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CATHIE RYAN
The Farthest Wave

(Shanachie 78062/Just Records Babelsberg)
12 Tracks, 46:34, mit Texten

Sieben Jahre sang sie als Frontfrau bei Cherish The Ladies, dann begab sie sich auf Solopfade: die amerikanische Irin Cathie Ryan. Jetzt ist mit The Farthest Wave ihr viertes Soloalbum erschienen. Nach einem originell arrangierten, flotten Opener („What’s Closest To The Heart“) mischt sich eigenes, fremdes und traditionelles Liedgut auf fein produzierte (John McCusker) Weise. Mit dabei sind Namen wie Ewan Vernal (Bass), Alan Kelly (Akkordeon), John Doyle (Gitarre) und Michael McGodlrick (Flöte). Mit dabei ist auch Sean Keane im Duett mit Cathie Ryan bei „What Will You Do, Love?“. Dass das aber alles nach Weihnachten klingen muss und inhaltlich ständig die Winde wehen und die Blumen blühen, betrübt angesichts der geballten musikalischen Kraft, die dahinter steckt. Am liebsten würde man die rar verstreuten Momente unerwarteter Harmoniefolgen festhalten, samplen und nach oben pitschen. Aber was soll’s, der Sommer ist eh vorbei und der Winter steht vor der Tür.

Elise Schirrmacher

 

CATHIE RYAN - The Farthest Wave


LANDLUFT
Übern See

(Austro mechana / Extraplatte EX 673-2)
13 Tracks, 51:07

Gleich beim ersten Stück, „Jodler um vier“, erklingen Steirisches Akkordeon, gespielt im Reggaerhythmus, begleitet von Slide Guitar, Kontrabass, diversen Saiten und Percussion so relaxed, dass man unwillkürlich eine totaaaal entspannende Almwiese vor sich sieht, auf der glückliche Kühe breit grinsend wiederkäuen, weil sie einfach das bessere Gras haben. Cool.

Was ist das? Was zum Henker? Na klar, die zweite CD der österreichischen Gruppe Landluft. Nach einem begeisternden Erstling macht sich die Band um den Multiinstrumentalisten Oliver Podesser erneut daran, mit ungewöhnlichen Arrangements Brücken zwischen Altem und Neuem, Tradition und Innovation zu schlagen,. Das neue Album ist eine Art Konzeptalbum, das von kristallklaren Bergseen des Steirischen Salzkammerguts bis hin zu den „großen“ Wassern des Klopeiner- oder Bodensees inspiriert wurde. Auch diesmal gibt es Musik zu hören, die von den verschiedensten Stilrichtungen geprägt ist. Alpine Core-Klänge dienen als Basis für Westcoast- und Jazzeinsprengsel und werden gemischt mit mediterranen Spielformen und osteuropäischen Rhythmen. Musik zum Nachlauschen und zum Wegträumen, immer überraschend, erstaunlich und einfach nur grandios. Leider enthält die CD nur drei Lieder, wie das Titelstück, der Rest der 13 Tracks sind Instrumentalstücke mit abgefahrenen Titeln wie „Sirtaki Massaker“, „Die Herde zieht weiter“, „Ein großer Hirtenhund folgt ihr“ oder „Ein Erzherzog auf Abwegen“. Groovy!

Ulrich Joosten

 

