DIVERSE
Bongo Flava - Swahili Rap From Tanzania
(Out Here/Indigo)
14 Tracks, 68:12, Infos in Englisch
Wie artikuliert sich Tansanias Jugend musikalisch 2004? Die Kids stehen auf
Hiphop, wie anderswo in der Welt auch, das große Vorbild liegt natürlich in
den USA, doch die lokalen Verankerungen halten und werden zu einem
identifikationsstiftenden Bestandteil. Das beginnt bei der Sprache, die 14 auf
diesem Sampler vorgestellten Formationen singen in Swahili, und Reminiszenzen
der eigenen Musiktradition durchziehen die Stücke, oft wie Zitate der eigenen
Kultur. Das ist mehr als nur charmant, das ist gut, weil es weniger um das
Kopieren geht als um einen ganz eigenen Stil, der sich lediglich einer
passenden, bereits existierenden Ausdrucksform bedient: Kulturtransfer im
positivsten Sinne, der seiner Vorlage in nichts nachsteht. Im Gegenteil. Und
besser als südafrikanischer Kwaito klingt das allemal, und zwar durchgehend.
Die Bands heißen Daz Nundaz, Sista P., Professor Jay oder X-Plastaz - in den
Bandnamen werden die Anleihen an die Jugendsprache deutlich. Musikalisch sind
sie sich ein wenig zu ähnlich, das ist der einzige Minuspunkt. Was Daara J aus
Senegal geschafft haben, ist auch diesen Gruppen zu wünschen, besser noch:
dass sie nicht als afrikanische Vertreter mit Exotenstatus in diesem Genre
geführt werden, sondern sich chancengleich im internationalen Musikbetrieb
bewegen können. "Bongo Flava" ist ein sehr wichtiges Album.
Luigi Lauer
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FEMI KUTI
Africa Shrine
(Tropical Music 68.843)
14 Tracks, 68:26, mit dt. und engl. Infos und Texte
Nigeria ist sicher nicht die erste Wahl für einen Urlaub in Afrika, und
selbst, wer beruflich Neuland erkunden will, überlegt sich das dreimal. Schade
daran ist, dass einem so der berühmteste Musik-Nachtclub in Lagos entgeht:
Africa Shrine. Was unter dem Afrobeat-Erfinder Fela Kuti an wechselnden Orten
stattfand, hat Sohn Femi im Jahr 2000 zu einem festen Club umfunktioniert.
Sonntags findet hier der "Sunday Jump" statt, und welche Atmosphäre da
herrscht, fängt das Album in wunderbarer Weise ein. Femi Kuti and his Positive
Force spielen hier ganz befreit auf, ein Heimspiel; das tut den Musikern gut
und damit der Musik. Kein klinisch reiner Chorgesang, sondern einer, dem man
die gelegentliche Erschöpfung der singenden Tänzerinnen anhört. Kein
sechsfach-overdub-Bläsersatz, sondern Instrumentalisten, denen der Spaß am
Spiel auch mal ein Quieker oder eine unsaubere Intonation wert ist. Und wenn
Bassist und Schlagzeuger mal nicht genau auf dem Punkt zusammen sind - man
kann sie förmlich grinsen sehen: "Und wenn schon!". Dabei ist die akustische
Qualität beeindruckend, der Mix ist ausgewogen, was nach vorne gehört, ist
richtig vorne, ohne dass Wesentliches untergeht. Dieses Album ist nur durch
persönliche Inaugenscheinnahme und Vor-Ort-Ohrientierung in Lagos zu
überbieten. Siehe dazu oben.
Luigi Lauer
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ISSA BAGAYOGO
Tassoumakan
(Exil 5375-2/Indigo)
14 Tracks, 67:00
Über Issa Bagayogos erstes Album war vor allem einer schockiert: Issa
Bagayogo. Die sanften, trance-artigen Klänge Malis im harten Techno-Outfit zu
hören, war gewöhnungsbedürftig. Jetzt sind alle ein Stück weiter, das
Produktionsteam um Yves Wernert und Philippe Berthier, die Hörer, und Issa
himself. Tassoumakan ist eine ganze Klasse besser als der Erstling, ist nicht
vor der Reife exportiert worden, ist am Stamm gereift. Die allzu harten Beats
wurden etwas zurückgenommen, die Musik kann durchatmen und ist nicht länger
zwischen Gigabites aus dem Rechner eingeklemmt. Es gibt auch weiterhin deftige
Kost, das rockige "Koroto", das funkige "Diama Don" mit den überflüssigen
Handclaps oder das gepeitschte "Kalan Nege". Doch das macht nur die Hälfte
aus, es gibt auch das wunderbar balladeske "Djigui", das verhaltene "N`Deri"
oder das entspannt-entspannende "Furu". Crossover - so macht man's, rundum
gute Arbeit, sieht man von ein paar Schönheitsfehlern wie den übertriebenen
Handclaps ab. Tassoumakan braucht man nicht unbedingt, um glücklich zu sein.
Aber es macht das Leben ein gutes Stück schöner.
Luigi Lauer
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