backRezensionen Afrika


OUMOU SANGARE
Oumou

(World Circuit WCD 067/Indigo)
Do-CDs, 20 Tracks, 1:40:50

Was Oumou Sangare alleine durch ihre Lieder für die Emanzipation der Frauen in Westafrika bewirkt hat, kann Alice Schwarzer nur neidisch machen. Oumous Kampf gegen Patriarchat, Polygamie, religiösen Fundamentalismus oder alltägliche Schwarzeneggereien dominiert ihre Texte, und unanfechtbar bezieht sie ihre Argumente ausgerechnet aus dem Koran. Und nimmt sich rotzfrech die Musik der Jäger als Vorlage. Ihre Stimme übertönt mühelos einen startenden Jet, und doch singt sie sehr dynamisch und höchst nuancenreich. Dies alles ist auf "Oumou" konzentrierter als je zuvor versammelt, es gibt wunderbare ältere Lieder wie "Ah Ndiya", "Dugu Kamelemba" oder "Diaraby Nene", also ein Marsch durch ihr bisheriges Schaffen. Und es gibt acht neue Tracks, von denen besonders drei auffallen: das hochverdichtete "Wayeina", fast rockig kommt es daher, dann "Maladon", ein spritziges, leichtfüßiges Lied mit ganz eigenem Flair, und "Laban", das musikalisch eine modernistische Hinwendung zu neuen Ufern markieren könnte. Warum Charlie Gillett (BBC Radio) für die Auswahl mit herangezogen wurde, kann wohl nur die Abteilung Strategic Marketing beantworten. Plattenchef Nick Gold hätte die Aufgabe alleine kaum anders gelöst. Für die Fans ist das Doppelalbum eine zwiespältige Angelegenheit, denn um an die neuen Lieder zu kommen, muss man längst bekannte mitkaufen. Wer Oumou Sangare bisher nicht oder kaum kannte: Ein schöneres CD-Geschenk kann man sich in diesem Jahr kaum machen.

Luigi Lauer

 


COCO MBASSI
Sisea

(Tropical Music/BMG)
14 Tracks, 60:04; Songinfos in Französisch und Englisch

Cocos Debüt vor zwei Jahren wurde von Roger Willemsen hoch gelobt. Der hat zwar keine Ahnung, aber Geschmack allemal: Madame Mbassi hat schon damals auf vorzügliche Weise Jazz, kamerunische Musik und kammermusikalische Klassik miteinander verbunden (ihr Mann lehrt Kontrabass). "Sisea" ist ein gutes Stück afrikanischer, ist ebenso kunstvoll ausgearbeitet, ist weniger Tanzmusik als solche für ein Candlelight-Dinner - aber mit selbstregulierenden Warmhalteplatten, bitte, denn zum vertraulich-verschmusten Dahingleiten über´s Wohnzimmerparkett lädt das eine oder andere Lied ganz sicher ein. Das muss auch nicht vertikal enden. Beim Satzgesang, der wunderbar miteinander verwoben ist zu langen Ketten, die von anderen Instrumenten aufgegriffen werden, sucht man im Booklet nach dem Namen Lokua Kanza. Doch vergeblich, Coco kann so was selber, und das spricht für einen enormen Entwicklungssprung der Sängerin. De gustibus non disputanda est? Quatsch, klar kann man über Geschmack streiten, nur über den von Coco Mbassi nicht. Sie hat einen, schon das ist selten genug, und, mehr noch, sie hat glasklare Vorstellungen davon, wie sie ihn umsetzen muss, und genau so glasklar ist das ganze Album strukturiert, instrumentiert und arrangiert. Ein Juwel, für das sogar Bass- und Gesangswunder Richard Bona mal wieder die Gitarre in die Hand nahm und Manu Dibango nach langer Zeit noch mal die Marimba auspackte. Auch eine Ehrerbietung. Eine berechtigte.

Luigi Lauer

 


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