LANDLUFT - Übern See


LA BOUM!
Marionette

(Boumbastic Records LBCD 002)
10 Tracks, 54:42, mit engl. Texten

Das Gras des Nachbarn ist immer grüner als das eigene und wenn Deutsche schon so richtig irisch klingen können, warum sollen Schotten dann nicht Richtung Afrika und Südamerika schielen dürfen? La Boum! sind eine 9-köpfige Mini-Bigband um den Sänger und Gitarristen Tom Salter, der musikalisch extensiv in Afrika gearbeitet hat. Weiterhin mischen u. a. Mary Macmaster (Poozies), Heather MacLeod (s. a. Folker! 03/2005, S. 91) oder die Ivitsky-Brüder (Peatbog Fairies) intensiv mit. Die kleine Bläsersektion lässt an die schottischen Kollegen von Salsa Celtica denken, aber La Boum! wildern trotz südamerikanischer Einflüsse eher in afrikanischen Gefilden. Außerdem bemüht man sich erst gar nicht um eine Fusion Afrika/Schottland, auch wenn sich bei genauem Zuhören die Heimat der Akteure nicht zu hundert Prozent verheimlichen lässt. Einziges Manko: Das Titelstück steht am Anfang und erweckt eine falschen Eindruck, denn es ist m. E. das schwächste der CD. Ansonsten gilt: Immer tanzbar, mit intelligenten Texten und spannenden Arrangements, mit anderen Worten: Spitzenklasse! Nichtschottische Musik aus Schottland.

Mike Kamp

 

LA BOUM! - Marionette


SUSSIE NIELSEN
Day Is Dawning

(GO’Danish Folk Music go0505/Old Songs New Songs)
11 Tracks, 42:16, mit Texten und Infos

Es war einmal ein dänisches Mädchen, das verliebte sich in die Musik von Clannad. Als es groß war, studierte es bei berühmten Leuten in Limerick Irish Traditional Music Performance, und jetzt ist es selber auf dem Weg, berühmt zu werden. Sussie Nielsen hat nach ihrem viel beachteten Debüt After Rain ihre Nummer zwei vorgelegt, Day Is Dawning. Ausgerüstet mit einer glasklaren, kräftigen Sopranstimme interpretiert sie irische Traditionals vor einer irisch-dänischen Klangkulisse aus Gitarre, Nyckelharpa, Tin Whistle, Harfe, Fiddle, Bouzouki, Cello und Klavier. Überraschend gut gelingt dieser Brückenschlag, nicht nur wegen des fast akzentfreien Gesangs, sondern auch, weil die Streichersektion nordische und keltische Spielarten gekonnt ineinander blendet. Das Schöne an diesem Album ist seine Vielfältigkeit. Mal ist es langsam, mal schnell, mal transparent, mal dicht, mal Dur, mal Moll. Jedes Instrument hat seinen Raum im Haus von Sussie Nielsens Stimme. Man darf gespannt sein auf mehr.

Elise Schirrmacher

 

SUSSIE NIELSEN - Day Is Dawning


TWM TWP
Naid Tros Afon

(GargProd/ GP 28671)
11 Tracks, 46:59, mit wal., engl. Infos

Tanzmusik du pays de galles, aus Wales, mithin britisch galant - der Humor kommt immer um die Ecke und drei Achtel später - präsentieren Twm Twp Nationalstolz und musikalisch neugierige Offenheit gleichermaßen und liefern mit Naid Tros Afon (vor allem traditionelle Reels, Jigs und Hornpipes in eigenen Arrangements) einen willkommenen hör- und tanzbaren Beitrag zum internationalen Repertoire in Sachen Folk und Tanz. Witzig arrangierte Blechbläser, typischer Swing als Grundbeat und hin und wieder leichte Melancholie lässt die regionale Herkunft von den regenreichen Inseln klar orten. Trotz der sechs Akteure (Mike James, Trefor Bennett, Hervé Dréan, Rachel, Richard and Martin Goodwin) und einem guten Dutzend an Instrumentarium mutiert die Musik, wie leider oft in diesem Bereich, keineswegs zum Klangbrei, sondern bleibt transparent, ist abwechslungsreich, sauber eingespielt und exquisit abgemischt. (Da muss ein goldenes Händchen am Mix gewesen sein!) Die Band nimmt die Besonderheiten, die von guter Tanzmusik erwartet werden können, sehr ernst - ohne sich selbst dabei allzu ernst zu nehmen - und bietet zur CD per Internet Dance Cards (Tanzbeschreibungen) für ihre Musik an. Toller Service! Weiter so!

Cathrin Alisch

 

HEMÅLLT
Hin Håles Harvedrag

(Sjelvar, SJCD 20 / CDA)
12 Tracks, 47:15, CD mit Texten und Infos (schwed./engl.)

