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DIVERSE
Festa do Brasil: Forrò
(Iris Music 3001 879/ Harmonia Mundi)
18 Tracks, 50:30 , mit frz. und engl. Infos
In Rio gibt's die Samba, und im Nordosten gibt's den Forrò. Der Name leitet
sich von der Verballhornung des englischen "for all", für alle, ab. Und beim
Pagode, dem Forrò-Tanzabend, sind auch in der Regel alle da, die laufen
können, vom Kleinkind bis zum Urgroßvater. Diese Scheibe lädt mit zahlreichen
Live-Aufnahmen von Robertinho do Acordeão, Corone Pereira, Toinho da Serrinha
und Ze da Onça mitten ins Getümmel ein. Die Festa hat einiges zu bieten:
Schließlich kennt der Forrò zahlreiche Abarten wie Xote, Baiao, Xaxado, Coco
und Arrastrado, um nur einige aufzuzählen. Neben Triangel und Trommel ist
eindeutig das Akkordeon das Instrument, das den Takt vorgibt. Als König des
Forró gilt nach wie vor Luiz Gonzaga, dessen berühmtes "Capim Nova" hier zu
hören ist. Ein weiteres Highlight ist die "Quadrilha Brasileira", ein
ausgelassenes Sing- und Tanzspiel, das beim Johannisfest mit viel Inbrunst
zelebriert wird: Ein Hallodri schwängert die Tochter des Bauern und wird nach
missglückter Flucht mit vorgehaltenem Revolver zur Hochzeit gezwungen. Die
Klatschweiber zerreißen sich die Mäuler, und die Gäste folgen den Anweisungen
eines Tanzmeisters. Bei einigen Tracks lässt die Qualität der Aufnahmen etwas
zu wünschen übrig, aber der authentische Charakter macht das wieder wett. Ein
musikalisches Juwel für alle Freunde des "Nordeste" und solche, die es noch
werden wollen.
Suzanne Cords
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KARL ZÉRO & THE WAILERS
Hifi Calypso
(Indigo/Exil 5433-2)
13 Tracks; 45:14; mit Texten
Man kann in leere Ölfässer was rein werfen, anzünden und darum herum tanzen.
Man kann sie auch umdrehen und darauf Musik machen. Das klingt recht fröhlich
und verbreitet gute Laune. Vor allem, wenn dazu Bläser munter tuten und eine
Rhythmuscombo die Magengrube bewegt. Das alles tun Karl Zéro und die Wailers.
Aber hieß das nicht "Bob Marley and the Wailers"? Doch doch, dennoch handelt
es sich hier um die alte Truppe des Reggae-Großmeisters mit Al Anderson (g.),
Family Man (b.) und Tyrone Downie (keys). Wer sie zusammengetrommelt und dazu
gebracht hat, statt Reggae Calypso zu spielen, ist Franzose und in seinem
Heimatland ein Spaßmacher, Radio- und TV-Star. Der 1961 geborene Karl Zéro
pflegt zudem abseitige musikalische Leidenschaften und legte bereits ein
Cha-Cha-Album vor.
Nun also Calypso, die Musik, die von Trinidad stammt, aber auch auf Jamaika
viel gehört und gespielt wurde. Von wo Karl Zéro mitnichten stammt, weswegen
er den Jolly-Boys-Klassiker "Take me back to Jamaica where I was not born"
besonders glaubwürdig interpretieren kann. Überhaupt stellt sein französischer
Akzent klar: Ich bin nur Gast und Liebhaber. Als solcher aber lässt er frische
Brisen auch über längst abgefeierte Evergreens wie "Coconut Woman" und
"Jamaica Farewell" wehen, beide durch Harry Belafonte bekannt geworden. Wenn
Ihr Hörer da draußen also gut draufbleiben wollt, raucht weniger Gras und
lauscht der Null und den Wailers!
Volker Dick
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DIVERSE
Women of Latin America
(Putumayo/ Exil 5460-2/ Indigo)
11 Tracks, 38:38, mit engl., span. und frz. Infos
Stimmgewaltige Latinas tummeln sich auf diesem Sampler, und zwar vor allem
solche, deren Namen hierzulande nicht unbedingt ein Begriff sind. Die
Kolumbianerin Totó La Momposina huldigt mit dem Titel "Yo me llamo Cumbia" dem
wichtigsten Tanzrhythmus ihrer Heimat, während Tania Libertad uns
afro-peruanische Heiterkeit beschert. Brasilien kommt auf dem Album gleich
dreimal zu Gehör, wobei der sphärenhafte Altgesang Mônica Salmasos in
"Dançapé" besonders unter die Haut geht. Lila Downs lotet in der
Náhuatl-Sprache die Tiefen der Azteken-Seele aus, und Lhasa erzählt mit
bittersüßem Schmelz vom Leben an der Grenze zwischen Mexiko und den USA.
