back Die besondere CD

Wie in jedem Folker gibt es auch diesmal wieder zwei CDs, die aus der Masse herausragen:

Deutschland/Dänemark DRONES + BELLOWS und DRAGSETH DUO -->  Hiimstoun
Asien MARSADA -->  Pulo Samosir

Die Besondere - Deutschland/Dänemark
DRONES + BELLOWS und DRAGSETH DUO
Hiimstoun

(Go Danish Folk Music Go 0804)
15 Tracks, 63:50, mit Texten und Infos

Die Region Sønderjylland-Schleswig ist ein Marschland zwischen Deutschland und Dänemark. Dort spricht man in einem Radius von 50 km fünf verschiedene Sprachen (Deutsch, Plattdeutsch, Sønderjysk, Dänisch und Friesisch). In diesem Grenzland entstand ein einzigartiges multikulturelles Musikprojekt.

Drones + Bellows ist eine seit 17 Jahren in der Nähe von Tønder ansässige Band, die mit irischen und schottischen Stücken anfing und sich im Laufe der Jahre mehr und mehr auf die eigene, regionale Musik besann. Auf deutscher Seite beteiligt war das Dragseth Duo (Manuel Knortz und Kalle Johannsen) aus Husum, das seit langem mit platt- und hochdeutschen Liedern überzeugt.

Das gemeinsame Projekt schöpft aus einer breiten musikalischen Tradition. Für ihre grenzüberschreitende Koproduktion suchten und fanden die Musiker „Gedichte oder Geschichten [...], die wir neu vertonen“, wie Anker Hintze von Drones + Bellows berichtet. „So trifft Altes auf Neues. Wir haben versucht Themen zu finden, die für die Region nördlich und südlich der Grenze die gleiche Bedeutung haben. Die Lieder handeln von alten Sagen und Traditionen wie einer Hochzeit auf Jordsand, Walfängergeschichten, dem Rummelpott, dem ‚Schimmelreiter’ und der Natur im Bereich des Wattenmeers.“

Den Musikern ist es gelungen, aus diesem reichen kulturellen Erbe eine ganz besondere Mischung zu schaffen, die in ihrer musikalischen Umsetzung schlicht umwerfend ist. Diverse Saiteninstrumente wie Gitarre, Cister, Mandoline, Violine, Banjo treffen auf Balginstrumente mit Bordun (Deutsche Sackpfeife) und ohne (Akkordeon, Concertina) sowie auf diverse weitere Instrumente, wie E-Gitarre und -Bass, Flöten und Bodhrán.

Das Ergebnis ist fast eine Stunde zum Heulen schöner Melodien und Lieder im glasklar produzierten Breitwandsound. Dabei kontrastieren die Instrumente in eindrucksvollen und einfallsreichen Arrangements und warten mit überraschenden Wendungen auf. Die unterschiedlichen Stimmen der verschiedenen Vokalisten können durchweg überzeugen.

Hiimstoun ist für mich die CD des letzten Jahres.

Ulrich Joosten

 

DRONES + BELLOWS und DRAGSETH DUO - Hiimstoun


Die Besondere - Asien
MARSADA
Pulo Samosir

(Dug Up Music)
14 Tracks, 55:57, mit englischen Infos und Texten

Der ganz normale Wahnsinn: Ich schreibe diese Rezension über Marsada, dieses wundervolle Septett aus Sumatra am 8. Januar; die grauenhafte Flutwelle im Indischen Ozean hat ein paar Tausend Urlauber und wohl 200.000 Einheimische verschlungen. Tausende Überlebende sind besitz-, Tausende Kinder elternlos. Regierungen versprechen Soforthilfen, und alle spenden: Kinder und Arme geben ein Vermögen; Spitzensportler, Showstars und Industriebosse kramen ein paar Erdnüsse aus der Portokasse. Die ersten urlaubenden Herrenmenschen beschweren sich schon wieder über unaufgeräumte Strände, Schaulustige fotografieren aufgedunsene Wasserleichen, und Mitarbeiter der UNICEF beginnen, die Waisen zu registrieren, um sie vor Menschenhändlern zu schützen. Der übliche kotzbrockige Lebens-Zynismus also ...

Und aus meinen Lautsprechern sprudelt diese unglaublich positive, lebendige Popmusik mit ihrer charmanten Kombination aus konventionellem Pop-Besteck (E-Gitarren, E-Bass), schrägem Folk-Instrumentarium (Bambusflöten, Xylophone, zweisaitige Lauten und Trommelzeug aller Art) und den schönsten close-harmony-vocals seit den Everly-, Walker- oder Wilson Brothers. Oder zumindest seit den Housemartins.

Es mag vorauseilenden Gehorsam geben, vorauseilende Trauer gibt es nicht. Als Marsada ihre Platte aufnahmen, war in Sumatra, mal abgesehen von den Rebellen im Norden, noch alles halbwegs im Lot. Kein Grund für übermäßige Depressionen also. Als ich ihre Platte zum Rezensieren bekomme, ist schon nichts mehr im Lot (außer, dass die Bürgerkriegsparteien versprachen, sich gegenseitig zu helfen ...). Dennoch ist Pulo Samosir für mich gerade auch deshalb eine „Besondere“, weil sie in kalten dunklen Zeiten die kleine tanzende Flamme ist, die uns ein wenig wärmt. Und weil es einfach eine verdammt gute Platte ist.

Nachsätze: Weil man sich nicht früh genug die exotischen Namen guter Musiker merken kann, hier also noch die Besetzung von Marsada: Marlundu Situmorang (lead-voc, g), Monang Sidabutar (xyl, perc), Tony Sidabutar (fl, lead-g, voc), Jannen Sigalingging (lead-g, lute, perc, voc), Kolous Sidabutar (b-g, voc), Amir Sinaga (fl, perc), Pardi Sidabutar (perc).

Die Platte gibt’s zurzeit nur über Import (z. B. amazon.co.uk, oder direkt bei Dug Up Music), wenn diese Rezension Anfang März erscheint, sollte aber ein einheimischer Vertrieb gefunden sein.

Walter Bast

 

MARSADA - Pulo Samosir


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