back Rezensionen Nordamerika


BERNARD ALLISON
Higher Power

(RUF Records 1101)
13 Tracks, 59:05

Eine ganz besondere Freude war für mich die neue CD von Bernard Allison. Und das aus folgendem Grund: Bisher stand Bernard Allison für mich (und da bin ich sicher nicht der einzige) immer irgendwie im Schatten seines Vaters, die Musik des Sohnes wurde mit der des Vaters verglichen und daran gemessen. Spielte Bernard Allison also Rock oder Funk (beides Stile, die er technisch grandios beherrscht), klang es - nicht nach Luther Allison. Spielte er Blues im Stile seines Vaters, klang es - auch nicht nach Luther Allison. Beim Hören dieser CD nun sucht man diesen Vergleich nicht mehr, und den Grund dafür gibt Bernard Allison im Titelstück "I've Learned my Lesson" eindrucksvoll vor: Alle Stile, ob Rock, Funk, Soul oder Blues, sind hier verschmolzen, und der entscheidende Schritt, nämlich nicht bloß zu reproduzieren, sondern etwas Eigenes daraus zu formen, ist Bernard Allison (endlich) gelungen.

Maßgeblichen Anteil hat daran auch seine Tourband, die mit im Studio war: Ron Sutton (Drums), Mike Vlahakis (Keyboards) und Jassen Wilber (Bass) machen mehr als nur einen Job, spielen gleichsam mit Druck, gelöst und punktgenau.

Eine sehr gelungene CD, bei der es vor allem eines zu entdecken gibt: Den (Blues)musiker Bernard Allison.

Achim Hennes

 

BERNARD ALLISON - Higher Power


THE MAVERICKS
Live in Austin

(Sanctuary SANCD306 / Rough Trade)
Promo-CD, auch als DVD, 16 Tracks, 73:06

Dass einst die halbe Popmusik aus Amiland so hell und lüstern strahlte!? Luxuriös. Virtuos. Unzerstörbar. Und ein Fest für die Sinne, das alles andere ist, als was es auf Anhieb scheint: Opium fürs Volk? Eher Doping, auch zu tun was es braucht, damit die bonbonfarbenen Träumereien unendlicher Rock'n'Roll-Limbos wahr werden können: Heckflossen-Cabrios im Formationsflug! Chöre von Palmen! Ewige Sonne! Liebesglück! Im Idealfall alles so passgenau bis ins Detail gespielt wie es im Mutterland des Showbiz erste Künstlerpflicht war, ist und bleibt. Da bröckelt der Stimmschmelz auch nicht, wenn er Hallen füllen muss, kommt der Twang noch richtig aus der Gitarre; Mariachi-Fanfaren sind schmissig, Balladen schmusig, die Latino-Elemente für alle Lebens- und Liebeslagen halten die Balance dazwischen so delikat, dass sie Hüften wie Herz geichermaßen zu treffen in der Lage sind. Und selbst das Hirn bekommt von Raul Malo und seinen Mannen, was es braucht - denn mögen sie ihre ganze Wolkenkuckucksheimwerkerhochleistungsschau auch rundum richtig ernst nehmen, so doch niemals bierernst. Das Zwinkern im Knopfloch inbrünstigsten Sentiments - erst der ungleiche Partner an der Seite macht so manche Vision erst erträglich. Wenn nicht verführerisch. Oder gar unwiderstehlich wie die Mavericks ...

Christian Beck

 

