Heuer nicht in kurzen Hosen im sommerlichen England, sondern im ICE
zwischen Köln und Berlin. Auch nicht gerade weihnachtlich, aber es geht ja
auch erstmal um die Zeit vor dem Fest. Internationale Lieder für Kinder vom
Erntedankfest über Sankt Martin bis kurz vor Advent u. a. mit
Ex-Cochise-Frau Dorle Ferber und vielen Kinderstimmen erklingen auf
Lichterfeste (Ökotopia ISBN 3-936286-67-1, 24 Tracks, 54:52) unter
der Leitung von H. E. Höfele. Die folkbetonte Musik wird durch
lustige Zwischentexte aufgelockert, kurz: die meist übliche hohe
Ökotopia-Qualität.
Das komplette Dezember-Thema aus englisch-traditioneller Sicht bearbeiten
die Folkrockurgesteine Steeleye Span auf Winter (Park Records
PRKCD74, 14 Tracks, 59:07). Erstmals ausschließlich teils bekannte Winter-
und Weihnachtslieder plus ein Instrumental im Jahrzehnte bewährten Sound mit
der unverkennbaren Stimme von Maddy Prior vor dichtem Chorgesang („Bright
Morning Star“ ist umwerfend!).
Ganz ohne Worte kommt der Schotte Freeland Barbour aus. Winter’s
Journey (Macmeanmna SKYE CD 29, 22 Tracks, 56:42) enthält ausschließlich
auf dem Piano eingespielte Eigenkompositionen zum nordischen, nicht nur
schottischen Winterthema. Sehr entspannt, sehr atmosphärisch, sehr
stimmungsvoll, sehr zu empfehlen.
Die multinationale Gruppe Rassegna dagegen benötigt auf Benedita
Madre (Playasound PS65282/Sunny Moon, 11 Tracks, 51:54) die Worte (fast)
der gesamten Mittelmeerregion. Dort geht es weniger um winterliche Lichter.
Zentrale Figur ist die Jungfrau Maria, die superb instrumentiert mit
emotionalen, für die Region typischen Harmonien besungen wird. Informationen
über die einzelnen Stücke hätten diese feine CD noch besser gemacht.
Kennen Sie Ladysmith Black Mambazo? The Soweto Gospel Choir sind
mindestens genauso gut, aber mit Sicherheit abwechslungsreicher und
Voices From Heaven (Shanachie 66036/Just records Babelsberg, 16
Tracks, 56:31) beweist das. Zu hören sind u. a. Klassiker wie „Many Rivers
To Cross“ oder „Amazing Grace“, und Anne Moder vom deutschen Vertrieb hatte
mehr als Recht als sie mir schrieb: „Sehr spirituell, aber wunderschön,
nicht nur zu Weihnachten.“
Ich freue mich noch mehr (Ökotopia 3-936286-49-3, 23 Tracks, 68:27)
von Ralf Kiwit läutet die konkret weihnachtliche Sektion ein. Eine
Kinder-CD mit Liedern, Gedichten und Geschichten, hauptsächlich
interpretiert von Kindern - und nur für (kleine!) Kinder geeignet. Wenn
überhaupt, denn allzu idyllisch kommt die CD rüber. Einfach zu viel Friede,
Freude, Eierkuchen.
Deutlich erwachsener klingt die Top Dog Brass Band aus Dresden mit
ihrem New-Orleans-Marching-Band-inspirierten Sound. Dass drüben in Amerika
an der Quelle niemandem so richtig nach Weihnachten zumute sein dürfte, ist
den Jungs natürlich nicht anzulasten. Weihnachten im Sitzen (Stormy
Monday Records MO81170, 13 Tracks, 40:32) beinhaltet zwar meist deutsch- und
englischsprachige Klassiker, aber die schwungvollen Blechinterpretationen
klingen spritzig. Lediglich der Gesang wirkt ab und an etwas deplaziert.
Ebenfalls aus dem Osten kommt Altmeister Gerhard Schöne, der mit
Könige aus dem Morgenland (BuschFunk BF 00792, 18 Tracks, 57:00)
zeigt, wie man eine intelligente Weihnachts-CD für Kinder und Eltern
einspielt. Schöne nimmt entsprechende internationale Lieder, Schwerpunkt
angloamerikanisch, dichtet sie poetisch und mit Augenzwinkern um und
musiziert auf Nummer sicher, aber abwechslungsreich und passend. Unschlagbar
sind die natürlichen und putzigen Zwischentexte seines kleinen Sohnes
Jakob.
Das vielköpfige italienische CorOrchestra Cantarchevai spielt auf
Nadál Encara (Folkclub Etnosuomi ES5334/Old Songs New Songs, 23
Tracks, 69:49) meist Weihnachtslieder und -tänze seiner Heimat, aber auch
aus West- und Osteuropa. Sehr konzertant und mitreißend, instrumentell
versiert und alles live. Eine Spitzenleistung!
Mehr für Freunde des orchestralen Chanson ist die CD Chante Noël
(Octant Classique OCTCD9903, 13 Tracks, 51:19) der frankokanadischen
Chanteuse Marie Michèle Desrosiers. Zu hören sind hauptsächlich
französische Versionen bekannter Weihnachtslieder, und die nahm sie teils in
Moskau mit dem Chor der Roten Armee plus Orchester auf, teils in kleinerer
Besetzung in Montréal.
Den Abschluss bildet The Show (Cuppity Records CUP001, 17 Tracks,
66:11) des englischen Quartetts St. Agnes Fountain. Das sind keine
Unbekannten (Julie Matthews, Chris While, Chris Leslie, David Hughes),
entsprechend hoch ist die Erwartung. Bekannte und unbekannte
Season-Lieder und Melodien sowie Textbeiträge, alles live
eingespielt. Durchgehend folkig, frisch arrangiert, lustig, mit Freude an
der Sache und teilweise ungewöhnlich, ein feines Album, eine feine Show. Nur
das süßliche „Silent Night“ am Ende hätte nicht sein müssen.
Mike Kamp
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