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DONNIE MUNRO
Heart Of America

(Greentrax Recordings CDTRAX291/FMS, www.fenn-music.de)
12 Tracks, 54:41, mit engl./gäl. Texten

Um es gleich vorweg zusagen: Der Einstieg beim schottische Erfolgslabel ist auch gleichzeitig die bis dato überzeugendste Solo-CD des ehemaligen Runrig-Frontmannes. Eingängige, in sich stimmige, bildhafte Eigenkompositionen in Englisch und Gälisch, drei Traditionals (okay, „Raglan Road“ ist vielleicht ein wenig sehr weichgespült) und je ein Song von Blair Douglas und Robin Williamson; der Munro-Schmelzfaktor hält sich ansonsten in Grenzen, Chris Harley produziert einen runden und modernen Folk-Rock-Pop-Sound. Und dennoch gelingt es Donnie Munro auch mit dieser CD nicht gänzlich, die Runrig-Schatten abzuschütteln. Es kann ihm kaum zum Vorwurf gemacht werden - es ist eher ein Kompliment -, dass viele Fans seine Stimme bis heute mit den gälischen Rockern assoziieren. Aber wenn Munro auf das a capella gesungene, rhythmisch akzentuierte „Mo Chruinneag Bhòidheach“ seine eigenes „Where The Roses“ folgen lässt, dann klingt letzteres inhaltlich und musikalisch dezent nach den „Summer Walkers“ von Runrig. Ach, was soll das musikalische Sherlock-Holmes-Spiel! Donnie Munro und seine Ex-Kollegen haben ihre Wurzeln an der schottischen Westküste, da dürften Überschneidungen unvermeidlich sein. Habe ich eigentlich schon gesagt, dass Heart Of America ein schöne CD ist?

Mike Kamp

 

DONNIE MUNRO - Heart Of America


DUQUENDE
Mi Forma De Vivir

(Exil Musik 6925-2/Indigo, www.exil.de)
Promo-CD,11 Tracks, 51:58

Eine Stimme wie die spröde, rissige Erde in Spaniens Süden. Ein Monster hat ihn Paco de Lucía genannt - in Bezug auf Gesang und Inspiration. Und der wird wissen, wovon er spricht. Am cantaor schätzt der Kenner die Tiefe des Ausdrucks, die Leidenschaft mit der er die Seele des Liedes auslotet. Die Stimme selbst darf brüchig und verletzt klingen. Auch Stimmumfang und Intonation spielen im cante grande keine Rolle. Technik ist nie Selbstzweck, anders als in der europäischen Kunstmusik. Und all das das macht uns den echten Flamencogesang so fremd und schwer begehbar. Juan Cortés, besser bekannt als Duquende, stammt aus einer musikliebenden Gitanofamilie und sammelte bereits mit acht Jahren erste Bühnenerfahrung. Camarón de La Isla soll ihn bereits zu diesem Zeitpunkt als seinen möglichen Nachfolger betrachtet haben. In Carlos Sauras Flamencofilm ist er mit zwei spektakulären bulerías zu bewundern, und oben bereits genannter Paco de Lucía berief ihn 1997 als Nachfolger für seinen Bruder Pepe in sein Septett. Der mittlerweile 40-jährige Künstler hat auch auf seinem mittlerweile sechsten Album einige wichtige Musiker der aktuellen Flamencoszene versammelt. Unter ihnen die Gitarristen Chicuelo und Nino Josele, Percussionist El Pirana und Bassist Carlos Benavent. Üppige Gesangsarrangements, kraftvolle Chöre, aber auch die fast asketisch anmutende titelgebende soleá zeigen einen hinreißenden Sänger im Zenit seines Schaffens.

