WALDEMAR BASTOS
Renascence
(World Connection 43051/Edel Contraire)
Promo-CD, 11 Tracks, 59:56
Gar nicht um den heißen Brei reden: Bastos hat sein Meisterwerk abgeliefert.
"Renascence" ist mehr als eine "Wiedergeburt", es ist die Quintessenz aus dem
Leben eines weitgereisten Musikers. "Ich habe meine ganze Seele in dieses
Album gegossen", sagt Bastos, und das hört man der CD an, bei jedem Ton.
Bastos, der ein paar Jahre in Brasilien zubrachte, macht die Verbindung der
angolanischen Semba mit der brasilianischen Samba hörbar, er beugt sich über
den Zaun ins Nachbarland Kongo, lehnt sich an europäische Kompositionstechnik
an und liebäugelt mit europäischer Streichorchester-Tradition - die allerdings
einen orientalischen Hauch hat, da von einem Septett in Istanbul eingespielt.
Chor und Bläser sorgen zusätzlich dafür, dass die Mischung genug Fleisch hat,
und Gitarren-Gott Dizzy Mandjeku zieht dazu seine Töne wie auf einer
Perlenschnur auf - wenn nicht gerade sein griechischer Kollege mediterrane und
jazzige Ansprüche geltend macht. Zwischen lusophoner Melancholie und
afrikanischer Lebenslust bleibt keine Schattierung ausgespart, die Musik ist
tanzbar, aber nicht aufdringlich, ist nachdenklich, aber nicht weinerlich, und
sie ist immer: verbindlich. Was für ein Glück, dass Musik keine Kalorien hat -
an dieser würde ich mich fetthören. Die Weltmusik hat ein neues
Referenzalbum.
Luigi Lauer
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DIVERSE
African Dreams - Lullabies and Cradle Songs from the Motherland
(ellipsis arts/Q-rious Music elli 297 2)
17 Tracks, 58:56, mit Texten/Infos (orig./engl.)
Lala Mbube („The lion sleeps tonight“) - schon mit den ersten Klängen dieser
Neuerscheinung in der erfolgreichen Reihe von ellipses arts „Lullabies
around the world“ kann sich der Hörer orientieren - geographisch,
stilistisch und emotional. „Der Löwe schläft heut nacht“, Welthit aus
Südafrika, hier gesungen von den Kumla Family Singers, eröffnet sozusagen
den Reigen der „African Dreams“, 17 Tracks mit Lullabies quer durch den
schwarzen Kontinent, von Äthiopien, Kongo, Kamerun über Sierra Leone bis zu
den Kapverden und Madagaskar - wundervolle warme Stimmen, gelungen
arrangierte Gesangssätze und verspielte Mouthmusic (vocal percussion),
behutsam ergänzt mit typischem Instrumentarium wie Cora, Mbira
(Daumenklavier) und Kraar (äthiop. Laute).
Bekannte Künstler wie Coco Mbassi, Celina Pereira, Soulange und Kevin
Nathaniel singen überwiegend in der jeweiligen Originalsprache, teils aber
auch in englisch und verführen gekonnt dazu, sich den exotischen
Schmeicheleien für große und für kleine Ohren zu überlassen und die
„Bäumelein“ kurzerhand auszutauschen, von denen per Musik denn da die
„Träumelein“ so herabfallen dürfen.
Cathrin Alisch
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MBILIA BEL
Belissimo
(Stern‘s STCD 1098/Rough Trade)
10 Tracks, 53:22, mit Infos (engl.)
Zweifelsfrei ist Mbilia Bel eine der besten Sängerinnen aus Kongo-Kinshasa,
und es spricht für ihr Selbstbewusstsein, eine solche Gesangsgranate wie
Kandia Kouyate als Gast neben sich explodieren zu lassen. „Belissimo“ ist ein
Album, in das man sich reinhören muss, allzu schnell ist man sonst mit dem
Urteil "ewig gleicher Soukous" zur Hand. Doch damit wird man dem Album nicht
gerecht. Nicht nur, dass Rumba und Soukous, streckenweise erfrischend
innovativ, sich abwechseln; die Studiofenster müssen darüber hinaus weit offen
gestanden haben, die Aufnahmen haben viel frische Luft geatmet. Ibrahima
Sylla, Afrikas berühmtester Produzent, war exekutiv tätig; vielleicht hätte er
ein wenig Honig rausstreichen sollen. Doch N`Toumba Bass (vermutlich
Jean-Claude N`Toumba-Ninka) am gleichnamigen Instrument, Yves Ndjock an der
Gitarre und der alte Recke Souzy Kasseya als Arrangeur sind einfach zu gut, um
Belangloses zu basteln. „Belissimo“ ist ein gutes Pfund Afro-Pop und könnte
ein neues Zeitalter für die Musikgeschichte in Kongo einläuten - es wäre
höchste Zeit. Koffi Olomide sollte sich bei Mbilia Bel als Backgroundsänger
bewerben, bevor ihm überhaupt niemand mehr zuhört.
Luigi Lauer
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KONONO Nº 1
Congotronics
(Crammed Craw 27/ZYX)
7 Tracks, 51:02, mit Infos (engl.)
Abgefahren? Maßlos untertrieben! Statt dreier DJ-Pulte stehen hier drei
Daumenklaviere unter Strom, eine Percussion zwischen Samba und Soukous metert
stramm durch und der Gesang kommt aus einem Megaphon, dessen Batterien fast
leer sind. Der verzerrte Sound ist nicht Methode, sondern dem aus allen
erdenklichen Schrottteilen selbstgebauten Soundsystem zu verdanken. Konono Nº
1 aus Kinshasa haben das Zeug, die Clubs weltweit aufzumischen, sofern die
nötige Drogendosis nicht unterschritten wird. Barcelona? Vergesst Barcelona!
Der Urwald schlägt zurück. Jimi Hendrix tanzt dazu.
Luigi Lauer
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