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NATHAN ROGERS
True Stories
(Halfway Cove 0001, www.nathanrogers.ca)
11 Tracks, 38:33, mit Texten
Nathan Rogers ist ein 26 Jahre junger, extrem talentierter Musiker und
Songschreiber, der auf seinem Debütalbum neben großartigem Gesang exquisite
Fingerfertigkeit auf der Gitarre hören lässt. Und was für eine Stimme dieser
Bursche hat: einen tiefen Bariton mit samtweichem Timbre. Stilistisch ist
die Musik mal an groovenden, akustischen Countryblues angelehnt, mal mischt
sie Old-Time Fiddle, Folk- und Rockelemente. Doch fast noch anrührender sind
die Momente, wenn Rogers sanft und schmeichelnd zu spartanischer
Gitarrenbegleitung singt. Seine Lieder haben satirisch-politischen Biss,
sind pointiert in wohlgeschmiedeter Lyrik gesetzt und von emotionaler Tiefe,
wie z. B. „Mary’s Child“, eine Auseinandersetzung mit der folgenreichen
Begegnung europäischer und nativer nordamerikanischer Kultur, als
französische Missionare den Indianern nicht nur Religion, sondern auch die
Syphilis brachten. Sehr schön auch der Song über die New Yorker
Feuerwehrleute („Tuesday Morning“) oder die Ballade über die hart
arbeitenden Menschen in den Eisenerzminen von Hibbing.
Mag sein, dass die Erwartungen an den Sohn der kanadischen Folkikone Stan
Rogers extrem hoch sind - er erfüllt sie spielend, mit eigenständiger
Qualtität als Songschreiber und Interpret der Extraklasse.
Ulrich Joosten
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THE FREEDOM TOAST
Sing Along With ... The Republicans
Sing Along With ... The Democrats
(Eigenproduktion; The Freedom Toast, Suite C-254, 950 Herrington Road, Lawrenceville GA 30044-7217)
Do-CD: 23 Tracks, 59:39, mit Texten und Infos
Rechtzeitig zu den demnächst anstehenden Kongress- und Senatswahlen in den
USA hat ein Quartett mit dem schönen Namen The Freedom Toast einen
unterhaltsamen Soundtrack für die anstehenden Bürgerentscheidung zwischen
Pest und Cholera vorgelegt. Simon Pauley, Garth Artfunkle, John Anchovi und
Susan Saranrap - Pseudonyme versteht sich - haben im Fundus der
traditionellen US-Folklore gekramt und sind fündig geworden. Die beiden CDs
bieten Sing-Along-Songs für Demokraten wie Republikaner. Oder vielleicht
doch eher für alle, die genug haben von einer vermeintlichen Demokratie, in
der es offensichtlich keine parlamentarische Opposition gibt. Wie auch immer
... Aus „The Happy Wanderer“ wird auf Sing Along With ... The
Republicans „The Happy Plunderer“. Aus „Hang Down Your Head, Tom Dooley“
wird „Hang Down Your Head, Tom DeLay“. Und aus Belafontes „Jamaica Farewell”
wird „Enron Farewell“. Aber auch Sing Along With ... The Democrats hat
so manchen „Klassiker“ zu bieten: Statt „Swing Low, Sweet Chariot“ wird hier
„Stoop Low, You Media“ angestimmt. Der Austausch von zwei Buchstaben macht
aus „Strangers In The Night“ „Strangers On The Right“. Und geradezu
verzweifelt heißt es statt „Bring Back My Bonnie To Me“ bei den Freedom
Toast „Bring Back Bill Clinton To Me“. Ein absolutes Muss für alle an
US-Politik Interessierte und eine dringende Empfehlung für alle
Rundfunkprogrammgestalter: Hier finden sich reichlich „gehaltvolle“
musikalische Intros für die Berichterstattung in den nächsten Wochen.
Michael Kleff
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EDITH BUTLER
Madame Butlerfly
(Kappa 64027 2792, www.edithbutler.com)
12 Tracks, 39:00, mit Texten u. frz. Infotext, nur in Kanada erschienen
Edith Butler ist eine der wichtigsten akadischen Sängerinnen von heute.