Rolf Beyemüller

 

DUQUENDE - Mi Forma De Vivir


DIDIER SQUIBAN
La Plage

(L’Oz 47 / Sony BMG)
12 Tracks, 53:09

Didier Squiban hat wieder einen Dreh gefunden. Diesmal präsentiert sich der bretonische Pianist mit einem Jazzquartett. Doch keine Angst, Squiban hat sich nicht vom Folk abgewandt, er gibt seinem gewohnten Folkjazz nur ein paar neue Farben. Den Durchbruch in der Folkszene errang der Pianist Mitte der 90er Jahre als Partner des Sängers Yann-Fanch Kemener. Es folgten vier Solo-CDs und zwei Symphonien mit großem Orchester. Jetzt also La Plage mit Bernard Le Dreau (Saxophon), Simon Mary (Bass) und Jean Chevalier (Percussion). Doch trotz der spezifischen Jazzbesetzung ist die CD zugänglicher als manche seiner Solowerke, die zuletzt auch etwas richtungslos wirkten. La Plage dagegen hat wieder eine klare Orientierung auf die Bretagne. Dafür steht auch Bernard Le Dreau, der sonst bei der bretonischen Premium-Fest-Noz Skolvan spielt. Fast könnte man von einem Duo Squiban/Le Dreau sprechen. Der Pianist hat alle Stücke selbst geschrieben. Viele klingen allerdings, als hätte man etwas ähnliches schon einmal gehört - und dann erinnert man sich an frühere Squiban-Alben. Aber Squiban kann man solche Selbstzitate nicht übel nehmen, solange er sich stets auch entwickelt. La Plage ist die wohl eingängigste Squiban-CD seit Molène, allerdings ist sie dank der jazzigen Färbung nicht so süßlich. Also, genau das Squiban-Album, auf das man lange gewartet hat.

Christian Rath

 

DIDIER SQUIBAN - La Plage


SMADJ presents
S.O.S. Project

(Doublemoon Records/Rough Trade)
10 Tracks, 52:24, sparsame engl. Infos

Bezaubernde Melodiösität vereint sich mit treibender Percussion, wenn ein Tunesier an der Schnittstelle zwischen Europa und Asien seine musikalische Istanbulpremiere verwirklicht. Vor drei Jahren kam der tunesische Oudspieler und Musikelektroniker Smadj (vom „DuOud“) für ein CD-Projekt an den Bosporus und blieb dort. Mit dem griechischen Bouzoukivirtuosen Osman Orhan und dem Zigeunerklarinettisten Savas Zurnaci sowie vier weiteren exzellenten Musikern aus Istanbul spielte er ein ausgereiftes, weitgehend instrumentales Album ein. Wir finden die drei Virtuosen in Soli und in vielfältigen Dialogen, mit Shufflebeats und Bauchtanzrhythmen. Der geschmackvolle Umgang mit Straßenatmos und einem türkischen Schlager als witziges Radiozitat, aber auch die leichten elektronischen Verfremdungen zeigen den sicheren Klangtüftler, der auf Mätzchen verzichtet und neben seiner elektronischen Percussion gleich zwei percussionistische Handarbeiter beschäftigt. Und das letzte Stück des Trios verdeutlicht, dass es manchmal nicht mehr als drei hervorragende Musiker braucht für unglaublich schöne Musik. Dies ist übrigens eine „multitasking CD“: Die Musik ist weitgehend tanzbar und zugleich ein großartiges Zuhöralbum.

Birger Gesthuisen

 

SMADJ presents - S.O.S. Project


BOUFFARD/CHABENAT
Tour À Tour

(Modal MPJ 111040)
11 Tracks, 43:27

Akustische trifft auf elektroakustische Drehleier, Tradition meets Moderne. So kann man diese Duo-CD auf den Punkt bringen. Drehleiermusik, die regelrecht jubilieren kann - das kriegt man nicht allzu häufig zu hören. Doch wenn sich zwei Spitzenmusiker wie Patrick Bouffard und Gilles Chabenat zu einer musikalischen Kollaboration zusammentun, dann darf man schon ein besonderes Hörerlebnis erwarten. Kriegt man. Die Fans bekommen neben neuen Kompositionen auch jede Menge musikalischer Déjà-vus mit zeitgenössischen Versionen traditioneller Standards und Neuinterpretationen alter Ohrwürmer zu hören, gespielt im Turbogang unter Einsatz aller Techniken, die modernes Leierspiel ausmachen. Vor allem begeistert, wie traumwandlerisch sicher sich die beiden Musiker in immer wieder überraschenden Arrangements die Bälle so zuwerfen. Dass aus simplen Volksliedern wie „Au Clair De La Lune“ große Kunst werden kann, hört man eindrucksvoll unter Mitwirkung der Barockflötistin Tobie Miller. Solche Kabinettstückchen sowie jede Menge augenzwinkernder musikalischer Verweise und Zitate rufen beim Hören begeistertes breites Grinsen hervor und lassen die CD zu einem dreiviertelstündigen Genuss werden, der keinen Schnarrenschlag langweilig wird. Absolut großartig!

