CÁNTARO
Salta Las Barreras
(Way Out Records, WO 04091)
13 Tracks, 72:14, mit span. und dt. Texten
Grenzen überwinden heißt das Debütalbum der Tübinger Band mit der
charismatischen Frontsängerin, und dieses selbst gesteckte Ziel meistert das
Quintett mit Bravour. Wer Latin Sound zum Abtanzen erwartet, wird
enttäuscht, denn die Musik lädt eher zum meditativen Hörgenuss in einer
ruhigen Stunde ein. Traditionelle lateinamerikanische und spanische Elemente
vom Canto Nuevo und Tango über Flamenco bis hin zu Salsa, Candombe oder
spanischem Rap verschmelzen zu einem ganz eigenen Stil, der bei jedem Stück
neue Facetten anklingen lässt. Das liegt nicht zuletzt an der ungewohnten
Kombination der Instrumente, die allesamt in den Händen erfahrener Musiker
liegen. Kopf der Truppe ist der Chilene Sergio Pinto, der manchem als
langjähriger Leiter der Grupo Sal ein Begriff sein mag. Er erweist sich als
Meister der Gitarre, des Cuatro und des Tres, während seine Landsmännin
Carolina Aliaga ein eindringliches Cello streicht. Der Deutsche Rolf Nill
ist für Percussion zuständig, Wolfram Karrer beherrscht virtuos sowohl
Akkordeon als auch Piano, und die spanische Sängerin Maribel Morejón erweist
sich als würdige Interpretin der modernen Gesangskunst und stimmlicher
Experimente. Ein ungewöhnliches Album und ein vielversprechender Beginn für
die Newcomerband.
Suzanne Cords
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RODRIGO & GABRIELA
Live Manchester And Dublin
(Rubyworks/Rough Trade)
8 Tracks, 36:56 + Bonus PC/Mac Video
Wer auf eine Fortsetzung von Friday Night In San Francisco gewartet
hat, wird mit dem Livedebut des Gitarrenduos Rodrigo Y Gabriela wohl recht
glücklich werden. Das Pärchen aus Mexico City haut in die Saiten, als sei
ihm der Teufel auf den Fersen. Rasend schnelle, nicht enden wollende,
maschinengewehrartige Läufe, solo oder unisono, perfektes Timing ... Das sind
die Ingredienzien, die ein überraschtes Publikum immer wieder laut johlend
zu Begeisterungsstürmen hinreißen. Die vitale Präsenz dieses rein akustisch
agierenden Duos ist beeindruckend. Die nylonbesaiteten Gitarren werden bis
an die äußersten Lautstärkegrenzen gepeitscht. Dass die beiden einst
Mitglieder einer mexikanischen Heavy-Metal-Band waren glaubt man ihnen
unbesehen. Musikalisch bewegt sich das Ganze in oben erwähnter Friday
Night Flamencofusionmanier - McLaughlin, di Meola und de Lucia lassen
grüßen. Drei Coverversionen sind zu hören: „One“ von Metallica (!), der
Desmond-Klassiker „Take Five“ und Piazollas „Libertango“ in einer witzigen
Melange aus Reel und Tango. Als Bonus ist ein Titel der CD auch als Video zu
begutachten. Vielleicht liegt es am Hochgeschwindigkeitsrausch der beiden,
dass die CD schon nach guten 35 Minuten ein Ende findet. Das ist nun
letztlich auch der wunde Punkt, den ich nicht unerwähnt lassen möchte. Es
bleibt ein wenig unklar, was man hier am meisten bewundert - die
musikalische oder die sportliche Leistung.
Rolf Beydemüller
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EMELINE MICHEL
Rasin Kreyol
(World Connection WC 43054, Edel Contraire)
Promo-CD, 12 Tracks, 45:20
Hand aufs Herz: Wer kann schon auf Anhieb einen Musiker aus Haiti nennen? Na
eben. Das sollte sich nach dem Genuss dieser Scheibe definitiv ändern, denn
Emeline Michel gilt zu Recht als eine der erfolgreichsten Kulturexporte
ihrer Insel, und in ihrer Wahlheimat New York tituliert man sie gerne als
haitianische Joni Mitchell. In ihrer Musik treffen die für den Inselstaat
typischen Stile compas, twoubadou und rara auf Jazz,
Pop, Bossa Nova und Samba, rhythmisch angetrieben von den haitianischen
Trommeln manman, tanbou und boula. Dazu singt die
Musikerin und Tänzerin auf Französisch und im kreolischen Dialekt Patois. Im
Exil fühlt sie sich Haiti mehr denn je verbunden, und so hat sie es sich in
den Kopf gesetzt, in ihren Liedern dem Bild des von Kriminalität und
politischen Unruhen gebeutelten karibischen Eilands die schönen Dinge Haitis
entgegenzustellen. Besonders gelungen klingt das, wenn sie bei dem Stück
„Nasyon Solèy“ mit ihrem dreijährigen Sohn gegen das Heimweh ansingt: „Wir
wollen nicht sterben, bevor unsere Kinder unser Land in neuem Glanz
erstrahlen sehen. Sonnennation, steh auf, bleib stark, gib nicht auf.“
Raisin Kreyol ist bereits das achte Album der charismatischen
Sängerin, die als 18-Jährige ihre Heimat verließ, weil sie bei einem
Wettbewerb ein einjähriges Musikstudium in Detroit gewann. Jetzt träumt sie
in dem Lied „Mon Rêve“ von einem glücklichen Haiti.
Suzanne Cords
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