back Rezensionen Nordamerika


HACIENDA BROTHERS
Hacienda Brothers

(Proper Records PRPCD020 / Rough Trade)
14 Tracks, 47:47, mit engl. Infos und Texten

Leicht nachvollziehbar, warum ein Mann wie Country ’n’ Soulbruder Dan Penn, der unter anderem 2Dark End Of The Street“ und „Do Right Man“ geschrieben hat, sich für die Hacienda Brothers hinter die Regler setzt. Und gelohnt hat es sich in diesem Fall offenbar dazu: Das Seitenprojekt, das Paladins-Gitarrist Dave Gonzales zusammen mit Akkordeonist Chris Gaffney aus der Taufe hob, hat die Songs von sich und anderen, auf die es ankommt, es hat die Seele, die den Unterschied macht - und dazu hatte es dann eben auch noch den Produzenten, der es drauf hat! Das hohe Lied der grundlegenden Dinge ist, was ihnen gemeinsam in die Bänder geflossen ist - sowohl was die Themen und Lyrics ihrer Songs betrifft, als auch bezüglich der Umsetzung: Wie Gaffney in „Seven Little Numbers“ nichts braucht als eine banale Telefonnummer auf einem Streichholzbriefchen, anhand deren er in zehn läppischen Textzeilen das ganze Mysterium der alten Boy-meets-Girl-Tragödie auf den Punkt bringt, so brauchen die Band und ihr väterlicher Mentor am Steuer nicht die Spur auch nur eines einzigen Mätzchens, um einen beim Hören damit regelrecht aus dem Häuschen zu bringen. 1 + 1 = 2, komplizierter muss es nicht werden: ein Mann und eine Frau, um den ganzen Laden anzuzetteln, in dem wir hier unser Dasein fristen, ein Gitarrist und ein Akkordeonist, um ihn bei den Hörnern zu packen, eine Band und ein Produzent, um sich darüber zu erheben. Zu den Sternen zum Beispiel ...

Christian Beck

 

HACIENDA BROTHERS - Hacienda Brothers


DOUG JAY & THE BLUE JAYS
Jackpot!

(Crosscut Records CCD11083)
14 Tracks, 53:58

„When I get lucky, I get that fishtail Cadillac car...“ singt Doug Jay, und mit dieser CD könnte ihm tatsächlich der große Wurf gelingen, um sich seinen Traum vom Glück zu erfüllen. Mit rhythmischer Urgewalt und einer gehörigen Portion „Schmutz“ von Harmonica (Doug Jay) und Gitarre (Christoph „Jimmy“ Reiter) gibt der Opener „In The Darkest Hour“ die Richtung für die nächsten 50 Minuten vor. Jump Blues, R&B (viel „Rhythm’“ und etwas „Blues“), dann ein Schleicher wie „Real Bad Girl“ mit grandioser Pianobegleitung von Chris Rannenberg. Mit einer tiefen Verneigung vor den „alten Meistern“ (in diesem Fall Otis Spann) gelingt Doug Jay und Chris Rannenberg das Stück „Half Ain’t Been Told“, in dem Gesang, Harp und Piano in tiefem Blues schwelgen, während das von Christoph „Jimmy“ Reiter und dem Schlagzeuger Andre Werkmeister komponierte „Tumbleweed“ als perfekter Soundtrack für das nächste Road Movie von Quentin Tarantino herhalten könnte.

Insgesamt eine sehr gelungene Produktion, irgendwie im „old style“, aber keineswegs erstarrt oder gar verstaubt - gekonnt eben und sehr zu empfehlen.

Achim Hennes

 

DOUG JAY & THE BLUE JAYS - Jackpot!


