back Rezensionen Nordamerika


TRACY CHAPMAN
Where You Live

(Elektra 7567-83803-2)
11 Tracks, 46:54, mit Texten

Eine CD mit Licht und Schatten - wie im richtigen Leben. Da ist der schöne Opener „Change“, in dem Tracy Chapman fragt, unter welchen Voraussetzungen wir bereit sind, uns zu ändern und Fehler einzugestehen. Auf „America“ wird sie dann konkreter und klagt unter Rückbezug auf den Eroberer Kolumbus im Schnelldurchgang durch die Geschichte ihres Landes den westlichen Imperialismus an, der in aller Welt bis heute seine Opfer hinterlässt. Musikalisch bewegt sich die Sängerin und Instrumentalistin - auf Where You Live spielt Tracy Chapman neben Gitarre auch Keyboards, Mundharmonika sowie Klarinette und betätigt sich als Percussionistin - ohne viel Abwechslung gleichmäßig in Balladentempo und -stimmung. Das führt dazu, dass zwar die in Chapmans Songs enthaltenen Botschaften zum Nachdenken anregen, jedoch nicht dazu, dass man nun einen inneren Drang verspürt, einen bestimmten Titel wegen seiner Musik noch einmal hören zu wollen. Daran ändert auch ihre kräftige und warme Stimme nichts. Zur Band auf Where You Live gehören u. a. der Red-Hot-Chili-Peppers-Bassist Flea, Gitarrist Joe Gore, den man auch bei Tom Waits oder PJ Harvey hören kann, und ein gewisser Quinn am Schlagzeug. Als Produzent zeichnet neben Chapman selbst Tchad Blake verantwortlich, der in dieser Funktion schon für Peter Gabriel, Pearl Jam und Elvis Costello gearbeitet hat.

Michael Kleff

 

TRACY CHAPMAN - Where You Live


BOBBY PURIFY
Better To Have It

RoughTrade/Propper Records PRPCD022
13 Tracks; 53:19

In den 60er Jahren gab es im Süden der USA ein Gesangsduo, welches, neben anderen, den Southern Soul repräsentierte: James And Bobby. Die (populäre) musikalische Entwicklung im Laufe der 70er Jahre führte bekanntlich vom Soul über den Funk zur Discomusik, und die (populären) Musiker, die diesen Weg nicht mitgehen wollten, gerieten entweder in Vergessenheit oder hatten es zumindest sehr schwer. Bobby Purify (alias Ben Moore), eine Hälfte des o. g. Duos, machte über die Jahre zwar weiter, erlitt dann aber vor ca. zehn Jahren einen persönlichen Schicksalsschlag: Er erblindete. Immer mehr zog er sich zurück. Dem Zuspruch und der Unterstützung seines Freundes Ray Charles ist es zu verdanken, dass er nicht ganz aufsteckte. Seit einigen Jahren ist er nun wieder aktiv - und musiziert nach wie vor im „alten Stil“. So ist auch diese CD produziert, bei der einige der legendären Musiker des Muscle-Shoals-Studio beteiligt waren: Die Memphis Horns David Hood (Bass), Jimmie Johnson (Gitarre), Spooner Oldham (Keyboards), dazu Background Sänger(innen) und diverse Streichinstrumente. Standesgemäß wurde in „Vintage-Technik“ aufgenommen, d. h. live im Studio musiziert und analog auf Band mitgeschnitten. Bobby Purifys Gesang ist warm und weich, wenn nötig mit einem Gospeltimbre, dabei in den einschmeichelnden Passagen (die den Soul ja ausmachen ...) niemals süßlich oder gar kitschig. Musik wie aus den goldenen Zeiten des Soul, zeitlos schön und in sich ruhend.

Achim Hennes

 

BOBBY PURIFY - Better To Have It


CLIFTON CHENIER
Louisiana Blues And Zydeco

(Arhoolie/FMS 9053)
19 Tracks, 65:15

Eigentlich müssten bei Tonträgern die stilbildenden Produktionen, die Klassiker, viel schwerer sein als normale CDs. Der vorliegende Silberling von Clifton Chenier würde dann mindestens eine Tonne wiegen. Der schwarze Akkordeonmann aus Opelousas/Louisiana krönte sich nicht zuletzt mit diesen am 11. Mai 1965 von Chris Strachwitz organisierten Aufnahmen zum „King of Zydeco“. Er ist der König, der Urvater jenes französisch-kreolischen Musikstils, der aus den Sümpfen Louisianas seinen Siegeszug um den Globus angetreten hat. Roh und deftig stampfen Cheniers Stimme und seine gehackten Akkordeonriffs durch die 19 Songs, von denen die meisten noch immer zum Standardrepertoire jeder Cajun- oder Zydecoband gehören. Auch nach 40 Jahren klingen die sparsam instrumentierten Titel frisch und direkt.

Johannes Epremian

 

