back Rezensionen Asien


ENSEMBLE KUDSI ERGUNER
The Ottoman Heritage

(Institut du monde Arabe / Harmonia mundi)
14 Tracks, 68:50, mit engl. u. franz. Infos

Das Sextett um den in Paris lebenden Ney-Virtuosen Kudsi Ergüner legt ein wundervolles Album vor: Der Lehrer und Leiter eines Sufi-Ordens ist tief in den osmanischen Traditionen verwurzelt, und öffnet sich zugleich neuen Einflüssen, wovon seine Kooperationen mit Peter Gabriel und Renaud Garcia Fons zeugen. Mit der Trapezzither Kanun, der Laute Tanbur, der Kniegeige Kemence, der Kurzhalslaute Ud, Ney und Percussion erklingen die wesentlichen Instrumente der türkischen Klassik im Spiel ausgezeichneter Musiker. Dieses „Osmanische Erbe“ verleiht selbst der oft sehr steifen türkischen Klassik eine geradezu schwebende Eleganz. In Musikern wie Kudsi Ergüner liegt eine Chance, diese Musiken in einer Form zu bewahren, die auch in der Zukunft noch Bestand haben kann. Besonders hervorzuheben ist der hervorragende Text im Booklet, der den komplizierten Sachverhalt türkisch-osmanischer Musik, seine Instrumente, Aufführungsformen und Tonskalen knapp und präzise wiedergibt.

Birger Gesthuisen

 

ENSEMBLE KUDSI ERGUNER - The Ottoman Heritage


ARTO TUNCBOYACIYAN
Artostan (Solo-CD)

(Heaven and Earth HE 15)
18 Tracks, 54:57

Love Is Not On Your Mind (mit Vahagn Hayrapetyan)

(Heaven and Earth HE 19)
12 Tracks 54:02, mit engl. u. arm. Infos

Der armenische Perkussionist Arto Tuncboyaciyan machte knapp 20 Jahre lang in den USA Karriere als gefragter Musiker (u. a. in Al di Meolas Band). Auch als Solist trägt ihn sein Ideenreichtum - er soll schon mal ein gesamtes Abendprogramm mit einem Tisch (!) bestritten haben. In den letzten Jahren trat er auch bei uns häufiger auf als Chef der Armenian Navy Band auf. Nun erfolgte gleich ein Doppelschlag aus dem Kölner Heaven-and-Earth-Label, die ihn weitgehend solistisch vorstellen, d. h. als Percussionisten, Sänger, Duduk- und Lautenspieler.

Es sind stimmungsvolle Alben, die allerdings etwas unter dem hohen Output leiden und an einigen Stellen etwas langatmig wirken. (Die meisten Musiker sind schon überfordert, einmal pro Jahr ein hervorragendes Album zu veröffentlichen.) Das Album Love is not on your mind mit dem armenischen Ausnahmekeyboarder Vahagn Hayrapetyan, der im letzten Jahr mit seiner Band beim Jazzfestival in Montreux auftrat, klingt flüssiger als das Soloalbum Artostan, das einen Percussionisten zeigt, für den die gesamte Welt aus Klangwerkzeugen zu bestehen scheint. Als Lautenspieler und Sänger ist er sicherlich nicht abendfüllend.

Beide CDs sind insgesamt den Arto Tuncboyaciyan-Fans zu empfehlen, sie werden gut bedient. Und sie verkürzen das Warten auf das nächste Album der Armenian Navy Band, das in diesem Herbst erscheinen soll. Birger Gesthuisen

 

ALI REZA GHORBANI - DARYOUSH TALA’I - DJAMCHID CHEMIRANI
Vocal Calligraphy

(Accords Croisés AC 107 / harmonia mundi)
13 Tracks, 76:28, in Buchform mit franz. u. engl. Infos

Der klassische persische Gesang gehört hierzulande leider immer noch zu den eher unterschätzten Kunstmusiken. Während sich für wesensverwandte Vokalstile, wie Dhrupad, Khayal oder Qawwali, bereits ansehnliche Liebhaberzirkel gebildet haben, wird der klassische persische Gesang außerhalb der iranischen Gemeinden nur von wenigen Eingeweihten goutiert.

Das könnte sich mit der vorliegenden CD vielleicht ein wenig ändern, treffen hier doch drei der ganz großen Musiker dieses Genres aufeinander. Da ist zunächst der Sänger Ali Reza Ghorbani, der von Koransuren bis Sufilyrik sämtliche Variationen spiritueller Texte im Repertoire hat. Unterstützt wird er von Daryoush Tala’i, einem Virtuosen auf der Tar, einer, mit drei Doppelsaiten bestückten Kurzhalslaute, sowie durch eine, von Altmeister Djamchid Chemirani gespielte, pokalförmige kleine Holztrommel namens Zarb, besser bekannt unter ihrem lautmalerischen Aliasnamen: Tombak.

Das Trio hat für diese CD aus klassischen Sufi-Texten zwei knapp 39- und 37-minütige Suiten kompiliert, die mit großartiger vokaler und instrumentaler Verzierungskunst vorgetragen werden. Dank Ali Rezas sehr gut ausgebildeter Stimme lassen sich die komplexen Melodiebögen und Tonfolgen beim Hören bestens nachvollziehen; somit ist diese CD auch Musikfans ans Herz zu legen, die sich mit den muezzinhaften Glissandi dieser Musik bislang etwas schwer taten.

Walter Bast

 

ALI REZA GHORBANI - DARYOUSH TALA’I - DJAMCHID CHEMIRANI - Vocal Calligraphy


DIVERSE
Songs and Music from Badakhchan

(Naive TC 461001/harmonia mundi)
11 Tracks, 70:40, mit franz. u. engl. Infos

Zugegeben, um mich über die afghanische Provinz Badakshan (ich nehme mal die hiesige Schreibweise) zu informieren, musste ich mal wieder ins Zwischennetz: Weltweit drittgrößtes Anbaugebiet für Schlafmohn sei die Provinz an der Grenze zu Tadschikistan, las ich da, prächtige Lapislazuli gebe es dort, vermeldeten die Mineralogen, und in der Hauptstadt Faisabad stünde seit Januar diesen Jahres ein mit allem Komfort ausgestattetes Fort des Wiederaufbauteams PRT, lobte sich die Bundeswehr. Musik? Fehlanzeige! Eine kleine Hilfe kommt aus dem Theatre de la Ville in Paris: Am 27.11.2003 fand dort, wo schon so viele große (Welt-)Musikveranstaltungen stattfanden, ein Konzert mit einem Quintett aus Badakhchan statt. Das Ensemble um die Sängerin Sahiba Doviatshaeva, Djonbaz Doshanbiev (Geige ghijak/Kurzhalslaute rubab), Mokhtar Muborakkadamov (Langhalslaute setor), Ghulamsho Safarov (Kurzhalslaute tanbur) und Shodikhon Mabatkulov (Rahmentrommel daf) präsentierte ein ausschließlich aus traditionellem Material bestehendes Programm. Frau Doviatshaevas kraftvolle Stimme dominierte die oft hypnotischen Melodie- und Rhythmusfolgen der vier Instrumentalisten. Dabei entstanden Passagen von eindringlicher Intensität, wie sie nur wenige traditionelle Musikstile für sich reklamieren können. Naive-sei-Dank können wir heute an diesem einmaligen Musikereignis teilhaben.

Walter Bast

 

DIVERSE - Songs and Music from Badakhchan

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