Schwedisches Trio mit traditionellen Liedern und Instrumentalstücken; Geige, Drehleier, Saiteninstrumente dominieren die musikalische Begleitung, mal singen die beiden Herren, mal die Dame (sie heißen allesamt Ådin mit Nachnamen, leider verrät das beigelegte Heftchen nichts über die Verwandtschaftsgrade); die meisten Stücke stammen aus älteren Sammlungen, einige von namentlich erwähnten Gewährspersonen, z. B. von der norwegischen Sängerin Kirsten Bråten Berg, und das Ganze ist ein bisschen ein Querschnitt durch die im Moment angesagt schwedische Folkmusikszene, viele Polskas, (eine, „Polska Efter Garnbindar’n“, ist unter verschiedenen Namen um die ganze Ostsee herum bekannt und alle können beim ersten Hören gleich mitsummen). Über die Grenzen wird geschaut, nach Norwegen eben, aber auch übers Meer, ein Instrumentalstück stammt von den Shetlands. Fans des nicht endenden Stroms an schwedischer Kriminalliteratur werden angesichts einer Polska aus Kumla wissend nicken (wer die Anspielung nicht versteht, kann sich über die schmissige Melodie freuen), und an dieser wirklich sehr gelungenen CD ist nur zu bemängeln, dass die Stimme der Sängerin zu leise ist und sich oft gegen die Instrumentalbegleitung nicht durchsetzen kann.

Gabriele Haefs

 

HEMÅLLT - Hin Håles Harvedrag


ELIZA CARTHY
Rough Music

(Topic Records TSCD554 / Rough Trade)
11 Tracks, 50:03, mit engl. Infos

Wenn Eliza Carthy, immer noch die große junge Hoffnung der englischen Folkszene, eine neue CD rausbringt, dann hören die Interessierten drüben genauer hin. Völlig zu Recht, denn das ist akustische englisch-traditionelle Musik der Jetzt-Zeit. Das liegt natürlich in erster Linie an Eliza Carthy selbst. Sie hat sich nicht nur zu einer überzeugenden und eigenständigen Sängerin und Fiddlerin entwickelt, generell ist aus ihr eine unüberseh- und -gehbare Persönlichkeit mit künstlerischer Ausstrahlung geworden. Das schmälert jedoch nicht den Verdienst ihrer kleinen, feinen Band The Rat Catchers. Spiers & Bodden (Fiddle, Melodeon, Gesang) zählen als extrem dynamisches Duo bereits zu den neuen Folkstars auf der Insel (s. a. Folker! 05/2005, S. 97), und Ben Ivitsky (Viola, Gitarre, Gesang) kennt man von den Peatbog Fairies und La Boum! (s. o.). Mit der dezenten Hilfe einiger weniger Freunde (erneut taucht Heather MacLeod auf, s. a. La Boum!) haben die Vier ein vielschichtiges Album eingespielt, dass von der Thematik der Lieder her nicht gerade fröhlich klingt. Im Gegensatz dazu ist die fiddle-lastige und gitarrenarme Musik geradezu leicht und beschwingt. Auch in Deutschland sollten wir bei Eliza Carthy genau hinhören, denn erstmals seit Jahren wird eine CD der Fa. Topic auch bei uns vertrieben. Hoffentlich folgen nun die für den Abverkauf so notwendigen Konzerte. Das wäre eine große Bereicherung für den hiesigen Tourkalender.

