back Rezensionen Südafrika


FRANCESCA ANCAROLA
Sons Of The Same Sun

(Petroglyph Records PR-00112/ Fenn Music Service)
10 Tracks, 38:53, mit span. und engl. Texten

In Deutschland ist die chilenische Multiinstrumentalistin und klassisch ausgebildete Sängerin Francesca Ancarola relativ unbekannt, dabei braucht sie keinesfalls den Vergleich mit hierzulande angesagten Künstlerinnen zu scheuen. Schon im zarten Alter von neun Jahren begann sie zu komponieren, mit 19 gewann sie den ersten Preis von vielen, sie spielte in einer Rockband und trat in Opernhäusern auf. Sie beherrscht Gitarre, Cello und Klavier und ist außerdem mit einer außergewöhnlich wandlungsreichen und kraftvollen Stimme gesegnet. Auf ihrem vierten Album mischt Ancarola Folktraditionen Südamerikas mit souligem Smooth Jazz. Der Titel „Söhne der gleichen Sonne“ steht symbolhaft für die Überwindung politischer und kultureller Grenzen; wohl deswegen singt die Chilenin in den selbst komponierten Stücken ein paar Zeilen auf Englisch, dann auf Spanisch. Das wirkt teilweise irritierend, der harmonischen Gesamtwirkung und dem Hörgenuss des musikalischen Werkes tut es aber keinen Abbruch. Produziert hat das Album der Grammy-Gewinner Andy Byrd, begleitet wird Francesca Ancarola u. a. von Gitarrist Antonio Restucci, Percussionist Felipe Candia und Pianist Carlos Aguirre. Sons Of The Same Sun bekommt bei mir definitiv einen Ehrenplatz im Regal.

Suzanne Cords

 

FRANCESCA ANCAROLA - Sons Of The Same Sun


MARIA BETHÂNIA
Que Falta Você Me Faz. Músicas De Vinicius De Moraes

(Biscoito Fino NFX 20018/ZYX Music)
15 Tracks, 47:28, mit port. Texten

Unzählige Alben in Hommage an die brasilianische Musiklegende Vinicius de Moraes haben den Markt überschwemmt, seit dieser 1980 das Zeitliche segnete. Doch wenn eine Maria Bethânia sich dazu entschließt, ihrem ehemaligen Lehrmeister und Förderer ein Album zu widmen, darf man getrost auf ein musikalisches Juwel hoffen. Der Meister selbst sagte einst über die Ausnahmekünstlerin: „Ihr Gesang ist wie das Aufeinandertreffen von Himmel und Erde, eine Hochzeit der Welt mit der Unendlichkeit.“ Die Wertschätzung beruht auf Gegenseitigkeit, nicht umsonst hat Maria Bethânia ihr Album „Wie ich dich vermisse“ genannt. Mit wunderbar einfühlsamer und gleichzeitig kraftvoller Stimme intoniert sie die poetischen Texte de Moraes’, ohne je ins Kitschige abzugleiten. Exzellente Musiker wie die Geiger Marcel Powell und Jaime Alem, Pianist Antonio Adolfo, Bassist Jorge Helder oder Percussionist Marcelo Costa sorgen für den musikalischen Rahmen, der nie aufdringlich wirkt und immer Bethânias Stimme in den Vordergrund stellt. Als Highlight kann man auf alten Tonaufnahmen Vinicus de Moraes Stimme lauschen.

Suzanne Cords

 

