backRezensionen Mittel- und Südamerika


YUSA
dto

(Tumi Music TUMI 112 / Sunny Moon)
15 Tracks, 56:28; mit Infos und Texten

Yusa ist zwar Kubanerin, aber alle gängigen Vorstellungen über die Rhythmen des karibischen Eilands kann man beim Debütalbum der jungen Dame getrost über Bord werfen. Kubanische Elemente wie Trova oder Son sind nur am Rande zu erahnen, ansonsten hat sich die Songwriterin und Sängerin Pop- und Jazzmusik ebenso wie brasilianischen Klängen verschrieben. Manchmal meint man Tracy Chapman zu hören, dann erinnert der Stile an Sting, Chico Cesar oder sogar Ruben Gonzalez. Fast alle Titel sind Eigenkompositionen Yusas und auch die poetischen Texte stammen aus der Feder der Absolventin des Amadeo Roldán Konservatoriums. Der moderne Sound gibt Ausblick auf die kubanische Avantgarde und klingt frisch und ungezwungen, leider überzeugt Yusas Stimme nicht immer. Begleitet wird die Multiinstrumentalistin, die hier am Bass, auf der Gitarre und am Klavier zu hören ist, u.a. von Pianist Roberto Carcassés, Percussionist, Oliver Valdés, Saxophonisten Lucia Huerga und Gitarrist Pável Urquiza. Letzterer ist auch Produzent des Albums und für die Geräuschkulisse wie das Rattern eines Zuges, Kindergeschrei oder Meeresrauschen verantwortlich.

Suzanne Cords

 

YUSA - dto


CAETANO VELOSO E JORGE MAUTNER
Eu não peço desculpa

(Universal 064 519-2)
14 Tracks, 51:37; mit Texten

"Ich bitte nicht um Entschuldigung" ist die ungewöhnliche Zusammenarbeit zwischen dem bahianischen Superstar Caetano Veloso und dem Außenseiter Jorge Mautner, produziert von Kassin. Für Caetano Veloso ist dieses Album wahrscheinlich eine willkommene Abwechslung nach den sehr konzeptuellen und komplexen Projekten "Livro" und "oites do Norte", für Mautner dagegen eine seltene Gelegenheit, sein Können zu zeigen und über ein internationales Label in die Welt zu tragen. So unterschiedlich wie die beiden alternden Musiker, sind die Genres der bisher meist unveröffentlichten Songs: scheppernder Rock, eingängige MPB, mitreißender Forró und Maracatú, zum Abschluss dann eine Samba-Hymne an den brasilianischen Karneval. Schräge Texte über Sex, Dummheit und Tod, sowie die kantigen Übergänge zeugen von großer künstlerischer Freiheit mit einem guten Schuss Ironie. Das Ergebnis ist so interessant wie das Projekt, wobei Interesse nicht mit Genuss gleichzusetzen ist. Keine Scheibe zum Nebenherhören, eher etwas zum Experimentieren, ein Sammelladen für jeden Geschmack, der jedoch als Sammlung keinen Geschmack völlig trifft. "Psychotisch, neurotisch, völlig daneben, aber ich bitte nicht um Entschuldigung, denn diese Obsession ist nicht meine Schuld" singt Mautner, und das braucht er auch nicht.

Angela Isphording

 

CAETANO VELOSO E JORGE MAUTNER - Eu não peço desculpa


JORGE BEN JOR
MTV Acústico

(Universal 017 725-2)
Doppelalbum, 21 Tracks, 98:10

Wer bisher kein Album Jorge Ben Jors im Wohnzimmerschrank stehen hat, sollte hier unbedingt zuschlagen, gibt diese Doppel-CD mit Live-Aufnahmen aus den Jahren 1963 bis 1986 doch einen guten Überblick über das Werk des Brasilianers. Und da klingt rein gar nichts angestaubt! Unverständlich, dass der begnadete Komponist und Gitarrist hierzulande viel unbekannter ist als viele seiner ebenfalls musikalisch ambitionierten Landsleute. Denn der mittlerweile 61-jährige Jorge Ben Jor war es, der wie kaum ein anderer ganze Musikergenerationen maßgebend beeinflusst hat, und die kupfern bis heute ungeniert von ihm ab. "Mas que nada" ist wohl sein berühmtester Ohrwurm, Stücke wie "País Tropical", die Fußballhymne "Umbabarauma", "Taj Mahal" oder "Chove Chuva" gehören längst zu den brasilianischen Evergreens. Auch bei den übrigen Liedern auf der Doppelscheibe ist der Wiedererkennungseffekt garantiert. Zur Seite standen Jorge Ben Jor auf dem Album seine einstigen Mitstreiter von Admiral Jorge V und die Banda do Zé Pretinho. Eduardo Helbourn an den Drums, die Bassisten J. Lucrécio und Dadi Carvalho, die Pianisten Neném de Cuíca und Lory César oder Oboevirtuose Carlos Prazeres sind nur einige der hervorragenden Begleitmusiker, die hier zu Gehör kommen. Also nicht nostalgisch werden, sondern abtanzen!