Mike Kamp

 

ELIZA CARTHY - Rough Music


HURDY-GURDY
Prototyp

(Westpark Music WPCD87121 / Indigo)
12 Tracks, 51:26

Alter Schwede! So kann sie auch klingen, die Drehleier, wenn sich zwei experimentierfreudige Musiker zusammentun und die archaische Natur des Instrumentes bis zur Grenze ausloten. Wir hören die schwedische Variante, die „Groda Lira“, gespielt von niemand Geringerem als den Drehleierspielern der beiden angesagtesten skandinavischen Folkbands, Hedningarna und Garmarna. Hållbus Totte Mattson und Stefan Brisland-Ferner spielten für ihre Duo-CD neun traditionelle Instrumentalstücke und vier Eigenkompositionen ein. „Wenn man versucht, eine Drehleier mit Mikrophonen abzunehmen, ohne anfänglich zu wissen, wo und wie man die am besten anbringt“, so Brisland-Ferner, „produziert man eine Menge Sounds, die kein Mensch je zuvor gehört hat, Sounds, die zu Heiterkeitsausbrüchen bei den Proben führen“. Und jeder Drehleierspieler wird wissend und voller Anteilnahme nicken. Aber auf die Idee, genau diese Sounds zu sampeln, in einen Mac einzuspeisen und dann sozusagen als Techno-Rhythmusteppich mit den originär gespielten Instrumenten zusammenzumixen - darauf muss man erst mal kommen. Die rhythmisch hämmernden, quietschenden, schnarrenden, knarrenden, jaulenden, heulenden Sounds sind garantiert original Drehleiersounds und ergeben zusammen mit den Melodiesaiten eine fulminante Mixtur archaischer Klänge zwischen Folk und Techno. Es empfiehlt sich, diese tolle CD nicht an einem Stück zu hören, es sei denn man ist Hardcore-Leierfan.

Ulrich Joosten

 

HURDY-GURDY - Prototyp


MICK, LOUISE & MICHELLE MULCAHY
Notes From The Heart

(Cló Iar-Chonnachta CICD 160)
17 Tracks, 55:54, mit ausführlichen Infos

Traditionelle Irische Musik vom Allerfeinsten, gespielt von Mick Mulcahy und seinen Töchtern Louise und Michelle. Ihre Musik reflektiert die Traditionen von West Limerick, Sliabh Luachra mit einer Prise County Clare. Die drei lassen zunächst einige brillant gespielte Tracks mit ihren Hauptinstrumenten Akkordeon, Flute & Fiddle hören, bei denen einem sofort warm ums Herz wird. In einem durchweg sehr moderaten, relaxten Tempo, dass sich wohltuend von einigen modernen Hochgeschwindigkeits-Produktionen unterscheidet, geben die drei dabei einiges an Raritäten zum Besten. Doch damit nicht genug: Michelle zeigt, dass sie ebenso kompetent Harfe, Concertina und Piano spielt, und Louise steuert einige wunderbare Jigs und Reels auf ihren Uilleann Pipes (Flat Set in „C“) bei. Die Pipes ’n’ Fiddle Duetts sind für mich die Highlights dieser CD. Schöne unaufdringliche Begleitung durch Cyril Donoghue (Bouzouki) und Tommy Hayes (Bodhrán). Was ist das eigentlich Besondere an dieser Produktion? Für mich die emotionale Wärme, die hochgradige musikalische Übereinstimmung zwischen den Musikern, die mit Leichtigkeit zu einer unglaublichen Klanghomogenität finden. Es blitzt nur so vor Inspiration, jedes Familienmitglied brilliert auf seinen Instrumenten, dass es eine wahre Freude ist. Eine der schönsten Platten dieses Jahres! Ein definitives Muss für alle Freunde irischer Instrumentalmusik!

Johannes Schiefner

 

Mick, Louise & Michelle Mulcahy - Notes From The Heart


ROBERTO MUROLO
La Chanson Napolitaine De Roberto Murolo

(Iris Music/harmonia mundi 3001 890)
Do-CD, 35 Tracks, 107:50, mit franz. und engl. Infos