Überhaupt besinnen sich die Sängerinnen auf diesem Album auf ihre Wurzeln,
bringen indianische und afrikanische Facetten ihrer Persönlichkeit zum
Schwingen und verlassen sich ganz auf die Kraft ihrer Stimmen. Eher spärlich
instrumentiert kommen mal Cello, mal Trommel, die Quena-Flöte oder einfach nur
die Gitarre zum Einsatz, ansonsten tauchen wir allein durch die hypnotische
Wirkung dieser außergewöhnlichen Stimmen in den Kosmos Lateinamerikas ein. Ein
lyrisches Album voller Emotionen, das bei mir einen Ehrenplatz im Regal
erhält.
Suzanne Cords
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MERCEDES SIMONE
Masters of Tango Vol.2
(Danza y Movimiento DZ 3402)
22 Tracks, 60:45, mit engl. und dt. Infos
Die zweite Tango-CD aus der Serie mit Meistern des argentinischen Tango ist
nun erschienen. Diesmal ist es eine Meisterin - Mercedes Simone. Ja, es gibt
sie, die prägenden Frauen im Tango. Wie auch bei dieser CD ist ihre Domäne der
Gesang: Die Stimme Simones hat den Tango mit über 230 Aufnahmen über
Jahrzehnte beeinflusst. Ihr Debüt war 1927, als auch ihre Discographie begann
- nicht von ungefähr, eine Stimme mit Ausstrahlung und emotionaler Kraft. Die
Aufnahmen aus der Zeitspanne von 1931 bis 1951 sind Tangos, fünf Milongas und
drei Vals, also eine schöne Mischung. Wenige bekannte Titel (wie "Pena
mulata") wechseln mit eher unbekannteren ab, so dass man mit der CD nicht die
hunderste Auflage irgendwelcher Standards erwirbt.
Für Anfänger des Tanzes sind es Titel aus der Epoche des Tangos, die die
Melodie und Rhythmen gut erhören lassen. Auch ist für Interessierte angegeben
um welche Interpreten, Autoren sowie Komponisten und um welche Art von Tanz es
sich handelt. Die CD enthält viele Aufnahmen, die es bisher in digitaler,
sorgfältig klangbearbeiteter Form nicht gegeben hat. Das ist ein generelles
Merkmal dieser Reihe der klassischen Tangoserien.
Corina Oosterveen
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ALFONSO R. MOSQUERA, GILDARDO MEJIA RODRIGUEZ UND GERARDO GUTIERREZ BERNAL
Flor de Luna
(O+Music OP 103/ Harmonia Mundi)
12 Tracks, 49:30, mit span. und frz. Infos
Flor de Luna, die "Mondblume", blüht nur eine Vollmondnacht lang und verwelkt
bei Tagesanbruch. Nach dieser zarten Pflanze, die mit ihrer Schönheit auf
immer ihre Spuren hinterlässt, haben die Musiker Alfonso R. Mosquera, Gildardo
Mejia Rodriguez und Gerardo Gutierrez Bernal ihre mystischen Klangreisen
benannt. Die drei Latinos wollten ursprünglich nur die traditionelle
mexikanische Musik zu neuem Leben erwecken, integrieren aber mittlerweile die
Poesie und Mystik ganz Lateinamerikas in ihre Klangwelten. 14 Gastmusiker und
Sänger unterstützen sie dabei, die die Mondblume immer wieder zur Blüte zu
treiben. Sie entführen uns mit der Quena-Flöte in die einsame Bergwelt der
Anden oder mit einer kleinen Pfeife aus Lehm in den Urwald Venezuelas, wo
fremdartige Vogelstimmen an unser Ohr dringen. Man meint, die Segel der
spanischen Conquistadores-Schiffe im Wind flattern zu hören, und bevor der
Hall noch verklungen ist, findet man sich mitten im Gewühl einer mexikanischen
Fiesta wieder. Verschiedene primitive Flöten, Percussion und sogar Muscheln,
die so schon von den Ureinwohnern Amerikas zum Musizieren genutzt wurden,
sorgen für ungewohnte Hörerlebnisse. Mit Instrumenten wie Akkordeon, Saxophon,
Querflöte oder Trompete wird aber auch der Bogen zur modernen Welt gespannt.
Ein ungewöhnliches und wunderbares Album, das uns auf geheimnisvolle Pfade
mitnimmt.
Suzanne Cords
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