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DICK GAUGHAN
Lucky For Some

(Greentrax Recordings CDTRAX 290/FMS)
10 Tracks, 56:12, mit engl. Texten

Wenn der Schotte Gaughan eine neue CD veröffentlicht, dann sind Ergebnis und die Resonanz absehbar, schließlich geht es hier um einen Giganten der zeitgenössischen Folkmusik. Alle sind zu Recht des Lobes voll über seine intelligenten Songs, eine erstaunliche Entwicklung übrigens, sah er sich doch früher eher als Liedinterpret. Oder seine Stimme, die vielleicht nicht jedermanns Sache ist, aber einzigartig emotional und kontrolliert zugleich. Oder sein akustisches Gitarrenspiel, geprägt von Können, ohne seine Saitenfertigkeit eitel in den Vordergrund zu stellen. All das gilt auch für Lucky For Some. Grandiose Lieder wie „Whatever Happened“ über Revolutionäre, die sich im Alter mit den Verhältnissen arrangieren. Oder „The Hunter Dunne“ über einen Kopfgeldjäger, der heutzutage ein guter Freund der Herren Bush & Blair sein könnte. Oder das kämpferische, zu Veränderungen auffordernde „Different Drum“. Doch in Sachen Produktion fällt mir als Nicht-Hififreak erneut auf, dass Dick Gaughan eine Art „Poltersound“ zu bevorzugen scheint, sobald Drums und Bass (spielt er die eigentlich selbst?) ins Spiel kommen, und das liegt garantiert nicht an Ian McCalmans Studio. Der Titelsong oder „We Got The Rock ’n’ Roll“ leiden m. E. besonders unter diesem undifferenzierten Klang. Das trübt den positiven Gesamteindruck leider ein wenig.

Mike Kamp

 

DICK GAUGHAN - Lucky For Some


DARKO RUNDEK & CARGO ORKESTAR
Mhm A-ha Oh Yeah Da-Da

(Piranha PIR2005/Indigo)
13 Tracks, 59:25 (+ 3:40 Video), mit engl./frz. Infos

„Wäre die Rockfachpresse nicht so westeuropa-/amerikafixiert, Kritiker überhäuften ihn mit Lorbeeren, bemühten aufgrund seiner mit tiefer, rauer Stimme gesungenen melancholischen Lieder garantiert Vergleiche mit Serge Gainsbourg, Paolo Conte oder Tom Waits.“ Dies schrieb der Rezensent über Darko Rundek im Folker! 6/04 (was die Plattenfirma so treffend fand, das sie gleich damit wirbt). War schon das 2004er Album Ruke ein gewaltiges, großartiges Werk, das auch ohne großes Werbetrommelrühren in die Top Ten der World Music Charts Europe schoss, so ist es das neue erst recht. Der kroatische Künstler werkelt weiter an seinem eigenwilligen Klangkosmos, der sich aus Chanson, Jazz, Balkan, Samples und karibischen Einflüssen zusammensetzt. Der Ex-Sänger der zu Jugoslawien-Zeiten populären Rockband Haustor ist ein famoser Songwriter mit einen fantastischen Gespür für Harmonien und Sound. Jeder, der den Glauben an die Musik verloren hat, weil er dachte, es gebe nichts Außergewöhnliches mehr, wird ihn mit diesem Album wieder finden - garantiert.

Frank Schuster

 

