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Oi Va Voi:
Solomon & Socalled: |
Nie war die alte Festmusik der osteuropäischen Juden so nahe an Dancefloor und Hitparade. Die Gruppe Oi Va Voi aus London hat vermutlich ein neues Genre erfunden. Doch vielleicht geht auch alles viel zu schnell. Auf ihrem ersten offiziellen Album "Laughter Through Tears" haben sie den Klezmer fast schon wieder hinter sich gelassen.
Von Christian Rath
"Oi Va Voi" ist ein jiddischer Ausruf des Erstaunens, etwa wie "Donnerwetter!". So signalisiert schon der Name der Band, dass hier mit Überraschungen und Ungewohntem zu rechnen ist.
Öffentlich
stehen vor allem zwei Personen für das sechsköpfige Kollektiv:
Die Geigerin Sophie Solomon und der Trompeter Jonathan Walton (Bühnenname:
Lemez Lovas). Solomon ist groß, blond, selbstbewusst und sehr stylish.
Lovas ist dagegen eher etwas nachdenklicher und trägt oft einen Hut,
was zwar etwas nach Shtetl aussieht, aber auch mit seinem lichten Haar zu
tun haben könnte. Beide kommen aus jüdischen Familien und studierten
zusammen russisch (in Oxford und Moskau). Daher wohl auch das Interesse an
Klezmer und osteuropäischer Musik.
"Es gibt etwa 300.000 Juden in England", erzählt Lovas, "doch die jüdische Kultur wurde nach 45 höchstens noch privat gepflegt. Nach außen wollte man einfach normaler Engländer sein und bloß keinen Anlass für Antisemitismus bieten". Auch zur eher bäuerlichen Klezmer-Musik hatten die bürgerlichen englischen Juden wenig Bezug. "Als wir Kids waren, spielte so etwas wie jüdische Musik in unserem Leben überhaupt keine Rolle." Das Klezmer-Revival, das Ende der 70er-Jahre in den USA begann, erreichte England erst rund 15 Jahre später.
Oi Va Voi startete als studentisches Projekt in Oxford. Als sich die heutige
Formation herauskristallisierte, zog man gemeinsam nach London. Neben Solomon
und Lovas sind noch mit dabei: Steve Levy (Klarinette), Nik Ammar (Gitarre),
Leo Bryant (Bass), Josh Breslaw (Drums). Schnell war die Band in der englischen
Klezmer-Szene verankert, spielte auch bei jüdischen Hochzeiten - und
wollte doch darüber hinaus. "Wir finden Klezmer so toll, dass wir ihn
mit allen teilen möchten, wir wollen ihn in die Clubs bringen und an
die Spitze der
Charts",
schwärmte Sophie Solomon, als sich Oi Va Voi vor einem Jahr in Essen
bei der Weltmusikmesse Womex vorstellte.
"Digital Folklore" hieß die Demo-CD, die sie damals im Gepäck
hatten. Elegant und groovend haben Oi Va Voi altes Klezmer- und
Osteuropa-Material arrangiert. So etwas gab es vorher noch nicht. So glatt
und modern hat man diese eher rauhe und ungehobelte Musik noch nie gehört.
Und das alles nur auf einer Demo-CD? Andere Gruppen wären froh, wenn
sie jemals ein so originelles und fein produziertes Album hinbekämen.
Tatsächlich wurde die CD aber nur an JournalistInnen verteilt
sowie
bei Konzerten verkauft. Das aber genügte, dass Oi Va Voi im letzten
Jahr bei den BBC-Weltmusik-Awards gleich in zwei Kategorien nominiert wurde.
"Wir sind Sound-Perfektionisten", erklärt Sophie Solomon die Zurückhaltung, "wir waren mit dem Album einfach noch nicht zufrieden". Deshalb unterschrieb die Band zwischenzeitlich einen Vertrag beim mittelgroßen englischen Weltmusik-Label Outcaste. Dieses hatte bisher mit Acts wie Nitin Sawhney oder Badmarsh & Shri den Asian Underground vorangebracht. Außerdem gab es bei Outcaste aber auch Flamenco-Dancefloor, warum dann nicht auch eine cluborientierte Klezmerband? Sophie Solomon wusste genau, was sie von Outcaste erwartete: "Wir brauchen gute Produzenten." Sie sollten der Band helfen, den Sound genau so zu gestalten, wie ihn sich die Sechs vorstellen. Produzenten als gutbezahlte Handlanger - an Selbstbewusstsein mangelt es Oi Va Voi wirklich nicht.
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