backRezensionen Deutschland


TRION
Annett Kuhr - Träume und Katzen

(Eigenverlag)
12 Tracks,44:27, mit Infos

Annett Kuhr legt ihr erstes Album mit Liedern und Balladen vor und es klingt, als hätte sie schon ein Dutzend CDs eingespielt. Meisterhaft verwebt sie ihre Musik dicht mit der Sprache. Gesang (Annett Kuhr), Klavier (Herwig Rutt) und Cello (Steffi Bellmann) malen Bilder, die sich unmittelbar einprägen und nachwirken. Die Stimme erinnert in ihrer Mischung aus Nüchternheit und Nuancenreichtum an Joni Mitchell, mit dem Unterschied, dass deutsche Hörer sofort verstehen, was gesungen wird: Begegnungen aus dem Alltagsleben, auch flüchtige, werden lebendig. Annett Kuhr schöpft aus einem großen Erfahrungsschatz, kreist nicht nur um ihr eigenes Dasein sondern bezieht andere mit ein in ihre poetisch-pointierten Wachträume. Menschen von nebenan werden in ihren eigenen, ganz besonderen Erlebniswelten musikalisch gezeichnet. Innerhalb einer dreiviertel Stunde erschließt sich auf anspruchsvoll-unterhaltsame Weise die Seele einer kleinstädtischen Gesellschaft, als hätte man einen ganzen Roman darüber gelesen. Darin liegt wohl das Geheimnis, warum man diese CD immer wieder anhören möchte.

Thomas Felder

 

TRION - Annett Kuhr - Träume und Katzen


KAIKAI
Lebenszeichen

(Trend Records TCD 0200469)
19 Tracks, 67:14, DDD

"Lebenszeichen" ist der richtige Titel für den neuen Silberling aus dem Schwarzwald. Seit dem ambitionierten Album zu Wilhelm Hauffs "Kaltes Herz" (siehe Folker! 5/2000) sind ein paar Jahre ins Land gegangen. Untätig blieb man während dieser Zeit in Beuren offenbar nicht, sondern versammelte ein gutes Dutzend Musiker für ein neues Projekt, darunter alte Bekannte wie Sven Puchelt und Tilman Teuscher. Herausgekommen ist ein sehr gutes Tanzalbum, dessen Titel bis auf eine Ausnahme aus der Feder Jochen Eßrichs geflossen sind. Darunter - wie gewohnt - wunderbare Melodien wie der Walzer "Hand aufs Herz", ein 5er Walzer ("Alte Bekannte") und recht authentisch klingende Bourrées ("Kopf und Kragen", "Sack und Pack"). Ausnehmend gut ist auch die von Sven beigesteuerte Mazurka "Pluiescat". Dass dies eine Studioproduktion ist, hört man, es fehlt gelegentlich an musikalischer Gruppendynamik, aber Kaikai ist heute auch weniger eine Gruppe als ein Kristallisationspunkt für den Südwesten. Das zeigt sich auch in der verdienstvollen Integration von bisherigen "Nicht-Folkies", auch wenn sie noch etwas zu zaghaft die Möglichkeiten ihrer Instrumente ausschöpfen (Verzierungstechniken). Eine echte Überraschung ist in dieser Hinsicht allerdings Christian Roch an den Uilleann Pipes. Wo bitte findet man solche Musiker, von denen man noch nie gehört hat? Er drückt dem Titelstück seinen Stempel auf, es wäre das überzeugendste auf der CD, hätte man es nicht ausgeblendet.

Andel Bollé

 