DARKO RUNDEK & CARGO ORKESTAR - Mhm A-ha Oh Yeah Da-Da


CONTRADANZA
Meridional

(Nufolk/Galileo LC 13125)
12 Tracks, 50:32, mit span. Texten

Die akustische Folkgruppe Contradanza wurde im Jahr 1998 in Sevilla von Musikern aus Cádiz, Sevilla, Huelva und Córdoba gegründet. Alle hatten langjährige Erfahrungen im Bereich der traditionellen Musik, der Folklore, Flamenco, Jazz und klassischer Musik gesammelt. Auf Meridional, was so viel bedeutet wie „parallel zum Längengrad (der Erde)“, findet man eine Neuauflage des Romancero Tradicional und der populären andalusischen Musik in Stücken wie „Las Doce Palabras“, „Coplas De San Juan“, „Nana De La Luna“ und gleichzeitig Vertonungen der neueren spanischen Poesie von Javier Egea oder Pablo García Casado durch den aus Cadiz stammenden Contradanza-Gitarristen Ricardo de Castro. Im schwungvollen „Jahr des Kometen“ zeigt Ricardo de Castro aber, dass er durchaus auch selbst texten kann. Für die Aufnahmen von Meridional konnte die Gruppe den italienischen Schlagzeuger Stefanno di Rubbo, den marokkanischen Laudspieler Amin Chachoo, und Belén Bautista, Sängerin der sephardischen Gruppe Aljama, gewinnen. Die CD garantiert beschwingte Momente und schürt die Vorfreude auf zukünftige Projekte der Andalusier.

Angela Isphording

 

CONTRADANZA - Meridional


PAROPLAPI
La Finestra Dell’Ultimo Piano - Canzoni Popolari Dell’Arco Latino

(Radici Music Records RMR 112)
12 Tracks, 36:49, mit ital./franz./engl. Texten und Infos

COROU DE BERRA
Maschi, Femmine Y Cantanti

(Forrest Hill Records FHME 37/Galileo)
9 Tracks, 40:24, mit ital./franz. Texten und Infos

Die vorliegenden, hervorragenden CDs zeigen einmal mehr auf, dass politische Grenzen selten auch kulturelle Grenzen sind. Zu den wichtigsten verbindenden Elementen gehören die Musik und der Gesang. Paroplapi spannen den musikalischen Bogen von traditionellen Stücken aus der Provence bis in die Toskana. Zwölf wunderschöne Lieder aus diesen Regionen hat das Trio zusammengetragen: vom sanften toskanischen Wiegenlied über okzitanisch gesungene Work Songs aus der Provence zu einem Lied für den Frieden, das ursprünglich ein arabischer Straßensänger in Lyon vortrug. Herausragend sind die solo und polyphon eingesetzten Stimmen der Italienerin Samuela Gallinari und ihres französischen Gesangspartners Gaël Princivalle. Der Gitarrist Georgio Albiani und Gäste an Drehleier, Mandoline, Percussion und Gesang bestechen durch effekt- und gefühlvolle Einsätze und helfen so, die CD zu einem der schönsten traditionellen Alben der Gegend zu machen.

Durch seinen eindrücklichen Gesang besticht auch der aus Nizza stammende, siebenköpfige Chor Corou de Berra. In Maschi, Femmine Y Cantanti nehmen sie sich des Werks der Liedermacherlegende Fabrizio de André an. De André, dessen Familie ursprünglich aus der Provence stammte, intonierte schon früh Lieder von Brassens oder aus der provenzalischen Tradition. Der Corou de Berra interpretiert mit hörbarem Respekt das Werk des großen Cantautore. Dessen Meisterwerke, wie das genuesisch gesungene „Creuza De Mä“ oder „Dolcenera“, erstrahlen so in einem neuen Licht, das eindrücklich die Kraft der Lieder offenbart. Klug gesetzt sind die instrumentalen Einschübe von Gitarre, Drehleier, Percussion und eines Streichquartetts. Wer Fabrizio de André mag, wird dieses Album schätzen - es soll aber auch Menschen in Frankreich und andernorts den Weg zu dessen Schaffen öffnen.

Martin Steiner

 

PAROPLAPI - La Finestra Dell’Ultimo Piano - Canzoni Popolari Dell’Arco Latino

COROU DE BERRA - Maschi, Femmine Y Cantanti


NIAMH PARSONS
The Old Simplicity

(Green Linnet GLCD 1232/Just records Babelsberg)
14 Tracks, 53:43, mit Infos und Texten