CLIFTON CHENIER - Louisiana Blues And Zydeco


TOM Mc FARLAND
Travelin’ With The Blues

(Arhoolie CD9055/FMS)
13 Tracks, 53:19, mit Infos

Einen wahren Schatz hat Arhoolie Records gehoben und bringt das Original von 1978 als CD-Reissue, ergänzt um drei weitere Titel, heraus. Der Sänger und Gitarrist Tom McFarland, der Drummer Bobby Broadhead und der Bassist Steve Ehrmann waren als Trio in der Bay-Area-Szene rund um San Francisco aktiv - und was muss das für eine Szene gewesen sein, die solch eine Gruppe als „eine unter vielen“ hervorgebracht hat. Allerfeinster, „traditioneller“ elektrischer Blues, ein Meisterwerk in „cleaner“ und „cooler“ Spielweise. „Clean“, weil Tom McFarland seine Gitarre ohne Effektgeräte, allenfalls mit etwas Hall spielt und wunderbar zum „Singen“ bringt; „cool“, weil Bass und Schlagzeug für ein relaxtes Fundament sorgen, das gleichzeitig groovt und swingt. Mit kräftiger und angenehmer Stimme singt Tom McFarland seine Lieder, meist Mid-Tempo-Stücke, vom Leben als Musiker, von glücklichen und nicht so glücklichen Beziehungen, vom zu hohen Benzinpreis (1978 in den USA!!). Bluessongs eben, mit alten, immer wieder aktuellen Zeilen wie „Couldn’t sleep last night baby ...“, „Pack my suitcase, I got to catch the midnight train ...“, „Blues got me, but he got me in his stranglehold ...“. Nur mit Unwillen nehme ich die CD zurzeit aus meinem CD-Spieler heraus, und ich würde sonst etwas dafür geben, diesen Burschen einmal live zu erleben. Unmöglich jedoch, und das ist dann die traurige Nachricht - Tom McFarland starb am 3. September 2004.

Achim Hennes

 

TOM Mc FARLAND - Travelin’ With The Blues


AMY RIGBY
Little Fugitive

(Signature Sounds SIG 1293)
12 Tracks, 39:35, mit Texten

Auch wenn man nicht weiß, dass Amy Rigby ihre Karriere in einer Punkband begonnen hat, hört man diese Wurzeln deutlich heraus. So z. B. wenn sie, entsprechend musikalisch verpackt, davon erzählt, wie es ist, nachts im Club Joey Ramone zu treffen („Dancing With Joey Ramone“). Überhaupt enthält die mit jedem Hören besser klingende CD musikalische Anleihen aus ganz unterschiedlichen Epochen und bei verschiedenen Musikern. Da klingen irgendwie die Beatles ebenso durch - bei „So You Know Me“ meint man George Harrison an der Sitar zu hören - wie Lou Reed oder Patti Smith - die man sich beide bei geschlossenen Augen bei „I Don’t Wanna Talk About Love No More“ vorstellen könnte. Dann gibt sich Amy Rigby mit ihren Mitspielern ganz gelassen swingend („Needy Men“) oder druckvoll rockend („It’s Not Safe“). Dabei erzählt sie mit viel Humor eigenwillige Geschichten ohne den Ernst des Lebens zu vernachlässigen (wie bei dem Ohrwurm „Like Rasputin“ oder „Girls Got It Bad“). Little Fugitive ragt vor allem wegen einer erfrischend abwechslungsreichen musikalischen Mischung aus dem Meer der so oft nach einigen Tracks langweilig werdenden Singer/Songwriterproduktionen heraus.

Michael Kleff

 

AMY RIGBY - Little Fugitive


JAMES BLOOD ULMER
Birthright

(Hyena Records)
12 Tracks, 52:04

Für ganze zwei Auftritte kam der Gitarrist und Sänger im Sommer nach Europa und spielte seinen Delta-Blues. Immerhin hat er seine neue CD dagelassen. Auf der Scheibe, wie auch live, spielt und singt er, mit markanter Stimme, ruhigen akustischen Blues. Die Gitarre - ob rein akustisch oder leicht verstärkt - beherrscht er mit altmeisterlicher Souveränität. Ein gutes Dutzend Platten hat der 1942 geborene Ulmer schon aufgenommen. Seinem Stil ist er seit den Anfängen in den späten 70er Jahren treu geblieben. Nicht als leichte Kost, sondern eher anspruchsvoll zelebriert Ulmer seine Songs. Er hört sich anfangs wie die große Blueslegende Robert Johnson an und beim zweiten Mal wie der frühe John Lee Hooker. Spannend ist seine Art zu phrasieren und Töne schweben zu lassen, wenn er seine Alltagsgeschichten erzählt. Für den spannenden letzten Titel der CD, „Devil’s Got To Burn“, sind selbst über neun Minuten nicht zu lang. Sicher wird im nächsten Jahr auch Deutschland wieder auf Ulmers Tourplan stehen. Dann heißt es: hingehen und zuhören.

Annie Sauerwein

 

JAMES BLOOD ULMER - Birthright


HOT’N’NASTY
Electrified

(Eigenverlag)
13 Tracks, 55:32

Die Band aus dem Ruhrgebiet, genauer aus Dortmund, spielt Bluesrock. Einzigartig ist das an sich ja nicht, sollte man jedoch ein(e) Freund(in) dieser Musikrichtung sein, ist näheres Hinhören durchaus zu empfehlen. Nach diversen Umbesetzungen in den letzten Jahren schien mit der jetzigen Mannschaft die Produktion einer CD angebracht, und Patrick Pfau (Gesang), Malte Triebsch (Gitarre), Ulrich Bichmann (Bass) und Dominique Ehlert (Schlagzeug) legen mit Electrified ein mehr als beachtliches Debüt vor. Fünf Livetracks bieten treibende, druckvolle Konzertatmosphäre, während die Studioaufnahmen stilistisch breiter gefächert sind. So gibt es mit „Last Night“ eine sehr schöne, toll gesungene Ballade „aus dem Leben“, und auch der einzige Akustiker der CD, „See Who’s Coming“, zeigt, dass weniger manchmal mehr ist: Nur mit Gitarrenbegleitung, Solo- und Backgroundgesang wird hier nichts an weiterer Instrumentierung vermisst. Die am Bluesrock orientierten Stücke sind keineswegs dumpf stampfende Reproduktion allseits bekannter Standards, sondern bieten immer den ein oder anderen solistischen Schlenker oder eine rhythmische Besonderheit. Schön wäre, wenn Hot’n’Nasty diese Klangfarben nun auch auf die Bühne transportieren können.

Achim Hennes

 
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