Eine von denen, die das Erbe der frankophonen Kanadier hochhalten, in deren
Liedern die unendlichen Weiten präsent sind, der riesige Mondkäse über
kalten, tiefen Seen, die Rhythmen der indianischen Ureinwohner und die
magischen Urwaldriesen bis zum Horizont. Das Erbe der „Madame Butlerfly“
bildet auch ihr aktuelles Album, von Frankreich und Flandern, England und
Irland über Akadien, die Indianer hin ins Exil von Louisiana. Es ist darüber
hinaus das Dokument einer Begegnung mit Chanson-, Popgeigen- und
Musikerfreundin Catherine Lara aus Frankreich. Traditionals von beiden
Seiten des Atlantiks („Marie Caissie“, „Le Grain De Mil“, „A La Claire
Fontaine“, „Dans Les Prisons De Nantes“) treffen auf eigene Songs („Maman
Becquer Bobo“) - vollmondnächtig und weltmusikwabernd um die in Deutschland
leider noch fast völlig unbekannte Stimme einer faszinierenden Frau auf
kompromissloser Suche.
Gerd Heger
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BUCKY HALKER
Wisconsin 2.13.63
(Brambus Records 200616-2)
12 Tracks, 53:00, mit Texten und Infos
Der Titel der CD könnte auf den ersten Blick auf ein Datum verweisen: den
13. Februar 1963. Doch er geht vielmehr auf ein Photo zurück, das Bucky
Halker als Achtjähriger in der Zeitung gesehen hatte. Es zeigt drei
Straßenschilder der Highways 2, 13 und 63 in Halkers Heimatort Ashland,
Wisconsin. Hat der in Chicago lebende Singer/Songwriter sich auf seinen
letzten Alben vor allem mit politischen Themen beschäftigt, so bietet
Wisconsin 2.13.63 eher Inneneinsichten in Halkers Leben und
Vorlieben. Die Themen der zwischen 1986 und 2003 geschriebenen Songs reichen
über seine Faszination von Vögeln („Birdland Symphony“), für die seine Frau
Toni Vogelstimmen aufnahm, und seine Verehrung für den Tierliebhaber
Franziskus in Abgrenzung zur organisierten Religion („St. Francis“) bis hin
zu seinem Hobby, dem Fischen („Fish On A Line“), Krimis als gern gelesener
Literatur („Gun So Small“) und der Erinnerung an eine vergangene Liebe („40
Hours To A Kiss“). Ähnlich vielfältig ist die musikalische Verpackung. Sie
reicht von beschwingten Folk- und Countryrockklängen bis hin zu Anleihen bei
Jazz und Rockabilly. Für den Sound sorgen neben Bucky Halker an diversen
Gitarren die Mitglieder seiner langjährigen Band, The Complete Unknowns,
sowie einige weitere Gäste, darunter Singer/Songwriter-Kollegin Kat
Eggleston als Sängerin und Marshall Dawson, der mit seiner 12-saitigen
Gitarren an die Byrds erinnert.
Michael Kleff
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RAMBLIN’ JACK ELLIOTT
I Stand Alone
(Anti/SPV 6814-2)
16 Tracks, 32:34, mit Infos
Vor zehn Jahren bekam er einen Grammy für sein Album South
Coast. Und sieben Jahre nach seinem letzten Studiowerk The Long
Ride legt Elliott Charles Adnopoz alias Ramblin’ Jack ein neues Werk
vor. Im Mittelpunkt stehen dabei seine Martin-Gitarre und seine
altersbedingt - er wird demnächst 75 - brüchiger geworden Stimme. Elliott
ist kein Songwriter - er hat nur eine Handvoll eigener Songs geschrieben -,
aber er ist ein einzigartiger Interpret nordamerikanischer Country-, Folk-
und Singer/Songwriter-Balladen. Hier spielt und singt er sich durch einige
Traditionals und Stücke u. a. der Carter Family („Engine 143“), von Butch
Hawes („Arthritis Blues“), Leadbelly („Jean Harlow“), Ernest Tubb („Careless
Darling“), Cisco Houston („Old Blue“) und Tom Paley („Call Me A Dog When I’m
Gone“). Ein Guthrie-Titel fehlt. Dafür offeriert er mit „Woody’s Last Ride“
jedoch eine gesprochene Ode an sein großes Vorbild, in der er von ihrer
letzten gemeinsamen Reise nach Kalifornien erzählt. Begleitet wird Ramblin’
Jack Elliott - wenn auch nur bei wenigen Titeln - von einiger Prominenz:
Lucinda Williams, David Hildago, Flea (Red Hot Chili Peppers) und Corin
Tucker (Sleater Kinney). Das I Stand Alone nur knapp über 30 Minuten
lang ist, mag man entschuldigen wollen. Unentschuldbar ist jedoch, dass im
Booklet auf den Abdruck der Texte verzichtet wurde. Und geradezu peinlich
für die Plattenfirma Anti ist es, dass im Text eines Werbestickers auf der
CD der Vorname Guthries falsch geschrieben wurde: „Woodie“.