Das Doppelalbum vereint Aufnahmen aus den Jahren 1937 bis 1952. Wer über neapolitanische Lieder aus dieser Zeit spricht, denkt an epische Tenöre, Belcanto und eine erkleckliche Menge Zuckerguss. Roberto Murolos Gesang hebt sich wohltuend von diesem Klischee ab. Seine angenehm weiche, natürliche Stimme versetzt uns in ein Neapel einer längst vergessenen Zeit. Da gab es noch kaum Vespas, der Sänger mit seiner Gitarre unten auf der Straße wurde von seiner Geliebten hinter dem Fenster noch wahrgenommen. Natürlich entsprechen weder der Gesangsstil noch die einfache Gitarrenbegleitung unseren heutigen Hörgewohnheiten. Das macht aber gerade den Charme dieser Zusammenstellung aus. Auch heute noch hört sich der unaufdringliche Vortrag des im Jahre 2003 im Alter von 91 Jahren verstorbenen Sängers und Komponisten angenehm an. Das Booklet zur CD ist knapp, aber informativ. Nur schade, dass mit einer kleinen Ausnahme jegliche Fotos fehlen und die Texte nicht abgedruckt sind. Dies würde viel zum besseren Verständnis der im neapolitanischen Italienisch gesungenen Lieder beitragen.

Martin Steiner
 

ROBERTO MUROLO - La Chanson Napolitaine De Roberto Murolo


NEW TANGO ORQUESTA
Bestiario

(Laika Records/Rough Trade/3510201.2
8 Tracks, 42:58, mit engl. Infos

Nein, das Thema Tango ist noch nicht ausgereizt. Fünf junge Schweden brennen in klassischer Besetzung (Klavier, Geige, Gitarre, Bandoneon, Bass) ihre ureigene Auffassung von Laster, Lust und Leidenschaft zwischen Mut und Melancholie auf eine Scheibe, die unbedingte Einladung zum Hören und anspruchsvolle Herausforderung an fortgeschrittene Tänzer ist. Bemerkenswert vor allem sind die ausdrucksstarken Kompositionen von Per Störbig und die technische Brillanz von Geige (Livet Nord) und Bass (Josef Kallerdahl). Allein diese beiden Instrumente gestalten die Produktion zu einer faszinierenden auditiven Reise zwischen quasi skandinavischen Schneewüsten und arabischem Wüstensand. Bestiario spielt mit Überraschungen und mit Extremen in Dynamik, Gestik und Rhythmik, nutzt stilistisch eindeutige Klangzitate und lässt deutlich die Grenzen zwischen Klassik, Jazz und Tango Nuevo verschwimmen - eigenwillig und jenseits aller Klischees. Hervorragende Platte! Bitte mehr dieser Art!

Cathrin Alisch

 

NEW TANGO ORQUESTA - Bestiario


SKONROG
Weadke Tar

(Sydbank)
10 Tracks, 47:15, CD mit dän. Texten, Infos und Backrezept

SkonRog ist eine Art Roggenzwieback, wie das Beiheft verrät, in dem auch das Rezept abgedruckt ist, sonst verrät das Heft leider nicht sehr viel, z. B., von wem die Stücke stammen - sind die alle traditionell oder hat irgendein namentlich bekannter Mensch sie verfasst? Und was mag der Titel Weadke Tar bedeuten? Die Gruppe SkonRog stammt aus Südjütland, einer Gegend, von der es überall sonst in Dänemark heißt, dort werde ein absolut unbegreiflicher Dialekt gesprochen, und SkonRog beweist hier, dass diese Behauptung nicht gerade aus der Luft gegriffen ist. SkonRog singen also Lieder aus Südjütland, im speziellen Dialekt der Gegend, klingt alles fetzig, oft mit einem Fuß im Schlager, auch wenn es in den Texten oft ernst zugeht, wenn sie z. B. von unglücklicher Liebe handeln oder davon, wie sich alles ändert, selbst die Götter (nicht mal Wotan bringen wir noch Opfer), konstant ist nur die Unendlichkeit des Sternenhimmels. Das alles dargebracht, instrumental und gesungen, als Musik zum Fingerschnippen, und wie gesagt, in einem überaus bemerkenswerten Dialekt.

