DIE BESONDERE - DEUTSCHLAND
DÁN
Stranger At The Gate
(Eigenverlag 2005, www.danmusic.de)
12 Tracks, 56:35 Minuten, mit deutschen Infos und Fotos
Ein Photo einer steinernen Buddhafigur auf einem Torpfosten ziert das
orange, an buddhistische Mönchsroben erinnernde Cover - aber nein, es
handelt sich nicht um eine CD mit buddhistischer Musik, worauf auch die
keltische Ornamentik links oben hinweist, sondern um keltische Musik aus
Irland und Schottland nebst einigen kontinentaleuropäischen Melodien und
einer aus Québec. Die Musiker sind ein Oldenburger, der in Hamburg wohnt,
ein Augsburger, der im Westerwald wohnt, und eine Münsterländerin, die auch
irgendwo wohnt, Joergen W. Lang (Gitarre, Low Whistle und Hauptsänger),
Johannes Mayr (Akkordeon, Kontrabass und Gesang) und Franziska Urton (Fiddle
und Gesang). Acht Tunes bzw. Tunesets (Jigs, Reels, Polkas, Lamentations u.
a.) und vier Lieder („When I First Came To Caledonia“, „The Snows They Melt
The Soonest“, „Hares On The Mountain“ und „Sandy Bell‘s Broadstreet“)
enthält diese von Anfang bis Ende sehr spannungsreiche Scheibe, zumeist
Traditionals oder aus den Federn irischer Musiker wie z. B. Jerry O‘Connor,
Mick Kensella oder Cathal McConnell, wobei das der CD den Titel gebende „The
Stranger“ vom amerikanischen Sackpfeifer Benedict Koehler stammt. Aber auch
Joergen Lang hat zwei Eigenkompositionen beigesteuert: „Nem Üzemel“
(ungarisch für „Nicht benutzen“) - an dem ich mich gar nicht satt hören kann
und unverkennbar aus seiner und Mayrs gemeinsamen Hölderlin-Express-Zeit -,
sowie „Lament For Kim“, beide mit biographischem Hintergrund. Alle Stücke
sind ganz neu arrangiert, sodass man auch die einem bekannten so gespielt
doch noch nie gehört hat. Man lausche nur, wie Akkordeon und Geige sich in
erster und zweiter Stimme abwechseln, immer angetrieben von der auf DADGAD
gestimmten Gitarre, und so aus normalen Polkas konzertante und doch tanzbare
Meisterwerke machen! Wunderbar finde ich auch die Kombination der Melodie
des deutschen Volksliedes „Wie schön blüht uns der Maien“ mit dem irischen
Lied „Hares On The Mountain“, wobei diese Zusammenstellung zwei Liebende,
die zueinander finden, symbolisiert. Alle diese und viel mehr Infos findet
man in dem Büchlein mit sechs schlicht, aber sehr ansprechend gestalteten
Innenseiten. So nach dem vierten oder fünften Durchhören mag man da
hineinschauen, aber besser ist, man schließt die Augen und hört einfach zu,
und das werde ich noch oft tun.
Michael A. Schmiedel
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DIE BESONDERE - SÜDAMERIKA
GOTAN PROJECT
Lúnatico
(Ya Basta! YAB023 CD/Universal Domestic)
Promo-CD, 12 Tracks, 55:38
2001 revolutionierten die Mannen von Gotan Project mit ihrem Debütalbum
La Revancha Del Tango Argentiniens Nationalmusik, indem sie die
altehrwürdigen Klänge aus den Milonga-Lokalen von Buenos Aires mit
Club-Elektronik aufmischten. Und das taten sie mit so viel
Fingerspitzengefühl und Liebe zum Detail, dass das Album in den Loungebars
der westlichen Welt schnell Kultstatus erreichte. Fünf lange Jahre hat das
Pariser Trio seitdem verstreichen lassen, jetzt endlich meldet es sich mit
einem neuen Geniestreich zurück. Diesmal haben der Franzose Philippe Cohen
Solal, der Schweizer Christophe H. Mueller, beide DJs, und der argentinische
Gitarrist Eduardo Makaroff sich bei aller Experimentierfreudigkeit mehr am
traditionellen Tango orientiert und lokale Tangogrößen aus Argentiniens
Hauptstadt vom Streicherensemble bis zum Trombonisten für ihr Werk
rekrutiert. Wie auf dem Erstling brilliert erneut Nini Flores am Bandoneon,
während die Spanierin Cristina Vilallonga den für den Tango so typischen
Sprechgesang zwischen Melancholie und Temperament zur Vollendung bringt.
Kein Stück klingt wie das andere. Gotan Project, der Name übrigens ein
Anagramm für Tango, lässt modernen Vorstadtghettobeat in „Mi Confesión“ auf
Old-School-Tango treffen, erweckt mit Hilfe von Juan Carlos Cáceres auf
„Notas“die Afro-Latin Roots des Tango zu neuem Leben, präsentiert auf
„Celos“ die mysteriöse Femme Fatale, die vor Eifersucht vergeht und
begleitet auf „Paris, Texas“ den Gaucho durch die endlose Pampa. Dem
Rennpferd der Tangolegende Carlos Gardel, Lúnatico, verdankt das Album
übrigens seinen Namen, der gleichnamige Track peitscht das Tier förmlich in
die letzte Runde zum Heimsieg. Mein Fazit: Gotan Project katapultiert den
Tango dramaturgisch und musikalisch vollendet ins 21. Jahrhundert und
verspricht uneingeschränkten Hörgenuss. Dieses Album bekommt ohne Wenn und
Aber einen Ehrenplatz in meinem Regal.
Suzanne Cords
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