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PETER FINGER
Dream dancer
(Acoustic Music Records/Rough trade 319.1337.2)
12 Tracks, 46:08, mit Infos
Reine Balladenalben lassen schnell den Verdacht aufkommen, dass da jemand den
“music for lovers” Markt bedienen möchte. Aber alleine die Nennung seines
Namens dürfte alle Zweifel zerstreuen. Peter Finger, Deutschlands
arriviertester Akustik-Gitarrist, entdeckt auf unnachahmliche Weise die
Langsamkeit. Egal welches alte Gitarrenschätzchen er da auch aus dem Koffer
holt, ist es doch in erster Linie sein über die Jahrzehnte gereifter,
wunderbar großer und sanglicher Ton, der jeden Moment dieser CD zu einer
Kostbarkeit macht. Da gibt es keinen „sinnlosen“ Ton. Peter Finger kostet jede
Silbe seiner klingenden Gedichte bis zur Neige, lässt Melodien und Akkorde
ein- und ausatmen. Die Kompositionen stammen aus den letzten 30 Jahren seines
Schaffens. „Dream dancer“ ist gleichzeitig auch eine Art Destillat, die Essenz
eines Gitarristenlebens. Peter Finger erzählt von sehr persönlichen
Begegnungen, Verlusten, Freunden und von der Liebe. Und er lässt sich Zeit
damit. All das, was seine Bewunderer und auch seine Kollegen an ihm schätzen -
die enorme Kraft und Virtuosität, Klarheit und Leichtigkeit seiner
Linienführung, der harmonische Reichtum, das Bekenntnis zur
impressionistischen Sprache - ist in dieser Neueinspielung vielleicht noch
intensiver zu hören als je zuvor. „Leise Töne dringen tiefer“, da hat er schon
recht. Aber es bedarf auch eines großen Musikers, um Tiefe seelisch erfahrbar
zu machen.
Rolf Beydemüller
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MAKAMA
Makama
(Eigenverlag)
12 Tracks, 45:08, mit Fotos und wenigen dt. Infos
Das Quartett Karin Ecker (Geige, Gesang, Akkordeon), Matthias Gattermann
(Gitarre, Gesang), Martin Nies (Gitarre, Gesang) und David Neuffer (Cello,
Percussion) von der Schwäbischen Alb liefern als Makama eine feine, komplexe,
teils balfolkgeeignete, großenteils aber doch eher zum stillen Zuhören zu
empfehlende akustische Musik. Alle zwölf Stücke sind selbst komponiert und
hören sich teilweise an, wie spontan bei einer Jamsession entstanden, in
welcher die Musiker sich gegenseitig die Bälle zuwerfen, um später das Thema
wieder zu übernehmen. Die Melodien sind keine Ohrwürmer, denn dazu sind sie zu
komplex und abwechslungsreich. Eher ist es eine folk-jazz-romantische
Kunstmusik, die sehr zum Träumen einlädt, wenn man sich auf sie einlässt.
Karins Geigenspiel erinnert mich etwas an Toni Geiling und an manchen Stellen
auch an Olav Krauß. Fünf der Stücke sind gesungen, eines auf englisch, vier in
einer Fantasiesprache, wie auch Arto Tunc Boyaciyan es schon tat, da er meint,
armenisch verstehe eh kaum jemand, was ja bei schwäbisch auch nicht viel
anders sein soll. Nein, es geht hier um eine rein musikalische Sprache, die
ihren Sinn in den Tönen vermittelt und direkt in tiefe Schichten des Hörenden
eindringt. Fazit: ein schönes Erstlingswerk bieten die vier Älbler da. Das
sollte sich die RUTH-Nachwuchsjury mal anhören.
Michael A. Schmiedel
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JUGENDVOLKSTANZMUSIK FROMMERN
Ich bin ein Musikante und komm aus Schwabenland
(Schwäbisches Kulturarchiv Eigenverlag, ohne Bestellnummer)
18 Tracks, 53:53, mit Texten und Infos
Ich bin ein Musikante! Endlich mal wieder eine Kinder-CD, die die Gehörgänge
(vor allem die der Eltern) nicht mit eklig-süßen
Schni-Schna-Schnappi-Akustik-Müll verkleistert, sondern früher allseits
bekannte Kinderlieder vor dem Vergessen bewahrt. Enthalten sind neben dem
Titelstück bekannte Klassiker wie die „Vogelhochzeit“, „Dornröschen“ oder „Auf
der schwäbsche Eisebahne“ aber dankenswerterweise werden auch unbekanntere
Lieder und Tänze wie „Grünes Gras“ oder das skurrile „Hans Dampf Nudelbär“
angeboten. Besonders liebenswert daran ist, dass nicht E-Gitarre, Drum-Loops
und Synthesizer verwendet wurden, sondern, richtige, handgemachte Musik
erklingt und die Lieder meist von Kindern ungekünstelt gesungen werden. Und so
kann der schwäb’sche Musikante nicht nur auf Harfe, Geige und Kontrabass,
sondern gar auf Drehleier, Schalmei und Dudelsack spielen. Die Stücke laden
zum Mitsingen und -tanzen ein und bieten Eltern, ErzieherInnen und
GrundschullehrerInnen ein gutes Medium zur Musikerziehung, denn neben
sämtlichen Texten sind in dem umfangreichen Booklet auch jeweils die
Tanzschritte und Aufführungshinweise enthalten.