Gabriele Haefs

 

SKONROG - Weadke Tar


ROBIN LAING
Ebb And Flow

(Whistleberry Music WHISTLEBERRYCD001)
14 Tracks, 57:40, mit engl. Texten

Ein neues schottisches Label, die Songwriter-Kooperative Whistleberry Music. Der Premierenkünstler ist zumindest im Süden dieser Republik nicht völlig unbekannt und im Folker! bereits mehrfach besprochen worden. Einfach auf unsere Homepage gehen und als Suchworte „Robin Laing“ eingeben. Jener Liedermacher und Whisky-Connaisseur aus Edinburgh hat mit seiner sechsten CD musikalisch die Netze weiter ausgeworfen. Produzent David Scott gibt den Laing-Liedern mit den gewohnt lyrischen Texten und eingängigen Melodien mit Keyboards und Bass einen deutlichen Kick in Richtung Pop. Das sollte der potentielle Interessent wissen, aber auch, dass die Lieder dennoch höchst hörenswert sind. Das spricht für ihre Qualität und die ihres Interpreten. Zur Angewohnheit sollte sich Robin Laing diesen Popfolk auf CD meines Erachtens allerdings nicht machen.

Mike Kamp

 

ROBIN LAING - Ebb And Flow


JOHN SPILLANE
Hey Dreamer

(Hypertension HYP 5242)
11 Tracks, 38:01, mit Info und Texten

John Spillane, Gründungsmitglied der aus Cork stammenden Band Nomos, weiß seit Jahren seine Fangemeinde als Singer/Songwriter zu begeistern. Seine bisherigen Alben Will We Be Brilliant Or What und Wells Of The World dokumentieren seine beeindruckende Entwicklung. Mit Hey Dreamer zeigt er sich erneut als Schreiber von eigenwilligen, zum Teil sehr spröden und erstmal wenig ins Ohr gehenden Songs und Lyrics. Wenn man sich aber Zeit nimmt und ein wenig zuhört, entfaltet sich doch der spezielle Charme dieser eigenartigen, außergewöhnlichen Musik. John Spillane integriert die gälische Sprache in einer Hommage an den Corker Rory Gallagher und hat überhaupt „seinem Volk auf’s Maul geschaut“, viele typisch irische Redewendungen und Ausdrucksweisen finden sich in seinem Material wieder, einer der Gründe vermutlich für seine Resonanz zu Hause in Irland. Die musikalischen Arrangements sind weitgehend akustisch, sensible Gitarre, sehr gut und sensibel gespielter Bass und auch Schlagzeug fügen sich zu einem transparenten Sound zusammen, der eine intime Clubatmosphäre entstehen lässt. Die Aufnahmetechnik ist oberstes Highend, was die Platte zu einem wirklichen Hörgenuss macht.

Wer John Spillane kennen lernen möchte, sollte das ruhig mit dieser CD tun. Kein Wunder übrigens, dass auch schon Ikonen wie Christy Moore seine Songs covern.

Johannes Schiefner

 

JOHN SPILLANE - Hey Dreamer


KARL SEGLEM
Reik

(Ozella OZ 011/in-akustik)
11 Tracks, 46:38

Manchmal fällt es einem leicht, seiner melancholischen Sehnsucht Ausdruck zu verleihen. Man legt eine CD von Karl Seglem ein und das Innere wird jedem offenbar. Dabei sind in der Melancholie des norwegischen Tenorsaxophonisten keine depressiven Elemente zu finden. Reik lebt, wie bereits die Vorgänger-CDs, von der ruhigen, meditativen Kraft, die Schwermut und Stärke gleichsetzt. Die gleiche Stärke, die den Menschen befähigt, sich verletzbar zu machen, wenn er sich öffnet, beseelt das Spiel von Karl Seglem. Dabei betritt das männliche Pendant von Mari Boine mit Reik modernere Pfade als bislang gewohnt. Die archaischen Kräfte weichen den Klängen einer modernen Zukunft und zeigen den Weg, wie Tradition und Entwicklung widerspruchslos ineinander greifen. Auf Reik hat Seglems Weggefährte und Hardanger-Fiddle-Ikone Hakon Hegemo nur ein kurzes Gastspiel, dafür betritt mit Reidar Skar ein führender Studiotechniker die Bühne. Loops finden den Weg und rauben dem archaischen Ziegenhorn die Vormacht. Die bewährte einfühlsame Begleitung von Gitarrist Nikolai Ivanov und Schlagzeuger Harald Skullerud erzeugt eine sanfte, aber stabile Struktur, in der sich Karl Seglem sicher bewegen kann. Der Winter kann nun kommen, Reik wird ihn begleiten und irgendwann den Frühling begrüßen.

