor

(EMI, Capitol 3590072, www.qrious.de)
Promo-CD, 14 Tracks, 47:04, mit portugies. Texten u. engl. Übers.

Infinito Particular

(EMI, Capitol 3590062, www.qrious.de)
Promo-CD, 13 Tracks, 39:01, mit portugies. Texten u. engl. Übers.

In den 90er Jahren ging Marisa Monte als neuer Stern am brasilianischen Musikerolymp auf, dessen Glanz bis nach Europa strahlte (Man denke nur an das wunderbare Stück „Gato Negro“, auf dem sie fauchte und schnurrte wie ein Kätzchen). In den letzten Jahren ist es ruhig geworden um die Sängerin mit dem einschmeichelnden Mezzosopran. Doch als ob sie ihre lange Abwesenheit wieder gut machen wolle, legt sie jetzt gleich zwei Alben gleichzeitig vor. Das erste Universo Ao Meu Redor ist eine Hommage an den Samba. Marisas Vater ist Leiter einer der legendärsten Sambaschulen in Rio, und so hatte sie sich schon lange vorgenommen, traditionelle Sambaschätze zu heben und zeitgemäß neu zu arrangieren. Die zweite Scheibe Infinito Particular ist sozusagen ein Produkt der Ordnungsliebe, denn als Marisa Monte ihre Kassettensammlung nach Samba-Liedern durchforstete, beschloss sie, endlich mal alle Bestände zu digitalisieren. Und so tauchte sie beim Abhören ein in die Welt alter und neuer Lieblingsstücke von Carlinhos Brown bis hin zu Seu Jorge. Genug Stoff für ein weiteres Album, bei dem u. a. Philip Glass für neue Arrangements sorgt. Begleitet wird Marisa Monte von Spitzenmusikern wie Cellist Jacques Morelenbaum, Pianist Dadi oder Gitarrist João Donato. Die CDs seien wie Zwillinge, zur gleichen Zeit geschaffen und doch habe jedes seine eigene Stimme, betont Marisa Monte - und ist zu recht stolz auf ihr Werk.

Suzanne Cords

 

MARISA MONTE - Universo Ao Meu Redor

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