Eine empfehlenswerte CD, die nicht nur kleinen Leuten Spaß macht!
Ulrich Joosten
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MELLOW MELANGE TRIO
Colour my window
(DMG 54.218046.2 , www.niwomusic.de)
13 Tracks; 50:49
Eine schöne Stimme ist auch heute noch eine Sensation. Sonja Firker hat eine
dieser Stimmen, die den Hörer aufhorchen lässt. Sie ist Leib und Seele der
Formation Mellow Melange. Die Band, oder sollte man besser sagen, das Ensemble
ist seit dem Debütalbum Presseliebling und dennoch immer noch ein Geheimtipp.
Zumindest Ersteres wird sich mit dem neuen Album nicht ändern. „Colour my
window“ wurde entgegen der vollen Sextett-Besetzung als Trio eingespielt.
Michael Berger am Klavier trägt maßgeblich zur Nachtbar-Stimmung der CD bei.
Ingo Höricht spielt, ebenso wie Sonja Firker, Geige und komponiert fast alle
Titel von Mellow Melange. Durch das Spiel der Geige wirken einige Tracks sehr
melancholisch und bilden einen schönen Kontrast zu hitverdächtigen
Popmelodien. So sitzen Mellow Melange zwischen den Stühlen und sind doch
überall zuhause. Keiner wird „Colour my window“ für ein Pop-Album halten, aber
es ist eins. Keiner glaubt, dass Mellow Melange jazzen, aber der Jazz ist
durchgehend zu spüren. Große Kunst in Kleinkunst verpackt, eine Aufforderung
und ein Versprechen. Ich schließe mich der übrigen Presse an, die durchweg ein
treffendes Attribut verwendet: wunderschön.
Chris Elstrodt
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GERD SCHINKEL
Unentdeckt
Eigenverlag 0221-439343
19 Tracks; 72:30
Seit über dreißig Jahren macht Gerd Schinkel in seiner Freizeit Lieder und
Musik. Er ist ein Liedermacher, der sein Leben, seine Persönlichkeit und seine
Erfahrungen in die Lieder einfließen lässt. Das macht seine Texte so
authentisch - und das sind ihre Schwachstellen. Eine eins zu eins in Texte
umgesetzte Biographie, diese ungeklärten Fragen, diese sich noch in
Verarbeitung befindenden Gedanken sind für einen selbst und das persönliche
Umfeld vielleicht spannend und interessant, darüber hinaus zündet das nicht.
Schon das Titel gebende erste Lied ist symptomatisch („Unentdeckt“): "Woran
liegt's, wenn man mit manchem gut, mit andern gar nicht kann?". Tja, woran?
Keine Ahnung, aber Gerd Schinkel hat eben auch keine Antwort, keine Idee dazu
- und eben auch nicht die Mittel, dieses Mysterium spannend auszuleuchten.
Lauter solche Fragen, ganz melancholisch, wie beim dritten Bier, aber eben
kein Lied. Nicht künstlerisch durchgearbeitet, nicht auf den Punkt gebracht
und übrigens ohne Humor. Die Lieder sind gut gemeint, handwerklich brav
gemacht, von mir aus auch vor dem eigenen Kamin zu singen, Daumen runter und
Schluss.
Rainer Katlewski
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Peter Wassiljewski & Das Leschenko-Orchester
Russischer Tango
(Eigenverlag)
19 Tracks, 60:42, mit Infos
Das ist beileibe keine Russenpop-Scheibe, auch eine normale Tango-CD ist das
nicht. Wir hören eine Reminiszenz an eine längst vergangene Zeit der gerade
entstandenen Sowjetunion. In der die Menschen als Ausgleich zu
Kulturrevolution und Stalinisierung einem besonders gefühlvollen Sänger
lauschten: Pjotr Leschenko. Romantisch, unglücklich, sentimental, voller
sehnsüchtiger Liebe. Verboten, exiliert und heimlich importiert, in den 50er
Jahren in Rumänien verhaftet und bald danach gestorben. Während seine Noten
noch immer in Geheimdienstarchiven liegen sollen, wurde wenigstens ein Teil
seiner Aufnahmen wieder belebt, das Label „Oriente“ remasterte auf mehreren CD
(siehe Folker! 4/98). Doch seit zwei Jahren gibt es Leschenko-Musik wieder auf
der Bühne. Der Leipziger Peter Wassiljewski, väterlicherseits mit russischen
Adern versehen und perfekt russisch singend, hat sich von dieser Musik
inspirieren lassen. Mit einer Band im originalen Outfit bringt er das Flair
dieser Zeit mit Leidenschaft wieder zu Gehör. Drei Geigen, Piano, Klarinette,
Akkordeon, Kontrabass und Gitarre spielen Tango, Walzer, Chatschatscha und
melancholische Liebeslieder an Tatjana, Nastenka und andere Senjoritas. Dazu
wird gesteppt, tritt der russische Baba (Großvater) auf, die Geigen
schluchzen. Kerzen an, ein Wässerchen (Wodka) eingeschenkt und lustvoll
traurig sein! Diese Musik geht ans Herz, als russische Musik darf sie das
ungehemmt.