THE MAVERICKS - Live in Austin


STEPHAN SMITH
Slash And Burn

(Artemis/Ryko/Rough Trade ATM-CD 51535)
12 Tracks; 43:56; mit Texten

Im Titelsong bringt Stephan Smith zum Ausdruck, dass weder Popindustrie noch Politik die wirklichen Bedürfnisse der Menschen kennen würden. Und die hätten die Nase voll von dem "Bullshit", den sie jeden Tag vorgesetzt bekommen. Die Parole des Aktivisten und Songwriters lautet daher: "Slash and burn the old and make the new." Smith singt sowohl für politische als auch für kulturelle Umwälzungen. Der in den USA aufgewachsene Sohn einer Österreicherin und eines Irakers packt seine politischen Botschaften in ein breites musikalisches Spektrum von Folk und Punk bis zu Rock und Rap. Mit unorthodoxen künstlerischen Ausdrucksformen wie Rap ließen sich - so Smith - komplexe Sachverhalte oft besser erklären als mit Büchern und Vorträgen. Von der New York Times mit Bob Dylan verglichen und von der Village Voice als wahrer Erbe von Woody Guthrie bezeichnet, hat auch Stephan Smith vor der US-Präsidentschaftswahl mit "You Ain't A Cowboy" seinen Anti-Bush-Song aufgenommen. Aus einem schwerreichen Hause kommend, solle Bush nicht so tun, als wäre er wie du und ich, heißt es im Text. Ein Höhepunkt der CD ist der Umweltsong "Bitter Happiness" mit einem ungewöhnlichen Gitarren-Trompetenduett von Stephan Smith und Leif Arntzen (Gil Evans Orchestra). Musikalisch steht Smith selber mit Gitarren, Geige und Orgel auf dieser hörenswerten CD im Mittelpunkt. Hinzu kommen Bass (Jean-Marie "Leon" Brichard) und Schlagzeug (Mackie).

Michael Kleff

 

STEPHAN SMITH - Slash And Burn


GRANT LEE PHILLIPS
Ladies' Love Oracle

(Cooking Vinyl COOKCD293 / Public Propaganda)
10 Tracks, 63:23, mit engl. Texten u. Infos

Seine Wurzeln reichen offenbar weiter zurück, als man bei einem 1990er Alternative Folkrocker vielleicht denken könnte. Nicht Grunge scheint seine bestimmende Frühprägung zu sein, nicht Punk, nicht einmal der wüste Progressive Rock der überdrehten 1970er, nein: Ganz tief drinnen in Grant Lee Phillips' musikalischem Gedächtnis muss wohl auch das "White Album" der Beatles auf Endlosschleife rotieren! Sowohl, was seinen für Rockmusik seinerzeit ungewöhnlichen Mut zur Sanftmut betrifft, als auch bezüglich gewisser Harmonien, typischer Klampfen- und Keyboard-Instrumentierungen und seiner allgemeinen Stimmung. Lediglich im Melodienreichtum kommt der Epigone - dabei nicht nur ganz Kind seiner nüchterneren Zeiten, sondern verglichen mit den Übervätern wohl einfach auch zu sehr Otto Normalmusikant - natürlich nicht mit. Das Manko für alle macht eine halbe Generation neuer Seelchen seit einigen Jahren durch immer sphärischer schwebende Ätherik wett: Travis, Coldplay, Turin Brakes, Kings of Convenience. Noch vor ihnen wagte Grant Lee Phillips den Versuch, den er nun mit fünfjähriger Verspätung veröffentlicht. Warum nur erst jetzt? Er hätte damit weiter nach vorn kommen können als er sich je hätte träumen lassen ...

Christian Beck

 

GRANT LEE PHILLIPS - Ladies' Love Oracle


JODY WILLIAMS
You Left Me In The Dark

(Evidence Music/ZYX ECD 26130-2)
14 Tracks; 60:32

Es klingt wie ein Klischee, aber dennoch : In den 50er und 60er Jahren war Jody Williams ein gefragter Gitarrist der Chicagoer Blues-Szene, doch bevor seine Solo-Karriere richtig begann, zog er sich für mehr als dreißig Jahre vom Musikbusiness zurück. So ganz weggeschlossen hat er seine Gitarre (wen es interessiert : Eine wunderschöne Gibson ES-345 namens "Red Lightnin'") aber offenbar nicht, denn 2002 erschien mit "Return Of A Legend" eine CD, die ihn als souveränen Gitarristen und ausdrucksstarken Sänger zeigte und ihm auf Anhieb einen "W.C. Handy"-Preis einbrachte.

Keine dreißig, sondern lediglich zwei Jahre später folgt nun ein mehr als würdiger Nachfolger. Neben seiner Begleitband (Rob Waters, Tasten; Billy Flynn und Chris James, Gitarre; Patrick Rynn, Bass; Willie Hayes, Schlagzeug) sind zur weiteren Unterstützung eine Horn Section und als Gäste Robert Jr. Lockwood und Lonnie Brooks mit von der Partie. Musikalisch gibt es Chicago Blues der Extraklasse, alles im "alten Stil" aber keineswegs verstaubt. Es gibt Slow-Blues, Shuffles und Stomps, vieles Kompositionen aus den 60er Jahren. Es swingt und rollt, und über allem Jody Williams angenehmer, relaxter Gesang und seine perlenden Gitarrenläufe.