Ulrich Joosten

 

BOUFFARD/CHABENAT - Tour À Tour


DIVERSE
Guide Cats For The Blind

(Osmosys OSMO CD 020/21)
Do-CD, 40 Tracks, 108:33, mit engl. Infos

Guide Cats For The Blind Vol. 2 - Missing Persian File

(Osmosys OSMO CD 032, www.mrsackroyd.com)
22 Tracks, 61:28, mit engl. Infos

Les Barker kennt hierzulande fast niemand. Schade, denn der Typ ist was Besonderes. Nicht, dass er in seiner englischen Heimat ein Star wäre. Das passiert Menschen, die Gedichte schreiben, eher selten. Aber zumindest tritt er auf der Insel auf, z. B. in Folkclubs, und etliche Namen der Szene wie Martin Carthy, June Tabor oder Cyril Tawney singen u. a. seine Parodien. Und das muss man einfach gehört haben! Wenn z. B. Tom Paxton singt “Will The Turtle Be Unbroken”. Oder Barker selbst rezitiert sein (ziemlich) bekanntes Gedicht „Cosmo, The Fairly Accurate Knife Thrower“. Oder das schier unglaubliche „Napoleon’s Circular Retreat From Reading“ über einbahnstraßige Sackgassen und ihre Folgen. Das sind keine gedrechselten Poesieergüsse, sondern extreme Ausbünde skurrilsten britischen Humors. Die beiden vorliegenden CDs wurden zugunsten eines Blindenhilfswerks eingespielt. Neben diversen Folkies, u. a. den erwähnten, sprechen etliche britische Radiomenschen und Schauspieler die Textes des Les Barker. Wer ein Faible für britischen Humor hat, wird diese CDs lieben.

Mike Kamp

 

DIVERSE - Guide Cats For The Blind

DIVERSE - Guide Cats For The Blind Vol. 2 - Missing Persian File


ANNA RYNEFORS & ERIK ASK-UPMARK
Dråm

(Westpark Music 87127)
14 Tracks, 50:10, mit schwed./engl./dt. Infos

Dråm ist ein Dialektwort, verwandt mit „Drohne“ und bezeichnet den Bordunton, und damit ist klar, was uns diese CD bringt: Bordungebrumm unter den Melodien von Nyckelharpa, Sackpfeifen und Drehleiern, zu denen sich auch noch Harfe und Rebec gesellen. Diese reine Instrumental-CD bringt Stücke aus dem Repertoire traditioneller Spielleute aus den schwedischen Landstrichen Västergötland, Schonen und vor allem Dalarna. Dass Dalarna so reich vertreten ist, erfreut besonders, da es erst wenige Jahrzehnte her ist, dass die Musikforscher dorthin pilgerten, um dem letzten Sackpfeifer der Gegend, mit dem eine jahrhundertelange Tradition zu enden schien, ein letztes Interview zu entlocken. Die Tradition lebt also wunderbar wieder auf, das zeigen Rynefors und Ask-Upmark, die sich in der Tradition besagter Spielleute sehen, die aber durchaus auch eigene Neuerungen hinzufügen, z. B. die nach irischen Vorbildern gebaute Harfe, die der schwedischen Musik eine Prise Carolan gibt. Die Melodien sind eher langsam, oft ein bisschen traurig und verträumt, die eine oder andere Tanzweise aber sorgt für jähes Aufwachen. Wunderbare CD, nur verwundern die deutschen Übersetzungen - sie kleben am schwedischen Wortlaut, ohne auf deutsche Sprachgewohnheiten einzugehen, es stehen Dinge darin, die im schwedischen Original fehlen, und wenn es schwierig wird, wird gar nicht erst übersetzt, sondern der schwedische Ausdruck beibehalten (bei den Titeln der Stücke z. B.) - einwandfrei ein Wermutstropfen in dieser sonst so köstlichen schwedischen Mixtur.