KAIKAI - Lebenszeichen


DRUM'N'DIDG
Analog birds in a digital sky

(Umlaut umr004)
10 Tracks; 43:18

Dass ich noch einmal eine Didgeridoo-CD in den Händen halten würde, die mehr bietet als pseudoesoterisches Zirkularatmen, hätte ich auch nicht für möglich gehalten. Aber tatsächlich, Drum'N'Didg klingen frisch, sind originell und unbedingt eine Empfehlung wert. Hinter diesem augenzwinkernden Projekt stecken in erster Linie Didg-Experte Tom Fronza und Soundtüftler Torsten Bugiel. Das Duo liefert mit "Analog birds in a digital sky" (manchmal auch didgital sky geschrieben) ein zeitgemäßes Album ab, welches von der Digipack-Verpackung bis zum Video-Bonus auf dem Silberling den gehobenen Standard der Musikindustrie erfüllt. Mit einer knappen Dreiviertelstunde Spielzeit ist die CD vielleicht etwas zu kurz geraten, aber dafür kommt keine Minute Langeweile auf. Oft glaubt man beim Hören, versehentlich in eine Drums-and-Bass CD zu hören, ein andermal glaubt man sich auf einer Goa-Party. Das ist kein Wunder, denn Tomas Fronzer hat eine Vergangenheit als Bassist in diversen Trip-Hop- und Dub-Bands. Fronza ist durch seine Zusammenarbeit mit Klaus dem Geiger, Laliya oder den mongolischen Egschilien kein Unbekannter und hat es sogar bereits zu Rockpalast-Ehren gebracht. Sein zweites Hauptinstrument ist die Tabla. Das bedeutet also ein tiefes Verständnis von rhythmischen Strukturen und genau diese machen "Analog birds" zu einer Top-Scheibe. Ob das Duo Ausflüge in die Rockmusik wagt, oder sich von einem Rhodes Piano verfunken lässt, jedes Mal klingt es tricky, gewitzt und voller Spielfreude.

Chris Elstrodt

 

DRUM'N'DIDG - Analog birds in a digital sky


SONS OF JIM WAYNE
Best Make up is a Smile

(Warehouse WARE08 / Indigo)
16 Tracks; 45:50, mit Infos

Nach den stilreinen Fingerübungen in Hinterwäldler-Folk auf ihrem Debüt "Sweet Madonna" (2003), kehren Stefan "Jim Wayne Swingtett" Kullik und Bernd "Ferryboat Bill" Uebelhöde mit "Best Make up ... " aus den Ewiggestrigkeiten der US-Provinzen ein Stück ins Hier und Jetzt zurück. Mit Wiederannäherungen an zeitgenössischere Musikstile und Attitüden, wie sie von Bands wie Sebadoh, Motorpsycho, Naked Lunch, Buffalo Tom oder Liquido gepflegt werden, die allesamt ausgewiesene Fachkräfte zur Einspielung dieses Albums delegierten. Was nicht heißen soll, dass Kulliks und Uebelhödes ausgewiesene historische Kompetenz in Sachen Americana ins Hintertreffen geraten wäre: Dass Country und Folk im deutschen Westen teils ebenso tief verwurzelt sind wie im amerikanischen, hört man an den allgegenwärtigen Klampfen ebenso wie an den gelegentlichen Mandolinen, Banjos und Slidegitarren; an den Sing-along-Songstrukturen wie an den Harmoniestimmen und Chören. Darüber aber liegt ein unübersehbarer Grauschleier von altem Europa und neuer Neuer Welt: Großstadt, Industriegebiet, Autobahn - weil die Söhne von Jim Wayne ihren kleinen Fluchten so bar aller Scheuklappen frönen, kommen sie im Dschungel der Wirklichkeit so weit damit!

Christian Beck

 

SONS OF JIM WAYNE - Best Make up is a Smile


KERBERBROTHERS ALPENFUSION
Live In L.A.

(Eigenverlag)
15 Tracks; 72:21

Live in Wo, bitte??? - Aha: Leutkirch, Allgäu. Und ich dachte schon, die Kerber-Buebe zög's nach Hollywood. Schlecht gepasst hätte es nicht, denn auf ihrer neuen CD lassen Markus, Martin und Andreas K. nebst ihren Rhythmusbrüdern Schmauch (b) und Gogl (dr) mal so richtig den Westcoast-Jazzer von der Leine. Und die Alpenfusion schnurrt wie ein gutgeöltes Musikmaschinchen: Ausgangspunkt für die ausgefuchsten Kompositionen und Arrangements von Andreas Kerber ist häufig ein Jodler, ein gesungener Vierzeiler oder ein kurzes Intro auf Akkordeon, Gitarre, Hackbrett oder (Scherr-)Zither. Doch sobald Holz & Blech hinzukommen, besteigen die fünf Musiker den Sonderzug ins Jazzland. Und wenn die K-Brüder dann auch noch ihre brillanten Soli auf Saxophon, Querflöte, Klarinette (Markus), Trompete (Martin), Englischhorn oder gar: Alphorn (Andreas) loslassen, dann liegt Leutkirch tatsächlich für einen Moment am Pazifik. Genial.

Walter Bast

 

KERBERBROTHERS ALPENFUSION - Live In L.A.