Auf ihrer neuen CD zeigt sich Niamh Parsons, dass sie endgültig zu einer Grande Dame des traditionellen irischen Gesangs herangereift ist. Ihr sehr spezielles Timbre und eine ausgefeilte Gesangstechnik machen ihre Darbietung zu einem wahren Genuss. Wer sich für irische Gesangstechnik im Detail interessiert, kann sich hier eine Menge an Inspiration holen. Neben „1917“, dem tragischen Opener, der sich mit Kriegsprostitution beschäftigt, sind unterschiedlichste traditionell irische Balladen, aber auch Songwriter-Kompositionen (Linda Thompson, Ron Kavana u. a.) zu hören, den Titelsong „The Old Simplicity“ schrieb Kieran Halpin. Songs in gälischer Sprache fehlen ganz. Die instrumentale Begleitung ist - wie oft bei Niamh - sehr sparsam gehalten, die Hauptarbeit übernimmt Gitarrist Graham Dunne. Allein, mir ist die gitarristische Untermalung hier oft schlicht zu banal - da hätte ich mir mehr Einfühlungsvermögen und Vielseitigkeit gewünscht. Auch der eigenartige Raumklang der Aufnahme, der vermuten lässt, dass Niamh gerade im Wohnzimmer singt, mag ein Stilmittel sein - siehe Titel der CD -, ist dennoch gewöhnungsbedürftig. Insofern hinterlässt die Aufnahme bei mir einen ambivalenten Eindruck - gesanglich allerfeinste Spitzenklasse, von den Arrangements her leider etwas fade - vielleicht werden hier auch einfach meine persönliche Vorlieben nicht ausreichend bedient. Hört selbst einmal!

Johannes Schiefner

 

NIAMH PARSONS - The Old Simplicity


SHOW OF HANDS
Witness

(Hands on Music HMCD23, www.showofhands.co.uk)
12 Tracks, 54:59, mit engl. Texten

Show of Hands live und im Studio waren schon immer zwei völlig unterschiedliche Paar Schuhe: rau, emotional, professionell und manipulierend auf der Bühne, durchdacht und kalkulierend bei den Aufnahmen. Witness jedoch, eingespielt nach dreijähriger Studioabstinenz, ist selbst für SoH-Verhältnisse ungewöhnlich. Die Songs, meist aus der Feder von Steve Knightley, aber auch von Partner Phil Beer oder einem gewissen George Harrison, weisen die bekannte Qualität und ebensolche Thematiken auf: z. B. den Alltag im Südwesten Englands, beeindruckend und oft deprimierend zugleich. Was anders ist, und zwar ganz anders, sind Arrangements und Produktion. Das geht dank der beiden Simons (einmal Emmerson, der bereits eine Grammy-Nominierung vorweisen kann, plus Afro-Celt-Mann Massey) stark in Richtung heutiger Rockpopstandards: enorm vielschichtiger, dichter, diffiziler, rhythmusbetonter Breitwandsound. So muss man klingen, wenn man ins Radio will, aber das dürfte für einige Fans anfänglich ein wenig gewöhnungsbedürftig sein. Hier geht es kompromisslos um höchste Klangqualität. Doch immerhin ist Miranda Sykes mit Gesang und Bass weiterhin dabei, also ist es immer noch Show of Hands, sie sind lediglich ein bis zwei Schritte weiter.

Mike Kamp

 

SHOW OF HANDS - Witness


TRITONUS
Alpan

(Zytglogge ZYT 4901)
23 Tracks, 62:00, mit Infos

Tritonus ist eine hierzulande seit Jahren viel zu wenig beachtete Größe in der Schweizer Folkmusikszene. Vor 15 Jahren veröffentlichten sie mit Alte Volksmusik in der Schweiz ein Standardwerk, danach war erst mal Sendepause. Nun gibt es eine neue CD, auf der sich die Gruppe daran macht, die Grenzen alpenländischer Schweizer Volksmusik zu überschreiten. Das aktuelle, seit 2003 musizierende Septett spielt auf Hackbrett, Maultrommel, Percussion, Rebec, Schalmei, Flöten, Drehleier, Dulcian, Sackpfeife, Cister, Schwegel, Sopransaxophon, Violinen, Kontrabass und diversen Trommeln. Dabei entwickelt sich ein überraschend vielfältiger Klangkosmos, der, vorwiegend auf traditionellen Appenzeller Quellen basierend, eine abwechslungsreiche, immer wieder überraschende Musik bietet. Sie mäandert zwischen verträumten, an Minimal Music gemahnende Passagen, traditionell alpenländischen Mustern bis zu treibenden Weltmusikrhythmen und freien Jazzimprovisationen, und die Bandbreite an musikalischem Ausdruck und Gefühl sucht ihresgleichen. Ich kann mir diese exzellent produzierte Musik auch hervorragend als Soundtrack für einen Naturdokumentarfilm über die grandiose Bergwelt der Schweizer Alpen vorstellen - ist sie doch ebenso majestätisch wie erhaben und beeindruckend.