Gabriele Haefs

 

ANNA RYNEFORS & ERIK ASK-UPMARK - Dråm


DAAU (Die Anarchistische Abendunterhaltung)
Domestic Wildlife

(RD 005/PIAS 4730005020)
11 Tracks, 57:41

Was ist der Unterschied zwischen einem deutschen und einem belgischen Folkmusiker? Der Deutsche jammert, dass Folk Nischenmusik bleibt, der Belgier platziert seine Musik in den Hitparaden. Urban Trad zum Beispiel räumten beim Grand Prix ab. Oder DAAU, die sowohl in Rudolstadt begeisterten als auch auf den großen Rockfestivals in Sziget oder Roskilde gefeiert wurden. Das Label ist kein Folkspezialist und erst recht kein Major mit Alibi-Worldabteilung. PIAS veröffentlicht eher kommerziell erfolgreiche Independenttitel wie Mogwai oder eben DAAU. Warum ist es in Belgien möglich, Musik nicht nach Sparte, sondern nach der Qualität zu beurteilen? Jedenfalls ist die Qualität von DAAU das entscheidende Kriterium. Mit einer unfehlbaren Musikalität ausgestattete Anarchopunks treffen sich zum grenzenlosen Experiment. Ein wildes Akkordeon misst sich mit einer Jazzgeige, das Cello improvisiert mit dem Kontrabass um die Wette, man hört Klezmer neben Radiohead, die Doors grüßen Apocalyptica. Trotz moderner Anleihen findet sich auf Domestic Wildlife keine Spur von Folkrock, stattdessen Weltmusik pur. Die Kompositionen sind niemals leichte Kost, haben aber immer ein Augenzwinkern, welches sich nicht zuletzt auch in den Titeln niederschlägt.

Chris Elstrodt

 

DAAU - Domestic Wildlife


FRANCA MASU
Aquamare

(dunya Felmay fy 8117/Just Records Babelsberg; www.felmay.it, www.francamasu.com)
12 Tracks, 60:45, mit kat./ital./engl. Texten

Wenn der legendäre katalanische Sänger Lluís Llach im Booklet schreibt, dass er von der Stimme und den Liedern der Sardin Franca Masu verzaubert ist, hat das seinen Grund. Die Sängerin stammt aus Alghero im Nordwesten Sardiniens, wo noch immer Katalanisch gesprochen wird. Franca Masu hat wie Lluís Llach eine Vorliebe für epische Lieder und das Meer. Neu singt Franca Masu auch je zwei Lieder auf Italienisch und Spanisch, darunter den argentinischen Standard „Alfonsina Y El Mar“. Und wie sie singt! Ihr dunkles Timbre und ihre Ausdruckskraft machen diese Lieder zwischen Mittelmeer, Tango und Jazz zu einem Erlebnis. Auf Aquamare, ihrer dritten Solo-CD, wird sie erneut von der Crème der sardischen Folkjazzszene wie Mauro Palmas (Mandoloncello), Gavino Murgia (Saxophon, Gesang) oder Marcello Peghin (Gitarren) begleitet. Franca Masu lässt ihren Begleitern viel Raum. Man höre nur mal die ausgefallene Obertongesangseinlage in „Mirant Estrelles“ oder das wilde Saxophonsolo in „Presències“. Begreiflich, dass Luís Llach von Franca Masu und ihrer Band begeistert ist.

Martin Steiner

 

FRANCA MASU - Aquamare


FLOATING STONE
Arco’s Third Eye

(netmusiczone NMZ 04006427/Rough Trade)
20 Tracks; 72:32; mit Infos

Hinter Floating Stone verbergen sich der Gitarrist und Percussionist von Wavelegende Anne Clark. Dass es sich bei Arco’s Third Eye aber um weit mehr handelt als um die Instrumentalausgabe der melancholischen Elektrofee, wird bei den ersten Tönen klar. Hier trifft filigrane Gitarrenkunst auf gebündelte Spiritualität, passend auf jedem Kleinkunstfestival zwischen Blues, Avantgarde, Klassik, Wave oder eben Folk. Floating Stone sind damit eins der seltenen Beispiele, wie man ein lupenreines Folkalbum einspielen kann, ohne im Worldmusikregal verramscht zu werden. Die Fachpresse bemüht Vergleiche zu Tool, und auf der Bühne sieht man das Duo sowohl im Vorprogramm von Rush oder Queensryche als auch beim Festival der leisen Töne. Das neue Album erscheint nun als Doppel-CD. Auf der ersten CD befindet sich die akustische Version der Band. Die zweite CD beinhaltet sechs Remixes von Deutschlands innovativstem Soundtüftler, dem Leipziger XABEC. Dieser verwandelt die akustische Version in eine Chill-Out-Variante erster Güte. Unterschiedlicher können die beiden CDs nicht sein, obwohl ihnen die gleichen Kompositionen zugrundeliegen. Anne Clark selbst leiht der potenziellen Hitsingle „Dittany“ ihre Stimme und rundet damit das Album ab.

