TANIA MARIA
Intimidade
(Blue Note/Emi Capitol 3337902)
10 Tracks, 56:09, mit portugiesischen Texten
Das 26ste [!] Album der brasilianischen Pianistin und Sängerin - und genau
in dieser Reihenfolge möchte Tania Maria ihre musikalischen Präferenzen
aufgezählt wissen - ist eine verführerische Hommage an ihr Heimatland. Der
Titel Intimidade („Intimität“) ist keine sexuelle Anspielung, sondern
Ausdruck von Sinnlichkeit, stellt die Künstlerin klar. „Für Musiker bedeutet
Intimität den Moment der Komposition, wenn du dich selbst in Frage stellst
und manchmal frustriert bist, weil du einfach nicht den richtigen Weg
findest. Intimität bedeutet zugleich, die eigene Begeisterung vermitteln zu
können.“ Das tut die Grande Dame des Latin Jazz seit nunmehr fast 40 Jahren
als Stammgast auf Internationalen Festivals von Montreux bis Tokio. Denn
obwohl sie schon vor Jahren erst nach New York und dann nach Paris
umsiedelte, kann und will Tania Maria ihre brasilianischen Wurzeln nicht
verleugnen. Das autobiographische Stück „Canto“ handelt denn auch von
jemandem, der sein Land verlässt, um ein neues Leben zu beginnen. Genau wie
sie selbst vor 30 Jahren. Mit Intimidade feiert eine glänzend
aufgelegte Tania Maria jetzt ihre musikalische Rückkehr nach Brasilien. Sie
brilliert mit Eigenkompositionen wie „Chorinho Brasileiro“ oder dem
Samba-Juwel „Batebola“, wagt sich aber auch an hundertmal
abgekupferte Stücke wie „Besame Mucho“ oder „Agua De Beber“. Und
Vollblutmusikerin Tania Maria und ihre erstklassige Band schaffen es sogar,
diese Evergreens nicht im Kitsch versinken zu lassen, sondern sie neu zu
beleben.
Suzanne Cords
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MARTA TOPFEROVA
La Marea
(World Village 468040/harmonia mundi)
10 Tracks, 45:41, mit span. und engl. Texten
Ich muss gestehen, dass ich den Namen Marta Topferova nie zuvor gehört
habe, dafür werde ich ihn jetzt bestimmt nicht mehr vergessen. Was für ein
gelungenes Album! La Marea - „Ebbe und Flut“ - heißt das musikalische
Kleinod, das uns im sanften Rhythmus der Gezeiten einlullt und irgendwo
zwischen chilenischem Songwritertum und jazzigem Latinsound anzusiedeln ist.
Marta Topferova stammt zwar aus Tschechien, verfiel dem Latinosound aber
bereits im zarten Alter von sechs Jahren, als sie erstmals die Protestsongs
der chilenischen Band Inti Illimani hörte. Seitdem ist sie viel
herumgekommen; nach Zwischenstationen in Spanien und Seattle landete sie in
New York, wo die Latinogemeinde sie freudig aufnahm. Die Musikerin hat eine
klassischen Klavier- und Gitarrenausbildung absolviert, aber ihr Herz
schlägt für die Quatro, eine kleine viersaitige Laute aus Venezuela.
Einfühlsame akustische Arrangements und der Einsatz von Edmar Castañedas
Harfe, Chris Korners Waldhorn, Yulia Musayelyans Flöte und zurückhaltender
Percussion unterstreichen die weiche Altstimme der Musikerin. Alle
Kompositionen stammen ebenso wie die poetischen Liedtexte aus Topferovas
eigener Feder, und wirklich jede Note plätschert gekonnt gegen ferne
Gestade. Hut ab! Die Dame braucht wirklich keinen Vergleich mit gebürtigen
Latinas zu scheuen.
Suzanne Cords
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