Ulrich Joosten

 

TRITONUS - Alpan


JOHN KIRKBRIDE AND BAND
Changing Of The Ways

(St. Michaelsbund, ISBN: 3-920821-84-X, www.st-michaelsbund.de)
14 Tracks, 53:41, mit Infos

Die Texte aus dem Buch Bluesballaden von Hans-Christian Kirsch werden hier musikalisch von John Kirkbride mit seiner Band umgesetzt. Der mittlerweile 62-jährige Schotte, der von 1970 bis 1976 in Amerika lebte, zeigt auf intime Weise sein ganzes Können. In der europäischen Szene hat sich Kirkbride längst einen festen Platz erspielt. Seit gut 20 Jahren begleitet er musikalisch den Autor Hans-Christian Kirsch. Aus dieser Zusammenarbeit entstand 2003 die CD Der keltische Zauberspiegel. Auf dem neuen Album singt Kirkbride über amerikanische Schicksale - über den Bluespionier Muddy Waters, die legendäre Bluessängerin Billie Holiday oder den Folk-Hero Paul Bunyan. Eine gelungene Mischung mit akustischer und elektrischer Gitarre, Mundharmonika, Schlagzeug, Kontrabass und Klavier. Besonders hervorzuheben sind das Stück „I Ain’t Got No Home“, eine Ballade über Woody Guthrie, und „The Painter“ über den Maler Jackson Pollock. Kirkbrides Band spielt sich nicht in den Vordergrund, sondern begleitet den Sänger kongenial. Das Ergebnis sind stimmungsvolle Songs über soziale Ungerechtigkeiten, die bis heute bestehen. Die Aufnahmen sind sauber produziert und technisch auf hohem Niveau. So ist die CD eine lohnenswerte Anschaffung - auch in Verbindung mit dem Buch.

Annie Sauerwein

 

JOHN KIRKBRIDE AND BAND - Changing Of The Ways


STARTIJENN
Startijenn

(Coop breizh DB11/FMS)
11 Tracks, 46:45

Sie sind noch so jung und doch schon so lange zusammen. Die Gruppe Startijenn kommt aus der Bretagne und wurde 1997 gegründet. Damals waren die Musiker rund 13 Jahre alt, heute sind sie 22. Gemeinsam besuchten sie in der Nähe von Brest eine der wenigen bretonischsprachigen Schulen (Écoles Diwan) und spielten seither als Band bei unzähligen Fest-noz-Tanzfesten. Startijenn heißt auf Bretonisch „Energie“, und das ist kein schlechter Name für die Gruppe. Ihre Besetzung (Bombarde, Biniou, Akkordeon, Gitarre, Percussion) ist zwar nicht ungewöhnlich, aber die Musik hat den besonderen Swing, der die Melodien sofort ins Ohr und in die Beine gehen lässt. Das einzige Stück, das aus dem Rahmen der typisch bretonischen Tanzmusik fällt, ist ein komplexer Walzer in der Mitte der CD, geschrieben vom Akkordeonisten Tangi Ar Gall-Carré. Startijenn hat mit dem gleichnamigen Album die wohl beste bretonische Debüt-CD der letzten Jahre vorgelegt.