Chris Elstrodt

 

FLOATING STONE - Arco’s Third Eye


NATASA MIRKOVIC-DE RO/MATTHIAS LOINBER
Ajvar & Sterz

(Galileo nube 1004)
15 Tracks, 59:09, mit Texten (mehrsprachig) und Infos

MATTHIAS LOIBNER
Passages

(cinq planetes CP 07271)
13 Tracks, 59:36

Alpenländische und Balkanvolksmusik, dargeboten nur von Stimme und Drehleier, kann das gutgehen? „Gutgehen“ wäre wüstes Understatement. Und was heißt hier NUR Drehleier und Stimme? Immerhin ist die Rede von der Schauspielerin und Sängerin Natasa Mirkovic-De Ro (u. a. Sandy Lopicic Orkestar), einer der großartigsten Weltmusikinterpretinnen. Und dass Matthias Loibner (Deishovida) zur ersten Garnitur der Drehleierspieler gehört, hat er nicht nur mit zahlreichen Folk- und Weltmusikproduktionen bewiesen, sondern auch mit Einspielungen barocker Klassiker.

Ajvar & Sterz bietet südosteuropäische Liedleckerbissen aus Serbien, Bosnien, Mazedonien und Albanien, deren Wurzeln in die alpenländischen Traditionen hinüberreichen. Vom sephardischen Liebeslied über österreichische Schützentänze entsteht in der archaischen, sehr direkten Interpretation eine Mixtur nachdenklich-klagender bis fröhlich-überschäumender Lieder und Instrumentalstücke, die tief anrühren. Ungemein präzise gesungen und von wahrhaft delikatem, nuanciertem Drehleierspiel begleitet, werden sie zu einem emotional tief bewegenden Hörerlebnis voll ungewohnter Klangfarben und Stimmungen.

Und wer danach richtig Lust auf Drehleiermusik bekommen hat, der darf sich mit Loibners Solo-CD belohnen, einem entfesselten Parforceritt durch den Klangkosmos der Drehleier. Das ist Musik, gezeichnet von schierer Virtuosität, mit einer Bandbreite, die von brachial-archaischen, meditativ-nervenzerrenden Klanggemälden bis zu überschallschnell wirbelnden Melodieläufen in avantgardistischen Kompositionen reicht, die im traditionellen Material fußen und es mit Lichtgeschwindigkeit in den Orbit des Drehleierhimmels schießt.

Ulrich Joosten

 

NATASA MIRKOVIC-DE RO, MATTHIAS LOIBNER - Ajvar & Sterz


RICCARDO TESI/CLAUDIO CARBONI
Crinali

(dunya Felmay fy 8114/Just Records Babelsberg, www.felmay.it; www.riccardotesi.it)
15 Tracks, 64:21, mit Texten und ital./engl. Infos

