CUBANITO 20.02
Tocame
(Lusafrica / Rough Trade 564.2493.2)
13 Tracks, 51:00
Die Ära der Buena-Vista-Social-ClubAltherrenriege ist vorbei, jetzt tanzt
man auf Kuba zum feurigen Sound des Reggaeton. Pioniere dieses Stils, einer
Mischung aus HipHop, Dancehall und Reggae mit einem Spritzer Latinomusik,
sind die drei Jungens von Cubanito 20.02. Haniel Gonzalez Martinez alias
Flipper, Kopf und Sänger der Band, ging tagsüber einem ganz normalen
Broterwerb nach und legte nachts als DJ auf, bis er sich zusammen mit seinen
Freunden José Angel Sastre alias El Doctor und White, also Javier Duran
Webb, vor vier Jahren auf das Abenteuer Cubanito 20.02 einließ. Seitdem hat
das Trio eine regelrechte Reggaeton-Lawine losgetreten. „Uh laca laca ah!“,
der Refrain aus dem Debütalbum und gleichnamigen Titelsong „Matame“,
avancierte auf Havannas Straßen zum Partyruf, und bei ersten Auftritten in
Europa sangen auch Franzosen und Italiener begeistert mit. Das zweite Werk
des Trios hat ebenfalls Hitqualitäten: Latino-Percussion, Gitarren à la
Santana und Reggae Roots geben den Ton an, und sogar die französische
Raggaszene ist mit Alexis Ouzani massiv vertreten. Der Gitarrist arrangierte
die Mehrzahl der Songs, und das Kollektiv Mal Criado adaptierte den Opener
„Miente a lo Cubano“ auf frankokapverdische Art und ließ ihn zu „Mensonge“
mutieren. Ein rundum gelungenes Partyalbum.
Suzanne Cords
| 
|
BLAS RIVERA QUARTET
Ojalá Que Me Escuche - Homenaje A Astor Piazzolla
(Danza y Movimento DZ 5004)
12 Tracks, 57:30, mit dt./engl. Infos
Eine Hommage an das Vorbild des Tango Nuevo, Astor Piazzolla, ist diese
vierte CD des argentinischen Kosmopoliten und Saxophonisten Blas Rivera,
diesmal also nur ein Titel aus seiner Feder. Überraschend, denn unter
Insidern gilt Rivera als DER Nachfolger Piazzollas, hier beschäftigt er sich
mit dessen Kompositionen. Aufgenommen wurde in internationaler Besetzung und
hoher Qualität mit neun Gästen aus Brasilien, England, Uruguay, Frankreich,
USA und Italien. Insofern erweitert oder verringert sich das B. Rivera
Quartet (Piano, Violine, Bandoneon, Sax) je nach Stück auf (E-)Gitarre,
Schlagwerk, K-Bass, Gesang, Violincello, Altsax, Synthesizer u. ä., sodass
jedes Stück ein eigenes besonderes Arrangement besitzt, dem sich das Sax
unterordnet (Rivera beutet Gäste und Piazzolla nicht aus, sondern verwandelt
neu). Dies macht die CD so wunderbar durchgängig hörbar und teilweise
wirklich überraschend. Die alten berühmten Hits wie „Michelangelo“ oder
„Libertango“ werden neu erfahren, regen zum neuen Verständnis an (wie auch
hier die mir bekannte beste „El Loco“-Aufnahme): Wer Piazzolla, den Klang
eines meisterlich gespielten Sax oder einfach saugute Musik schätzt, wird
diese CD lieben.
Corina Oosterveen
| 
|
CRISTÓBAL REPETTO
Cristóbal Repetto
(edge music/ Universal 00289 477 5121)
Promo-CD, 15 Tracks, 42:26
Der Mann ist 24 Jahre alt und hat sich dem Tango verschrieben. Nichts
ungewöhnliches, wenn man aus Argentinien stammt, aber was der junge Sänger
stimmlich zu bieten hat, ist keine Einheitsware. Man hat den Eindruck, einer
Schellackplatte von anno dazumal zu lauschen. „Er klingt, als habe er ein
Grammophon verschluckt“, hat ein uruguayischer Kritiker unlängst angemerkt
und besser könnte man es nicht formulieren. Ein Mediziner würde Cristóbal
Repetto vielleicht anraten, sich die Polypen entfernen zu lassen. Alle
anderen lassen sich entweder ein auf diese seltsame Stimme oder lehnen sie
rundweg ab. Dazwischen gibt es nichts. Repetto fühlt sich als Tanguero der
alten Schule, das alt-tönere Klangerlebnis ist durchaus gewollt. Deswegen
spielt der Violinist Javier Casalla extra eine originale Strohgeige von
1920, eine mit Schalltrichtern versehene Spezialform, die zusätzlich den
Geist längst vergangener Zeiten heraufbeschwört. Gleich drei Gitarristen hat
sich der junge Sänger mit Martín Creixell, Daniel Yaría und Javier Amoretti
zur Verstärkung geholt, Bandoneon und Cello kommen nur selten zum Einsatz.
Denn im Vordergrund soll immer diese außergewöhnliche Stimme stehen, auch
wenn sich Repetto bescheiden gibt: „In erster Linie geht es um die Lieder,
die jeden ansprechen. Zu erleben wie Kids von heute den Tango lieben, ist
ein einzigartiges Gefühl für mich. Tango ist der perfekte Heavy Metal.“
Suzanne Cords
| 
|
MÔNICA SALMASO
Iaiá
(Biscoito Fino/ Discmedi DM 920-02/ Galileo MC)
15 Tracks, 53:21, mit portugiesischen Texten
Obwohl man Mônica Salmaso in ihrer Heimat als eine der besten neuen
Stimmen in der Populärmusik feiert, besitzt sie die seltene Gabe, ihrer
wundervollen Altstimme auch einen Konzertsaaltouch zu verleihen. Mühelos
beherrscht sie die Gratwanderung zwischen Folklore und Klassik, ohne je
akademisch zu wirken und fängt scheinbar ganz nebenbei die lyrische Seele
Brasiliens ein. Auch auf ihrem vierten Album huldigt die Sängerin aus São
Paulo dem reichen musikalischen Fundus ihrer Heimat und verbeugt sich
gleichzeitig tief vor der unvergessenen Samba-Diva Clementina de Jesus. Der
musikalische Streifzug führt durch verschiedene Epochen von Rio bis in den
Nordosten hinauf. Ein mystisch angehauchter Maracatú für die Gottheit Oxum
wechselt sich mit einer lebhaften Samba ab, dem melancholischen Liebesreigen
aus Tom Jobims Feder folgt ein munteres Lied über die Regenzeit in Rio.
Minimal und feinfühlig instrumentiert kommt die Scheibe daher, altbewährte
Weggenossen wie Bassist und Produzent Rodolfo Stroeter, Akkordeonspieler
Toninho Ferragutti, Pianist Benjamin Taubkin, Percussonist Ari Colares oder
Flötenspieler Teco Cardoso begleiten die Sängerin und sorgen für den
perfekten Spannungsbogen. Ein absoluter Hochgenuss.
Suzanne Cords
| 
|