SARAH LEE GUTHRIE & JOHNNY IRION
Exploration

(Blue Rose Records BLU DP0363)
12 Tracks, 41:20

Sie habe „den richtigen Namen und den Tourbus - den von Arlo - was solle da noch schief gehen“, meinten noch vor wenigen Jahren Kritiker zu Sarah Lee Guthries ersten musikalischen Gehversuchen. Doch Woody Guthries Enkelin und Arlo Guthries Tochter hat sich darauf nicht verlassen und an sich gearbeitet. Das Ergebnis, dass sie jetzt mit ihrem Mann Johnny Irion vorgelegt hat, kann sich hören lassen. Gemeinsam mit anderen „Kindern“ prominenter Folkies aus den USA - wie u. a. Pete Seegers Enkel Tao Rodriguez-Seeger, der auch auf „Exploration“ zu hören ist - gehören Guthrie und Irion zu einer neuen Generation von Musikern in den USA, die ihr eigenes Konzept von Americana-Musik entwickeln. Wobei Anleihen bei traditionellen Vorfahren wie der Carter Family ebenso unüberhörbar sind wie solche bei Folkrockgruppen wie Seatrain und bei Künstlern wie den Muldaurs - Sarah Lees Stimme erinnert häufig an die junge Maria Muldaur - oder Neil Young. In dem Meer von Americana-Produktionen ist Sara Lee Guthries und Johnny Irions CD „Exploration“ ein ausgesprochen erfreuliches „Duo-Debüt“. Höhepunkt ist „Dr. King“ (Martin Luther King), ein Stück, das Pete Seeger im Zuge der Ereignisse vom 11. September 2001 geschrieben hat, um den Menschen Mut beim Kampf für eine bessere Welt zu machen. Kritisch bleibt anzumerken, dass man glaubt, auf den Abdruck der Texte verzichten zu können und sich mit dem Verweis auf die Homepage der Künstler begnügt.

Michael Kleff

 

SARAH LEE GUTHRIE & JOHNNY IRION - Exploration


THE PAPERBOYS
Dilapidated Beauty

(Stompy Discs TND 315 / Sunny Moon Distribution GmbH)
Do-CD, 18 Tracks, 77:06, mit engl. Infos und Texten

Ein Füllhorn keltisch, americana-rootig und soulig inspirierter und instrumentierter Balladen breitet das Sextett aus Kanada auf seinem fünften Album aus. Exakt wie das selbstgewählte "Celtic Roots Soul"-Brett vor dem Kopf es verspricht - aber ganz anders als der komplett irreführende Albumtitel einem weismachen will: Baufällig oder gar bereits verfallen ist die zu etwa gleichen Teilen melancholische und beschwingte Schönheit, die sie ihren Pfeifen und Blechblasinstrumenten, Akkordeons, Violinen und anderen Saiteninstrumenten entlocken, ganz gewiss nicht. Ganz im Gegenteil: Für heutige Verhältnisse ungewöhnlich kraftvoll, melodiös und reich an ebenso nachvollziehbaren wie eingängigen Harmonien präsentiert sich ihr Repertoire auf diesem ersten Doppelalbum. Und zwar, je nach Schlagseite, durchaus facettenreich unterschiedlich: in den keltischeren Songs nachdenklicher und sentimentaler, in den americanahaft-rootigeren bissiger und temperamentvoller, in den souligeren muskulöser und geradliniger als in anderen. Mit allen Vor- und Nachteilen: Da sollte einerseits für jeden etwas dabei sein; für den Puristen wird es andererseits haarig. Kein schlechtes Bild für das Leben an sich - was sich vor allem die Reinheitsgebotler rechtzeitig hinter die Ohren schreiben sollten: Es wird nicht einfach für sie werden in der Zukunft. Für Pluralisten dagegen sind das Leben und die Paperboys ein Fest ...

Christian Beck

 

THE PAPERBOYS - Dilapidated Beauty


PHARAO’S DAUGHTER
Queen’s Dominion

(Tzadik TZ 7193)
10 Tracks, 48:24

Exile

(Knitting Factory KFW-306)
12 Tracks, 51:58, mit engl. Texten

Out Of The Reeds

(Tzadik TZ 7187)
12 Tracks, 45:34

Daddy’s Pockets

(Eigenverlag)
12 Tracks, 39:23, mit engl. Texten

Kopf der Gruppe Pharao’s Daughter ist nach sieben Jahren und mittlerweile vier Alben weiterhin Basya Schechter, wobei der Vorname “Basya” wörtlich mit “Tochter Gottes” (hebr.) zu übersetzen wäre. Während das erste wie das dritte Album („Queen’s Dominion“ bzw. „Exile“), beide durchwegs mit englischen Texten, trotz ihrer musikalischen Ausflüge nach Indien oder dem Nahen Osten noch unter „Pop“ katalogisiert werden könnten, ist bereits bei „Out of Reeds“, dem zweiten Album und auf dem für jüdische Musik spezialisiertem Tzadik-Label 2004 neu herausgegebenen, mit jiddischen und hebräischen, dann meist biblischen Texten, der Bezug zur Weltmusik bereits definitiv gegeben (s.a. Folker! 2/2002, S. 76). Neu am aktuellen Album „Queen’s Dominion“ ist, dass sämtliche Stücke nunmehr instrumental sind. Neben Schechter (Gitarre, Ud) brillieren vor allem Alan Kushan mit einem selbstgebauten Santur (einer Art Hackbrett), Meg Okura (Violine, mit klass. Ausbildung) sowie Jarrod Kagwin (Perkussion), ganz abgesehen von hier nicht erwähnten Gastmusikern. Faszinierend, wie es der Gruppe gelingt, amerikanische, chinesische wie auch arabische musikalische Elemente mit „psychodelischem Gefühl und pan-mediterranen Empfindungen“ (Infobeiblatt) zu in einen Musikstil zu verschmelzen. Wahrlich Exotisches aus dem jüdischen New York City.