Chris Elstrodt

 

KARL SEGLEM - Reik


PLEKTRONITE
Plektroniitit Tuloo - Enter The Plektronites!

(Skycap Records Cap 022/Rough Trade)
13 Titel, 47:44, mit engl. Infos

Mandolinen in Finnland? Ja sicher, und wie ... Im 19. und bis in die 30er des 20. Jahrhunderts gehörte sie zu den weit verbreiteten Hausmusikinstrumenten und es gab eine Vielzahl von Mandolinenorchestern. Juha-Matti Kurra, Petri Prauda und Jarmo Romppanen, drei junge Musiker, gerieten in den frischen Wind, den das Instrument durch Protagonisten in der Folkabteilung der Sibelius-Akademie erzeugt, und gehören zur jungen Generation, die dem Instrument zu neuer Lebendigkeit verhelfen. Dabei kamen sie durchaus auf verschiedenen Wegen zur Mandoline. Die musikalischen Wurzeln reichen da von klassischer Gitarre, Irish und US-Folk, skandinavischer Tanzmusik bis zu Rockmusik, und so ist es nicht verwunderlich, dass diese Debüt-CD eine spannende, vielschichtige Angelegenheit mit klassischer Eleganz, aber auch mit Frische, jugendlichem Elan und schelmischem Humor geworden ist. Siehe Bonustrack „Exit The Plektronites ...“ Traditionelles wie Polkas, Walzer, Mazurkas oder Menuette, aber auch Eigenkompositionen und Einflüsse von Bluegrass und Irish Folk werden in einer begeisternden Lebendigkeit und mit spannenden Arrangements dargeboten. Dabei lassen die drei jungen Musiker neben Mandolinen noch Mandola, Mandocello und Cittern erklingen und das in einer Art, die auch das gitarristische Herz in Bewegung bringt.

Steffen Basho-Junghans

 

BOB DAVENPORT
The Common Stone

(Topic Records TSCD552)
26 Tracks, 52:54, mit einigen engl. Infos und Texten

Den kennen hier nur die ganz Eingeweihten, leider; er hat wohl auch noch nie in Deutschland gespielt, leider. Bob Davenport ist mit seinen mittlerweile über 70 Jahren ein englischer Revivalsinger der bodenständigen Art. Mit den Rakes hat er in den letzten Jahrzehnten die Clubs und Festivals der Insel bespielt. 2003 unterbreitete Jim Boyes ihm die Idee einer schwerpunktmäßigen A-capella-CD mit „einigen Gästen“. Selbst Davenport war erstaunt über die Liste: Martin Carthy, The Watersons, Chumbawamba, Coope, Boyes & Simpson, Richard Thompson, Linda Thompson, John Tams und Fi Fraser. Diese Ansammlung beweist die Hochachtung, die Davenport unter seinen Künstlerkollegen genießt. Häufig Davenport solo also, manchmal mit einigen der obigen Gästen, manchmal spielen jene auch Instrumentals - eine wunderbare CD der alten Sorte mit einer abenteuerlichen Mischung aus Traditionals, den McGarrigles und Gassenhauern wie „You Are My Sunshine“ oder - kaum zu erkennen - „Wild Rover“. Besonders erfreulich ist, dass der Geordie mit dem Herzen auf dem linken Fleck immer noch stimmgewaltig ist wie eh und je. Auch Oldies kann man übrigens noch neu entdecken.

Mike Kamp

 

BOB DAVENPORT - The Common Stone

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