DIVERSE
Golden Afrique Vol. 1
(Network 27.677/Zweitausendeins)
Doppel-CD, 24 Tracks, 134:10, Infos engl., dt., frz.
Was für ein Schatzkästlein! Die stärksten Momente westafrikanischer Popmusik
von 1971-1983 aus Mali, Senegal, Gambia, Tschad, Guinea, Elfenbeinküste,
Guinea-Bissau und Togo sind hier versammelt, eine Zusammenstellung, die
trotz der historischen Komponente nicht nur Liebhaber entzücken dürfte. Die
legendären Super Eagles aus Gambia sind dabei, eine der ersten Superbands in
Afrika, ferner Youssou N’Dours erste eigene Band, Etoile de Dakar, das
Orchestra Baobab natürlich, Bembeya Jazz National und die Rail Band. Auch
weniger bekannte wie Amadou Balake, das Orchestre de la Paillotte oder Idy
Diop. Und auch Miriam Makeba ist vertreten, womit ihre produktive Zeit im
Exil in Guinea gewürdigt wird. Falsch allerdings die Information, man habe
ihr den südafrikanischen Pass aufgrund ihrer Apartheid-Kritik abgenommen,
denn bis dahin hatte sie sich laut ihrer Biographie in keinem Interview zur
Politik Südafrikas geäußert - ihre Beliebtheit reichte den Rassisten.
Ansonsten ist nur das Fehlen der Komponistenangaben zu bemängeln. Dass der
beste Kenner westafrikanischer Musik, Günter Gretz, an dem Album
mitgearbeitet hat, verrät schon die Auswahl, spätestens aber der insgesamt
kundige Booklettext. Wenn das bereits angekündigte Volumen 2 auch noch Salif
Keitas Mandjou in epischer Länge bringt, gibt es den Compilation-Nobelpreis.
Golden Afrique präsentiert Musik, nach der man sich die Ohren leckt.
Luigi Lauer
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MALOUMA
Dunya
(Marabi 46806.2 / Harmonia Mundi)
12 Tracks, 61:54, Info u. Textinfo engl. U. frz.
Nicht nur Tinariwen aus Mali haben Freude daran, die karge Wüstenmusik mit
Rock zu paaren. Malouma aus Mauretanien hat eine Band zusammengestellt, die
noch Einiges mehr zu bieten hat und auch interessanter klingt. Das Spektrum
ist trotz des ständig präsenten lokalen Untertones weit gegriffen, Sussan
Deyhim aus Iran scheint gar nicht weit entfernt, auch Äthiopien und Sudan
klingen durch: Musik an der Schnittstelle Arabien-Afrika-Orient. Vor allem
aber klingt Malouma als Sängerin hochkarätig durch, mal kratzig-bluesig in den
tieferen Regionen, mal knackig-fetzig im oberen Register, mal sehr gerade
singend, mal verspielt-verzierend, aber immer stimmstabil. Fern jeder
Anbiederung schöpft sie aus dem Brunnen reicher Tradition und setzt die Lieder
einer würdevollen Modernisierung aus. Würde sie Ami-Poplieder singen, sie wäre
rasch eine der bestbezahlten Interpretinnen der Welt. Bill Laswell sollte man
diese Produktion zum Üben vorlegen. Wenn der Staatsflieger der Air Mauretania
wieder mal wegen einer unbezahlten Spritrechnung festliegen sollte, hat der
Pilot hoffentlich diese Musik an Bord. Unverständlich nur, dass diese bereits
im Mai 2003 in Frankreich veröffentlichte Produktion erst jetzt zu uns
herüberschwappt.
Luigi Lauer
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MOKHTAR SAMBA
Dounia
(Marabi/O+/Harmonia Mundi)
14 Tracks, 62:16, Info u. Textinfo engl. u. frz., Texte mehrsprachig
Ein atemraubendes Zusammentreffen offenohriger Musiker: Jean-Philippe Rykiel,
Mama Keita, Linley Marthe, Baco, Nguen Le, Etienne Mbappe, Tom Diakite, Regis
Gizavo, Mario Canonge, Celia Reggiani und viele andere - da ist reichlich
Musik in den Namen. Es bedarf schon des Formats von Mokhtar Samba, so eine
Mannschaft für ein Debüt zusammen zu bekommen, und dann auch noch teilweise
mitkomponiert von Youssou N’Dours-Keyboarder, -Bassist und -Arrangeur Habib
Faye. Gleich fünf Bassisten assistieren dem Super-Drummer (der u. a. für
Santana, Mory Kante, Manu Dibango, Carlinhos Brown und Joe Zawinul am
Schlagzeug saß); der Schwerpunkt liegt also eindeutig in der Rhythmusarbeit,
und die ist schlicht umwerfend. Sambas musikalische Kompassnadel zeigt mal
nach Nordafrika Richtung Rai und Chaabi, mal schlägt sie subsaharisch aus. Das
geht ganz ohne Klischees, hat jazzige Momente, gute Einfälle, frische Breaks,
blitzgescheiten und präzisen Satzgesang, knackige Soli, und vor allem: Es
groovt, dass der Wald brennt. Da stimmt einfach alles, summa cum laude,
jedenfalls in der ersten Hälfte der CD. Und nur, weil die zweite etwas
schwächelt, hat es nicht für das Prädikat „Die Besondere“ gereicht. Ewig
schade, aber den Kauf dieses Albums wird trotzdem niemand jemals bereuen.
Versprochen! Eine bessere Therapie gegen Gelenkrheumatismus gibt es derzeit
nicht.
Luigi Lauer
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