OUSMANE TOURÉ
Avenue Du Monde
(Together/MDM)
Promo-CD, 10 Tracks, 40:43
Er sollte es können, und er kann es: Ousmane wurde bekannt als neue Stimme
von Touré Kunda, jenes Familienunternehmen, das seit den frühen 80ern mit
Afro-Reggae-Pop der besten Sorte weltweit gefeiert wurde. Ousmane kam nach
dem Tod seines Bruders Amadou in die Band und behauptete sich rasch. Nun
also, wieder einmal, solo, und da wird seine Herkunft aus der musikalisch
sanfter gestimmten Casamance-Region im Süden Senegals noch deutlicher: Vom
Opener „Mandou“ und dem Knaller „Simbala“ abgesehen, ist kein krachender
Mbalax zu hören, kein hämmerndes Sabar-Trommel-Ensemble, sondern eher
Singer/Songwriter-Stil, teils chansonhaft, teils chorbetont wie bei Lokua
Kanza oder Richard Bona, und dennoch ist immer mächtig groovy, was sich hier
an Liedern findet. Avenue Du Monde ist nicht ganz so weltweit zu
verstehen wie der Titel, charakterisiert aber sicher die Offenheit und
Fähigkeit Ousmane Tourés, sich in dem Genre auszudrücken, das seinem
Erzählstil am meisten entgegenkommt; und da beweist er eine sichere Hand in
der sehr abwechslungsreichen Instrumentierung (neben Standardinstrumenten
sind Mbira, Kora, Xylophon, Duduk [!] und Bandoneon zu hören) und ein gutes
Gefühl für Spannungskurven. Avenue Du Monde ist ein Spitzenalbum, das
sich Youssou N’Dour anhören sollte, wenn er sich bei seiner eigenen Musik
langweilt.
Luigi Lauer
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CHEB BALOWSKI
Plou Plom
(Galileo 012)
13 Tracks, 54:56, Texte mehrsprachig, meist mit dt. Übersetzung
Der Bandname lässt vermuten, der Raï der algerischen Chebs reiche bis
Rumänski, Polenski oder Bulgarski. Doch das stimmt nur stellenweise. Die
Balowskis stehen eher für eine ganz eigene Erfindung, nennen wir sie
rockorientalen Balkanreggae. Was der Schmelztiegel Barcelona bisher an
europäisch-lateinamerikanisch-schwarzafrikanischen Gemeinsamkeiten
auslotete, klingt bei Cheb Balowski wie frisch geohrfeigt und auf den Kopf
gestellt. Und das kommt gut! Das Aufregende an Cheb Balowski ist, dass sie
vor sich selbst nicht sicher sind. Da fängt ein Reggae an, als hätte sich
Ennio Morricone daran versucht, ein Ska wird zerrupft, als wolle man die
Hegelsche Entfremdungstheorie an ihm ausprobieren, ein Gnawa-Titel wird
„on-the-Rock“ serviert. Die ganze Musik mutiert durch Tausendundeine Nacht,
mit Märchen von Balkan und aus der Karibik. Eines können Cheb Balowski ganz
gewiss für sich reklamieren: etwas völlig Neues kreiert zu haben. Und da sie
diese krude Mischung auch noch instrumental, vokal und multilingual
beherrschen und danzophil transportieren, verleihen wir ihnen hiermit das
Große Folker!-Weltmusik-Verdienstkreuz am Bande.
Luigi Lauer
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