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TRAUDE BÜHRMANN
Die Straßensängerin

München: Frauenoffensive, 2004, 189 S.
ISBN 3-88104-367-5

Anna Kuhn ist 55 und hätte deshalb auch dann keinen Anspruch auf eine Umschulung - wenn es noch Umschulungen gäbe. Aber die arbeitslose Anna hat zugleich klare Berufsvorstellungen: Sie will Straßensängerin werden, und da soll das Arbeitsamt doch mal die Gesangstunden springen lassen. Die Sachbearbeiterin ist verwirrt, und Annas Weg zur singenden Ich-AG verworren. Es kommt selten vor, dass Romane Folker!-kompatibel sind, dieser ist es allemal. Anna schlägt sich mit den Behörden und den Kollegen von der singenden Zunft herum, für die Straßensängerinnen ja doch "nur Nutten" sind, sie lernt die einschlägigen Festivals kennen, tingelt quer durch Europa und träumt dabei von einer Sängerin, die sie vor Jahren in Paris gehört hat. Die Frau sang in einem Metroschacht "La vie en rose", und irgendwann fährt Anna nach Paris, um ihre Traumfrau zu suchen. Sie sieht sie noch vor sich und hat ihre wunderbare Stimme im Ohr, und vielleicht, ganz vielleicht, könnten sie doch mal zusammen singen (oder gar noch mehr zusammen tun). Die Traumfrau indes, deren Geschichte in einer Art Parallelhandlung erzählt wird, lässt sich kurz vor Annas Eintreffen in Paris die Haare kurz scheren und blondieren, und so findet Anna zwar die Stimme, aber nicht die dazugehörige Frau. Denkt sie. Aber zum Glück gibt es ja die Festivals für Straßenmusik ... Traude Bührmann hat einen Musik- und Liebesroman aus einer Szene geschrieben, in der leider derzeit nicht allzu viele Bücher spielen, und dass dieser Roman noch dazu spannend und witzig ist, ist Grund genug, ihn zu empfehlen. Aber ein paar Klagen gibt es doch: Traude Bührmann hat auch früher schon gute Bücher veröffentlicht, wenn auch nicht über Straßenmusikerinnen, warum erwähnt der Verlag im Buch so gar nichts über die Autorin und ihr Werk? Und warum wurde nicht richtig Korrektur gelesen - Fehler wie "Betty Davies" und "Lydie Aubray" müssen doch wirklich nicht sein. Und, an die Autorin: Ein bisschen langweilig ist Annas Repertoire dann doch, und wo sie sich doch häufiger in Lüttich aufhält, wie wir lesen, hätte sie sich da nicht ein wenig an der reichhaltigen belgischen Szene orientieren können? Aber egal, trotzdem tolles Buch, die Überraschung des Literaturfrühlings 2004.

Gabriele Haefs

 

TRAUDE BÜHRMANN - Die Straßensängerin


FAVOURITE SONGS OF IRELAND

Piano/Vocal Edition. London: Wise Publications, 2004
79 S. (nur Noten mit Texten)
ISBN 0-7119-3153-4

Gibt es sie noch, die Familien, die sich um das Piano versammeln und gemeinsam singen? Das wäre eine Sammlung für sie und alle Tastenvirtuosen mit einer Schwäche für die grüne Insel. Hier finden sie 26 der allgemein bekanntesten und auch in Irland selbst beliebtesten Lieder, bearbeitet für das Piano. Beginn und Ende sind bezeichnend: "Danny Boy" gibt den Ton an und "When Irish Eyes Are Smiling" sowie "Wild Colonial Boy" setzen den entsprechenden Schlusspunkt. Ich war immer noch in der Lage, Lieder meiner Kindheit wie "I Know Where I'm Going" zu rezitieren, ebenso wie "O'Rafferty's Motor Car" oder "Paddy McGinty's Goat", die in den 60ern im englischen Fernsehen von irischen Unterhaltungskünstlern bekannt gemacht wurden. Genau in dieser Zeit ist die Musik dieses Buches auch angesiedelt, Irish Fans z. B. der Planxty-Generation werden kaum Verwertbares finden. Das muss man wissen.

Mary John Kamp

Bezug: Bosworth Music GmbH, Friedrichstr. 153a, 10117 Berlin
www.bosworth.de

 

FAVOURITE SONGS OF IRELAND


STEFAN KROLLE
Musisch-kulturelle Etappen der deutschen Jugendbewegung von 1919-1964: Eine Regionalstudie

Münster: Lit-Verlag, 2004
457 S. (Geschichte der Jugend; 26)
ISBN 3-8258-7642-X
Zugl.: Bochum, Univ., Diss., 2004

Es geht um ein Buch, das, weitgehend auf Lieder bezogen, musisch-kulturelle Etappen der Deutschen Jugendbewegung auf Burg Waldeck und die Ausstrahlungen auf die Musikkultur der Deutschen nachweisen soll. Mit seiner Dissertation Musisch-kulturelle Etappen der deutschen Jugendbewegung 1919-1964 promovierte Stefan Krolle zum Doktor der Philosophie bei Professor Emeritus Dr. Dr. h.c. Joachim H. Knoll, seit 1957 auf der Waldeck genannt "Joko", sechs Jahre im Verwaltungsrat der Arbeitsgemeinschaft Burg Waldeck e.V. (ABW).

Herausgegeben wurde diese Dissertation als Band 26 der wissenschaftlichen Reihe Geschichte der Jugend von Arno Klönne, Soziologieprofessor, sowohl auf der Waldeck in den 60er Jahren aktiv, aber auch Profi in Bezug auf Jugendbewegung.

Stefan Krolle, Jahrgang 1957, ist Lehrer und Sohn des ehrenamtlichen ABW-Archivars Dieter "Peer" Krolle. Er liefert ohne jeden Zweifel eine Fleißarbeit, bemüht um Universalität, um ja nichts wegzulassen, was einen Bezug zum Thema "Burg Waldeck" und "Lied" haben könnte. Das geht so weit, dass sogar zwischen Heinrich und Hein Kröher, der gleichen Person, die zusammen mit ihrem Zwillingsbruder Oss die "Waldeck" schlechthin repräsentiert, unterschieden wird. Diesem Bemühen steht leider der Verzicht auf ein bei kommerzieller Herausgabe übliches Lektorat gegenüber, was das auf über 450 Seiten klein und eng bedruckte und nicht durch Bilder aufgelockerte Werk weder zu einem Nachschlagwerk noch zu einem leichthin zu konsumierenden Buch werden lässt, zumal die Materialfülle nur addiert ist. Eine Auseinandersetzung mit dem Lied und einer Liedtheorie fehlt. Mangels eines Personenverzeichnisses - Fahrtennamen werden angegeben - sind persönliche Zusammenhänge nicht erkennbar. Ein Fachbuch für Sachkundige, auf das man auf Burg Waldeck stolz sein kann? Das Prädikat magna cum laude lässt ahnen, dass sich vor der Vergabe dieser Auszeichnung niemand ernsthaft um Mängel im Manuskript, die leider nicht nur formaler Art sind oder sich auf das "Wissenschaftsdeutsch" und Sprachfehler beziehen, gekümmert hat. Der SWR-Journalist Tom Schroeder, ABW-Mitglied: "Wer sich dafür interessiert, was die Waldeck auch noch ist: Stefan Krolles Dissertation ist da sehr zu empfehlen. Nur zum Nachlesen."

Bernd Bothy

 

STEFAN KROLLE - Musisch-kulturelle Etappen der deutschen Jugendbewegung von 1919-1964

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