Jürgen Brehme
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HARRY HIRSCH
Lost & Found
(coc au vin records cav 131))
11 Tracks, 43:58;
Bekannt wurde Harry Hirsch im „Acoustic Blues-Duo“ zusammen mit „Delta Annie“
Sauerwein. Mit „Lost & Found“ kommt nun die erste Solo-CD des singenden
Gitarristen und Mundharmonikaspielers auf den Markt. Und da auch die
Rezensentin ein bestechlicher Mensch ist - nicht in finanzieller Hinsicht
selbstverständlich - lässt er sich von der wunderschön handgemachten
Verpackung dieser Scheibe auch sofort für sich einnehmen: Wie ein Buch
gebunden ist der Einband der CD, Cover und Papierumschlag ein Siebdruck in
Blautönen, ein ausgewählter Songtext plus Stückliste auf schönem Einkleber
rundet das Ganze ab (die „Vorzugsausgabe“ ist sogar noch schöner). Limited
Edition pur - Rechtfertigung genug fürs Einverleiben in die Sammlung? Ja, und
mehr noch: die Musik hält, was das Cover verspricht - hier reiht sich ein
liebevoll gestalteter Song an den nächsten. Auf „Lost & Found“ finden sich
zwei Originale und neun Coverversionen, von Ton Derksen aus Holland hier und
da jazzig ergänzt. Überhaupt: Country-Swing und Delta-Blues, aber auch R’n‘B
sind die Elemente, die hier wunderschön verwürfelt wurden. Ein frisches,
fröhliches, mal melancholisch, mal pathetisches Album - sehr gelungen!
Carina Prange
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GEYERS
Lästerzungen
(Eigenverlag)
(13 Tracks; 69:01; mit Texten und Infos)
Die Geyers nennen ihr Konzept „HistoRock”, es bildet neben dem Akustikprogramm
(siehe FOLKER! 6/03, CD „Und dein roter Mund”) die etwas härtere zweite
Schiene, mit der sie touren. Sie wildern sich quer durch das
Standardrepertoire der Renaissancetänze und -songs (u.a. Villons
„Lästerzungen”, „All Voll”). Alles sehr schwungvoll und interessant
arrangiert, obwohl die meisten verwendeten Melodien bekannt sind. Bis auf die
Eigenkompositionen - und gerade die fallen als unprägnant und langweilig auf
(v.a. der „Karmeliter”, pfui!). Insgesamt aber sehr abwechslungsreich
instrumentiert (Krummhörner, Nyckelharpa, Dudelsäcke, Flöten, Rauschpfeifen)
mit durchgängigem Rocksound. Der Gesang wirkt allerdings teilweise geknödelt.
Auffällig ist das Cover-Design, welches mir ausgezeichnet gefällt. Zu erwähnen
ist noch, dass bei „Gods Gospel” ihr Kumpel Ritchie Blackmore mitspielt. Diese
altspanische Cantigas-Melodie tauchte schon als Titelsong seiner „Fires at
Midnight”-CD auf.
Fazit: eine gekonnte Kombination - Alte Musik, die ordentlich rockt.
Piet Pollack
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BUNT
Man gehört einfach dazu...
(LBT-records CD 311)
14 Tracks, 46:02, mit Texten
Seit vielen Jahren gibt es da in der Pfalz eine Band, die spielt deutschen
Rock/Folk-Pop, hat schon mehrere CDs veröffentlicht und hat sich jetzt in die
Hauptstadt Berlin begeben, um es noch bunter zu treiben. Texte aus dem Leben
und schmissige Musik sind ihr Markenzeichen und das haben sie auch auf ihrer
neuen Scheibe gut hinbekommen. Und sie haben für sich Neues entdeckt: Gerhard
Gundermann, den legendären Rockpoeten und Baggerfahrer aus der Lausitz. Ein
Lied von ihm („Gras“) findet sich auf der CD. Bei dem Lied: "Penner in Berlin"
ist ihnen ein Musiker zu Diensten, den man nicht alle Tage an die Seite
bekommt: der Geiger Schnuckenack Reinhardt. Ob das Leben eines Berliner
Penners wirklich spannender ist als das eines Münchener Millionärs, lassen wir
hier mal so stehen, wir swingen lieber mit. Ihr Bekenntnis "Inland Ausland
Übersee" "zu Hause bin ich wo ich geh" hindert sie nicht, ihrem Verein, den
roten Teufeln vom Betzenberg, noch einen aufmunternden Song mit in die
traurige Saison zu schicken. Und damit die Deiwel aus Lautre ihn auch
verstehen: im Pfälzer Dialekt.
Rainer Katlewski
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