Christian Rath

 

STARTIJENN - Startijenn


DIVERSE
Freight Train - The Skiffle Explosion

(Castle Music/Sanctuary CMEDD810)
Do-CD, 52 Tracks, 134:14

Anfänger, Fans und Fachleute freuen sich gleichermaßen - über das Kompendium, den rasanten Skiffle-Schnellkurs schlechthin, mit dem wir noch einmal die schönsten Züge der Popgeschichte besteigen: Donegans „Rock Island Line“, den „Streamline Train“ der Vipers und Johnny Duncans „Last Train To San Fernando“, auf dem ihn seine Bluegrass Boys begleiten. Das alles wird kenntnisreich kommentiert und in den Kontext der munteren Mittfünfziger gestellt von Chas McDevitt, Hauptakteur und Historiker des Skiffle in einem; ihm verdanken wir u. a. die pfiffigen Intermezzi auf Nancy Whiskeys „Freight Train“, der bei dieser funkensprühenden Fahrt durch die Folk-, Blues-, Rock- und Countryszene jener Jahre zu Recht Titel, Takt und Ton angibt. Die Reise wird auch zum beschwingten Zug durch die Gemeinde, da uns die Kollektion mit ihren vielen wundervollen Wiederentdeckungen ganz unmittelbar in die Jazzclubs und Coffee Bars der Keller von Soho Anno 1956/57 zurückversetzt. (50 Jahre ist das her? Als wär’s gestern gewesen!) Ultimativ aber ist der Sampler immer noch nicht; denn in den Liner Notes erwähnt McDevitt die heute wohl unbezahlbaren Billigproduktionen eines Nebenlabels (Embassy) für Woolworth’s. Ob’s die auch noch irgendwo gibt? Zum Auftakt der nächsten lustvollen, lehrreichen Runde im Skiffle-Revival??

Hans Peter Mensing

 

DIVERSE - Freight Train - The Skiffle Explosion


JOHN MCSHERRY & DONAL O’CONNOR
Tripswitch

(Vertical Records VERTCD076)
8 Tracks, 40:54, mit Infos

John McSherry ist mittlerweile ein anerkannter „Star“ der modernen irischen Uilleann-Pipes-Szenerie. Er hat mit seinem umwerfenden Sound, seiner Präzision und seinem unnachahmlichen Groove geschafft, Vorbild für ganze Scharen von jungen Pipern zu sein. Er hat damit ohne Zweifel eine ganz neue Variante des Uilleann-Pipes-Spiels etabliert, die sich diametral von der traditionellen Spielweise unterscheidet, aber sehr gut zu unseren heutigen Hörgewohnheiten passt und sicher zur Verbreitung und Akzeptanz des Instruments wesentlich beigetragen hat. Sein Mitstreiter Donal O’Connor gehört als Sohn des renommierten Gerry O’Connor zur gleichen Kategorie junger, experimentierfreudiger und instrumental ausgesprochen versierter Musiker. War bei At First Light Michael McGoldrick Johns musikalischer Partner, ist diese schöne Produktion ein wunderbarer Mix von Pipes, Fiddle und Low Whistle, die „smoother“ nicht zusammenspielen könnten. Die Stückauswahl ist durchweg gelungen, es gibt viele Uptempo-Stücke mit erheblichem Trance-Potential, aber auch lyrische und sentimentale Momente. Willkommen sind auch musikalische Ausflüge der beiden in keltische Regionen wie Galicien und Kastilien. Auch die Mitmusikerschaft ist international, u. a. ist der bretonische Gitarrist Gilles Le Bigot mit von der Partie. Die Eleganz moderner irischer Musik - zelebriert auf höchstem Niveau.

Johannes Schiefner

 

