SOUAD MASSI
Mesk Elil
(Wrasse 170 / Harmonia Mundi)
11 Tracks, 52:21, mit engl. Texten
Wenn die algerische Singer/Songwriterin ihren per Debüt 2001 eingeführten
Zweijahresturnus beibehält, kann das nur eine gute Nachricht sein. Mesk
Elil, zu Deutsch „Geißblatt“, ist ein von den Kindheitserinnerungen an
heimatliche Düfte getragenes Epos, in dessen Zentrum zu jeder Zeit die
verführerische Stimme von Souad Massi steht. Und das trotz Großaufgebot: 7
Gitarren, 5 Streicher und 5 Backingvocals neben der sonst üblichen
Bandbesetzung, darunter wohlklingende Namen wie Mokhtar Samba, Guy Nsangue,
Mino Cinelu oder Daby Touré. Dass dennoch nie das Schild „Wegen Überfüllung
geschlossen“ an die Studiotür gehängt werden musste, zeugt von einer großen
Übersicht bei der Produktion - für die Frau Massi selbst verantwortlich war.
Dafür, dass die Dame sich selbst als traurig bezeichnet, klingt doch sehr
viel Optimismus aus den Liedern, auch da noch, wo die Grundstimmung
tatsächlich aus den Tränendrüsen perlt. Und Perlen, bis hin zur
Ohrwurmqualität, sind ihre polykulturellen Kompositionen allemal. Wer noch
einen Beweis braucht, dass die algerische Musik sehr gut auch ohne Raï
auskommt, hat mit Mesk Elil ein schlagendes Argument auf seiner
Seite.
Luigi Lauer
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MARIEM HASSAN
Deseos
(Nubenegra INN 1128-2/Galileo)
14 Tracks, 57:30, mit engl. und span. Infos
Vor zwei Jahren hieß es noch Mariem Hassan Con Leyoad und wurde vom
Rezensionschef Mike Kamp mit dem Fachterminus „Geil!“ gesegnet. Inzwischen
hat sich Mariem Hassan selbstständig gemacht, hat den Gitarristen und
Komponisten Baba Salama mitgenommen und sich mit Deseos endgültig als
die Stimme der Saharaui Westsaharas emanzipiert. Und es ist nicht nur
eine großartige Stimme, auch Hassans Umgang damit kann nur als virtuos
bezeichnet werden. Der Widerstands-Wüstenrock (Marokko setzt den Saharaui
weiterhin übel zu), auf den Traditionen von Haul und Medej basierend,
bekommt durch den islamisch-orientalischen Gesang die richtige Würze, und
die Vorliebe der Sahara-Anrainer für rockige Gitarrensounds gibt dem Ganzen
eine anachronistisch anmutende Liebenswürdigkeit. Alleine Track drei, „La
Tumchu Anni“, ist ein Knaller, das Lied hat mehr Blues, als A. F. Touré
zeitlebens auch nur erdacht hat. Offene Ohren braucht man schon für diese,
nicht eben leicht konsumierbare Kost, doch wer sich darauf einlässt, wird
mit unendlich viel Schönheit beschenkt.
Luigi Lauer
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