Suzanne Cords

 

JORGE BEN JOR - MTV Acústico


BATATA Y SU RUMBA PALENQUERA
Radio Bakongo

(Network 24.127 / Zweitausendeins)
12 Tracks, 58:13; franz./engl. Infos

Wahrlich eine verrückte Mischung, die sich da in dem Dorf San Basilio de Palenque in Kolumbien entwickelt hat: Afrikanische Musiken wie Highlife, Soukous und Afrobeat werden in lateinamerikanischer Manier interpretiert, aber auch Cumbias oder Sones müssen "dran glauben". Es ist mehr als nur charmant, wenn Fela Kutis Afrobeat mit einem Akkordeon aufgemischt und gehörig mit Percussion beheizt wird, oder wenn zu einem Highlife-Groove ein Porro-Feuerwerk abbrennt. Die Musiker sind durch die Bank exzellent, und die Platte ist es auch. Rigo Star aus Kongo-Kinshasa ist als einer der besten Soukous-Gitarristen ein trefflich gewählter Gast; schade, dass er in nur einem Stück zu hören ist. Gleiches gilt für die perlenden Linien von Dally Kimoko, ebenfalls Kongo. Dass Bandleader Paulino Salgado mit 74 Jahren dazu noch zu singen und zu trommeln in der Lage ist, beweist mal wieder, dass Musik die beste aller Drogen ist und (fast) ewige Jugend verspricht. Der Bundesmusikminister warnt: hochvirulent!

Luigi Lauer

 


DIVERSE
Traditional Music of Peru Nr.6: The Ayacucho Region

(Smithsonian Folkways Recordings SWF CD40449 / Sunny Moon)
27 Tracks, 53:17; mit ausführl. span./engl. Booklet

Traditional Music of Peru Nr. 7: The Lima Highlands

(Smithsonian Folkways Recordings SWF CD40450 / Sunny Moon)
25 Tracks, 49:06; mit ausführl. span./engl. Booklet

Traditional Music of Peru Nr. 8: Piura

(Smithsonian Folkways Recordings SWF CD40451 / Sunny Moon)
22 Tracks, 46:35; mit ausführl. span./engl. Booklet

Dreimal geballte Folklore aus Peru, einmal aus dem Andenhochland, dann aus der Grenzstadt zu Ecuador, Piura, und nicht zuletzt aus Ayacucho, ein Name, der so manchem bis heute noch als Geburtsort der Guerilleros "Sendero Luminoso", des Leuchtenden Pfades, bekannt sein dürfte. Große musikalische Unterschiede zwischen den einzelnen Regionen mag nur der Insider ausmachen, alle anderen gewinnen einen authentischen Einblick in die traditionellen und sozialen Lebensumstände der Indios. Mancher ehemalige Peru-Rucksackreisende mag sich bei dieser Sammlung wehmütig daran erinnern, wie er bei Volksfesten genau diese unverfälschte Indio-Musik zu hören bekam, während die Menschen in farbenfrohen Gewändern, oftmals als Phantasiegestalten verkleidet, vorbeitanzten. Flöte, Trommel, Gitarre, Harfe und Geige sind die typischsten Instrumente bei den festlichen Umzügen auf den drei CDs, die zwischen 1980 und 1994 mitgeschnitten wurden. Zeremonielle religiöse Stücke sind dabei ebenso vertreten wie Theater- und Tanzlieder, Karnevalsrhythmen oder Kompositionen zur Feier der Viehbrandmarkung und der Ernte. Teils auf spanisch, teils in der melodiösen Indio-Sprache Quechua tragen die Menschen ihre Lieder vor, die von Generation zu Generation überliefert werden. Eine Sammlung für Peruveteranen und Liebhaber des Unverfälschten.

Suzanne Cords

 


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