JOHN MCSHERRY & DONAL O’CONNOR - Tripswitch


ALISON O’DONNELL & ISABEL NÍ CHUIREÀIN
Mise Agus Ise

(Osmosys OSMO CD 033)
12 Tracks, 62:32, mit Infos und Texten

Alison O’Donnell ist eine wenig bekannte irische Sängerin aus dem Folkrocklager, die schon in den 70ern mit diversen Formationen sang und tourte. Zwischenzeitlich lebte sie in Südafrika und Belgien, bevor sie 2001 nach Dublin zurückkehrte und dort jetzt neues musikalisches Material vorlegt. Ich hörte ihren Gesang erstmals mit der belgischen Irish-Trad-Band Eishtlinn. Alison verfügt über eine kraftvolle, zu vielen Schattierungen fähige Stimme. Ihr sehr impulsiver und eindringlicher Gesang ist stilistisch am ehesten im Pop-/Country-Lager beheimatet. Die vorliegende CD, bei der neben Alison Isabel Ní Chuireáin (Keyboards, Pianoakkordeon) die Hauptrolle spielt, enthält neben Alisons selbstgeschriebenen Songs einige ebenfalls selbstkomponierte Instrumentals, die sich an der Irish-Trad-Stilistik orientieren. Unter den weiteren Mitwirkenden sind Philip Masure (Gitarre), Andrew Laking (Double Bass). Trotz des auf Klangfülle angelegten Soundkonzepts klingt die ganze Produktion aber merkwürdig hausbacken und stilistisch inkonsistent - irgendwo zwischen Singer/Songwriter, Chanson, Barjazz und Traditional. Obwohl ich sagen muss, dass Alisons Gesang durchaus seine intensiven und beeindruckenden Momente hat, will so rechte Freude am Gesamtwerk bei mir nicht aufkommen.

Johannes Schiefner

 

ALISON O’DONNELL & ISABEL NÍ CHUIREÀIN - Mise Agus Ise


LU
Rumì

(Forrest Hill Records FHME 41 / Galileo)
11 Tracks, 43:04, mit Dialekttexten, ital. u. engl. Übersetzung

Lu berührt. Auf Rumì singt sie elf Lieder im Dialekt der Emilia Romagna. Ihre Stimme ist wie ein Gummiball: mal hüpft sie, dann schraubt sie sich mühelos in ungeahnte Höhen, nur um wieder leicht auf dem Boden aufzusetzen. Lu (Luisa Cottifogli) kann noch mehr: Sie komponiert wunderbare Melodien, die irgendwo mit Italien, Afrika, der Türkei und Brasilien verlinkt sind. Der Produzent und Mitmusiker Leo Z ist mit seinen Arrangements zwischen Ethno und Pop für die Sogwirkung der Songs verantwortlich. Er vermischt akustische und synthetische Instrumente derart geschickt, dass man kaum merkt, dass diese Musik ohne Computer wohl ein wenig anders klänge. Aber darf man eine Stimme, die „Ave Maria, Gratia Plena“ singt, mit derart viel Hall unterlegen? Und darf Lu so gegensätzliche Lieder wie das orientalische „Lo Lo Lo“, das in jeder türkischen Tanzhalle heiß laufen müsste, mit einem a cappella gesungenen Wiegenlied verknüpfen? Wie auch immer. In „Lo Lo Lo“ kontrastiert Lus Stimme mit einem markigen Elektrogitarrenriff, und herrlich kreative Drumlines sorgen für einen mächtigen Beat. Und das darauf folgende „Fé La Nàna“ ist beste italienische Schlafliedtradition. Vielleicht müsste auf dem Booklet vermerkt werden: „Achtung, das Anhören dieser CD kann süchtig machen.“

Martin Steiner

 

LU - Rumì


CRAIG HERBERTSON
Lord Of Whisky

(Steeplejack Music SJCD007)
14 Tracks, 46:53, mit engl. Texten

Themen-CDs, die das (schottische) „Wasser des Lebens“ behandeln, sind ganz so selten nicht. Man erinnere sich nur an The Angel’s Share von und mit Robin Laing. Der in Deutschland lebende Schotte Craig Herbertson konzipiert seine Platte ähnlich, ohne jedoch zu kopieren: ein paar traditionelle Stücke, überwiegend jedoch eigene Lieder, musikalisch stärker als bei Laing in der schottischen Tradition verhaftet. Und das passt! Dazu versammeln Herbertson und Produzent Guntmar Feuerstein einige fähige - meist deutsche - Musiker im Studio, die dem Ganzen den richtigen Sound geben, der oft genug Ohrwurmqualität hat. Wer gut gemachte schottische Folkmusik mag, die nicht zwangsmodernisiert wurde, der/die wird diese CD mögen. Dass sie mit Whisky besser klingt, das liegt in der Natur der Sache. Tatsache ist: Auch nüchtern kann Herbertson bestehen.

