DIE BESONDERE - ENGLAND
SARAH JANE MORRIS
Live In Montreal
(Fallen Angel/Alive! Fallen004)
15 Tracks, 77:22
Mit Songs ihrer beiden Alben August und Love & Pain hat die Sängerin Sarah
Jane Morris aus England letztes Jahr in Montreal ein faszinierendes,
mitreißendes Livealbum aufgenommen. Seit 1980 ist sie bereits als Sängerin
aktiv; nun scheint die Zeit reif für eine große Karriere. Hervorragende
Musiker unterstützen sie dabei, ihr enormes stimmliches Potenzial zur Geltung
zu bringen. Zum einen sind es die Brüder Calum und Neill MacColl an
verschiedenen akustischen und elektrischen Gitarren, zum anderen ist da Henry
Thomas am Bass: Die drei zeigen deutlich, dass sie Außergewöhnliches zu bieten
haben. Man hört jeden einzelnen Ton, jedes Schwingen der Instrumente, die auf
wunderbare Weise mit der ausdrucksstarken Stimme der Sängerin harmonieren.
Nichts wird zugedeckt und mit Lautstärke kompensiert. Auf dem Album mit
bekannten Pop- und Blues-Titeln in neuen Arrangements präsentiert sich ein
Quartett der Sonderklasse, das den Zuhörer von Anfang bis Ende nicht loslässt.
Bereits beim ersten Stück, der eigenwilligen Coverversion „I Can’t Stand The
Rain“, ist klar, in welche Richtung die Musiker zielen. Sie mixen einen
Cocktail aus Blues, Jazz und einem Schuss Soul zu einem wahren Leckerbissen.
Die Stimmlage erinnert zunächst an Janis Joplin, doch die am Jazz geschulte
Sängerin hat – wie gerade ihre Version des Joplin-Hits „Piece Of My Heart“
beweist – durchaus Eigenes zu bieten und versteht es zu phrasieren und zu
improvisieren. Zu den Highlights der CD zählen Cohens „Chelsea Hotel“ und
Barry Whites „Never Gonna Give You Up“. Morris’ traumhaft schönes Timbre wird
bei dem Titel „Cowboy Junkies“ noch mit Melodie- und Backgroundgesang der
MacColl-Brüder unterstützt. Hier glänzt eine Künstlerin mit fesselnder
Ausstrahlung und fantastischer Stimme als neuer Stern am Musikhimmel. Den
Namen Sarah Jane Morris sollte man sich unbedingt merken. Ihr Album Live In
Montreal ist uneingeschränkt zu empfehlen.
Annie Sauerwein
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DIE BESONDERE - SCHOTTLAND
DÒCHAS
An Dàrna Umhail – The Second Glance
(Macmeanmna SKYECD 34)
12 Tracks, 49:35, mit Infos und gäl./engl. Texten
Fünf Frauen plus ein einsamer Bodhránspieler, und – bei allem Respekt vor
Martin O’Neills großen Künsten – bei Dòchas (auf Deutsch „Hoffnung“) bestimmt
die holde Weiblichkeit die Richtung. Und starke Frauen sind es, die wissen,
was sie können und wollen: Kathleen Boyle (Akkordeon, Piano, Gitarre), Julie
Fowlis (Gesang, Whistle, Pipes, Oboe; s. a. Folker! 03/2005, S. 91),
Carol-Anne MacKay (Pipes, Akkordeon, Whistle), Eilidh MacLeod (clàrsach,
Piano) sowie Jenna Reid (Fiddle, Piano). Dòchas sammeln Auszeichnungen und
Lobeshymnen wie andere Kastanien im Herbst, und das Schöne ist: All das ist
gerechtfertigt und wahr. Wie schrieb schon der Fachrezensent dieses Journals
2003: „Ein umwerfendes Debüt. Dòchas sind bereits jetzt großartig, bald werden
sie Riesen sein. Sorry, Riesinnen!“ Und nun haben Dòchas den Nachfolger
abgeliefert, und er ist (na, was wohl?) riesig. Die muntere Mischung aus Tunes
und gälischen Liedern (plus 1x Meister Burns) überzeugt ohne jegliche
Abstriche, wobei ich mich allerdings nicht entscheiden kann, ob ich Julies
faszinierenden Gesang oder die instrumentelle Meisterschaft der gesamten
Gruppe stärker bewerten soll. Das eine bedingt wahrscheinlich das andere.
Dòchas sind in der schottischen Premier Division ganz vorne angekommen!
Mike Kamp
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