MARIA BETHÂNIA - Que Falta Você Me Faz. Músicas De Vinicius De Moraes


LA CHICANA
Canción Ilorada

(Galileo GMC014)
17 Tracks, 52:32, mit span. und dt. Texten

Der Tango ist mittlerweile auch in hiesigen Breitengraden vom Salon in die Charts aufgestiegen. Die Elektroversionen von Piazzola und Co. begleiten moderne Clubgänger auf ihren Streifzügen durch die Nacht oder versüßen entspannte Nachmittage am Stadtstrand. Doch es gibt in der pulsierenden Musikszene von Buenos Aires auch Gruppen, die bei der Wiederbelebung des Tangos auf Beatbox und Resamples völlig verzichten. La Chicana zeigen auf ihrer neuen CD Canción Llorada („Weinendes Lied“), dass sich von der Folkmusik aus dem Norden Argentiniens, über afrobrasilianische Rhythmen, bis hin zu Rock, Pop und Jazz alles vertangoisieren lässt, denn die Wurzeln des schwül-dramatischen Tanzes sind so vielfältig wie die Bewohner von Buenos Aires. Die Band um den Gitarristen und Schreiber Acho Estol und die Sängerin Dolores Solá bewegt sich seit zehn Jahren geschmeidig auf diesem Parkett und Canción Llorada ist ihre dritte CD. Wunderbar das beschwingte „Photo des Käfers“ - unter Akkordeonführung des Chamamé-Virtuosen Chango Spasiuk - oder der Tango des „auffrisierten Biests“ aus der Feder von Acho Estol, der tropische Forró „Em Santa Luzía“ oder die eigenwillige Version des Tom-Waits-Songs „Frank’s Wild Years“. Galileo sei Dank können auch nichtspanischsprechende Hörer in den vollen Genuss der satirisch-zynischen Texte Estols kommen. Die wunderbar frische Stimme von Dolores Solá dagegen trifft in jeder Sprache direkt ins Herz.

Angela Isphording

 

LA CHICANA - Canción Ilorada


SOLEDAD BERRIOS
Luz De Luna

(Peregrina Music PM50432/ In-Akustik)
18 Tracks, 59:42, mit dt., span. und engl. Infos und Texten

„Wir lieben und leiden sehr intensiv. Und unsere Freude und Trauer bringen wir in unserer Musik zum Ausdruck“, davon ist die Opernsängerin Soledad Berrios felsenfest überzeugt. „Wir“, das sind nicht nur ihre chilenischen Landsleute, sondern alle Latinos. Deswegen hat sie für das Album Luz De Luna („Mondlicht“) Lieder aus ganz Lateinamerika ausgewählt, von ländlicher Folklore bis hin zur urbanen Musik der Metropolen: den argentinischen Tango „Tinta Roja“, den peruanischen „Vals La Flor De Canela“, den mexikanischen Bolero „La Petenera“ oder das brasilianische Lied vom „Fischer mit dem schönen Boot“. Obwohl Soledad Berrios ihr Geld in den Opernhäusern der Welt verdient, schlägt ihr Herz für die Folklore Lateinamerikas. Doch dank ihrer klassischen Stimmausbildung hebt die Chilenin die Canciónes auf ein Niveau weit über dem Durchschnitt. Unterstützt wird sie dabei von hochkarätigen Musikern aus Deutschland und Südamerika: Kontrabassist Guido Jäger, Charango- und Quatro-Virtuose Hugo Leyton, Flötist Fiete Felsch, Bandoneonspieler Alfons Bock, Percussionist Juan Iriate Lecaros und Gitarrist Angel García Arnés. Alle Arrangements sind maßgeschneidert, von der einfachen Ballade mit Gitarrenbegleitung bis hin zum Tango in der klassischen Besetzung. Und so ist ein Album entstanden, das musikalisch rundum zu überzeigen weiß.

Suzanne Cords

 

SOLEDAD BERRIOS - Luz De Luna


DIVERSE
Mestizo Music. Rebelión En América Latina

(Trikont 0343/ Indigo)
Promo-CD, 17 Tracks, 62:55, mit ausführlichen dt. und engl. Infos und span. Texten

In den 80er Jahren ging ein Ruck durch Lateinamerika. Selbstbewusst gingen die Menschen auf die Straße und sangen gegen die Knüppel der Militärdiktatur an: „El pueblo unido jamás se da vencido - Ein geeintes Volk gibt sich nie geschlagen.“ Land um Land erkämpfte sich die Demokratie und die Hoffnung auf ein besseres Leben. Doch die Freude währte nur kurz, die neuen Schreckgespenster hießen Inflation, Arbeitslosigkeit und Abbau der Sozialleistungen, eine Folge der Globalisierung. Und wieder artikulieren die Menschen ihre Wut und Kritik auch musikalisch. So ist die Skaszene in Mexiko City eng mit dem Aufstand der Zaptisten verbunden. Bands wie die überaus populäre Panteón Rococo singen vom täglichen Überlebenskampf, vom Verdienst der kaum reicht, die Kinder zu ernähren, von Autonomie und Freiheit. Die Kids der brasilianischen Band Em Marrocos prangern rappend das Schicksal der Straßenkinder in ihrer Heimat an, die „Hymne der Landlosen“, einer Bewegung im Nordosten Brasiliens, erzählt von Ausbeutung und Ermordung der Kleinbauern durch die Großgrundbesitzer. Und die Kölner Mestizoband La Papa Verde greift Rassismus und die Zwei-Klassen-Gesellschaft an. Ob die Latinos Cumbia, HipHop, Salsamuffin oder Manguebeat spielen, man sollte schon genau hinhören: Denn sie machen nicht nur Gute-Laune-Partymusik, sondern sind das Sprachrohr eines Kontinents, der nach Gerechtigkeit schreit.