Michael Kleff
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COLIN LINDEN
Easin’ Back To Tennessee
(Crosscut Records 11091/inakustik, www.in-akustik.com)
13 Tracks, 50:41, mit wenigen engl. Kompaktinfos
Der kanadische Singer, Songwriter und Gitarrist Colin Linden behauptet,
mit Easin’ Back To Tennessee sein persönlichstes Album aufgenommen zu
haben. Und wenn er das selbst sagt, stimmt es mit Sicherheit auch. Im Trio
mit Larry Taylor am Upright Bass und Drummer Stephen Hodges sind ein Dutzend
Songs entstanden, die unter die Haut gehen. Klassiker wie „Trouble Soon Be
Over“ von Blind Willie Johnson oder der Titelsong von Sleepy John Estes
fanden dabei genauso Eingang ins Songmaterial wie Colins eigene Lieder.
Dabei singt er die einen wie die anderen, als wäre es genau das, was er in
dem Moment empfindet und denkt. So muss es sein! Songs für die Seele, aus
vollem Herzen gesungen und dazu noch mit erstklassigen Gitarrenparts und
Triosound verstärkt. Colin Linden, der bereits Alben mit Sue Foley aufnahm,
hat seine Platte selbst produziert, aufgenommen und gemischt. Abgesehen
davon greift Linden auch gelegentlich, wie beim Stück „Champ“, zu Mandoline
oder E-Bass ... Er lässt sich eben nichts nehmen und macht es dann auch noch
richtig gut. Blues- und Rootsfeeling sind hier garantiert!
Carina Prange
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BRUCE COCKBURN
Life Short Call Now
(Cooking Vinyl/Indigo COOKCD381)
12 Tracks, 58:51, mit Texten
Nach seiner letzten CD Speechless hat Bruce Cockburn seine Stimme
wiedergefunden. Und er hat auf seinem 28. Album durchaus etwas zu sagen -
mit drei von seinem Gitarrenspiel geprägten Instrumentaltiteln als kleine
Zwischenspiele. Auch auf Life Short Call Now stehen Frieden, Umwelt
und Gerechtigkeit unverändert im Mittelpunkt seiner Texte. In „Slow Down
Fast“ singt der Kanadier mit wilden Reimen gegen die Neocons unserer Welt
an: „L ron, N ron, every kind of ron con“. Die Erfahrungen eines Besuchs in
der irakischen Haupstadt hat Cockburn in dem Stück „This Is Bagdad“
verarbeitet. Darin beschreibt er das gesehene Ausmaß an Zerstörung:
„Everything’s broken in the birthplace of law.“ In „Tell The Universe“
erinnert uns der Musiker daran, wem wir die Scheiße auf dieser Welt zu
verdanken haben: Wirrköpfen in Politik und Militär. Cockburns Klage lautet:
„You’ve been projecting your shit at the world / Self-hatred tarted up as
payback time / You can self-destruct that’s your right / But keep it to
yourself, if you don’t mind“. Bei aller Kritik macht er aber auch Mut. Wenn
er z. B. in „Mystery“ fordert: „Stand up and let it shine“. Musikalisch hat
Cockburn sein aktuelles Album äußerst sparsam gestaltet, auch wenn die Liste
der Mitspieler lang ist, als Gäste u. a. dabei Ron Sexsmith und Ani
DiFranco. Die Botschaften dieser CD sind überzeugender als die musikalische
Verpackung. Das ist mir aber dennoch lieber als andersherum.
Michael Kleff
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