Matti Goldschmidt

 

PHARAO’S DAUGHTER - Queen’s Dominion

PHARAO’S DAUGHTER - Exile

PHARAO’S DAUGHTER - Out Of The Reeds

PHARAO’S DAUGHTER - Daddy’s Pockets


ROD MacDONALD
A Tale Of Two Americas

(Brambus Records 200502-2)
17 Tracks, 67:31, mit Texten

Ganz unaufdringlich und ohne erhobenen Zeigefinger hält Rod MacDonald der amerikanischen Gesellschaft einen Spiegel vor. Die Geburt seiner Tochter Ella Marie, besungen in „I’m Your Dad“, hat MacDonald dazu gebracht, nach dem Zustand der Welt zu fragen, in der sie aufwachsen wird. Frieden („Peace“) und Liebe (“Love is the Common Ground”) erhofft sich der Künstler für die Zukunft. Wobei er weiß, dass in seinem Land die Politiker den Reichen geben, was sie von den Armen nehmen, und sie den Menschen Furcht einjagen, um ihre Stimme zu bekommen. MacDonald bekennt in „Sacrifice“, so patriotisch zu sein wie der Nachbar von nebenan, doch das rechtfertige keinen Krieg für Öl. Das Titelstück ist eine Ode an das „andere“ Amerika. Auch wenn Bush und seine Leute Wahlen stehlen und das Volk belügen. MacDonald zeigt sich überzeugt: „In the end you know it´s you who´s gonna lose“. Viel Humor beweist der Sänger und Gitarrist in seinem Song über den unaufhaltsamen Aufstieg von Arnold Schwarzenegger zum Gouverneur von Kalifornien. Am Ende von „The Governator“, lässt er den „Politiker“ sagen: „In my last picture I saved the world from myself ... now who´s gonna save the world from me?“ Musikalisch verpackt Rod MacDonald seine Songs in bewährte Folkrock-Rhythmen. Sein warmer Gesang wird begleitet von den langjährigen Partnern Mark Dann (Bass) und Steve Eriksson (Gitarre, Mandoline, Dobro). Eine wunderschöne CD.

Michael Kleff

 

ROD MacDONALD - A Tale Of Two Americas


TRIO SAN ANTONIO
Fred Zimmerle’s Conjunto

(Arhoolie CD 9052 / FMS)
22 Tracks, 75:06, mit dt. und engl. Infos und Texten

Wenn darin keine Lektion für Generationen von Rock ’n’ Rollern, Rockern und Poppern steckt, die ihre Werke so gern als eine Art Volksmusik verstehen und sich dann wundern, wenn die stets modisch verpackten Gassenhauer bereits in Nullkommanix wieder out sind! Echte Volksmusik braucht keine Spur von Mätzchen - wie man nun auch wieder an der Wiederveröffentlichung der Sessions des San Antonio Trios aus dem Mai 1974 sehen kann: Cancion, Polka und Corrido waren die Parolen des Tages im texanischen Grenzgebiet als hierzulande eine Bande langhaariger Kicker mit "Fußball ist unser Leben" alles andere in Grund und Boden grölte - und Cancion, Polka und Corrido sind dort auch heute noch die Parolen des Tages während einem hierzulande kleine Krokodile, verrückte Frösche und dergleichen die Sprache verschlagen. Fred Zimmerles Geheimnis, wie das aller echten Volksmusik überhaupt: mit Akkordeon, Bajo Sexto oder Bass und gelegentlicher Gitarre oder Violine direkt auf den Punkt gespielt und gesungen und fertig! Derselbe Sound wie seit Jahrhunderten in der Alpenregion, aus der die eine Hälfte dieses Original-Tex-Mex kam, wie auf den Zocalos Mexikos, das die andere Hälfte beisteuerte. Hauptsache, die Musik groovt gemütlich, die Melodien sind mitsingbar und es ändert sich nicht allzuviel dabei von Song zu Song. Alles der Fall beim Trio San Antonio - wenn sie nicht gestorben wären, könnten sie es glatt heute noch genau so tun ...

Christian Beck

 

TRIO SAN ANTONIO - Fred Zimmerle’s Conjunto Trio San Antonio

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