ADARO
Schlaraffenland

(Tempus Fruit, SPV 085-60672)
Promo-CD; 12 Tracks; 53:49; mit Texten und Infos

Adaro sind rockiger geworden, nicht zuletzt dank Umbesetzungen. Es wurden fast ausschließlich eigene Melodien, komponiert von Gitarrist Jürgen Treyz, auf historische Texte (u.a. Hans Sachs, Oswald von Wolkenstein, Reinmar von Hagenau) gesetzt. Die Poesie des ausgehenden Mittelalters wirkt mal derb, mal lyrisch, meist direkt aus dem prallen Leben. Im Unterschied zur letzten CD "Minnenspiel" (2002) diesmal komplett auf hochdeutsch. "Lieg still" ist mein Favorit: melodiös, eingängig, ziemlich poppig. Ein Ohrwurm ebenso wie das rockige "Frau, du sollst unvergessen sein". Bei "Es ist ein Schnee gefallen" wurde eine echte Alternative zur schönen Originalmelodie geschaffen. Balladen scheinen der Gruppe genau so zu liegen wie schnellere Melodien. Wenn die historischen Instrumente erklingen, wird es druckvoll, dynamisch und spannend. Ein straightes Schlagzeug, satte Frettless-Basslinien und die Instrumentalteile (mit Drehleiern, Dudelsäcken, Bombarde) grooven richtig schön. Die Melodik der Gesangsteile kommt aber eher zwiespältig daher. Manches hakt sich sofort im Ohr fest, anderes klingt seltsam uneinprägsam - als ob in einem Buch nur Fließtext steht, ohne Absätze, ohne Dialoge. Fazit: Es ist nicht durchgängig die CD der großen Melodien, aber solide und präzise eingespielt. Vor allem instrumental sind die Arrangements überzeugend, stimmig und gut durchdacht. Adaro besitzt nach wie vor eine große Menge an Kreativ-Potential!

Piet Pollack

 

ADARO - Schlaraffenland


DURSEY SOUND CONNECTION
Forgotten Moons - The Sound Of A Celtic Voyage

(QRDC The Quick Red Dog Company)
20 Tracks; 49:01, mit Infos

Die deutsche Sicht auf Irland ist häufig von Klischees geprägt, die sich so hartnäckig halten wie der Sonnenuntergang auf der Insel Dursey. Auf "Forgotten Moons" haben die seit Jahren in West Cork lebenden Hobbymusiker Eckie Krupp und Theo Dahlke ihre keltische Ergriffenheit in eine schwammige Soundlandschaft verwandelt, die nicht nur unter tontechnischen Gesichtspunkten versagt, sondern mit alt eingestandenen Tunes wie "Congress Reel", "The Butterfly" oder "Dunmore Lassies" so unsensibel hausieren geht, dass die keltischen Elfen sich im Boden verkriechen müssten. Einschläfernd und unarrangiert präsentieren die beiden Einwanderer ihre Version der irischen Tradition. Dass auch unter rhythmischen Aspekten auf dieser CD nicht viel zu entdecken ist, zeigt, dass sie das richtige Timing noch nicht wirklich verinnerlicht haben.

Alle vier bis fünf Stückchen hört man eingeblendete Soundeinsprengsel mit gälischen Erzählerstimmen, Windesrauschen, Donnergrollen oder Möwengekreische. Einfach furchtbar, aber wohl ein Stückchen deutsch-irischer Kulturgeschichte.

Elise Schirrmacher

 

DURSEY SOUND CONNECTION - Forgotten Moons - The Sound Of A Celtic Voyage


REVELLING CROOKS
From Heaven Into Hell

(Weltwunder)
Promo-CD: 17 Tracks; 65:05

Das Augsburger Quintett, das seit Mitte der 90er Jahre auf die Pauken hat, liefert mit dieser CD eine bunte Mischung aus Folk, Countryanleihen, Balkanklängen, Punk und Rock, sowie ein bisschen Rock'n'Roll und Klezmer. Bis auf die Instrumentalstücke covern die Herren quer über den Erdball von "Zigeunermädchen", über "Bubamara" bis hin zum Lied über " Die Grine Kuzine". Was sie selbst als Klezmer-Counrty-Balkan-Folk bezeichnen ist eigentlich in erster Linie Country-Folk mit großem Hau-drauf-Anteil. Freunde der Fiddlers Green oder ähnlich Bands werden hieran ihre Freude haben. Liebhaber von Klezmermusik werden wohl eher etwas enttäuscht sein. Auch ich hatte mir unter der angekündigten Mischung etwas mehr als Covernummern vorgestellt, als partytaugliche Coverversionen.

Claudia Frenzel

 

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