Mike Kamp

 

CRAIG HERBERTSON - Lord Of Whisky


PHILIPP FANKHAUSER
Watching From The Safe Side

(Funk House Blues Productions 92106000002/SONY BMG)
11 Tracks, 44:49, mit engl. Infos und Text des Titelstücks

Wie der auf den ersten Blick fast nach Krankenhaus klingende Plattenfirmenname sehr richtig signalisiert: Kraftvoll fetter Blues mit besten deutlichen Spurenelementen von Funk ist das Metier Philip Fankhausers, auf seinem zehnten Album runder als je zuvor! Produziert hat Dennis Walker, der nicht nur für Schwergewichte des Genres wie B. B. King und Etta James schon den richtigen Ton gefunden hat, sondern vor eineinhalb Jahrzehnten auch an den Reglern saß, als den großen Legenden des Blues mit Robert Cray das letzte Clubmitglied auf Topniveau erwuchs. Komponiert hat, abgesehen von zwei Johnny-Copeland-Nummern, vor allem der Schweizer Gitarrist und Sänger, aber auch sein Produzent. Zusammen ist ihnen ein Bluesalbum wie ein Bergmassiv gelungen. Massiv. Unverrückbar. Tief im Gestern verwurzelt. Gleichwohl aber so gegenwärtig wie es nur sein könnte. Auch in den Themen und der Haltung dahinter: Dass im Zentrum das alte boy-meets-girl-Spiel mit all seinen Freuden und Fährnissen steht, versteht sich - Geschichten wie die über Rodney aus Arkansas, gerade zurück aus dem Krieg, und Thomas aus Zürich hat man so aber noch selten gehört. „One from the land of the free / One from a free land“ stichelt Fankhauser da in Richtung seiner musikalischen Wahlheimat, eine Umkehrung alter Werte, die womöglich nicht der letzte Grund dafür ist, dass das Herz des Blues auf Reisen ist - und dabei so gesund pumpt wie lange nicht ...

Christian Beck

 

PHILIPP FANKHAUSER - Watching From The Safe Side


OMNIA
Pagan Folk

(Fortress Music 2005, www.omnia-neocelt.com)
11 Tracks, 49:40, mit engl. Texten und Infos

Die niederländische Band Omnia - bestehend aus Sic, Jenny, Joe und Luka - präsentiert unter Mitwirkung von Sa Tyr aus Deutschland und Joanna Rydzkowska aus Polen ihre vierte CD seit 2003. Unter Pagan Folk verstehen sie eine Musik, die zu ihrer keltisch-neuheidnischen Religiosität passt. Da wird Teutates auf Deutsch als „Gott des Stammes, Gott unseres Blutes“ angerufen, wobei ich mich dann aber wundere, dass die auf jeden Mittelaltermarkt passende Dudelsackmusik nach der Anrufung des keltischen Gottes in Walther von der Vogelweides Palästinalied übergeht, was musikalisch passt, inhaltlich aber kaum. Bei allem inhaltlichen Authentizitätszweifel geht mir aber die Musik selber, die sich aus mittelalterlichen, irischen, schottischen, bretonischen, französischen, aber auch arabischen, afghanischen und indischen Quellen speist und mit Gesang, Sackpfeifen, Drehleier, Gitarre, Harfe, Didgeridoo sowie urigen Schreien, Vogelgesang, Pferdegewieher und Naturgeräuschen vorgetragen wird, doch tief rein. Es ist wohl eher eine subjektiv-gefühlsmäßige als eine historische Authentizität, das aber auch mit Absicht, und in der neopaganen Szene weit verbreitet. Jedenfalls ist diese Musik ein guter Soundtrack für den Grenzbereich zwischen Phantasie und Spiritualität, desgleichen das sehr aufwendig gestaltete, aber doch leider auch leicht kitschig anmutende Büchlein.

Michael A. Schmiedel

 

OMNIA - Pagan Folk

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