Achim Hennes

 

JODY WILLIAMS - You Left Me In The Dark


CAMPER VAN BEETHOVEN
New Roman Times

(Cooking Vinyl/Indigo 5186-2)
Promo-CD, 20 Tracks, 67:20

Die Witzbolde der 80er-Jahre haben ihren Humor nicht verloren. 15 Jahre nach Veröffentlichung der scheinbar letzten CvB-Platte "Key Lime Pie" sind sie immer noch vorhanden, die queren Instrumentalstücke im Osteuropa-Look, die Off-Beat-Polkas mit der schrägen Geige von Jonathan Segel und den schepprigen E-Gitarren. Doch auf "New Roman Times" dominieren gezerrte Gitarrensounds und manche Songs erinnern an Namen, die vor Maueröffnung noch niemand kannte. So klingt die veritable Radio-Nummer "51-7" nach Wilco, Anderes wie "That Gum you Like is Back in Style" nach Eels. Wer hat hier jetzt wen beeinflusst?

Ein Konzeptalbum soll es sein, das neue Werk, eingespielt in der Originalbesetzung von 1985. Die Geschichte dreht sich um einen jungen Texaner, der in einer militärischen Eliteeinheit dient, den Drogen verfällt und schließlich zum Feind überläuft - zu Osama? Musikalisch beherrschen CvB nahezu die gesamte Rockhistorie: von harten Riffs der Marke Led Zeppelin bis zur funkigen Wah-Gitarre auf "Discotheque CVB", einer Nummer mit elektronischem Klopfgeist und Anleihen beim Chill-Out.

Sie haben die Zeit also nicht verschlafen, scheuen sich auch nicht, mal eine süße Mädchenstimme mit einzubauen oder ins Psychedelische zu fliegen. Und die Botschaft, wofür der unbekannte Soldat und damit vielleicht auch sie kämpfen würden, liefert ein Songtitel: "I Would Fight for Hippy Chix".

Volker Dick

 

CAMPER VAN BEETHOVEN - New Roman Times


ERNEST LANE
The Blues Is Back

(Acoustic Music Records/Zomba 319.1331.2)
12 Tracks, 43:22, mit Infos

Fast scheint es, als machten sich die älteren schwarzen Herren einen Spaß daraus, ein "bürgerliches" Leben zu führen, um dann mit Beginn des Rentenalters eine erste grandiose Platte zu veröffentlichen. Jody Williams ist so ein Beispiel dafür - und nun auch der Pianist Ernest Lane. Der tourte schon in den 1950er und 1960er Jahren mit Ike Turner, Pinetop Perkins und Robert Nighthawk. Sein Leben lang blieb er ein unter seinen Musikerkollegen hochgeachteter, der Öffentlichkeit aber weitgehend unbekannter Künstler, der seinen hauptsächlichen Lebensunterhalt als Autoverkäufer und Lastwagenfahrer verdiente.

Als über 70jähriger zeigt sich Ernest Lane nun als versierter und überaus routinierter Blues- und Boogiepianist, der einen kräftigen und ausdrucksstarken "old style" pflegt. Ein "Lanes Shuffle" betiteltes Stück ist dann auch ein Shuffle, und wenn man mit Piano und Stimme neben dem "honkenden" Saxofon eines Big Jay McNeely bestehen kann, ist das eine Auszeichnung, die für sich selbst spricht. Und überhaupt die Stimme : Kräftig und dabei doch angenehm sanft und einschmeichelnd kommt sie vor allem bei langsamen Stücken zum tragen. Abgerundet wird die Produktion durch die Arbeit der begleitenden Musiker, die mit Bass und Schlagzeug für das notwendige Fundament und mit Gitarre und einer "aufgeweckten" Hornsection für die stilistischen Farbtupfer sorgen.

Ein tolles "Debut"!

Achim Hennes

 

ERNEST LANE - The Blues Is Back

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