Suzanne Cords

 

DIVERSE - Mestizo Music. Rebelión En América Latina


SEU JORGE
Cru

(Wrasse Records Wrass 160/harmonia mundi)
12 Tracks, 46:10, mit port. Texten

Underdoggeschichten machen sich gut in Musikerkarrieren. Seu Jorge ist so einer. Aufgewachsen in einem der berüchtigsten Slums in Rio de Janeiro, musste er schon als 10-Jähriger zum Familieneinkommen beitragen und Reifen reparieren. Schon damals träumte er von einer Musikerkarriere und lieh sich immer wieder Instrumente von Freunden aus. Als sein Bruder ermordet wurde, zerbrach die Familie und Seu Jorge landete für drei Jahre auf der Straße. Doch seinen Traum verfolgte er hartnäckig weiter, immer wieder ergatterte er hier und da kleine Engagements als Musiker. Und dann meinte es das Schicksal gut mit ihm. 2002 bekam er eine Rolle im Film City Of God, ein Meisterwerk, das der Weltöffentlichkeit schonungslos die brutale Realität in Rios Slums vorführte. Seitdem ist Seu Jorge in Hollywood schwer angesagt. Doch er träumt immer noch von der ganz großen Karriere als Musiker. Zu behaupten, er könne singen, wäre dabei zu viel des Guten. Trotzdem geht diese Stimme unter die Haut, sie ist rau und gefühlvoll zugleich. Geradezu minimalistisch kommt das Album Cru („Roh“) daher, Pretinho da Serrinha an der Percussion, Robertinho Brant an der akustischen Gitarre, Fabio Fonseca am Synthesizer und Seu Jorge selbst am Bass halten sich instrumental sehr im Hintergrund. Im Mittelpunkt steht eindeutig Seu Jorges Sprechgesang, der von der Liebe singt, aber auch knallhart Gesellschaftskritik übt.

Suzanne Cords

 

SEU JORGE - Cru


MERCEDES SOSA
Corazón Libre

(Deutsche Grammophon/ Universal 00289 474 1982
Promo-CD, 16 Tracks, 58:43, mit engl. Infos und span. Texten

70 Jahre ist sie im Juli geworden und immer noch klingt Mercedes Sosa so kraftvoll und charismatisch wie eh und je. Nicht umsonst nennt man sie weltweit die Stimme Lateinamerikas. Jahrelang sang sie gegen die Militärdiktatur in ihrer Heimat an. Sie war die Stimme der von der Junta zum Schweigen gebrachten Oppositionellen und der vielen Tausend verschwundenen Dissidenten. Und trotz schwerer Krankheit in den letzten Jahren ist La Negra, wie ihre Landsleute sie liebevoll nennen, nicht bereit, sich in den Ruhezustand zurückzuziehen. Auf ihrem ersten Studioalbum nach der 1999 erschienenen Missa Criolla findet die Argentinierin mit Milongas, Chacaneras, Cuecas und Chamarittas zu ihren folkloristischen Wurzeln zurück. Corazón libre („freies Herz“) ist ein in sich ruhendes Meisterwerk, das mit einfachen Mitteln eine umso größere Wirkung erzielt. Kein bombastisches Orchester, sondern vier Folkloregitarristen begleiten die Diva, allen voran Jorge Giuliano sowie Luis Salinas, Eduardo Falú und Alberto Rojo, die gelegentlich auch ins Duett mit Mercedes Sosa einsteigen. Dieses Album ist eine weitere Perle aus der Schatztruhe dieser Ausnahmekünstlerin. Es ist schier unmöglich, sich dem Bann der hypnotischen Stimme zu entziehen, La Negra trifft mitten ins Herz.

Suzanne Cords

 

MERCEDES SOSA - Corazón Libre

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