Wenn der toskanische Melodeonmeister Riccardo Tesi alljährlich eine neue CD präsentiert, verhält es sich wie mit einem Vino Nobile di Montepulciano. Fragt sich nur, ob es ein guter oder ein Spitzenjahrgang ist. Für den 2006er Jahrgang zeichnen auf dem Booklet der Meister und der Banditaliana-Saxophonist Claudia Carboni. Tesis Banditaliana-Musikerkollegen sind aber wie immer mit viel musikalischem Gespür mit von der Partie. Zusätzliche Akzente setzt vor allem die Sängerin Ginevra di Marco, die mit ihrer leicht gebrochenen Stimme eine rockige Atmosphäre einbringt. Riccardo Tesi hat sich dieses Mal in den Tälern des Apennins in der Region Bologna nach traditionellem Material umgeschaut. Die Musiker spielen die traditionellen Motive oft in Form von Suiten, was für viel Abwechslung sorgt. Das gilt auch für meine zwei Favoriten, der instrumentalen „Suite Di Mazurke“, mit ihrem berührenden Anfangsmotiv, und „Rispetti E Dispetti“, bei der Maurizio Geris und Ginevra di Marcos Gesang hervorsticht. Wie immer beschreiten Riccardo Tesi und seine Leute auch neue musikalische Wege. So findet schon mal ein Tango, ein Latin- oder Reggaebeat den Weg in die entlegenen Apennintäler. Crinali ist ein dezent poppiger, aber sehr süffiger Jahrgang mit einer Vielzahl reich duftender Geschmacksnoten geworden.

Martin Steiner

 

RICCARDO TESI/CLAUDIO CARBONI - Crinali


PREßBURGER KLEZMER BAND
S láskov ... mit libe

(Hev-Het Tune EH 0004-2-331)
18 Tracks, 62:00, mit jidd./engl./tschech. Texten

Ihr bereits viertes Album seit Lajv aus dem Jahre 2002 präsentiert die siebenköpfige slowakische Gruppe aus der Hauptstadt Bratislava, die das „ß“ in ihrem Namen gleich beibehalten hat. Andrej Werner (Violine, Gesang), Miroslav Lago (Klarinette), Snežana Jovic (Akkordeon, Gesang), Pavol Šuška (Piano), Samuel Alexander (Kontrabass), Viktor Schramek (Percussion) und Marta Potancoková (Gesang) beginnen furios mit einem Medley aus zwei Liedern unterschiedlichen Taktes und unterschiedlicher Rhythmik („Jovano & Yoshke“), das eine aus Mazedonien, das andere aus Russland - jedoch mit „interessanten Ähnlichkeiten“, so das CD-Beiblatt. Wenngleich auch weitere Titel mit balkanischen Einflüssen folgen, so fehlen nicht traditionelle jiddische Weisen, etwa „Donna Donna“, in dem ein Kalb zum Schächten geschleppt wird, oder „Az der rebe elimeylekh“, in dem es um den alkoholischen Einfluss auf einen Rabbi geht. PaKaB, so die Abkürzung des Gruppennamens in hebräischer Sprache, feiert dieses Jahr ihr zehnjähriges Bestehen. Übersehen wurde vielleicht, dass man Jiddisch in hebräischen Buchstaben und dann von rechts nach links schreiben sollte (und nicht wie auf der Innenseite des CD-Umschlages den Albumtitel eben anders herum).

Matti Goldschmidt

 

PREßBURGER KLEZMER BAND - S láskov ... mit libe


DYSART & DUNDONALD PIPE BAND
Terra Incognita

(Greentrax Recordings CDTRAX296/FMS, www.fenn-music.de)
15 Tracks, 54:25, mit engl. Infos

SIMON FRASER UNIVERSITY PIPE BAND
On Home Ground - Volume Two

(Greentrax Recordings CDTRAX293/FMS)
15 Tracks, 67:25, mit engl. Infos

Jede schottische oder internationale Pipeband von einer gewissen Qualität - z. B. Grade 1 - kommt heutzutage in diversen Varianten oder Mischformen daher: Als militaristisch funktionierende Einheit mit den Drums, als Folktruppe, als Ceilidh Band oder als Bühne für zwei bis drei hervorragende Solisten, die dann nicht nur die Highland Pipes, sondern auch die Small Pipes spielen. So auch hier. Die fast 80-jährige Dysart & Dundonald Pipe Band hat mehrere Titel gewonnen, inklusive zweimal die World Pipe Band Championships. Die Simon Fraser University Pipe Band aus British Columbia/Kanada hat eben jenen Titel in 40 Jahren bereits viermal gewonnen (Volume One wurde übrigens im Folker! 06/2005 besprochen)! Der Laie hört keine Qualitätsunterschiede, freut sich aber über die oben geschilderte und willkommene Abwechslung.

Mike Kamp

 

DYSART & DUNDONALD PIPE BAND - Terra Incognita

SIMON FRASER UNIVERSITY PIPE BAND - On Home Ground - Volume Two

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